Preußische Ulanen der Napoleonischen Kriege, 1813–1815

Testbericht der 1:72 Figuren von HäT Industrie

Preußische Ulanen der Napoleonischen Kriege, 1813–1815, 1:72 Figuren HäT Industrie 8005.

Die Figuren von HäT Industrie stellen Ulanen der Lützowschen Freischar dar, die 1815 mit den Bremer Freiwilligen zusammengefasst wurden und im 6. Ulanen-Regiment aufgingen. Letztere trugen schwarze Tschapken die der Modellbauer von den Polnischen Lanzenreitern der Firma ESCI übernehmen kann. Das 6. Regiment sieht in seinen schwarzen Uniformen mit roten Abzeichen und goldenen Knöpfen, den rot-gelben Lanzenflaggen und schwarzen Schabracken mit rotem Rand wirklich beeindruckend aus. Das Diorama von Klaus Hinderks zeigt die 6. Ulanen im Nahkampf mit französischer Infanterie. Die verwendeten Pferde stammen von den französischen Husaren der Firma Italeri.

Lanzen sind billig ...

Mit der Einführung des Langbogens, der Armbrust und der ersten Feuerwaffen verlagerte sich das taktische Gleichgewicht allmählich zugunsten der Infanterie. Frontalangriffe feindlicher Reiterei konnten bereits während der Annäherung bekämpft und erfolgreich zurückgeschlagen werden. Reiterformationen die dem Geschosshagel entgingen, brachen sich an einer tief gestaffelten Verteidigungslinie aus angespitzen und schräg in den Boden gerammten Pfählen, hinter die sich die mittelalterlichen Bogenschützen notfalls zurückfallen ließen. Im 17. Jahrhundert dienten die Musketiere in gemeinsamen Einheiten mit Pikenträgern, die guten Schutz gegen Kavallerie boten und auch beweglicher waren als die alten Pfahlsperren. Mit der Einführung des Bajonetts wurde das Steinschlossgewehr zur vollwertigen Nahkampfwaffe und der Musketier übernahm die Doppelrolle der leichten und schweren Infanterie. Frontalangriffe der Reiterei wurden im Salvenfeuer zerschlagen und die Reste der stark dezimierten Angreifer von einem undurchdringlichen Wall aus Bajonetten empfangen.

Indem der Frontalangriff der gepanzerten Lanzenreiter unmöglich gemacht wurde verschwand auch die Lanze vom Schlachtfeld, sie war zu schwer und unhandlich um in einer anderen Weise als dem Frontalangriff verwendet zu werden. In Osteuropa und Asian blieb die leichte Lanze als Kavalleriewaffe erhalten, sie war eigentlich ein langer Speer, wesentlich leichter und damit handlicher als die Lanzen der europäischen Ritter. Mit dieser leichten Lanze konnte auf Distanz gefochten werden, bevor der Gegner mit Säbel, Schwert oder Bajonett in Reichweite kam. Im Handgemenge war die Lanze unterlegen, sie wurde dann fallen gelassen und der leichte Reiter kämpfte mit dem Säbel weiter.

Polnische leichte Kavallerie war besonders gut beritten und geschickt im Umgang mit der Lanze. Es gibt ausreichend Hinweise dafür, dass die Ulanen-Regimenter vieler europäischer Mächte auf Kadern polnischer Reiter aufgebaut waren. Nach der Teilung Polens rekrutierten Österreicher, Preußen und Russen in den erbeuteten polnischen Provinzen neue Regimenter, viele Polen flüchteten ins Exil und traten in die französische Armee ein. Bereits 1808 gab es in den genannten Ländern reguläre Ulanen-Regimenter, deren Anzahl stetig erhöht wurde.

Preußen stellte 1808 zwei Ulanen-Regimenter auf, 1809 kam ein drittes dazu und 1815 wurden fünf Regimenter der leichten Kavallerie zu Ulanen umgewandelt. Interessant ist, dass alle Regimenter der Landwehr-Kavallerie mit Lanzen bewaffnet waren, obwohl den Reitern die erforderliche, langwierige Ausbildung an dieser Waffe fehlte. dass die Lanze selbst in diesen Einheiten mit einigem Erfolg eingesetzt worden ist, geht aus Episoden der Feldzüge von 1813–1815 hervor. Lanzen waren sehr billig herzustellen und sie waren gefürchteter als andere Kavalleriewaffen. Beide Faktoren zusammen genommen müssen den Gefechtswert der Landwehr-Kavallerie positiv beeinflusst haben, sonst hätte man den Männer nicht eine nutzlose Stange in die Hand gegeben. Französische Infanterie war aus dem verlorenen Russlandfeldzug mit angeschlagener Kampfmoral zurückgekehrt, ein weiterer Grund warum die Lanze gegen diese Truppen erfolgreich zum Einsatz kommen konnte. Demoralisierte Infanterie geriet schnell in Unordnung und versprengte Infanteristen waren dann ein leichtes Ziel für verfolgende Lanzenreiter. Allein die Furcht vor einem möglichen Angriff konnte die Reihe der Infanterie derart erschüttern, dass ein Angriff erst Aussicht auf Erfolg hatte.

Interessant ist auch die psychologische Wirkung der Waffe auf den Lanzenreiter. Dieser hatte keine andere Wahl als die gefällte Lanze in der Attacke einzusetzen, er war demnach gezwungen anzugreifen und die Lanze erst im nachfolgenden Handgemenge wegzuwerfen. Indem man die Landwehr mit einer reinen Angriffswaffe ausstattete veranlasste man sie zur offensiven Gefechtsführung. Lanzen waren mit dem Namen des Besitzers markiert. Wenn sie später unbeschädigt auf dem Schlachtfeld gefunden wurden drohte der Verlust der Ehre. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Lanze traditionell die Waffe der Edelleute war. Ritter bildeten die militärische und soziale Elite. Indem man die Landwehr mit ritterlichen Symbolen, Lanzen, eigenen Wappenfarben und Kreuzen ausstattete, wertete man die Truppe in den Augen der Bevölkerung deutlich auf. Vor 1813 war der Mittelstand praktisch nicht im preußischen Militär vertreten. Offiziere waren in der Regel Adlige, die Soldaten rekrutierten sich aus Arbeitern, Bauernsöhnen und ausländischen Söldnern. Die von Scharnhorst und Gneisenau betriebene Militärreform und das Landwehr Edikt führten zu einer Liberalisierung der Armee, an die sich bald weitreichende soziale und politische Reformen anschlossen.

Inhalt

12 Reiter in 4 Posen – 23 mm entsprechen 166 cm Körpergröße

  • Ulan mit angewinkeltem Arm (3)
  • Ulan mit erhobenem Arm (3)
  • Ulan mit gesenkte Arm (3)
  • Ulan mit angelegtem Arm (3)
  • Lanze (9)
  • Säbel (3)

12 Pferde in 4 Posen – 22 mm Stockmaß entsprechen 159 cm Widerristhöhe

  • Galoppierendes Pferd, hinten gehend (3)
  • Galoppierendes Pferd, hinten gehend (3)
  • Trabendes Pferd (3)
  • Trabendes Pferd (3)

Bewertung

Gute Detailfülle. Uniformfalten, Aufschläge, Bandeliere, Knöpfe, Waffen und Ausrüstung sind deutlich zu erkennen.

Die Reiter sind in der Paradeuniform der der Lützowschen Ulanen dargestellt, die 1815 im 6. Ulanen-Regiment aufgingen, sie tragen den Tschako ohne Schutzbezug und mit Federbusch. Wer die Figuren feldmäßig einsetzen möchte kann die Tschakobleche ganz einfach mit dem Skalpell entfernen und den Schutzbezug beim Bemalen andeuten.

Brauchbare, historische Posen. Die Reiter wirken lebendig und sitzen gut im Sattel.

Gute Gussqualität. Keine Gussnähte, aber deutliche Gussnähte sollten vor dem Bemalen entfernt werden.

Passende Lanzenwimpel (Lanzenfahnen) im Maßstab 1:72 finden Sie hier.

Trompeter und Standartenträger fehlen, allerdings kann einer der Reiter zum Standartenträger umgebaut werden.

Offizier im Kollett fehlt. Einer der Reiter kann als Offizier bemalt werden, er trägt dann eben die Litewka der Mannschaften, was durchaus nicht unüblich war. Jedoch war die Litewka bei den Ulanen nicht so beliebt wie bei Dragonern und Landwehr-Kavallerie, viele trugen das Kollett auch im Feldzug.

Die Figuren tragen Handschuhe wie sie bei den 6. Ulanen üblich waren. Wer andere Regimenter darstellen möchte kann die Handschuhe in Aufschläge ändern.

Der Packung liegen nur drei Lanzen und ein Säbel für jeweils vier Mann bei. Aus historischer Sicht sind 25 % Säbel sicher nicht zu viel, denn viele Lanzen wurden im Angriff zerbrochen, weggeworfen und durch den Säbel ersetzt. Wargaming-Einheiten wirken allerdings unruhig und wenig realistisch wenn zu viele verschiedene Typen und Waffen verwendet werden, dies ist insbesondere bei kleinen Einheiten der Fall. Wir hätten uns gewünscht, dass dem Set jeweils vier Lanzen plus ein Säbel beiligen, dann hätte der Kunde entscheiden können wie er die Figuren bewaffnen möchte. Unbenötigte Lanzen hätten für Umbauten verwendet werden können, z. B. um Husaren in Ulanen des 7. und 8. Regiments zu verwandeln. In der Regel ist zwischen den Figuren noch ausreichend Platz am Gusskanal, um Kleinteile anzubringen, die dann zur Gestaltung des Schlachtfeldes oder für Umbauten verwendet werden können. Diese Möglichkeit nutzen die Herstellern nur sehr selten, obwohl eine Figurenserie erheblich aufgewertet wird wenn abgelegte Tornister, Musketen, Tschakos und alternative Kopfbedeckungen beiliegen.

Ungewöhnliche Gangart bei zwei der vier Pferde, sie galoppieren mit den Vorderbeinen und gehen mit den Hinterbeinen im Schritt. Die Ulanen erhielten 1815 Stoffschabracken wie die Dragoner, dennoch wurden die beliebten und zweckmäßigen Lammfellschabracken im Feldzug weiterhin verwendet, insbesondere bei den gerade erst umgewandelten, ehemaligen Husaren-Regimentern. Ersatzweise können Pferde aus der Serie Französische Husaren von Italeri verwendet werden, lediglich die halbmondförmige Plakette am Zaumzeug muss entfernt werden. Schaffellschabracken sind ein absolutes Muss wenn die Figuren als 6. Ulanen verwendet werden, schwarze Uniformen und schwarze Schabracken mit roter Einfassung waren ein Erkennungsmerkmal von Lützows Schwarzem Korps.

Historische Verwendung

  • 6. Ulanen-Regiment (2. Westpreußisches) 1815, ex-Lützow

Interessante Umbauten

  • Landwehr-Kavallerie 1813–1815 (Schaffellschabracken, Tschakos mit Schutzbezug und aufgemaltem Landwehrkreuz)
  • Freiwillige Jäger-Detachements der Landwehr-Kavallerie 1813–1815 (grüne Litewka mit Aufschlägen in der Abzeichenfarbe des Regiments, Schaffellschabracken und Tschakos wie oben)
  • 6. Ulanen-Regiment (2. Westpreußisches) 1815, ex-Bremer Freiwillige (schwarze Tschapka anstelle des Tschakos)
  • Preußische Ulanen des 1. bis 5., 7. und 8. Regiments. Den Mannschaften war erlaubt, Litewka und Tschako im Felde zu tragen.

Bibliographie

1. Schlesische Landwehr-Kavallerie, 1:72 Figuren HäT Industrie 8005.

Die Ulanen eignen sich besonders als Landwehr-Kavallerie, wovon es im Waterloo Feldzug 15 Regimenter gab, drei in Zietens Corps, drei bei Pirch, zwei bei Thielemann und sieben bei Bülow. Die Reiter der 1. Schlesischen Landwehr-Kavallerie trugen die dunkelblaue Litewka mit gelben Aufschlägen. Der Tschako war mit einem Schutzbezug versehen, auf den das Landwehrkreuz aufgemalt wurde. Die Pferde mit Schaffellschabracken stammen von den französischen Husaren der Firma Italeri. Wer preußische Einheiten zur Zeit der Befreiungskriege oder im Feldzug von 1815 darstellen möchte, wird sich über die HäT Figuren freuen.

HäT Figuren

Figuren der Preußischen Armee der Napoleonischen Kriege