Kasan

Kasan (tatar., d.i. Kessel, Kesselland), 1) sonst Königreich in Asien; 11.000 mi²; bewohnt von Biarmieru und anderen finnischen Völkern. Unter Dschingis Khan bemächtigte sich die Goldene Horde der Tataren des Reichs und bildete das Khanat Kaptschak, welches 1441 in die Provinzen Kasan, Astrakhan, Krim und Kaptschak zerfiel, und dessen Hauptstadt das erst neuerlich (1836) wieder aufgefundene Sarai, nahe der heutigen Stadt Zarew im Gouvernement Saratow, da wo sich die Achtuba in die Wolga ergießt, war. Die Bewohner Kasans waren oft im Kriege mit den Russen begriffen, welche erst 1554 unter Iwan IV. Wassiljewitsch die Eroberung Kasans vollendeten, s.u. Tataren (Gesch.).

1741 wurde Kasan von Peter I. zum Gouvernement erhoben, welches seit 1775 in die Gouvernements Kasan, Simbirsk, Perm, Pensa und Wjatka (Kirow) zerfällt, die zusammen einen Flächenraum von 11.264 mi² einnehmen und deren Bevölkerung 7 Mill. Einwohner beträgt, eine bunte Völkermischung von Groß- und Kleinrussen, Finnen, Mongolen, die zwar größtenteils der Griechischen Kirche angehören, doch zum Teil auch der Katholischen, der Armenischen und fast allen anderen christlichen Bekenntnissen, sowie es auch Muslime und selbst Anhänger der Lehre des Dalai-Lama gibt; s.u. Russisches Reich (Gesch.).

Kasan, 2) Gouvernement aus obigem gebildet, grenzt an die Gouvernements Wjatka, Orenburg, Simbirsk und Nischni Nowgorod; hat auf 1131 mi² 1.350.000 Einwohner, unter denen die vorerwähnten National- und Religionsunterschiede fast noch schroffer ausgeprägt sind, weil sie hier sich auf kleinerem Raume finden; es gibt hier außer anderen auch Tscheremissen, Tschuwaschen, Wotjäken, Kalmücken. Das Land ist wellenförmig mit kleinen Landrücken zu beiden Seiten der Wolga (Undersches Gebirge, kaum 2000 Fuß hoch); Flüsse: dem Hauptstrome, der Wolga, gehen hier die Wetluga, die beiden Kokschaja, die Swiaja, der Tyswil, der schiffbare Kama mit dem ebenfalls schiffbaren Zuflusse Wjatka zu. Viele kleine Seen, die ebenso wie die Flüsse fischreich sind. Das Klima ist mild und begünstigt den Acker- und Gartenbau, der Winter ist kurz aber streng; Produkte: Getreide, Hanf, Obst; Waldungen (auf der linken Seite der Wolga meist Nadelholz, auf der rechten Eichen, doch auch Espen, Pappeln, Ulmen, Ahorn, Birken u.a.); Kupfer, Eisen u.a. Mineralien; die Viehzucht ist in Aufnahme begriffen; der Fischfang ist sehr ergiebig (Hausen, Störe) und liefert den Tschuwaschen und Tscheremissen den Hauptbestandteil ihrer Nahrung; die Gewerbe blühen (Kreis Tschistopol), bes. Weberei, Gerberei, Färberei, Schiffbau; der Handel, bes. mit Korn, ist lebhaft; Wappen: weißes Feld, worin ein stehender, schwarzer, rothgeflügelter und gekrönter Drache; Einteilung: in 12 Kreise; das Gouvernement hat überhaupt 13 Städte, einen Ort (Possad) und 3810 Dorfschaften.

Kasan, 3) der größte und bevölkerungsreichste Kreis im Gouvernement, an der Wolga, mit vielen kleinen Seen; Ackerbau, Viehzucht, Fischfang, Baumwollenzeuge im Dorfe Wereski (in roter Farbe, Kumutsch), 190.000 Einwohner; hier Arsk, Stadt, ehemalige Sommerresidenz der kasanschen Könige.

Militär

  • Kasan Infanterieregiment
  • Jägerbataillon
  • Kasan Dragonerregiment
  • Kasan Garnisonregiment (2 Bataillone)
  • Garnisondragoner
Russisches Dragonerregiment Kasan, 1812, 15 mm Heritage Zinnfiguren.
Russisches Dragonerregiment Kasan, 1812, 15 mm Heritage Zinnfiguren.

Kasan, 4) Hauptstadt des Kreises und des Gouvernements, an der Kasanka, 1 Meile von der Wolga, Sitz der Gouvernementsbehörden; geteilt in die Kreml-Festung (mit zehntürmiger Mauer und an drei Seiten von schroffen Abhängen umgeben) und die eigentliche oder innere Stadt (mit dem Kreml durch eine Brücke verbunden); Erzbischof, alte Kirche Mariä-Geburt, Kasernen, großer Kaufhof, Universität (gestiftet 1803, mit Bibliothek, Botanischem Garten, Sternwarte und Klinikum im Militärhospitale), geistliche Akademie, Gymnasium mit Unterricht in asiatischen Sprachen, 49 Kirchen (darunter drei Klöster), 12 Moscheen, Kadettencorps, adeliges Fräuleinstift, geistliches Seminar (gestiftet 1797), tatarische Hauptschule, Theater, Waisenhaus und anderes mehr. Zahlreiche Tuch- und Wollenzeugmanufakturen, große Gerbereien und Seifensiedereien, Eisenfabriken, ausgebreiteter Handel mit diesen Erzeugnissen, außerdem ist Kasan der wichtigste Stapelplatz für den Verkehr zwischen Russland und Sibirien; 57.270 Einwohner (1855). Eine Vorstadt ist die Admiralitätsslobode mit Schiffswerften, an der Kasanka; ferner außer der Stadt: Pulvermühle, Denkmal der Unterwerfung Kasans, zwei Klöster. Der Kasansche Lehrbezirk umfasst neun Gouvernements, mit einer Universität, neun Gymnasien, 70 Lehrer und dabei angestellte Beamte. – Kasan ist in der Mitte des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich vom Tatarkhan Batu gegründet 1399 vom Großfürsten Wasili Dmitriewitsch zerstört, wurde es 1440 vom Khan Ulu Machmet, zwei Stunden näher der Kasanka, wieder aufgebaut und Hauptstadt des Kiptschakischen Reichs 1552 wurde es von Iwan Wasiliewitsch erobert 1774 von Pugatschew niedergebrannt, von Katharina II. wieder aufgebaut. 1815 und im August und September 1842 große Feuersbrünste.

Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon 4. Auflage 1857–1865

Historische Orte