Schlacht bei Waterloo, 18. Juni 1815

Schlacht bei Waterloo, 18. Juni 1815.

Waterloo, Dorf in der belgischen Provinz Brabant wallon, Arrondissement Nivelles, 15,5 km südlich von Brüssel, am südlichen Rand des Soigner Waldes, an der Staatsbahnlinie Brüssel-Luttre und der Nebenbahn Waterloo-Mont-Saint-Jean, mit einer runden Kirche, zahlreichen für die in der Schlacht bei Belle-Alliance Gefallenen errichteten Denkmälern, Fabrikation von Kunstdünger und Seife und (1905) 4205 Einwohner.

Berühmt ist Waterloo durch die Schlacht vom 18. Juni 1815, die letzte Napoleons, dessen Herrschaft durch ihren Verlust zu Ende ging. Jetzt wird sie in Deutschland meist nach dem Meierhof La Belle-Alliance genannt, von den Franzosen von jeher nach dem Dorf Mont Saint-Jean, dem Schlüssel der britischen Stellung. Wellington nahm, nachdem ihm die Unterstützung der nach der Schlacht bei Ligny auf Wavre zurückgegangenen Preußen für den 18. Juni zugesagt war, eine Stellung zwischen Braine l’Alleud und Papelotte. Seine Hauptmacht, ohne die Detachierungen rund 62.000 Deutsche, Briten und Niederländer mit 135 Geschützen, stand zwei Tage nach der Schlacht bei Quatre-Bras an beiden Seiten der Straße Charleroi-Brüssel auf einem Höhenzug entlang des Weges Braine l’Alleud-Ohain. Vor der Front waren als Stützpunkte besetzt vor dem rechten Flügel Schloss Hougoumont, in der Mitte La Haye Sainte, links die Gehöfte Smohain, La Haye und Papelotte. Wellington beschränkte sich in Erwartung der preußischen Unterstützung auf die Verteidigung.

Franzosen

Verbündete

Preußen

Napoleon stellte am Morgen des 18. Juni sein Heer 1,5 km vom Feind in Schlachtordnung, rund 73.000 Mann mit 254 Geschützen, was bei der engen Massierung der Truppen am Abend vorher und dem durchweichten Boden langsam vor sich ging. Erst 11:30 Uhr gab der Kaiser, wohl gezwungen durch die späte Erledigung des unbedingt notwendigen Abkochens und in der festen Überzeugung, vor den erst 15. Juni geschlagenen Preußen sicher zu sein, den Befehl zum Angriff. Die Division Jérôme ging gegen Hougoumont vor, das aber, von den Braunschweigern und Nassauern tapfer verteidigt, bis zum Ende der Schlacht nie ganz in den Besitz der Franzosen kam.

Den Angriff auf den linken Flügel der Verbündeten eröffnete gegen 13:30 Uhr das Feuer von 80 Geschützen, wobei der wichtige Punkt La Haye Sainte nicht genügend gewürdigt wurde; doch verzögerte sich dieser Angriff, da Napoleon die Nachricht vom Anmarsch der Preußen gegen seine rechte Flanke erhielt. Erst um 14:00 Uhr griff Ney mit dem Korps Erlons (4 Divisionen in sehr dichter, dem feindlichen Feuer gegenüber ungünstiger Formation) den linken Flügel der Verbündeten einschließlich La Haye Sainte an: die Niederländer wichen, doch hielt Picton mit den britischen Brigaden Pack und Kempt stand, und als die Franzosen in Unordnung kamen, attackierten Somerset und Ponsonby mit 2 Brigaden britischer Reiter, warfen und verfolgten sie unter schwersten eigenen Verlusten bis unter die französischen Batterien. Picton und Ponsonby fanden hier den Heldentod. Der erste große Angriff war hiermit 15:00 Uhr abgeschlagen, 3000 Franzosen waren gefangen. Es trat eine Pause ein, während der die Franzosen eine furchtbare Kanonade unterhielten. Dann unternahm die Reiterei Milhauds und Lefebvre-Desnouettes, etwa 5000 Pferde, einen zweiten Angriff, um zwischen Hougoumont und La Haye Sainte durchzubrechen; aber dreimal wurde er durch die unerschütterliche Standhaftigkeit von 20 englischen, braunschweigischen und nassauischen Karrees, der deutschen Legion und hannoverscher Landwehr im Verein mit der Kavallerie des Lords Uxbridge zurückgewiesen.

Unterdessen tobte der Kampf um die Gehöfte weiter, und La Haye Sainte musste nach 17:00 Uhr vornehmlich aus Mangel an Schießbedarf geräumt werden. Wellingtons Heer war nur noch zur Hälfte kampffähig, aber im Vertrauen auf die Preußen hielt er stand, selbst als nach Verlust auch von Papelotte und La Haye die Franzosen seinem Zentrum ganz dicht gegenüberstanden und dieses durch Truppen des linken Flügels verstärkt werden musste. Und die Preußen kamen, Blücher hielt Wort. Trotz unsagbarer Beschwerden beim Marsch auf regendurchweichtem Boden erreichte die Spitze von Bülows Korps nach 13:00 Uhr den östlichen Rand des Schlachtfeldes, und 16:30 Uhr konnte Bülow mit seinem ganzen Korps die beiden Divisionen Lobaus, die Napoleon erst gegen 15:00 Uhr den Preußen entgegengeschickt hatte, auf Plancenoit, ein Dorf fast im Rücken des französischen Zentrums, zurückwerfen. Hier entspann sich ein erbitterter Kampf. Napoleon schickte Lobau 12 Bataillone Garde mit 24 Geschützen zu Hilfe, um sich der unterdessen auf 40.000 Mann verstärkten Preußen zu erwehren; mit einem letzten großen Schlag wollte er Wellingtons Schlachtlinie durchbrechen: der letzte Versuch der Rettung.

Eine Division von Erlons Korps und ein Teil der Kaisergarde, wahrscheinlich 6 Bataillone, gingen vor, wurden aber von den Verbündeten unter Wellingtons persönlicher Führung und mit Unterstützung des preußischen Korps Zieten, dessen Avantgarde gegen 18:00 Uhr bei Ohain war, zurückgeschlagen. Jetzt waren die Franzosen überall im Weichen, nur die Garde bewahrte ihre Haltung; endlich fiel Plancenoit, der rechte Flügel war damit völlig eingedrückt, und der Rückzug verwandelte sich in regellose Flucht, um so mehr, als die Preußen unter Gneisenaus persönlicher Führung der Schlacht eine rastlose Verfolgung, eine der großartigsten der Kriegsgeschichte, folgen ließen, wodurch die feindlichen Streitkräfte vollkommen aufgelöst wurden. Blücher und Wellington trafen sich am Abend des Schlachttages bei La Belle-Alliance. Die Verluste der Franzosen sind nicht genau festzustellen, betrugen aber sicher über die Hälfte der Armee, die der Verbündeten rund 22.000 Offiziere und Mannschaften, davon etwa ⅓ Preußen.

Napoleon hat später ungerechtfertigterweise dem Nichteintreffen Grouchys, den er nach der Schlacht bei Ligny den Preußen nachgesandt hatte, die Schuld seines Unglücks zugeschoben, doch hat dieser den ihm am 18. Juni vormittags von Napoleon gesandten Befehl zum Zusammenwirken mit dem rechten Flügel der französischen Hauptarmee erst abends nach 19:00 Uhr erhalten. Das Verdienst am Erfolg fällt einerseits Wellington zu wegen seines zähen, kaltblütigen Ausharrens, anderseits aber und vor allem Blücher: niemals hat eine erst zwei Tage vorher geschlagene Armee eine solche Entscheidung gebracht.

Unter den zahlreichen Denkmälern auf dem Schlachtfeld sind besonders bemerkenswert das preußische, bei Plancenoit, ein von einem Eisernen Kreuz gekrönter Obelisk, das holländische, eine 60 m hohe Pyramide, die den auf einem Sockel dargestellten niederländischen Löwen trägt, und das am 28. Juni 1904 enthüllte französische (ein sterbender Adler, von Gerôme) bei Belle-Alliance.

Bibliographie

  • »Waterloo-letters« (hrsg. von Siborne, Lond. 1892)
  • Bas, F. de: La campagne de 1815 aux Pays-Bas, Bd. 2 (Par. 1908)
  • Charras: Geschichte des Feldzugs von 1815. Waterloo (deutsch, Dresd. 1858)
  • Chesney: Waterloo-lectures (neue Ausg., Lond. 1907; deutsch, 2. Aufl., Berl. 1869)
  • Clausewitz: Der Feldzug von 1815 in Frankreich (Berl. 1835)
  • Franklin, John: Waterloo: Netherlands Correspondence, Volume 1
  • Houssaye: 1815. Waterloo (45. Aufl. 1904; deutsch, Hannov. 1900)
  • Lettow-Vorbeck, Oskar von: Napoleons Untergang 1815, Bd. 1 (Berl. 1904, mit Quellenverz.)
  • Navez: Waterloo (2. Aufl., Brüss. 1896)
  • Pflugk-Harttung, v.: Vorgeschichte der Schlacht bei Belle-Alliance. Wellington (Berl. 1903)
  • Pratt: The Waterloo campaign, a study (Lond. 1907)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Feldzüge, Schlachten und Ereignisse der Napoleonischen Kriege