Sturm

Sturm.

Sturm, heißt überhaupt der gewaltsame Angriff einer Festung, eines Werks, einer Schanze, mit dem Bajonett, indem zugleich die Brustwehren oder Mauern von den Angreifenden erstiegen werden. Dieses geschieht entweder durch einen Überfall, oder durch einen offenbaren Angriff, oder bei einer förmlichen Belagerung nachdem man Bresche gelegt hat. Hier werden indessen auch einzelne äußere und Außenwerke gestürmt, ehe die Bresche in den Hauptwall gelegt ist, um sich diesem ungehindert nähern zu können. Ehe man den Entwurf zu einem Sturm machen kann, muss man sich von der Beschaffenheit des anzugreifenden Werks, von den Hindernissen, auf welche man etwa stoßen könnte, von der Stärke und dem Zustand der Verteidiger, mit einem Worte, von allen Dingen so genau als möglich unterrichten, die einigen Einfluss auf das Gelingen des Unternehmens haben können. Nur im Verfolg dieser Untersuchung lassen sich die Anstalten zum Sturm treffen, die nach der verschiedenen Art und Einrichtung der Werke auch notwenig mancherlei Abänderungen erleiden. S. hierüber Angriff und Verteidigung der Festungswerke, Schanze, Offenbarer Angriff, Überfall, Leiterersteigung etc.

Im Allgemeinen ist von dem Sturm der Festungswerke noch Folgendes anzuführen. Auf den bedeckten Weg lässt sich kein Sturm mit gegründeter Aussicht eines glücklichen Erfolgs unternehmen, wenn er eine doppelte Palisadierung hat, wenn sich ein sicheres, nicht leicht zu nehmendes Reduit im Waffenplatz des eingehenden Winkels befindet; auch bloße Tambours, oder bei einer sich flach verlaufenden Kontreskarpe, eine krenelierte Mauer hinter der Künette, werden ein solches Unternehmen sehr erschweren. Gegen andere Werke ist zu untersuchen: ob man bei einem trockenen Graben denselben in einer hinlänglich breiten Front, wenigstens 15 Fuß, passieren kann, und ob die Brustwehr hoch und stark genug zur Deckung gegen Flankenschüsse ist. Bei einem Wassergraben muss die Brücke oder der Damm, wenigstens 12 Fuß breit, eine hinlängliche Stärke haben, und mit einer schussfreien Brustwehr versehen sein. Eine Bresche muss hinlänglich ersteigbar sein; steht oben noch ein Stück von der Brustwehr, so muss es durch Stückkugeln und Granaten abgekämmt werden. Die äußere Böschung der Brustwehr ist genau zu besichtigen, ob man keine Spuren eines Abschnitts entdeckt, und vielleicht deshalb die Brustwehr durchbrochen ist, damit der Abschnitt von uns nicht umgangen werden könne.

Durch Überläufer oder Gefangene sucht man sich von der Gestalt und Größe der Abschnitte zu unterrichten, auch zu erfahren, ob, und wo sich Minen befinden. Auch aus der Haltung und Verteidigungsweise des Feindes kann man auf seine Stärke und Standhaftigkeit schließen, und darauf seinen Angriffsentwurf begründen. Gewöhnlich greift man aber doppelt so stark an, als die Besatzung des Werks ist, und hat noch eine gleiche Anzahl zur Reserve; die stürmende Kolonne muss dabei in möglichst breiter Front den Wall ersteigen. Die zur Anfertigung eines Logements auf dem eroberten Werke nötigen Arbeiten muss man vorher genau berechnen, und danach die Anzahl der Arbeiter bestimmen; der Sturm selbst geschieht, ohne einen Schuss zu tun.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Sturm, im Militärwesen der Abschluss eines jeden vollständig durchgeführten Angriffs. Er bezweckt das Vertreiben des Gegners aus seiner Stellung und die Besitznahme dieser letzteren selbst. Liegen nicht außergewöhnliche Verhältnisse vor, z. B. völlige Überraschung des Feindes, Dunkelheit, starker Nebel, so hat heutzutage der Sturm nur Aussicht auf Erfolg, wenn der Angreifer vorher die infanteristische und artilleristische Feuerüberlegenheit gewonnen hat. Die deutsche Infanterie führte den Sturm derart aus, dass nach dem Aufpflanzen des Seitengewehrs das Gewehr an die rechte Seite genommen und in den Sturmschritt übergegangen wurde; die Tamboure schlugen den Sturmmarsch. Auf angemessene Entfernung vom Feind erfolgte der Übergang in den vollen Lauf, wobei die Spielleute unausgesetzt schlugen und bliesen. Unmittelbar vor dem Einbruch fällten die dem Feind zunächst befindlichen Mannschaften das Gewehr und alles stürzte sich unter andauerndem Hurrarufen zum Handgemenge auf den Feind. War der Gegner geworfen, so wurde sofort das Verfolgungsfeuer aufgenommen. S. auch Festungskrieg.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe