Schildwache

Schildwache.

Schildwachen, heißen in der Garnison die einzelne Posten der Wachen, und sie stehen entweder zur Sicherheit eines zu bewachenden Gegenstandes, oder als Ehrenposten. Sie müssen jederzeit bei Tag und bei Nacht sehr aufmerksam sein, und dürfen nur bei sehr schlechtem Wetter in die Schilderhäuser treten, welche sie aber sogleich verlassen, wenn sich jemand nähert, dem sie Honneurs zu machen haben, oder bei Nacht, wenn sie anrufen müssen. Außerhalb des Schilderhauses haben sie das Gewehr beständig auf der Schulter, und dürfen es nie auf die Erde setzen, noch weniger aus der Hand lassen; eben so wenig dürfen sie sich auf ihrem Posten irgend etwas zu tun machen, sich niedersetzen, schlafen, Tabak rauchen, oder plaudern. Es ist ihnen nur erlaubt, sich 30 Schritt von ihrem Posten zu entfernen; Honneurs machen sie immer neben ihrem Schilderhaus.

Die Schildwachen müssen allem Lärm, vorfallenden Händeln usw. in der Nähe ihres Postens zu steuern suchen, und hiervon Meldung an die Wache machen lassen, sobald eine Militärperson in ihrer Nähe ist, oder sie solches durch Zurufen ihrer Nebenposten bewirken können; eben so müssen sie für den Fall, dass Feuer auskommt, sobald sie es bemerken, Alarm machen.

Auf alles, was den Schildwachen überliefert wird, müssen sie genau merken und Acht geben; sie müssen ihren Posten rein halten, nicht erlauben, dass in ihrer Nähe Tabak geraucht werde, und in der Gegend, die sie übersehen können, weder etwas stehlen noch ruinieren lassen, viel weniger selbst etwas ruinieren, sondern bei jeder Ablösung alles in gutem Stande überliefern, zu welchem Ende sie sich bei der Übernahme ihres Postens Alles vorher selbst zuzählen und überweisen lassen sollen. Die Ablösung geschieht alle 2 Stunden, im Winter, bei sehr strenger Kälte alle Stunden. Die Wachtmäntel dürfen sie bei Tage nur anziehen, wenn ihnen dies vom Offizier erlaubt worden ist, nämlich bei einer Kälte von 5 Graden und darüber. In Festungen hängt es von dem Kommandanten ab, ob er in Friedenszeiten erlauben will, dass die Wälle am Tage von Spaziergängern besucht werden dürfen. Im Kriege und bei Nacht können nur Runden, Patrouillen und Ablösungen die Wälle passieren.

Vom Zapfenstreich bis zur Reveille präsentieren die einzelnen Schildwachen vor niemandem, ausgenommen die Ehrenposten, welche im Innern der Häuser an beleuchteten Orten stehen. Die übrigen Schildwachen stehen nur auf ihrem Posten still, mit Gewehr über, sobald sie in der Nacht einen Offizier erkennen. Dies geschieht jedoch nur von denjenigen Schildwachen in der Stadt, welche vom Anrufen entbunden worden sind. Vom Zapfenstreich an rufen aber alle übrigen Schildwachen alles, was sich ihnen auf 15 bis 20 Schritt nähert, mit „Halt! Werda!“ an, wobei sie das Gewehr fällen. Wird „gut Freund!“ geantwortet, so lassen sie alles passieren, als ein Zeichen, dass es Zivilpersonen sind. Wird „Offizier!“, „Patrouille!“ usw. geantwortet, so ruft die Schildwache: „ein Mann vor!“, lässt diesen dicht an sich heran kommen, und fordert von ihm die Losung (oder das sonst gegebene Zeichen) ab. Hierauf lässt sie ihn passieren. Sollte der Angerufene gar nicht antworten, so wiederholt die Schildwache den Ruf noch zwei Mal, und geht sodann, wenn die Antwort noch nicht erfolgt, mit gefälltem Bajonett auf den sich Nahenden zu; vorzüglich muss dies auf Wällen oder an solchen Orten geschehen, wo man voraussetzen kann, dass Menschen in bösen Absichten umherschleichen. Findet die Schildwache, dass der Mensch verdächtig, betrunken, oder in einem solchen Zustand ist, dass er sich selbst Schaden zufügen könnte, wenn er ohne Aufsicht bliebe, so muss sie ihn arretieren; sollte sich ein Verdächtiger hierbei zur Wehr setzen, und die Schildwache selbst dabei in Gefahr kommen, so hat sie die Befugnis ihn niederzustoßen; unverdächtige Menschen hingegen, die aus Unwissenheit gefehlt haben, müssen von den Schildwachen zurechtgewiesen werden.

Die Schildwache vor dem Gewehr ruft des Nachts, wie alle übrigen, an, lässt jedoch niemanden in die Wache hinein gehen; will jemand auf die Wache zu, so muss die Schildwache, nachdem sie den Ankommenden befragt hat, den Unteroffizier herausrufen, welcher sodann das Weitere mit demselben abmacht. Wird auf „Halt! Werda!“ mit „Offizier!“ geantwortet, so ruft die Schildwache vor dem Gewehr weiter: „Was für Offizier!“ Auf die Antwort „Subaltern-Offizier“ wird „ein Mann vor!“ gefordert, die Schildwache lässt die Losung geben, und den Offizier passieren. Auf die Antwort „Stabsoffizier!“ oder „Offizier du jour“, „Runde“ usw. ruft die Schildwache: „Heraus!“, worauf dann die Ankommenden, wie unter Wachtdienst gesagt ist, examiniert werden. Stabsoffiziere, wenn sie nicht den Dienst haben, passieren jedoch die Wache, indem sie dem Offizier die Losung geben, ohne die Parole zu empfangen.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Schildwache, soviel wie Wachtposten, d. h. Posten im Garnisonwachtdienst und in dem diesem gleichgestellten inneren Wachtdienst der Unterkunft im Felde. Als Posten sind nur Mannschaften anzusehen, die im Garnisonwachtanzug mit der Verpflichtung, die Waffe nicht aus der Hand zu legen, auf einen begrenzten Posten (Postenbezirk) angewiesen sind; auf Stallwachen findet demnach der Begriff keine Anwendung.

Verhalten, Pflichten und Rechte der Schildwachen regelte früher die Garnisondienstvorschrift vom 15. März 1902. Aus ihr ist insbesondere zu entnehmen, dass die Wachtposten, gleich den Wachen und Patrouillen, befugt sind zum Einschreiten behufs Aufrechthalten der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Die hierbei etwa erforderliche Festnahme einer Militär- oder Zivilperson erfolgt teils aus eigener Machtvollkommenheit des Postens, teils auf Befehl eines Wachtvorgesetzten, eines Gerichts oder auf Antrag der Polizeibehörde, Polizeibeamten, Gendarmen etc.; dem Ansuchen von Privatpersonen kann nur ausnahmsweise, z. B. wenn Polizei nicht zur Stelle oder nicht herbeizuholen ist, entsprochen werden.

Unter bestimmten Voraussetzungen ist bei diesem Einschreiten der Waffengebrauch zulässig, bzw. geboten; dabei darf die Schusswaffe erst dann angewendet werden, wenn die anderen Waffen unzureichend erscheinen. Die jetzt nicht mehr sehr gebräuchliche Bezeichnung stammt aus früherer Zeit, als der vor jedem Wachtlokal im Freien befindliche Posten (später »Posten vor dem Gewehr«) auch die dort aufgehängten Schilde zu bewachen hatte. Bei schlechtem Wetter nahm die Schildwache Schutz im Schilderhaus.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe