Schlachtordnung

Schlachtordnung.

Schlachtordnung, ist die Anordnung, welche nicht nur einen aus verschiedenen Truppenarten bestehenden Schlachthaufen in den Stand setzt, dass jeder einzelne Bestandteil, seiner Bewaffnung und Fechtart gemäß, zur Überwältigung oder Abwehr des Feindes beitragen kann, sondern auch, welche diese Bestandteile in eine solche Verbindung zu einander bringt, dass sie sich gegenseitig auf die vorteilhafteste Weise unterstützen können. Diese Anordnung muss daher nicht nur nach den von uns abhängigen Umständen, sondern auch nach den von uns unabhängigen eingerichtet sein, d. h. sowohl unsere Bewaffnung, Gewohnheiten, Vollkommenheit und Unvollkommenheit in Erwägung ziehen,als auch die mannigfaltigen Gestalten des Bodens, die Bewaffnung und Methode des Gegners, seine Vollkommenheiten und Unvollkommenheiten. Außerdem muss die Schlachtordnung auch jederzeit, und auf die leichteste und geschwindeste Art, in eine Marsch- und Lagerordnung verwandelt werden können, und umgekehrt; es ist daher notwendig, eine Normal- und Fundamental-Schlachtordnung zu haben, in welcher die Truppen durch die sogenannten Schulmanöver fleißig eingeübt sind, und aus welcher sich durch richtige Beurteilung die Handlungsweise bei zufälligen oder ungewöhnlichen Begebenheiten von selbst ergibt.

Die Schlachtordnungen haben sich seit den frühesten Zeiten in mancherlei Formen dargestellt, bis sie zu den noch jetzt üblichen gelangten, welche im Wesentlichen in zwei Hauptarten zerfallen, nämlich in die ältere Preußische, welche in den übrigen europäischen Heeren größtenteils noch beibehalten ist, und in die neuere Preußische oder sogenannte Brigade-Aufstellung. Bei der Beschreibung der ersteren kann ich nichts besseres tun, als den Worten des Generals R. v. L. folgen.

Sämtliche Waffen waren bei den Preußischen Aufstellungen im Siebenjährigen Krieg in dünne Linien formiert, und diese, wenn man den Feind erwarten wollte, nach Vorschrift des Höhenlaufs in Winkel gebracht, oder in Schlangenlinien gekrümmt, um die Einsicht in die Täler und Berghänge, und vor der Front ein kreuzendes Feuer zu gewinnen; dagegen möglichst in eine gerade fortlaufende Richtung gebracht, wenn man dem Feinde entgegen zu gehen beschloss, weil man ohne diese Vorsicht den senkrecht auf die Standlinie (Basis) dirigierten Vormarsch nicht mit Ordnung und Zusammenhang zu vollbringen vermochte. Hatte man Truppen genug, so wurden sie in zwei, auch wohl in drei Treffen, parallel, und im Abstand von ein paar hundert Schritten hinter einander gestellt, damit das erste Treffen, nach verbrauchter Munition und großem Verlust, durch das dahinter folgende Treffen schnell abgelöst, und dieses bis dahin wenigstens aus dem Bereich des feindlichen Musketenfeuers gehalten werden konnte. Die nahm in beiden Treffen gewöhnlich die Mitte der Schlachtordnung ein. Zwischen jedem Bataillon wurde so viel Intervall gelassen, dass die Regimentsgeschütze eingeschaltet werden konnten; das zweite Treffen enthielt häufig eine geringere Anzahl von Bataillonen, weshalb die Intervalle desselben größer wurden. Die verschiedenen Bataillone eines einzelne Regiments wurden nicht gleichmäßig in beide Treffen hinter einander aufgestellt, sondern nach Vorschrift der Ordre de Bataille eins neben das andere; den Grenadieren wies man häufig ihren Platz auf den Flügeln der Musketiere an. Die Kavallerie wurde in gleicher Stärke auf beide Flügel der Infanterie verteilt, und entweder gleichfalls in zwei Treffen geordnet, oder insgesamt in das erste Treffen gezogen.

Das schwere Geschütz stand in Batterien gesammelt, entweder mit im ersten Treffen oder vor der Infanterie dieses Treffens. Das dritte Treffen wurde, wo es vorhanden war, zur Reserve bestimmt, und entweder eben wie die vorderen aus drei Waffen zusammengesetzt, oder häufiger bloß aus einer Reiterlinie und dem Artilleriepark gebildet. Die Husaren, die Fußjäger und was man sonst an leichter Infanterie und berittenem Geschützvolk besaß, wurden, ohne ihnen einen bestimmten Platz in der Schlachtordnung anzuweisen, meist in Reserve gehalten, d. h. zu gelegentlichem Gebrauch auf Vorposten, zu Seitenkorps usw. verwendet. Avantgarden beim Angriff, Rückenhalt bei der Verteidigung wurden im Fall des Gebrauchs aus den Kerntruppen beider Treffen besonders kommandiert, und auf eine analoge Weise wie die Haupttreffen wiederum in sich geordnet.

Jedes Treffen war in zwei Flügel geteilt; der Feldherr befehligte das Ganze, unter ihm ein General der Infanterie das erste Treffen, ein General der Infanterie das zweite Treffen. Unter diesen kommandierten jüngere Generale (General-Lieutenants) die vier Flügel, und unter diesen noch jüngere Generale (General-Majors) einzelne Infanteriebrigaden, jede zu zwei bis höchstens sechs Bataillonen. Ein General der Kavallerie befehligte die gesamte Reiterei des rechten, ein anderer die des linken Flügels, unter ihnen jüngere Generale Brigaden aus fünf bis 20 Schwadronen. Den Reservetruppen waren entweder ein oder mehrere Generale ausdrücklich vorgesetzt, oder sie waren auch wohl ohne besonderen Gesamtbefehl unmittelbar unter dem Befehl des Oberfeldherrn gestellt.

Die Ingenieur-Offiziere, die General-Adjutantur, die Mitglieder des General-Quartiermeisterstabes und der Intendantur (des Verpflegungswesens) usw. wurden zum Hauptquartier gerechnet. Der Pontontrain war dem Artillerietrain einverleibt; Mineure, Sappeure, wurden selten und in geringer Anzahl im Felde mitgeführt, dann gewöhnlich dem Hauptquartier beigegeben, meistens erst im Festungskriege mit dem Belagerungstrain herbeigeholt.

Zum Behuf der Märsche wurde die Schlachtordnung gewöhnlich in mehrere (Marsch-)Kolonnen aufgelöst, welche entweder auf verschiedenen Parallel-Straßen, oder auch auf eigens dazu gebahnten Kolonnenwegen, sich neben einander in möglichst gleicher Höhe fort bewegten. Diese Marschordnung hatte häufig mit der Schlachtordnung nichts gemein, sondern befolgte ein von derselben ganz abweichendes Gesetz; Friedrich der Große ging indessen von dem richtigen Grundsatz aus, dass man auch auf dem Marsch stets schlachtbereit sein, und daher die Schlachtordnung in den Marschkolonnen beibehalten müsse. Dem gemäß marschierte man, ohne die innere Zusammenstellung der einzelnen Waffen zu ändern, entweder treffenweise oder flügelweise so ab, dass jede Kolonne aus einer einzelnen Waffe bestand. Die Bataillonsgeschütze blieben bei ihren Bataillonen, die übrige Artillerie bildete, um gehörig gedeckt zu sein, die mittelste, oder, wenn sich der Feind seitwärts befand, die von ihm am weitesten entfernte Kolonne, folgte wohl auch hinter der Infanterie. Zunächst ihr marschierte gewöhnlich die Infanterie, während von der Kavallerie die äußeren Kolonnen gebildet wurden. In anhaltend durchschnittenem Boden nahm man auch wohl umgekehrt die Reiterei in die Mitte und ließ die Infanterie auswendig marschieren.

War z. B. der Abmarsch flügelweise befohlen, so wurde die erste Kolonne aus der gesamten Reiterei des rechten Flügels gebildet, das erste Treffen derselben an der Spitze; die zweite Kolonne aus dem rechten Flügel der Infanterie beider Treffen; die dritte Kolonne aus dem linken Flügel der Infanterie beider Treffen; die vierte Kolonne aus der gesamten Reiterei des linken Flügels. Wenn die Infanterie nur mit rechts oder links um marschierte, konnten füglich beide Treffen der Infanterie dicht neben einander auf derselben Straße gehen; dann bildete die gesamte Infanterie nur eine, z. B. die zweite Kolonne, die Artillerie aber die dritte. Wo die Artillerie in die mittlere Kolonne geworfen wurde, pflegte man wohl das sämtliche, wegen der Zelt- und Offizier-Packpferde sehr zahlreiche Gepäck, dem schweren Geschütz anzuschließen. Wenn man vom Feind nichts besorgen zu dürfen glaubte, wurden die Packpferde bei ihren respektiven Truppenabteilungen in die Kolonnen eingeschaltet. Hatte man den Feind zur Seite, so wurde die Bagage auch wohl unter gehöriger Bedeckung, auf einem vom Feind abgewendeten Wege in einer eigenen Kolonne fortgeschafft.

War der Abmarsch treffenweise befohlen, so nahm man in die erste Kolonne die sämtliche Kavallerie des ersten Treffens, und zwar nachdem rechts oder links abmarschiert wurde, die des linken oder die des rechten Flügels an der Spitze; in die zweite Kolonne das ganze erste Treffen des Fußvolks; in die dritte das zweite Treffen des Fußvolks; in die vierte die sämtliche Reiterei des zweiten Treffens. Sollte bei dieser Gelegenheit die Infanterie die äußeren Kolonnen bilden, so hatte dies keine große Schwierigkeit; es durften nur beim Abmarsch die erste mit der zweiten, die dritte mit der vierten Kolonne die Plätze wechseln. Dieser Abmarsch war zwar ganz einfach, hingegen der Wiederaufmarsch etwas mehr zusammengesetzt.

Bei Treffenabmarsch in der Nähe des Feindes blieben auch wohl die Truppen ganz in der Ordnung hinter einander, wie sie aufmarschiert gestanden hatten; in der ersten oder dem Feind nächsten Kolonne das erste Treffen, in der zweiten das ganze zweite Treffen, alle drei Treffen in der selben Kolonne nach ihrer Stellungsordnung, die Packpferde neben den Truppen, zu welchen sie gehörten; die Avantgarde, nach Maßgabe des Terrains gebildet, durch welches der Marsch ging, in der ersten Kolonne, dem ersten Treffen voran; nach dem Feinde zu Seitenpatrouillen von einer dem Terrain angemessenen leichten Truppenart.

Diese Art von Märschen zog man vor, wenn man den Feind nahe umgehen wollte, um in seiner Flanke ein neues Lager zu nehmen. War ein Angriff dabei zur unmittelbaren Absicht, so wurde die Bagage unter einer Bedeckung von den in Reserve gehaltenen Truppenteilen rückwärts oder seitwärts nach einem haltbaren Ort, hinter einen Fluss u. dgl. in Sicherheit gebracht. Zog man sich vom Feinde abwärts, so geschah der Marsch besser flügel- oder selbst brigadeweise, auf so viel Kolonnenwegen, als man ausfindig machen konnte, wobei sodann die Bagage ausgeschickt wurde, und eine starke Arrieregarde den Marsch der Kolonnen deckte.

Als Lagerordnung ist diejenige die natürliche, in welcher das Gesetz der Schlachtordnung oder Marschordnung, je nachdem die eine oder andere beim Aufbrechen aus dem Lager erfolgen soll, möglichst beibehalten wird; die Sicherheit oder Bequemlichkeit der Truppen werden jedoch fast jederzeit Ursache, eine oder die andere Abänderung dabei vorzunehmen.

In der neueren Geschichte findet man vor der Mitte des 16. Jahrhunderts fast keine Nachricht von einigermaßen ordentlich eingerichteten Lägern. Die Anordnungen des Prinzen von Oranien für die niederländischen Truppen wurden bald Muster für die übrigen Heere. Nach und nach kamen auch schon in damaliger Zeit die Zelte von Leinwand in Gebrauch; jedoch nur Anfangs für die Offiziere, wobei dieGemeinen noch immer unter Strauch- und Strohhütten liegen mussten, was im Siebenjährigen Kriege, einige seltene Bivuaks ausgenommen, bloß den Husaren und Vorposten-Truppen zugemutet wurde. Noch in den beiden ersten Schlesischen Kriegen wurden die Läger der Preußen, wo möglich, in Ebenen genommen, wobei man die höchste Vollkommenheit zu erreichenglaubte, wenn man sie genau nach der Schlachtordnung in schnurgerader Linie von einem Flügel zum anderen absteckte. Späterhin aber, beim Anfang des Siebenjährigen Krieges, befahl der große König, welcher über die wichtigsten Teile der Kriegskunst mehr nachgedacht hatte, dass künftig alle Läger einzig und allein nach dem jedesmaligen Terrain gewählt und abgesteckt werden sollten, ohne dabei auf die gerade Richtung mehrerer Bataillone und Regimenter in einer Linie Rücksicht zu nehmen.

Durch die Veränderungen, welche sich seit dem Siebenjährigen Kriege allmählich in der Fechtart, Bewaffnung und dem Waffengebrauch zugetragen hatten, war die Einteilung des Heeres in eine Avantgarde, Haupttreffen und Reserve, die zuvor mehr zufällig und willkürlich stattgefunden hatte, zu einer beständigen Norm geworden. Man nahm leichte Truppen mit in die Linie auf, gesellte den geschlossenen Fechthaufen durchgehende zerstreute Fechter bei, bildete besondere Reiter- und Artillerie-Reserven, eigene Vorpostenbrigaden, fing an, die Linienform auch im Gefecht mit der Massenform zu vertauschen usw. In den meisten Heeren walten jedoch die wesentlichen Formen der älteren Schlachtordnung noch immer unverkennbar hervor, und wenn sie auch hier und da davon abweichen, sieht man dennoch in ihrer Fundamental-Schlachtordnung in in ihren Ordonnanzen ein augenscheinliches Bestreben, sich so nahe als möglich an die ältere Form zu halten. Selbst von den Franzosen muss man dies behaupten, wie frei sie immer in der Verwendung mannigfaltiger Gefechtsanordnungen zu Werke gehen mögen. In den russischen Schlachtanordnungen vom Jahre 1812 schien zwar auch ein eigentümliches Massensystem vorzuwalten; aber schon in der Schlacht von Groß-Görschen zeigt sich das Hinneigen zur Linearstellung und Flügelanordnung so vorherrschend, dass nur durch den festen Sinn des Generals Scharnhorst verhütet wurde, dass die Bestimmungen des russischen Oberfeldherrn nicht auch die neue preußische Aufstellung völlig in die alte Form zurückgehen machten. Es ist daher bis jetzt eigentlich außer dem preußischen Heere nirgends zu bemerken, dass die Gesamtheit der neueren Erfahrungen zu einem festeren System gediehen, und mit Bewusstsein in die ordonnanzmäßigen Bestimmungen aufgenommen worden wäre.

Die Anordnungen der neuen preußischen Fundamental-Schlachtordnung findet man unter dem Artikel Brigade-Aufstellung im Allgemeinen angegeben.

Bei allen Schlachtordnungen ist überhaupt zu betrachten: 1) Die Art der Zusammensetzung derselben aus verschiedenen Bestandteilen. 2) Die Form dieser Bestandteile zusammengenommen bei der Entwicklung zum Gefecht. 3) Die Art der Kraftäußerung gegen den Feind. Was die erstere betrifft, so muss ich mich begnügen, nur die jetzt üblichen Arten auseinanderzusetzen, wie dies bereits oben, und unter dem Artikel Brigadeaufstellung geschehen ist.

Nach der Form der Bestandteile bei der Entwicklung ist die Schlachtordnung entweder eine volle Masse, wo man die zu einem Schlachthaufen vereinten Waffen auf einen Haufen dicht an einander rücken lässt, oder man hat aus ihnen zusammenhängende Linien gebildet, oder sie sind in selbständige Elemente aufgelöst. Die Linearstellung in mehreren Treffen macht gleichsam den Übergang zwischen den beiden letzteren Formen, so wie die tiefe aber schmale Marschkolonne schon zwischen den beiden ersten Formen in der Mitte steht. Es ist nur zu unterscheiden, welche von diesen Formen zum Gefecht, der Leichtigkeit ihrer Entwicklung und Anwendung nach, die zweckmäßigste ist. DieAufstellung in einer vollen Masse ist für das Gefecht die unpassendste, weil sie den größten Teil der Truppen außer Tätigkeit setzt, besonders die Wirkung der Reiterei ganz aufhebt, und vom feindlichen Feuer zu sehr Schaden leidet. Mann kann sie daher nur als vorläufige Form vor dem Beginnen des Gefechts gebrauchen, und um Demonstrationen zu machen, indem man dadurch in Stand gesetzt wird, den Feind über unsere Stärke und Absicht in Ungewissheit zu lassen; hierbei steht aber als Bedingung fest, dass die Masse einer jeden beliebigen und schnellen Entwicklung fähig ist, dass man sich nicht in eine Terrain begebe, welches diese Entwicklung hindert, und dass man es dem Feind unmöglich gemacht hat, uns plötzlich auf den Hals zu fallen. Findet man also den Feind in der Massenform, so muss man durch plötzlichen Angriff seine Projekte und seine Entwicklung zu hindern suchen; wir selbst aber sichern uns gegen dieses Verfahren des Feindes durch eine bedeutende Anzahl von Streitkräften, welche auf allen äußeren Punkten der Masse zum zerstreuten Gefecht disponibel sind.

Die Aufstellung in zusammenhängender Linie, d. h. ringsum durch Truppenlinien eingeschlossenen Figuren, in deren Mitte sich ein hohler Raum befindet, ist fast eben so nachteilig als die vorige, ohne dass andere wesentliche Vorteile damit verbunden wären. Zwar ist hierbei kein so großer Teil der Streitkräfte außer Wirksamkeit gesetzt, aber es ist dem Feind leichter, uns richtig zu übersehen, eine der Seiten zu durchbrechen, und die uns zu Gebote stehende Truppenmasse wird selten so groß sein, um den Abstand zweier gegenüber stehenden Seiten so entfernt von einander zu machen, dass das feindlichen Geschütze sie nicht gleichzeitig erreichen könnte. Nur in solchen Fällen könnte man zu dieser Form seine Zuflucht nehmen, wenn man auf einem isolierten, aber durch die Beschaffenheit des Terrains schon verteidigungsfähigen Punkt beschränkt, ringsum von feindlichen Angriffen bedroht, und einige Hilfe von außen zu erwarten berechtigt wäre. Man müsste sich dann wie die Besatzung einer Schanze oder Festung betrachten; je größer diese Analogie ist, oder zu Wege gebracht werden kann, desto besser wird es sein; verdeckt postierte Geschütze, verborgene Hinterhalte im Innern, aus denen Reiterei mit Freiheit hervorbrechen kann, würden dann der Aufstellung von eine größere Vollkommenheit verschaffen. Einen so aufgestellten Feind zu überwältigen, muss man daher mehrere selbständige Truppenteile disponibel haben, den Feind ringsum beschäftigen, die Ausgänge blockieren, und an einer geeigneten Stelle den Durchbruch erzwingen.

Die Linearaufstellungen mehrerer Treffen, welche also keine geschlossene Figur bilden, beschreiben im Grundriss entweder eine gerade Linie, oder einen ausspringenden Winkel, oder einen einspringenden Winkel, oder mehrere wie durch Winkel verbundene Linien, oder abgestumpfte, zu Bogen abgerundete Winkel. Der Einfluss aller dieser Linien auf den Angriff und die Verteidigung ist fast bei der Truppenaufstellung derselbe wie bei den Verschanzungen, nur kommt bei der ersteren die Gestalt der Frontlinie erst dann in Erwägung, wenn der Angriffpunkt ausschließlich in der Front gelegen ist. Denn sind die beiden Flanken der Stellung passende Anlehnungspunkte, so wird man den kürzesten Weg wählen und beide durch eine gerade Linie verbinden; diese ist nicht nur die passendste für die Bewegung, und für die Annahme einer jeden Form, sondern sie zwingt auch den Feind zu einem Parallel-Angriff, welcher wegen der festen Flanken ihm an und für sich keinen größeren Vorteil gewährt als uns; wollte er unsere Front zu durchbrechen versuchen, so würde er sich, eben der festen Punkte auf den Flanken wegen, einer Umfassung von unserer Seite aussetzen.

Findet sich aber für eine oder für beide Flanken kein Anlehnungspunkt, so wird man jederzeit gezwungen, zu irgend einer anderen Linie als zu einer geraden seine Zuflucht zu nehmen, und zwar dies erst dann, wenn der Feind unsere Flanke zum Angriffspunkt wählt. Dies wird er aber immer tun, weil es töricht sein würde, unsere Fronte anzugreifen, wenn unsere Flanken zugänglich sind, das diese dann die mindeste Widerstandsfähigkeit besitzen; indem er aber die hierzu nötigen Anstalten trifft, werden wir ihm statt der wehrlosen Flanke irgend eine Front entgegensetzen, und dadurch unsere Linie brechen oder krümmen; er selbst wird zu einem ähnlichen Verfahren gezwungen, wenn er nicht Gefahr laufen will, umfasst zu werden, anstatt uns zu umfassen.

Die Form einer Truppenstellung hängt daher nicht bloß von derWiderstandsfähigkeit ab, welche sie gewährt, sondern auch von der Freiheit, diese ursprüngliche Form nach den Absichten und Anordnungen des Gegners beliebig und vorteilhaft zu ändern. Das es hierbei auf Beweglichkeit ankommt, so folgt auch, dass oft eine Flanke, die man dem feindlichen Angriff entziehen kann, einen eben so großen und selbst noch größeren Wert hat, als eine Flanke, die angelehnt ist.

Eine Linie mit einem ausspringenden (auch abgerundeten) Winkel wird man nur dann wählen, wenn man den Feind umfassen kann, oder wenn uns der Feind einen ausspringenden Winkel entgegensetzt; dieser letztere, welcher zum Durchbrechen der geschickteste ist, setzt die ihn bildenden Truppen während des Feuergefechts augenscheinlich in den größten Nachteil, führt aber im Handgemenge die Entscheidung mit sich, wenn die Zusammensetzung dieser Keilform aus den verschiedenen Waffen sich dazu eignet, rasch in eine Angriffskolonne überzugehen.

Die Aufstellung mit selbständigen Elementen, und das Gefecht in zerstreuten Schwärmen, verwischt teils diese bestimmten und beständigen Formen der Frontlinie ganz, teils treten dabei ganz andere Beziehungen ein, weil hier die Verteidigungsfähigkeit viel mannigfaltiger verteilt, und jeder Punkt viel gleichartiger ausgerüstet ist, als bei der Aufstellung in unzertrennten Linien. Beidem Gefecht so formierter Truppenabteilungen ist zwar der Endzweck aller Bestrebungen auch, einander über den Haufen zu werfen, den Gegner zu umfassen, in seine Linien einzudringen, mit diesem oder jenem Teil unserer Streitkraft das Treffen zu versagen; alles erscheint aber mehr als ein Bemühen, einzelne Elemente der feindlichen Aufstellung abzuklemmen, den inneren mehr geistigen als physischen Verband gesamter Elemente auseinander zu sprengen, oder sie so eins auf das andere zu werfen, dass sie sich in ihrer Wirksamkeit hemmen; man sucht daher die Ecken zu fassen, sich in solcher Richtung zu nähern, dass sie mit den Aufstellungslinien des Feindes so stumpfe Winkel als möglich bildet, wohl gar in die Verlängerung derselben trifft, und mit der zerstreuten Feuerlinie den Feind zu umfassen, während sich die Massen zum Einbruch anschicken.

Die Art der Kraftäußerung gegen den Feind ist beim Angriff im Allgemeinen entweder ein Bestreben, das Widerstand leistende Objekt nur von seinem Platz zu verdrängen, oder ein Eindringen und Auseinandersprengen, oder ein Umfassen und Zusammenpressen desselben. Diese drei Arten liegen auch als Wechselwirkung bei der Verteidigung zum Grunde, und lassen sich im Grunde immer auf eine mauer-, keil- und zangenähnliche Form der gegenseitigen Anordnung zurückführen. Alle diese Grundformen lassen sich, in Verbindung mit den übrigen, das Gefecht bedingenden Umständen, erfolgreich gegen einander anwenden, doch kann keine derselben ein für allemal bestimmt gewählt werden, um des Sieges zu sein, ohne die anderweitigen Umstände in Erwägung zu ziehen, und keine ist so entscheidend, dass man sich nicht, durch umsichtige und entschlossene Maßregeln, verderblichen Folgen entziehen könnte.

Die mauerförmige Stellung, aus welcher die sogenannten Parallel-Schlachten entstehen, wird immer am ratsamsten sein, sowohl beim Angriff als bei der Verteidigung, wenn an der feindlichen Aufstellung weder verletztliche Ecken, Enden oder Spitzen hervortreten, noch ein Punkt sich findet, welcher durchbrochen werden könnte; und hieraus ergeben sich die Bedingungen, dass die Enden der Mauer nicht müssen umfasst werden können, und dass in der ganzen Front kein an sich schwacher Punkt befindlich sein muss. Daher müssen die Flanken entweder gedeckt sein, oder sich so weit ausdehnen, dass sie über die Flügel des Feindes hinwegreichen, oder dies muss durch aufgestellte Reserven möglich gemacht werden. Zur Verstärkung der etwa nicht zu vermeidenden schwachen Punkte in der Front müssen bewegliche Elemente zur Disposition stehen; die Ausdehnung der Front muss weder zu gering sein, dass sie die feindliche Umklammerung erleichtern könnte, noch zu groß, dass dadurch unsere Kräfte zu sehr zerstreut würden. Wollte man ferner seine Stellung überall gleich stark machen, so würde sie auch überall gleich schwach sein; bei ursprünglich ungefähr gleicher Stärke kann man gewöhnlich nur dadurch das zum Siege nötige Übergewicht erlangen, dass man die Kräfte ungleich verteilt, und da stark ist, wo dem Gegner nur mittelmäßig Kräfte zu Gebote stehen. Für die Reiterei findet sich bei der mauerförmigen Schlachtordnung selten eine Gelegenheit, entscheidend und im Großen zu wirken; und wenn sie sich wirklich zum Durchbruch oder zur Überflügelung in Bewegung setzt, oder wenn man ihr hinter Lücken, welche in der Front gelassen sind, in angemessener Entfernung einen Platz anweist, wo hört dadurch schon die Mauerform auf. In der Linie selbst würde die Reiterei nutzlos dem feindlichen Feuer ausgesetzt sein. Wie man sieht, entspricht die Mauerform der Linearaufstellung, sei es nun in zusammenhängenden Linien, oder in mehreren Treffen.

Die keilförmige Schlachtordnung hat das Durchbrechen der feindlichen Linien zum Zweck, und zwar dies sowohl beim Angriff als bei der Verteidigung. Es gehören hierher der sogenannte Angriff in schräger Linie, und der Angriff en Échelon aus der Mitte. Der Sinn der ersteren ist, den einen Flügel zum Angriff einzuschieben, und gleichzeit den anderen zu versagen, um immer frische Truppen disponibel zu haben. Beim Echelonangriff stoßen die Truppen zwar nach und nach auf den Feind, aber immer auf einen frischen, und hier findet also nur ein geringer Unterschied von der Parallelschlacht statt.

Das Durchbrechen der feindlichen Schlachtordnung wird mit Recht für eine gefährliche Maßregel gehalten, weil sie durch zu viel unvorhergesehene Umstände leicht scheitern, und in missliche Lagen versetzen kann. Es ist daher nicht ratsam, gleich beim Anfang der Schlacht dahin zu wirken, sondern den Durchbruch erst zu versuchen, wenn sich das Gefecht mehr verwickelt hat, wenn die feindlichen Kräfte nicht mehr so frisch und mannigfach disponibel sind, und wenn man die wirklichen Absichten und Anordnungen, Schwächen und Stärken des Feindes deutlich erkannt hat. Anderes ist es freilich bei einer Überraschung, weil man sich hier um so sicherer gleich Anfangs mit seinen Massen auf den Feind stürzen kann, da er unvorbereitet war.

In offener Schlacht wird der Durchbruch durch die Feuerwaffen vorbereitet, durch den Bajonettangriff der Infanterie fortgesetzt, und durch den Chok der Kavallerie vollendet; man hütet sich aber, durch zu sehr in die Augen fallende Voranstalten die Aufmerksamkeit des Feindes auf den von uns erwählten Punkt zu ziehen. Da man immer gewärtig sein muss, dass die Truppenmassen, welche die Spitze des Keils bilden, aufgerieben oder zurückgeworfen werden, so ist es um so besser, je weniger man von seinen Streitkräften in dieses Gewirr auf einmal verwickelt hat; ein Haufe, dessen Anfall abgeschlagen ist, muss sogleich durch einen frischen ersetzt werden können, und wo möglich immer mit gesteigerter Kraft. Die Wirkung, welche durch die Spitze des Keils hervorgebracht wird, steht in Übereinstimmung mit der spaltenden Kraft desselben, und erhält ihren Nachdruck durch die Art und Weise, wie die Seitenwände des Keils dabei mitwirken. Massen, welche sich inwendig hinter diesen Seitenwänden herschieben, unterstützen dieselben weniger, als die außerhalb sich mit ihnen vorwärts bewegenden; diese helfen die widerstrebenden feindlichen Truppen über den Haufen werfen, ängstigen sie durch Flankenfeuer, und bedrohen denRücken des Feindes.

Wenn in den feindlichen Bewegungen die Absicht zum Grunde liegt, uns keilförmig anzugreifen, so hindert dies keineswegs, uns ebenfalls dieser Form zu bedienen; aber man vermeidet, dass die gegenseitigen Keilspitzen auf einander treffen, sondern richtet seine Spitze auf die Flanke des feindlichen Keils, und hütet sich, dass man nicht selbst dabei von den nachfolgenden Haufen des Feindes in die Flanken genommen werden. Gegen einen mauerförmigen Angriff des feindes ist die Keilform die wirksamste Begegnung; sucht sich der Feind bei unserem Keilangriff in einen Bogen oder eine Zange umzugestalten, so müssen die Umstände und der Scharfblick entscheiden, was zu tun ist. Eigentlich würde es am unangemessensten sein, bei der bisherigen Angriffsrichtung beharrend, in den feindlichen Halbzirkel hineinzuschreiten; es kann aber auch hie und da das Beste sein, was man erwählen möchte, weil dies der Gegner am wenigsten erwartet, und man so gerade auch die gebrechlichste Stelle der feindlichen Schlachtordnung treffen könnte. Sicherer wäre es, seine Angriffsrichtung zu ändern, und das Zusammenwirken des feindlichen Feuers vermeidend, sich mit größerem Ungestüm auf eine der feindlichen Zangenspitzen zu stürzen; der Gegner würde nun zum zweiten Mal seine Disposition ändern müssen, was ihm selten zur rechten Zeit gelingen dürfte, wenn wir rasch, und ohne unsere Absicht zu sehr verraten zu haben, handeln.

Aus allem diesem leuchtet ein, dass ein solcher gegenseitiger Formenwechsel fast nur da ausführbar ist, wo man größtenteils der Linearstellung entsagt hat; und dass sich hierbei die Formationen in selbständige Bestandteile, am meisten aber die Brigadeaufstellung in Vorteil befindet.

Die umfassende und zangenartige Schlachtordnung steht gerade zu der keilförmigen gegenüber. Beide haben zwar gleiche Absichten, wählen aber verschiedene Wege; so wie beim Angriff die eine den Keil, die andere die Zange bildet, so setzt bei der Verteidigung die eine den Strebepfeiler, d. h. wieder einen Keil, die andere den halben Mond, oder wieder eine Art Zange, entgegen.

Das vorteilhafteste der zangenförmigen Schlachtordnung besteht eigentlich in der bequemen Anwendung eines konzentrischen Feuers, während der Feind sein Feuer auf mehrere Punkte richten muss; ferner darin, dass man von verschiedenen Seiten auf den Feind anrücken kann, wobei er uns entweder Flanken und Rücken bietet, oder nach allen Seiten Front machen, und dadurch einen großen Teil seiner Streitkraft im inneren Kern in Untätigkeit versetzen muss. Übrigens wird aber hierbei bedingt, dass sich der Feind wirklich im Konvergenzpunkt unserer Streitkräfte befindet, und dass er auch geduldig darin ausharrt, oder auszuharren gezwungen ist, bis wir ihn umfasst haben; sonst wird es ihm nicht allzu schwer werden, bei seiner konzentrierten Stellung, mit Nachdruck in die Offensive überzugehen, auf einen einzelnen Teil unserer auseinander gereckten Schlachtordnung, gegen die Mitte durchzubrechen, die Endpunkte umfassend, loszustürmen, und uns so nach und nach aufzureiben. Bei allem diesen setzt man aber weniger aufs Spiel, indem man den Feind zu umfassen, als wenn man ihn zu durchbrechen versucht, und man hat weit bessere Gelegenheit, sich auf eine gute Art aus dem Handel zu ziehen, wenn der Erfolg unseren Erwartungen nicht entsprochen hat. Auch kann man bei den Umfassungs-Manövern den Feind weit leichter durch Demonstrationen zu einem falschen Verfahren verleiten, und ihm statt der Offensive die Defensive abnötigen.

Das Gelingen der zangenförmigen Angriffe wird dadurch sehr befördert, dass unsere Absicht dem Feind erst dann klar wird, wenn esfür ihn zu spät ist, Gegenanstalten zu treffen. Man muss daher im Allgemeinen suchen, unter dem Schutz und Deckmantel des Terrains und der vorgeschobenen zerstreuten Feuerlinie, den Umständen nach genügende Waffen von geschwind beweglichen Truppen, (also im offenen Terrain vorzugsweise von Reiterei und berittener Artillerie), auf unserer Flügel zu ziehen, die, wenn der rechte Augenblick gekommen ist, sich möglichst schnell ausbreiten, und sich auf eine so imposante Weise, als sie nur immer vermögen, auf den Feind stürzen. Es ist dabei gar nicht nötig, dass diese Truppen unmittelbar in Verbindung mit dem übrigen Teil unserer Schlachtordnung bleiben; um diese beibehalten zuwollen, würde man größtenteils übrigens seinen Zweck verfehlen. Je mehr Selbständigkeit übrigens die einzelnen Bestandteile haben, desto geringere Gefahr findet auch im Allgemeinen für den Umfassenden statt, und setzt ihn dadurch in den Stand, desto dreister und rücksichtsloser etwas zu wagen.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Schlachtordnung, im 17. und 18. Jahrhundert die Einteilung und Gruppierung der Streitkräfte für ihre Verwendung in der Schlacht, ist der Kriegführung der neueren Zeit fremd geworden. Vgl. Fechtart.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe