Angriff

Angriff.

Angriff, ist diejenige Gattung des Gefechts, welche das Verdrängen des Feindes von einem bestimmten Terrainteil bezweckt. Die hierbei zu treffenden Maßregeln leiten teils den Angriff ein, teils bestimmen und entscheiden sie ihn, teils sichern sie den Erfolg desselben. Vor allen Dingen muss sich der Angreifende die genaueste Kenntnis von der Lage des Feindes zu verschaffen suchen, und hierzu dienen ihm, außer den Spionen, folgende drei Mittel: 1) Aufheben feindlicher Feldwachen, Patrouillen, Kuriere usw. durch Überfall und Hinterhalte. 2) Geheime oder öffentliche Rekognoszierung. 3) Offenbare, den Vorposten gelieferte Gefechte, um Gefangene zu machen. Hat man sich nun vollständig über des Feindes Lage belehrt, so entwirft man den Angriffsplan, welcher bestimmen muss: den Angriffspunkt, die Schlachtordnung, die dazu nötigen Truppen, die Zeit des Angriffs, die Art, wie der Feind verfolgt werden soll, und die Anstalten zur Sicherung des Rückzuges. Über Angriffspunkt und Schlachtordnung, s. diese Artikel. Die Wahl der Truppen hängt von dem Terrain ab, auf welchem der Feind steht, und bestimmt mithin auch die innere Zusammensetzung der Schlachtordnung. Die Funktion einer jeden Waffe, und die Zeitfolge, wenn die Wirkung einer jeden eintritt, ergibt sich im Allgemeinen aus der Fechtart, die derselben eigentümlich ist, so wie daraus in der Stellungskunst der Ort einer jeden in der allgemeinen Position bestimmt. Daher muss die Artillerie allen Angriff, dem Überfall ausgenommen, eröffnen, und durch ihre Wirkung den Sieg vorbereiten; die Infanterie, deren Fechtart alle Gattungen des Bodens umfasst, muss den Sieg erringen; die Kavallerie, deren Gebrauch so sehr beschränkt ist, kann den Sieg im Allgemeinen nicht erkämpfen; sie wird ihn in den meisten Fällen nur vollenden können. Diese Ordnung, in welcher sich die Operationen des Angriffs folgen müssen, wird auch im Allgemeinen bei der Stellung und Bewegung der Truppen zum Angriff selbst gelten. Denn wegen der Deckung, die sich der Feind durch natürliche Hindernisse zu verschaffen sucht, ist eine vorläufige Wirkung der Infanterie nötig, ehe die Kavallerie ihr großes Mittel, den Chok anwenden kann; und diese wird daher in den meisten Fällen hinter die Flügel der Infanterie, zur Überflügelung des Feindes, oder, wo dieses nicht angeht, ganz im letzten Treffen aufzustellen sein.

Da der Feind durch die ihm zustehende Benutzung des Terrains sich nicht nur leicht gegen das Infanteriefeuer decken, sondern auch seinem eigenen Feuer eine weit größere Wirkung verschaffen kann, so unterliegt es keinem Zweifel, dass nicht das Feuer, sondern der Stoß die eigentliche Waffe der angreifenden Infanterie sei, und es kommt nur darauf an, die beste Anordnung hierzu ausfindig zu machen. Der Chok der Infanterie indessen, aus einer weiten Entfernung, ist teils unausführbar, teils sehr verderblich für dieselbe; daher feuert die vorrückende Infanterie von Zeit zu Zeit, und bricht erst in der Distanz von 80 bis 40 Schritt mit dem Bajonett in den Feind ein. Von zwei sich gleichen Infanteriehaufen, die auf einander stoßen, wird gewiss derjenige, welcher die größte Tiefe hat, denselben durchbrechen, und die geschlossene Kolonne daher die beste Anordnung zum Stoße sein. Mittelst der Kolonne hat man noch den großen Vorteil, in der kürzesten Zeit die größte Streitkraft in den Feind zu werfen, die nach dessen Durchbruch sich in den Flanken entwickeln kann, weswegen sie auch bei dem Angriff der Verschanzungen von jeher gebraucht worden ist. Zum Gebrauch der Kolonne gehört jedoch eine vorläufige Schwächung des feindlichen Artillerie- und Infanteriefeuers; auch muss dieselbe dem Feinde bis zu dem kritischen Augenblick verborgen, und deswegen in die Front der Schlachtordnung verwebt sein. Wenn die Kolonne wirklich zum Angriff schreitet, so hat dieselbe zu ihrer Unterstützung und Seitenverteidigung eine Linie von Infanterie oder Kavallerie hinter sich, und vor sich einen Schwarm von leichten Truppen. – Die Kavallerie kann ihren Stoß nicht wie die Infanterie in Kolonnen, sondern nur in langen Linine ausüben, weil die vorderen Pferde sich nicht durch das Drängen der hinteren, wie die Menschen vorschieben lassen, und ein solcher Kavallerieklumpen mit zunehmender Masse an der wesentlichen Geschwindigkeit verliert.

Hat der Feind nur flache Höhen besetzt, so kann er mit einer Linie von Kavallerie in der Front angegriffen werden, während leichte Reiterei ihm auf verdeckten Wegen in die Flanke und den Rücken fällt. Der angreifenden Kavallerielinie kann nach den Umständen eine Infanterie- oder auch wieder eine Kavallerielinie zur Unterstützung folgen, je nachdem das Terrain diese oder jene Waffe zur Deckung des Rückzuges erheischt. Sind die Höhen für die Kavallerie zu steil, so geschieht der Angriff durch eine Linie leichter Infanterie, auf welche ein System von geschlossenen Kolonnen mit halben und ganzen Bataillonsfronten folgt. Zu gleicher Zeit muss der Feind in den Flanken und im Rücken, auf nahen und weiten Umwegen angegriffen, und für seinen Rückzug besorgt gemacht werden. Die feindlichen Batterien, welche den Angriff in der Flanke nehmen, müssen vorher zum Schweigen gebracht worden sein.

Steht der Feind hinter erhabenen Hindernissen, besonders hinter Verschanzungen, so ist er, wenn vorher die Artillerie gewirkt, und diese Hindernisse zum Teil zerstört hat, mit in Kolonnen formierter Infanterie anzugreifen. Hat der Feind Waldungen besetzt, so muss er in seiner Front durch eine umfassende Kette von Tirailleurs, welche geschlossene Reserven hinter sich haben, angegriffen und vertrieben werden, nachdem er vorher durch die Artillerie kräftig beschossen worden ist. Dem Angriff der Défiléen muss ein konzentriertes Feuer der Artillerie vorhergehen, worauf derselbe durch eine Kolonne Infanterie oder Kavallerie, die sich jenseits des Défilées entwickelt, geschehen kann.

Was die Zeit des Angriffs betrifft, so gestatten die mannigfaltigen Nachteile eines nächtlichen Angriffs denselben nur für den Fall, wenn man gegründete Hoffnung hat, den Feind zu überfallen, und uns derselbe sowohl seiner Zahl nach, als durch seine Stellung sehr überlegen ist. Verspricht uns aber die Summe unserer Mittel den Sieg, so ist es am besten, die nötigen Anstalten in der Nacht zu machen, und dann mit Anbruch des Tages anzugreifen. Ist im Gegenteil eine Niederlage zu befürchten, so greift man kurz vor dem Einbruch der Dunkelheit an, damit der Rückzug durch die Schatten der Nacht gedeckt werde.

Zur schnellen Verfolgung des Feindes gehört eine genaue Kenntnis seiner Rückzugswege, deren Besetzung immer ein Hauptaugenmerk sein muss; ferner eine große Marschfertigkeit zum schnellsten Nachrücken, wobei jedoch auf die Möglichkeit eines ordnungsvollen Rückzuges von Seiten des Feindes Rücksicht zu nehmen ist, in welchem Fall die Verfolgung nicht in der Unordnung des Sieges geschehen darf.

Die Anstalten zur Sicherung des Rückzuges bestehen in der Bereitschaft eines besonderen Korps der Reserve, welches, wenn sich die Krisis des Gefechts entwickelt, die Rückzugswege besetzt. Man muss sich daher allemal vor dem Angriff die Frage beantworten: „Was kann der Feind tun, wenn er siegt?“

Diejenigen Dinge, welche auf beiden Seiten den Sieg herbeiführen können, sind: 1) Eine genaue Kenntnis des Schlachtfeldes auf Seiten des Befehlshabers, zu dessen Übersicht ein detaillierter Plan nötig sit. 2) Der Angriff auf den Feind, ehe er seinen Aufmarsch vollendet hat. 3) Sparsame und nur leichte Bewegungen im Angesichts des Feindes, besonders Verhütung der rückgängigen Bewegungen. 4) Stete Bewahrung der Flügel und Flanken im Gefecht, verbunden mit dem Bestreben, die feindlichen zu gewinnen. 5) Eine dem Geiste, nicht dem Buchstaben der Disposition gemäße Handlungsweise der untergeordneten Generale, besonders von der Kavallerie, zur blitzschnellen Benutzung feindlicher Blößen und Fehler. 6) Herbeiführen einer schnellen Entscheidung, wenn man schwächer, Verzögerung derselben, wenn man stärker ist als der Feind. 7) Hat der Angreifende alles Nötige veranstaltet, und sein Lager so nahe wie möglich an den Feind gerückt, so bricht er in so vielen Kolonnen als möglich auf, um auf dem bestimmten Terrain sich wenigstens außerhalb der Wirkung des feindlichen Artilleriefeuers, gewöhnlich zum Deployement aufzustellen. 8) Der Marsch muss jedoch in der Nähe des Feindes in der möglichsten Ordnung geschehen, und es müssen dabei alle Anstalten zur schnellen Bereitschaft des ganzen Heeres getroffen werden. 9) Der Feind mag uns erwarten, oder selbst entgegenrücken, so ist es allemal sehr vorteilhaft, wenn wir ihm mit dem Aufmarsch zuvorkommen, und die Zusammensetzung und Tendenz unserer Schlachtordnung bis zum kritischen Moment verbergen können. Eine vorausgeschickte Avantgarde, die den Ort des Aufmarsches durch eine Kette von Posten besetzt, und dadurch einen Schleier zieht, hinter dem wir unseren Aufmarsch mit Sicherheit und zur Täuschung des Feindes vollenden können, ist hierzu das beste Mittel. In durchschnittenem Terrain kann diese Täuschung des Feindes so groß werden, dass die Armee plötzlich in seiner Flanke formiert werden kann, und dadurch der Sieg schon eingeleitet ist. – Im Allgemeinen ist der Gang des Gefechts, den der Angreifende gewöhnlich befolgt, dieser:

A. In offener Gegend, und auf Bergen.

1) Der Angriff eröffnet sich mit einer Kanonade. Mehrere Batterien vom stärksten Kaliber, welches die Armee ins Feld führt, beschießen den Feind auf 1200 bis 1800 Schritt.

2) Die Infanterie greift im geschwinden Schritt, Tirailleurs vor der Front habend, an; die Artillerie, welche diesen Angriff unterstützt, führt leichte Kaliber und ist von Infanterie, am besten Schützen oder Jägern, gedeckt. Die Hauptbatterien bleiben stehen, um dem Rücken zu decken, wenn man geschlagen wird.

3) Wenn die Truppen nicht bis in den Feind dringen können, ohne vorher ins Feuer zu kommen, so fahren die Kanonen auf, und feuern mit Kartätschen auf einen Punkt, auf den man vorzüglich seinen Angriff richtet.

4) Die angreifenden Truppen werden von anderen sprossenförmig unterstützt, damit die Flanken gedeckt sind, und der Feind zu beiden Seiten beschäftigt wird, ohne dass man dabei viel leidet. Hierbei muss man aber mehr auf den Zweck als auf die Form der Echelons sehen.

5) Hinter der Infanterie des ersten Treffens folgt einige Kavallerie, teils um die Unordnung des Feindes im ersten Augenblick zu benutzen, und den Folgen der Unordnung in unseren Angriffstruppen zuvorzukommen, teils um den Feind zu bedrohen, damit er es nicht wagt, sich zu bewegen, und von unseren Fehlern Vorteil zu ziehen, besonders aber um sich dem Feinde, der in die Flanken kommen wollte, entgegen zu stellen. Diese Kavallerie hat reitende Artillerie, zu gleicher Bestimmung bei sich. – Die angreifende Kolonne besteht also aus den geschlossenen Bataillonen, neben den Tirailleurs vor der Fronte, aus der Fußartillerie, gedeckt durch Infanterie, aus der Kavallerie und reitenden Artillerie, und aus den Échelons zur Seite. Will man dem Angriff noch mehr Nachdruck geben, so lässt man die Linie zuerst nur auf 1000 Schritt vom Feinde vorrücken, vor ihr aber auf 4 bis 500 Schritt einige Batterien reitender Artillerie auffahren, und den Feind mit Kartätschen beschießen.

6) Hinter diesen Angriffskolonnen folgt das erste Treffen der Armee, von der Kavallerie unterstützt.

7) Die Reservekavallerie, oder das Gros der Kavallerie muss besonders auf den Zeitpunkt aufmerksam sein, wo Unordnung im Feinde entstanden ist; sie muss die erhaltenen Vorteile im Großen schnell benutzen, und dem Feinde nicht Zeit lassen, sich wieder zu setzen.

8) Die reitende Artillerie muss stets ihre besondere Deckung haben, und die Kavallerie darf sich ihrer nur dann bedienen, wenn sie sonst nichts ausrichten könnte.

9) Gelingt der Angriff nicht, und will man ihn mit dem zweiten Treffen, oder mit den folgenden Brigaden erneuern, so lasse man diese mit zurückgehaltenen Flanken und großen Intervallen, in Angriffskolonnen folgen. Man wird dann große Zwischenräume zum Durchziehen des ersten Treffens und des Geschützes haben, sich auf das Eroberte einschränken, oder auch schnell zum neuen Angriff bereiten können.

10) Die Streitkräfte des blanken Gewehrs sowohl, als des Feuers, müssen möglichst auf einen Punkt konzentriert werden. Einen vorstehenden Winkel der feindlichen Stellung umschließt man, und beobachtet dabei, in Hinsicht der Aufstellung des Geschützes, die Anordnungen des förmlichen Angriff bei einer Festung.

11) Die Angriffsbewegungen werden im Einzelnen durch Kommandos und Signale, im Großen durch Telegraphie, z. B. mittels Rauchsäulen, angesteckter Pfähle, Dörfer usw. geleitet.

B. Im durchschnittenen Terrain.

1) Der erste Angriff wird so weit ausgedehnt als möglich, und man sucht die ganze feindlich Stellung zu umschließen; er geschieht auf vielen Punkten, mit Tirailleurs und einzelnem Geschütz, von geschlossenen Truppen unterstützt.

2) Hierauf konzentriert sich die schwerere Artillerie auf einen Punkt, auf welchen sodann

3) die Angriffskolonnen einbrechen.

4) Hinter den Zwischenräumen derselben, also en Échiquier, folgen andere Angriffskolonnen, zum zweiten Angriff desselben Punkts, wenn der erste misslingen sollte.

5) Auch im durchschnittenen Terrain muss überall Kavallerie sein. – In diesem Terrain können Jäger und Schützen Batterien wegnehmen, wenn sie ihren Dienst gut kennen, und ihre Waffe gut anwenden.

In Absicht auf die feindliche Stellung können vier Fälle stattfinden:

1) Wenn die ganze feindliche Front zum Angriff frei steht, so wird zwar der Hauptangriff nur auf einen einzelnen Punkt gerichtet, es ist aber nötig, zur Täuschung und Überraschung des Feindes denselben allenthalben durch leichte Truppen zu beschäftigen. Selbst wenn die feindliche Schlachtordnung durchbrochen, ist der Sieg noch nicht entschieden, so lange noch ganze Korps des Feindes den Wahlplatz behaupten; daher ist es nötig, während die geschlagenen Truppen verfolgt werden, auf die noch stehenden mit ungetrennten Kräften und mit Ordnung, in schiefer Front loszugehen, und so das Aufrollen des Feindes zu vollenden.

2) Wenn ein Hindernis des Terrains zu passieren ist, ehe man an die feindliche Fronte gelangen kann, so muss man durch Umgehung oder Durchbruch des Hindernisses, hinter dem Vorhang der leichten Truppen, und unter dem Schutz der Artillerie, die Anwendung des ersten Falls herbeizuführen suchen.

3) Wenn der Angriff nur auf einzelnen Punkten der feindlichen Linie ausführbar ist, beschäftigt man ebenfalls die ganze Fronte; nach Eroberung desjenigen Postens, den man zum Angriffspunkt ausersehen hat, kommt alles darauf an, die größte Kraft jenseits zu entwickeln, um damit während der Verfolgung des geworfenen Feindes, dessen zweiter Linie oder Reserve begegnen zu können.

4) Wenn der Feind in einer verschanzten Stellung steht, geschieht der Angriff nach einer vorläufigen Kanonade, durch den Sturm einiger Kolonnen, die auf eine schiefe Schlachtordnung des Heeres basiert ist, und demselben die Eingänge bereiten und sichern. Während dieses Angriffs aber, und besonders, wenn der Feind durch kräftige Verteidigung die Eroberung der Verschanzungen unmöglich macht, sucht man durch Angriffe in den Flanken und im Rücken dem Feinde die Vorteile seiner Stellung zu entreißen.

Der Sieg ist erst dann gewiss, wenn von dem Feinde keine ganzen Korps mehr die Wahlstatt halten. Ehe dieser kritische Augenblick eintritt, muss daher der Sieger alles anwenden, wodurch er den Verlust des Gegners vergrößern kann. Daher die Umzingelung der feindlichen Haufen, die Kanonade auf diejenigen Défilées, welche der Feind zu passieren hat. Die Verfolgung selbst muss durch alle leichten Truppen, denen die Armee in geschlossener Ordnung folgt, rastlos geschehen, und der Feind dadurch gehindert werden, sich irgendwo zu setzen, oder seine Ordnung wieder herzustellen; denn die Maxime, man müsse dem Feinde eine goldenen Brücke bauen, taugt nur, wenn man nicht anders kann. Nach errungenem Siege muss übrigens der strategische Zweck, welcher die Schlacht gebot, ungesäumt verfolgt, und der Sieg erst eigentlich benutzt werden.

Es ist nun die Taktik der verschiedenen Truppengattungen beim Angriff auseinander zu setzen. (S. auch Gefecht).

1) Infanterie, a. Linien-Infanterie. Die zum Angriff bestimmten Bataillons müssen außer dem Kanonenschuss des Feindes aufmarschieren, denn nie ist den Truppen die Wirkung des feindlichen Kanonenfeuers gefährlicher, als während ihres Aufmarsches. Man darf von dieser Regel nur dann abweichen, wenn Ungleichheiten des Terrains, als Gründe, Hügel, Höhlungen etc. uns vielleicht Gelegenheit geben, uns dem Feinde ganz oder zum Teil verdeckt zu nähern, und unseren Aufmarsch vor ihm zu verbergen. Er wird uns während des Aufmarsches durch entgegengeschickte leichte Truppen zu beunruhigen suchen; es ist daher nötig, ihn teils durch Kavallerie, teils durch Schützen zu decken, nach Maßgabe der Umstände. Soll nach beendigtem Aufmarsch die Infanterie chargieren, so muss von diesen deckenden Truppen die Front so rasch als möglich freigemacht werden; die Umstände werden ebenfalls ergeben, ob sie sich gerade auf ihre Bataillons werfen, wobei diese mit Rotten oder Zügen abbrechen, oder ob sie sich seitwärts, um die Flügel der Bataillons herum, hinter dieselben zurückziehen. Es ist am vorteilhaftesten, den Feind da anzugreifen, wo er uns die kürzeste Front entgegensetzen kann; daher sucht man ihn in die Flanke zu nehmen, oder zu überflügeln. Man erreicht dies, indem man gleich in seiner Flanke aufmarschiert, oder dadurch, dass man während des Avancierens, Ziehen, Schwenken und dergleichen Manöver machen lässt. Der Feind ist alsdann genötigt, seine Stellung zu verändern, seinen Flügel zurückzunehmen, oder eine Flanke zu formieren, welche Bewegungen in unserer Nähe, leicht zu uns vorteilhaften Unordnungen Anlass geben können.

Am besten nimmt man den Feind in die Flanke durch den Angriff en Échelon; das heißt, man formiert aus der Linie seiner in Schlachtordnung aufmarschierten Truppen mehrere Abteilungen, welche sich einander in einem Abstand von 100 bis 200 Schritt folgen, so dass der rechte Flügel der zweiten Abteilung auf einer Perpendikuläre marschiert, die den linken Flügel der ersten Abteilung berührt; eben so mit der folgenden. Sie erhalten dadurch eine den Stufen einer Treppe oder Leiter ähnliche Lage gegen einander, woher sie denn auch den Namen Échelon erhalten haben. Sobald die erste Abteilung der Angriffskolonne die vorgeschriebene Distanz von 100 bis 200 Schritt avanciert ist, folgt ihr die zweite, dieser wiederum die dritte, usw. in der nämlichen Art. Wenn die Echelons nun nach und nach den rechten Flügel vornehmen, so erhält man auf die leichteste Art eine schräge Stellung gegen den Feind, und ist ihm dadurch ganz in der linken Flanke. Man würde zwar das nämliche erreichen, wenn man während des Avancierens mit der ganzen Fronte den linken Flügel durch Kurztreten zurückhalten, und dadurch den rechten Flügel vorbringen wollte; bei einer großen Fronte hat aber diese Bewegung weit mehr Schwierigkeiten; sie geht langsamer, und das Ganze läuft eher Gefahr, in Unordnung zu geraten, da im Gegenteil die kleineren Abteilungen sich leichter regieren lassen. Hierzu kommt noch, dass man bei dem Avancieren des Ganzen die ganze Linie zugleich ins Gefecht bringt, und sich dadurch des Vorteils der Soutiens und Replis beraubt. Bei dem Angriff en Échelon hingegen wird jede Abteilung von der ihr folgenden unterstützt, und wenn sie sich etwa, nachdem der Angriff nicht gelungen wäre, zurückziehen müsste, so wird sie durch das Feuer der folgenden gedeckt, welche, wie sich von selbst versteht, in diesem Falle Halt macht. Da dieser Angriff bloß erfunden worden ist, um den Nachteilen und Schwierigkeiten des Überflügelns mit einer großen Linie auszuweichen, so folgt schon daraus, dass man sich desselben nicht anders, als bei einer sehr großen Front bedienen wird. Vier Bataillons in Linie gehören wenigsten dazu, um ihn auszuführen, und auch dann können nur zwei Echelons formiert werden, weil sie bei mehrerer Zerstückelung nicht Nachdruck genug behalten würden. Hat der Feind die Flügel seiner Stellung an impraktikable Terraingegenstände angelehnt, so ist der Angriff en Échelon der vorteilhafteste, um seine Fronte zu durchbrechen, und ihn alsdann vermittelst der eben erwähnten schrägen Linie von dem einen Flügel nach dem anderen hin aufzurollen.

Befände der gewählte Angriffspunkt sich auch nicht gerade auf einem Flügel der feindlichen Stellung, so wird die Attaque dennoch en Échelon, doch aber alsdann aus der Mitte formiert, d. h. keilförmig. Das angreifende Echelon wird jederzeit durch mehrere hinter einander folgende Treffen verstärkt; die der Hauptattacke zunächst folgende Linie von Echelons hat den größten Teil des Geschützes vor der Front, um durch ein konzentrisches Feuer auf den gewählten Angriffspunkt die Hauptattacke zu befördern, und die Deckung ihrer Flanken um so wirksamer bewerkstelligen zu können.

Geschlossene Infanterie muss nie weiter als auf 300 Schritt feuern. Da die geschlossene Infanterie nicht sicher zielen kann, so ist ihr Feuer an sich selbst ungewiss, und wird es um so mehr, je weiter die Distanz ist, in der die feuert; und ein Feuer ohne Wirkung dient nur dazu, dem Feind Mut zu machen, und den Mut der unsrigen zu schwächen. Dazu kommt noch, das der Dampf den Feind oft verbirgt, dass durch das viele Feuern die Gewehre schmutzig, und die Steine stumpf werden, dass man sich daher auch dann, wenn man endlich den Feind in einer schussmäßigen Distanz hat, keine gehörige Wirkung von seinem Feuer versprechen darf.

Schwere Infanterie ist gewohnt, alle ihre Bewegungen geschlossen, in Reihe und Gliedern zu machen; verliert sie diese in der Nähe des Feindes, so wird Unordnung, und ein durch diesen ungewöhnlichen Zustand veranlasstes panisches Schrecken bald allgemein werden, welches eine totale Niederlage zur unvermeidlichen Folge haben wird. Es ist daher eine Hauptregel, alle seine Bewegungen in der Nähe des Feindes möglichst so regulär, als auf dem Exerzierplatz geschieht, zu machen; eben so ist es mit dem Feuer.

Das Geschütz, welches der Infanterie beigegeben ist, und welches in der Linie, in den Intervallen zwischen den Bataillonen steht, avanciert mit den Truppen zugleich, und nimmt von der für das Geschütz zweckmäßigen Distanz an, einen Vorsprung von 100 Schritten ungefähr, vor selbige. Hier feuert es auf die feindlichen Truppen, bis es die Infanterie eingeholt, und wiederholt dasselbe, bis es sich dem Feinde auf 400 Schritt genähert hat, welches selbst für leicht Sechspfünder die vorteilhafteste Distanz zum Kartätschenfeuer ist. In dieser Entfernung bleiben sie daher, und fahren fort zu feuern, während die Infanterie weiter avanciert.

Ist man mit der Infanterie bis auf 300 Schritt an den Feind gekommen, so feuert man mit Bataillons ein oder einige Mal, avanciert eine Strecke, und wiederholt das Feuer. Sind wir dem Feinde an Geschütz überlegen, so hat man Ursache, öfters und länger zu feuern, um unseren Kanonen Zeit zu lassen, ihr Feuer zu gebrauchen. Man muss vorzüglich an solchen Stellen zum Chargieren Halt machen, wo man vor dem feindlichen Feuer einigermaßen gedeckt ist. Seichte Erdvertiefungen, selbst die Ungleichheit der Äcker kann man hierzu benutzen; denn wenn sie auch nicht erhaben genug sind, um uns ganz zu decken, so schlagen doch die feindlichen Kugeln gewöhnlich an ihnen auf, und gehen mithin über uns weg.

So nähert man sich dem Feinde immer mehr und mehr, bis das gefällte Bajonett zuletzt entscheidet, welches man mit dem Chok oder Druck attackieren nennt. Bei diesem Angriff muss man vorzüglich verhindern, dass die Leute nicht durch einander laufen, und sie dazu anhalten, dass sie geschlossen bleiben. Diese Bajonettattacke geschieht nach Umständen entweder mit dem Bataillon in Linie oder in der Angriffskolonne (Kolonne nach der Mitte).

Beim Angriff auf feste Posten ist das gefällte Bajonett das einzige Mittel, welches zum Siege führt, wenn es dem Feinde um die Verteidigung Ernst ist, weil in diesem Fall unser Feuer nicht entscheiden kann, und vorzüglich gegen Verschanzungen von sehr geringer Wirkung ist.

Wenn der Feind, den wir angreifen wollen, uns an Artillerie sehr überlegen ist, wenn er so steht, dass ihm unser Feuer wenig Abbruch tun kann, oder wenn das Terrain vor seiner Front so beschaffen ist, dass es uns während unserer Angriffs vor seinem Feuer deckt, oder auch nur der Wirkung desselben sehr entgegen ist, so würde es unzweckmäßig sein, sich mit Feuern lange aufzuhalten. Man verdoppelt lieber seine Schritte, und benutzt schnell die Vorteile, die das Terrain uns gewährt.

Es gibt noch einen Fall, wo das Feuern bei dem Angriff zu widerraten ist, wenn nämlich einem unserer Trupps von einem überlegenen Feind der Rückzug abgeschnitten ist, und man den Entschluss fasst, sich durchzuschlagen. Wer sich hier mit Feuern aufhalten wollte, würde dadurch dem Feinde nur Gelegenheit und Zeit verschaffen, unser Vorhaben zu entdecken, und Vorkehrungen dagegen zu treffen. Geschwindigkeit muss hier alles tun; wenn man den Feind sogleich mit gefälltem Bajonett entgegengeht, so wird er nicht Zeit haben, sich zu fassen.

Bei Angriffen auf Artillerie, selbst Kavallerie, wird, wenn man sich bereits in gehöriger Nähe befindet, ebenfalls das Bajonett am mehrsten entscheiden; man hat Beispiele, dass Infanterie mit dem Bajonett die Kavallerie in die Flucht gejagt hat.

b. Leichte Infanterie (s. Tirailleur, Tiraillieren, Jäger, Schützen, Signal, die einzelnen Signale, drittes Glied). Benutzung des Terrains ist, wie bei allen übrigen Truppenarten, hier hauptsächlich anzuempfehlen, und hierin, so wie in dem wirksamsten Gebrauch seines Gewehrs, muss der leichte Infanterist seine ganze Stärke suchen. Um ein Terrain zu seinem Vorteil zu benutzen, muss der leichte Infanterist geübt sein, jede fremde Gegend mit einem Überblick ungefähr, und in sofern es uns in der Eile nötig ist, zu beurteilen, mit einem Wort er muss sich rasch orientieren können. Das passendste Terrain muss man hiernach zum Angriff so wie zur Verteidigung mit Tirailleurs niemals ungenutzt aus den Augen lassen; man wählt ein solches, wo die Mannschaft sich versteckt postieren, der Feind hingegen nur über deckungsloses Terrain, und also in der vollen Wirkung unseres Feuers, uns angreifen kann; ist dies nicht möglich, so muss man sich wenigstens in gleiche Terrainvorteile mit dem Feinde setzen. Eine Tirailleurlinie wird sich daher in einem Graben, hinter einer Erhöhung, hinter Hecken und Bäumen, Häusern, an der Lisière eines Busches etc. zu postieren suchen; wenn Umstände dies verhindern, und der Feind dergleichen Gegenstände schon besetzt hat, oder doch, ohne dass wir es zu hindern im Stande sind, noch besetzen könnte, so wird man sich z. B. nicht in wirksamer Schussentfernung einer von Feind möglichst zu besetzenden Lisière eines Busches, eines Grabens etc. aufstellen, sondern sich mit seinen Mannschaften, und um dem Feinde die Lisière streitig zu machen, entweder selbst im Busch, und in dem nahe vorgelegenen Graben, oder wenn das nicht angeht, doch so postieren, dass man den vom Feinde etwa zu besetzenden Graben flankiert, d. h. der Länge nach beschießt, damit ihn der Feind nicht benutzen könne etc. Denn wenn beide Teile im Walde stehen, sind die Vorteile gleich. Aus eben diesem Grunde wird man nicht die Tirailleurs über offenes Terrain auf den verdeckt postierten Feind zum Angriff führen, weil es vielleicht der nächste Weg dahin ist, sondern man wird ein mit Deckungsgegenständen versehenes Terrain, was vielleicht ebenfalls zur feindlichen Aufstellung hinführt, selbst wenn es auch auf einem Umwege sein sollte, dafür auswählen.

Wo das gar nicht angeht, wird man, um sich in gleiche Terrainvorteile mit dem Feinde zu setzen, die Geschwindigkeit seiner Leute benutzen müssen; muss man einmal notgedrungen über freies Terrain, und auch die feindliche Schusslinie passieren, so wird man dies auf dem nächstgelegensten, und am schwächsten besetzten Punk der feindlichen Aufstellung, und so rasch als möglich tun, und indem man den Feind hinauswirft, sich dieses Terrains und seiner Vorteile bemächtigen. Dies kann jedoch nur höchst selten vorkommen, wenn alle Teile einer Tirailleurlinie gehörig angreifen, und sich einander durch Flankenbewegungen unterstützen.

Es wird sich oft ereignen, dass unter den obigen Umständen ein Teil der Linie gegen den verdeckt postierten Feind Halt machen muss, während ein anderer Teil, im coupierten Terrain fortgehend, den vor sich habenden Feind zurückdrängt, und den verdeckt stehen gebliebenen durch bedrohte Flankierung zum Verlassen seiner Position nötigt; ein solches Eingreifen, und eine solche gegenseitige Unterstützung muss also Statt haben.

Bei allen militärischen Operationen ist die Ausmittelung der Stärke des Feindes, der Art seiner Stärke, und die Kenntnis seiner schwächsten Seite, oder des Angriffspunktes, notwendig; dies wird aber ein vorzügliches Geschäft der leichten Infanterie sein, und sie wird sich bei jedem ihrer Angriffe auch vorher dergleichen Kenntnisse zu verschaffen suchen. Dies geschieht durch Kundschafter, Patrouillen, Rekognoszierungen etc.; verbindet man mit dem, was man hierdurch erfährt, Terrainkenntnis, so wird man schon aus der Beschaffenheit des vom Feinde besetzten Terrains ziemlich richtig seine Stellung beurteilen, und auch eben so richtig schließen können, wo er wohl am stärksten, und wie stark oder wie schwach er wohl auf gewissen Punkten sein möge.

Bei dem Angriff mit einer Tirailleurlinie muss eine jede einzelne Abteilung derselben ihre Bewegungen dem allgemeinen Zweck anpassen, und die Bewegungen der neben ihr angreifenden Abteilung durch die ihren fördern; oft wird es der Fall sein, dass man den Feind auf gewissen Punkten nur beschäftigt, während man ihn auf anderen Punkten ernstlich anzugreifen, und zurückzudrängen beabsichtigt. Außer allem diesen ist noch im Allgemeinen zu bemerken:

1) dass man den Feind sowohl in Hinsicht der Stärke, als auch in Beziehung auf die beabsichtigte Art und Ausführung des Angriffs, möglichst lange in Ungewissheit zu erhalten und zu täuschen, bei dem wirklich erfolgten Angriff aber plötzlich zu überraschen suchen muss.

2) Dass man, so oft es möglich, die feindliche Aufstellung zu umfassen (zu flankieren) suchen, sich jedoch vorsehen muss, hierbei nicht selbst flankiert zu werden.

3) Dass man die schmalste und ausspringende Seite der feindlichen Feuerlinie angreife, weil man hier das wenigste Feuer erhalten wird.

Nichts kann den entscheidenen Angriff der geschlossenen Infanterie kräftiger begründen, als das gezielte Feuer der leichten Infanterie; diese bildet daher in der allgemeinen Schlachtordnung der Armee das Vordertreffen, dem, mit der Artillerie gemeinschaftlich, ausschließlich die Pflicht obliegt, den Feind schon aus der Ferne zu verderben, und den übrigen, zum Gefecht in der Nähe, selbst zum Handgemenge bestimmten Truppenarten, gewissermaßen vorzuarbeiten. Sobald die geschlossene Infanterie avanciert, debandiert vor ihrer Front die leichte Infanterie, und hält sich, indem sie beständig auf den Feind schießt, 100 oder einige 100 Schritt vor derselben. Beim Angriff müssen die Tirailleurs die ganze Front des Feindes beunruhigen, wenn auch nur ein Teil der feindlichen Stellung zum Hauptangriffspunkt erwählt ist, und schon auf weite Distanzen, auf 5 bis 600 Schritt auf den Feind feuern. Dies wird ihn vielleicht ebenfalls zum frühen Feuern verleiten können, wobei der Pulverdampf die Bewegungen des angreifenden Teils verbirgt, und dies wird gewiss geschehen, wenn das Feuer der Tirailleurs auf diesen weiten Distanzen, wie es von geübten Schützen doch vorauszusetzen ist, nur einige Wirkung hat.

Unentbehrlich ist die leichte Infanterie da, wo der Feind waldiges Terrain vor seiner Fronte oder in seiner Flanke hat, und wir dieses bei unserem Angriff passieren müssen; es ist dann ihre Sache, dieses coupierte Terrain, welches mit feindlichen leichten Truppen besetzt sein wird, von ihnen zu reinigen.

Auch wenn sich bereits die geschlossene Infanterie im Gefecht befindet, sind die Tirailleurs noch nicht entbehrlich; sie decken dann die Flanken der Angreifenden (wenn nicht Kavallerie dazu bestimmt ist), oder beunruhigen wohl gar selbst, wenn es das Terrain erlaubt, die Flanken des Feindes, und suchen ihn zu umgehen, wobei ein kleiner sehr beweglicher Trupp selten Gefahr läuft.

Sobald die debandierte Linie vor der geschlossenen Infanterie, den Feind bis auf 200 Schritt erreicht hat, und nun mit der letzteren angegriffen werden soll, so feuert die erstere auf der Stelle, bis sie von den Bataillons eingeholt ist, zieht sich dann rückwärts durch, und bildet Reserven auf den Flügeln, von wo aus sie dann zu jeder beliebigen Disposition ist.

In einigermaßen coupiertem Terrain kann man die leichte Infanterie auch zum Angriff auf Artillerie gebrauchen; eine debandierten Linie ist das Kanonenfeuer nie sehr gefährlich, und ist sie nur einigermaßen vor Kavallerieangriffen gesichert, so kann sie sich bis auf 200 selbst 150 Schritt der Artillerie nähern; man hat Beispiele, dass Artillerie durch Schützen zum Schweigen gebracht worden ist.

Bei allen Angriffen mit leichter Infanterie ist es aber unbedingt notwendig, ihr immer Soutiens folgen zu lassen; denn würde sie zum Rückzug gezwungen, so würde man sie nicht sobald wieder sammeln können, welches aber im Gegenteil, wenn Soutiens folgen, sehr leicht zu bewerkstelligen ist.

2) Kavallerie. Auch die Kavallerie hat, wie die Infanterie, eine aufgelöste Linie vor sich, welche ihr den Angriff zum Teil vorbereitet, und die aus Blänkern oder Flankeurs und Schützen besteht. Der wirkliche Angriff der Kavallerie besteht in dem Chok. Folgendes sind die verschiedenen Arten.

a) Angriff in Linie. Er geschieht entweder in paralleler Richtung mit dem Feinde, oder auf eine seiner Flanken; der letztere ist vorzuziehen, wenn die feindliche Linie ausgedehnter ist, und man dem darauf entstehenden Vorteil begegnen will.

b) Angriff mit Ausfallen eines Teils der Linie. Dies geschieht, wenn man den fliehenden Feind mit einem Teil der Linie, zerstreut, schnell verfolgen will, indem man von jeder Eskadron einen Zug, in der preußischen Armee jedes Mal den vierten, ausfallen lässt; oder auch wenn der Feind den wirkliche Chok nicht abgewartet, sondern sich früher zurückgezogen hat.

c) Angriff mit auseinandergehender Linie, ist dem vorhergehenden ähnlich, und geschieht ebenfalls nach vollendetem Chok mit einem Teil, oder mit dem Ganzen.

Bei jeder Attacke in Linie ist es übrigens von wesentlichem Nutzen, wenn nach Verhältnis der Anzahl von Kavallerie, hinter jedem Flügel einige Züge oder Eskadrons aufgestellt werden, um den Feind zu überflügeln, oder in Flanken und Rücken zu nehmen, so wie, um sich selbst dagegen zu sichern. Die Abteilungen, welche hinter dem rechten Flügel aufgestellt werden, marschieren links, die hinter dem linken Flügel, rechts ab; die Umstände müssen bestimmen, ob sie in Kolonnen, in Zügen, oder in ganzen Eskadronen aufgestellt werden; in den meisten Fällen wird die erstere Aufstellung die zweckmäßigere sein, indem diese durch bloßes Einschwenken die Flanken der Linie sichert. Beabsichtigt man, dem Feinde in Flanken und Rücken zu fallen, so gehen beim Chok die hinter jedem Flügel aufgestellten Züge in Kolonne mit halb rechts oder halb links bei der Linie vorbei; der vorderste Zug macht die nötige Schwenkung, und attackiert sogleich; die übrigen gehen hinter demselben weg, schwenken nach und nach in das Alignement desselben ein, und attackieren gleichfalls.

d) Angriff en Échelon. Dieser unterscheidet sich von dem in Linie dadurch, dass er in mehreren Abteilungen ausgeführt wird. Die Abteilungen müssen sich in einer Entfernung von etwa 50 Schritten dergestalt folgen, dass immer der rechte Flügel der nachfolgenden Abteilung, in senkrechter Linie auf den linken Flügel der vorhergehenden, vorgeht, wenn der Angriff mit Echelons vom rechten Flügel unternommen wird; geschieht dies vom linken Flügel, so bleibt der linke Flügel in senkrechter Linie auf dem rechten Flügel der vorhergehenden Abteilung. Jede Abteilung führt den Chok, in verlängertem Alignement der ersten, für sich aus.

e) Angriff in Kolonnen. Hierbei ist ein Regiment rechts oder links in Eskadronskolonnen abmarschiert, mit Distanz ihrer Breite. Die vorderste Eskadron führt den Chok aus; die nächstfolgende unterstützt den Angriff, wenn die erstere in den Feind eingedrungen ist, oder erneuert ihn, wenn sie zurückgeschlagen wurde; dann muss sie den Platz für den Angriff der nächstfolgenden räumen, indem sie sich rechts und links von der Seite herauszieht, und sich dann hinter der letzten Eskadron der Kolonne wieder setzt. Diese Attacke wird vorzüglich auf Infanterie, wo sich Gelegenheit dazu darbietet, und steht sie im Quarré, auf die Ecken desselben unternommen. Wenn die vorderste Eskadron eindringt, unterstützen die nächstfolgenden sie dadurch, dass sie sich rechts und links ausbreiten, und auf ihren Flügeln einhauen.

Soll die Kavallerie Geschütz angreifen, so muss man damit anfangen, die Truppen zu besiegen, welche demselben zur Deckung dienen. Geschütze, welche abgesondert stehen, greift man in geöffneter Linie an. Die Schützen und Flankeurs gehen in einem Bogen, dessen beide Enden sich vorwärts bewegen, vor, feuern wenig, sondern jagen, so wie sie, anscheinend ohne Absicht, sich unter dem Schuss genähert haben, mit Blitzesschnelle auf die Batterie los, hauen die Artilleristen nieder, und lassen die Geschütze nach unserer Seite abfahren. Die Artillerie ist bei weitem nicht so furchtbar, als man gewöhnlich glaubt; nur stehende Körper beschießt sie mit Erfolg; gegen sich bewegende ist ihr Treffen höchst ungewiss.

3) Artillerie. Beim Angriff kann die Artillerie nicht immer so kräftig wirken, als bei der Verteidigung, weil sie ihre Stelle selbst im wirksamen feindlichen Feuer öfters verändern muss, und dadurch nicht allein mehr Gefahr leidet, sondern auch Zeit verliert. Sie ist überdies an die Bewegungen der anderen Truppen mehr gebunden, da sie dieselben nur unterstützt, und ihren Angriff vorbereitet. Das zweckmäßigste Mittel zum Ausgleich dieser Nachteile liegt in der Vereinigung der Kräfte der Artillerie, indem man eine überlegene Geschützzahl aufzustellen sucht, und eine Stellung wählt, wo das Feuer konzentrisch auf den Feind, auf den Angriffspunkt desselben wirken kann. – Folgendes sind die hauptsächlichen Regel, wie die Artillerie beim Angriff gebraucht werden muss.

a) Um den Aufmarsch der Truppen zu maskieren und zu decken, schickt man reitende Artillerie vor, welche von Kavallerie begleitet ist; jene kann sich jedoch nicht auf dauerndes Gefecht einlassen, und geht daher zurück, sobald die ersten Batterien formiert sind.

b) Zu diesen Batterien werden vorzüglich die den Divisionen zugeteilten Batterien, und ein Teil der 12-pfündigen verwendet, damit man für den entscheidenden Augenblick eine Reserve übrig behalte.

c) Die 12-pfündigen Batterien werden anfänglich so aufgestellt, dass sie den Feind auf mehreren Punkten beunruhigen, und er ihre eigentliche Absicht noch nicht erraten kann; jedoch muss jetzt schon die Möglichkeit ihres nachherigen Zusammenziehens oder Wirkens auf den eigentlichen Angriffspunkt vorbereitet sein.

d) Die 6-pfündigen Batterien dienen teils zur wirksamen Beunruhigung der ganzen feindlichen Stellung, teils zur Deckung der Hauptbatterie, und müssen daher so gestellt werden, dass ihre Schusslinien sich vor den letzteren kreuzen. Es wird hierbei nicht immer nötig sein, eine bedeutende Artillerielinie neben einander aufzufahren; diese würde vielleicht sogar vor die Infanterie zu stehen kommen, und also dem Feind einen doppelten Zielpunkt in seiner Schusslinie geben; man wird vielmehr bemüht sein, eine zweckmäßig Verteilung der Artillerie auf der ganzen Front hervorzubringen, ohne jedoch in eine nachteilige Vereinzelung zu fallen.

e) Die Hauptbatterie wird so gestellt, dass sie die feindliche Stellung so sehr als möglich enfiliert, und gegen die größeren Massen des Feindes werfen kann. Auch ist es vorteilhaft, wenn sie schon jetzt auf den nachherigen eigentlichen Angriffspunkt wirkt.

f) Die reitenden Batterien bleiben in einer gedeckten Stellung der Reserve, sowohl um hervorzubrechen, als auch, um ihn zu überflügeln, wenn dies erforderlich würde. Sie eilen im letzteren Fall, verdeckt durch die Kavallerie, nach jener Seite, jedoch so, dass sie die Kavallerie nicht in ihren Bewegungen hindern, und gehen, wenn der Angriff geschehen soll, durch jene durch, wobei der Abmarsch zu zweien aus der Mitten den günstigsten Aufmarsch erlauben wird. Sollen sie jedoch gegen den Angriffspunkt unmittelbar gebraucht werden, so stürmen sie im entscheidenden Augenblick plötzlich bis auf den Kartätschenschuss heran, um mit vereinter Kraft die Niederlage des Feindes zu bewirken.

g) Sobald dieser Augenblick gekommen ist, in welchem auch die Reservebatterien herangezogen werden, und ihren eigentlichen Nutzen bewähren, müssen die Hauptbatterien ebenfalls auf 500 bis 600 Schritt heranrücken, und ihr Feuer auf jenen Punkt vereinen. Die 6-pfündigen Batterien decken ihnen auch hier die Flanken, und stellen sich zu beiden Seiten so auf, dass sie ein kreuzendes Feuer machen; doch muss ein Teil derselben noch immer verwendet werden, um den Feind von der kräftigen Unterstützung des Angriffspunktes zurückzuhalten.

h) Wenn die Haubitzbatterie vermag, die heranrückende Reserve des Feindes zu bewerfen, so wird dies von wesentlichem Nutzen sein. Im Allgemeinen ist aber darauf zu sehen, das die einzelnen Batterien weder sich selbst, noch weniger die Infanterie durch ihre Schusslinien an allen freien Bewegungen hindern, sondern sie vielmehr unterstützen.

i) Der Angriff der Infanterie ist nun vorbereitet. Wenn derselbe erfolgt, muss man das Verhalten der Artillerie den jedesmaligen Umständen gemäß einrichten. Ein Teil derselben wird in größerer Entfernung stehen bleiben, teils um den Feind zur Seite des Angriffspunktes nicht unbeschäftigt zu lassen, teils um eine Stellung zur Aufnahme der vielleicht zurückgeworfenen Truppen zu behaupten. Ein anderer Teil der Artillerie, und zwar namentlich die Divisionsbatterien, folgen in den gewöhnlichen Fäller der Infanterie unmittelbar. Wenn nicht vermöge der Beschaffenheit des Terrains, oder der Stellung des Feindes, andere Anwendungen nötig sind, so befinden sie sich auf einem Flügel, oder auf beiden, verteilt, bleiben auf 400 bis 500 Schritt halten, und beschießen den Feind mit Kartätschen; doch nur bei außerordentlich hartnäckigem Widerstand desselben, oder besonderer Beschaffenheit des Terrains, werden sie näher herangehen, und sich dem wirksamen feindlichen Flintenfeuer aussetzen. In dieser Stellung warten sie auch den Bajonettangriff der Infanterie ab, weil sie die angemessenste ist, in welcher man bis dahin den Feind beschießen, und bei einem misslungenen Angriff das Nachdringen verhindern kann. Es versteht sich von selbst, dass den Batterien eine starke Bedeckung zugeteilt sein muss, damit sie, wenn die Infanterie vorgegangen, gegen einen unerwarteten Angriff geschützt sind.

k) Wenn jedoch die Beschaffenheit des Terrains keine solche Aufstellung erlaubt hätte, in welcher die Artillerie den Infanterieangriff unmittelbar unterstützen kann, oder wenn der Feind durch eine plötzliche Veränderung seiner Front diese Mitwirkung unmöglich macht, so darf die Artillerie wenigstens auf keinen Fall hinter den Truppen, welche den Angriff machen, stehen bleiben, weil es ihr hier nicht möglich wäre, dieselben im Falle eines Rückzuges aufzunehmen, ja, sie würde dann selbst in die größte Gefahr kommen, vom nachdringenden Feinde genommen zu werden. Unter diesen Umständen muss daher die Artillerie aufprotzen, und so schnell als möglich eine Stellung einnehmen, in welcher sie wenigstens dem letztgenannten Nachteil nicht ausgesetzt ist, und entweder vorgehen kann, um den geschlagenen Feind zu verfolgen, oder sich mit den übrigen Truppen in Ordnung zurückziehen kann, bis sie eine neue Stellung einnimmt.

l) Ganz in ähnlicher Art verfährt die reitende Artillerie bei den Angriffen der Kavallerie; sie wird stets ihre Aufstellung seitwärts derselben, unter gehöriger Bedeckung, nehmen müssen, da bei dem Rückzug der Kavallerie die Ordnung noch weit schwerer zu erhalten ist, und Flankenangriffe um so öfter und schneller eintreten, auch jede andere Stellung dann entweder ein Hindernis für die Wirksamkeit der Artillerie, oder für die der Kavallerie herbeiführen würde.

m) Beim Verfolgen des Feindes kann die reitende Artillerie wesentlichen Nutzen gewähren, weil hier schnelle Beweglichkeit und Ausdauer erfordert wird, um dem Feind auf den, oft beschwerlichen, Seitenwegen stets beizukommen, ihn wo möglich abzuschneiden, oder wenigstens nicht bloß seine Arrieregarde, sondern auch die Spitze und Mitte seiner Kolonne zu beunruhigen. Am vorteilhaftesten wird man hier die Haubitzen brauchen können, da der höhere Bogen der Granaten keine solche Hindernisse findet, als das Kugelfeuer, und das Zerspringen seiner Geschosse in den Massen des Feindes seine Verwirrung sehr vermehrt.

Überhaupt wird das Verfolgen durch die Artillerie mit aller Kraft geschehen müssen; denn kann sich der Feind erst sammeln, und wieder setzen, so ist er auch ungleich verteidigungsfähiger, als während der Bewegung, und kann jede entstandene Verwirrung wieder zur Ordnung herstellen.

Angriff auf verschiedene Gegenstände

Angriff auf verschiedene Gegenstände, und unter verschiedenen Umständen, s. Angriff der Festungen, Angriff der Festungswerke, Anhöhe, Batterie, Brücke, Brückenschanze, Damm, Défilé, Dorf, Eskalade, Feldwache, Fluss, Fouragierung, Furt, Haus, Hinterhalt, Kantonierungsquartier, Kirche, Kirchhof, Konvoi, Lager, Meeresküste, offener Angriff, Offensive, Palisaden, Pontonbrücke, Posten, postiertes Detachement, Schanze, Scheinangriff, Schloss, Stadt, Sturm, Überfall, Übergang, Verhau, Verschanzung, Vorposten, Wald.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Angriff (franz. attaque), der Versuch, den Feind aus seiner Stellung zu treiben und ihn womöglich zu vernichten. Seine Durchführung richtet sich nach den jeweiligen Verhältnissen der gegenseitigen Stärke und des Geländes. Der Angriff wird frontal, d. h. parallel zur feindlichen Aufstellung in ihrer ganzen Länge, geführt oder so, dass er diese an einem Punkt durchbricht oder sie auf einem oder beiden Flügeln umfasst. Man unterscheidet danach den Frontal-, den einseitigen oder doppelten Flügelangriff (Umfassung und doppelte Umfassung), endlich den Durchbruch. Der Angriff hat vor der Verteidigung den Vorteil, dass er das moralische Element der Truppe hebt, er kann sich den Punkt für den Angriff wählen etc. Über die Tätigkeit der einzelnen Waffen beim Angriff s. Fechtart. Vgl. Festungskrieg und Offensive.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe