Dreißigjähriger Krieg, 1618–1648

Dreißigjähriger Krieg, 1618–1648.

Dreißigjähriger Krieg, der innere Krieg, der Deutschland 30 Jahre lang, 1618 bis 1648, verheerte, und in den sich auch die auswärtigen Mächte, Spanien und die Niederlande, Schweden und Frankreich, einmischten, so dass er den Charakter eines europäischen Krieges annahm. Nach der kirchlichen Seite hin war er verursacht durch die Gegenreformation, da die nach dem Trienter Konzil neu organisierte katholische Kirche ihre alte Alleinherrschaft wiederzugewinnen suchte; nicht weniger waren politische Gegensätze vorhanden, die einen Austrag verlangten: die Reichsverfassung war seit 1608 außer Kraft gesetzt, da die Protestanten die Reichsversammlung verlassen hatten, des Hauses Habsburg Weltherrschaftsgelüste fanden Widerspruch, und das Bestreben des Kaisers Ferdinand II., die Zwistigkeiten in seinen Erblanden mit den Angelegenheiten im Reiche zu verquicken (Ächtung des Pfälzer Friedrich), entfachte alle Kräfte zu gegenseitiger Vernichtung.

Hatte im 16. Jahrhundert unter den vom Katholizismus abgefallenen Fürsten nichts weniger als Einigkeit geherrscht, hatten sich vielmehr die Anhänger Luthers und die Zwinglis und Calvins oft untereinander schärfer befehdet als die Papisten, und hatten namentlich die sächsischen Kurfürsten in ihrer Politik mit Rücksicht auf das habsburgische Kaiserhaus nie energisch die Sache des Protestantismus vertreten, so bildeten sich im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts zum erstenmal zwei politische Organisationen, die eine Vereinigung der protestantischen und katholischen Fürsten darstellten. Unter Führung des pfälzischen Kurfürsten verbanden sich 14. Mai 1608 alle evangelischen Fürsten mit Ausnahme des sächsischen Kurfürsten in der Union, die ein Defensivbündnis darstellte und eine eigene Kriegsorganisation erhielt. Unter Führung des 36jährigen Herzogs Maximilian von Bayern kam 10. Juli 1609 das katholische Gegenbündnis der Liga zu stande; die Habsburger hielten sich hier zunächst fern. Beide Organisationen entwickelten sich im folgenden Jahrzehnt und stellten die berufene Vertretung für protestantische und katholische Interessen dar, als 1618 der böhmische Aufstand das Zeichen zum Kampf gab.

Der böhmisch-pfälzische Krieg 1618–1623

In Böhmen war der Protestantismus abwechselnd geduldet und verboten gewesen; 1609 hatten die Stände endlich freie Religionsübung vom Kaiser Rudolf im sogen. Majestätsbrief ertrotzt, Matthias hatte diesen mit den anderen Privilegien bestätigt, aber andere Wünsche der böhmischen Stände unberücksichtigt gelassen, weshalb, wie in den anderen Ländern, so auch in Böhmen, dauernder Zwist zwischen den Ständen und dem Kaiser bestand. In Böhmen aber wurde dieser dadurch verschärft, dass zwischen den protestantischen Ständen und den katholischen noch ein besonderer Streitpunkt, eben durch das Bekenntnis veranlasst, hinzukam. Auf jede denkbare Weise wurden so die Protestanten im einzelnen belästigt, aber der Hauptzwist entstand über die Auslegung des Majestätsbriefs, der den Bau protestantischer Kirchen auf den königlichen Gütern gestattete. Als »königlich« nahmen die Protestanten aber auch nach alter Gewohnheit die geistlichen Güter in Anspruch, und so wurde in Braunau der Kirchenbau fortgesetzt, obwohl Matthias schon 1611 dies ausdrücklich verboten hatte. In Klostergrab bestätigte der Kaiser die vom Erzbischof verfügte Sperrung der Kirche.

Die protestantischen Stände vereinigten sich unter Führung des Grafen Matthias von Thurn zur Wahrung ihrer Rechte, fanden aber nicht das geringste Entgegenkommen; ihre Versammlung, die für den 21. Mai 1618 anberaumt war, wurde ausdrücklich verboten, aber man kam doch zusammen, und als eine kaiserliche Abordnung das Dekret nochmals vor den Versammelten verlas, kam es zu so heftigen Auseinandersetzungen, dass man die kaiserlichen Räte in Prag, Martinitz und Slawata, nebst ihrem Sekretär, Fabricius, zum Schlossfenster in den Graben hinabstürzte (23. Mai 1618) und in offener Empörung die kaiserlichen Truppen auch aus den Nebenlanden Mähren und Schlesien vertrieb. Als nach Matthias’ Tod (20. März 1619) Ferdinand II., der erbittertste Feind des Protestantismus, Landesherr wurde, war jede Hoffnung auf einen gütlichen Ausgleich geschwunden. Früheren Plänen entsprechend wählten die Böhmen jetzt ihren eigenen König, und zwar das Haupt der Union, Friedrich V. von der Pfalz. Kaiser Ferdinand verstand es jedoch, die Liga für sich zu gewinnen und die Union von der Unterstützung ihres Hauptes (Ulmer Vertrag, 3. Juli 1620) abzuhalten.

Zwei Züge Thurns gegen Wien blieben erfolglos, und Friedrichs Heer erlag dem kaiserlich-ligistischen in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag (8. Nov. 1620), König Friedrich flüchtete, Ferdinand aber war Herr von Böhmen und Mähren, wo er nun aufs schonungsloseste gegen die Protestanten einschritt, den Majestätsbrief aufhob und mit Hilfe der Jesuiten den Katholizismus wieder zur ausschließlichen Geltung brachte. Damit nicht zufrieden, ächtete er kraft kaiserlicher Machtvollkommenheit Friedrich V. (29. Jan. 1821) und beraubte ihn damit seiner Kur und Lande: damit war der Krieg in das Reich übertragen. Während sich die Union tatsächlich auflöste, besetzten die ligistischen Truppen unter Tilly und die Spanier unter Spinola die Pfalz. Für den geflüchteten Friedrich traten der Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach, Ernst von Mansfeld, der sich aus Böhmen bis an den Rhein durchgeschlagen hatte, und der Herzog Christian von Braunschweig ein.

Bei Wiesloch ward Tilly 27. April 1622 geschlagen, siegte aber 6. Mai bei Wimpfen und 20. Juni bei Höchst, besetzte ungehindert die Pfalz, nahm Heidelberg und Mannheim und suchte das Land durch Plünderung und Verwüstung aufs härteste heim; auch wurde der Katholizismus gewaltsam wieder eingeführt. Nachdem Christian 1623 von den Niederlanden aus von neuem in Westfalen eingefallen, aber von Tilly 6. Aug. 1623 bei Stadtlohn geschlagen worden war, wurde trotz des Einspruchs Sachsens und Brandenburgs dem Herzog Maximilian von Bayern 23. Febr. 1623 auf dem Reichstag zu Regensburg die pfälzische Kurwürde förmlich zugesprochen.

Der niedersächsisch-dänische Krieg 1624–1629

Nach diesen Erfolgen konnte Kaiser Ferdinand die Wiederherstellung des Katholizismus in Deutschland und auf diesem Untergrunde die Errichtung einer starken habsburgischen Kaisermacht ins Auge fassen. Wo ligistische, kaiserliche und spanische Truppen die Gewalt hatten, begann nun eine gewaltsame Rekatholisierung. Auch in Westfalen und Niedersachsen forderten die Katholiken auf Grund des geistlichen Vorbehalts (s. Augsburger Religionsfriede) die evangelisch gewordenen Stifter und Kirchengüter zurück, zahlreiche Klöster wurden wiederhergestellt und von Jesuiten in Besitz genommen. Die hierdurch in ihrem Besitzstand bedrohten niedersächsischen Fürsten und die auswärtigen Mächte (England, Holland, Dänemark, Schweden), die eine plötzliche Stärkung der habsburgischen Macht nicht ruhig mit ansehen zu können glaubten, verbündeten sich 1625 zur Rückführung Friedrichs in seine Erblande. König Christian IV. von Dänemark führte das Heer. Um sich von der Liga unabhängig zu machen, stellte der Kaiser ein eigenes Heer unter Wallenstein auf, der mit 20.000 Mann Mansfeld (s. d.) 25. April 1626 an der Dessauer Elbbrücke besiegte. Tilly schlug mit dem ligistischen Heer den König Christian IV. am 27. Aug. 1626 bei Lutter am Barenberge: Norddeutschland und die Jütische Halbinsel waren verloren, aber die Absicht Wallensteins, die Herrschaft des Kaisers an der Ostsee zu befestigen, scheiterte an dem hartnäckigen Widerstand Stralsunds (1628).

Kaiser Ferdinand bewilligte 12. Mai 1629 dem Dänenkönig den Frieden von Lübeck, in dem derselbe seine Lande zurückerhielt gegen das Versprechen, sich nicht weiter in die deutschen Angelegenheiten zu mischen. Behufs Ausrottung der Ketzerei erging 6. März 1629 das Restitutionsedikt (s. d.), nach dem alle seit dem Passauer Vertrag eingezogenen Stifter, Klöster und andere Kirchengüter den Katholiken wieder zurückgegeben werden sollten. Die strikte Durchführung dieses Edikts hätte die Vernichtung des Protestantismus in Deutschland bedeutet, aber nur mit Hilfe der Liga hätte sie gelingen können. Doch deren Haupt, Maximilian von Bayern, sah in dem militärischen Absolutismus Wallensteins, der eine Stütze des Kaisertums gegen das Fürstentum darstellte, eine große Gefahr und forderte auf Grund der allgemeinen Klagen über die Brandschatzungen und Gewalttätigkeiten des Generalissimus vom Kaiser dessen Absetzung. Da Wallenstein (seit 1629 erblicher Landesherr in Mecklenburg) sich zugleich nicht zur Durchführung des Restitutionsedikts gebrauchen lassen wollte, entließ ihn Kaiser Ferdinand auf dem Kurfürstentag zu Regensburg (August 1630) vielleicht nicht ungern; er beraubte sich seines tüchtigsten Feldherrn in demselben Augenblick, in dem Gustav Adolf von Schweden den bedrängten Protestanten zu Hilfe kam.

Der schwedische Krieg 1630–1635

Schon 1625 hatte der Schwedenkönig seine Hilfe versprochen, aber erst die Beendigung des Krieges mit Polen durch Waffenstillstand vom 26. Sept. 1629 gab ihm freie Hand. Wenn er wirklich Schweden die Herrschaft über das Baltische Meer verschaffen wollte, so war seine Einmischung in die deutschen Verhältnisse unabweisbar. Daneben trieb ihn sicher auch ein Mitgefühl mit dem deutschen Protestantismus, aber dieser selbst glaubte offenbar nicht daran. Gustav Adolf landete 4. Juli 1630 mit 13.000 Mann, die sich bald auf 40.000 Mann vermehrten, an der pommerschen Küste und forderte die evangelischen Stände zum Anschluss auf; dies geschah nur sehr zögernd, namentlich Sachsen und Brandenburg hielten sich zurück. Am 23. Jan. 1631 schloss Frankreich, das wegen Mantua mit dem Kaiser im Krieg lag, einen Subsidienvertrag mit Gustav Adolf, dagegen versammelte der sächsische Kurfürst, in seiner Politik vom Oberhofprediger Hoe von Hoenegg (s. d.) abhängig, im Februar eine Anzahl Reichsstände zum Leipziger Konvent, der vom Kaiser Aufhebung des Restitutionsedikts, natürlich ohne Erfolg, forderte, zugleich aber gegen Schweden Neutralität beschloss.

Gustav Adolf eroberte Pommern und Mecklenburg und trieb die Kaiserlichen bis an die Elbe zurück, jedoch das von Tilly belagerte Magdeburg konnte er nicht entsetzen, solange sich Brandenburg und Sachsen nicht ihm anschlossen; auch ein Vorstoß gegen Schlesien zog Tilly nicht von Magdeburg ab, das am 20. Mai 1631 fiel. Erst das furchtbare Schicksal der Stadt trieb die deutschen Protestanten den Schweden in die Arme. Als Tilly, des Kurfürsten Johann Georg bewaffnete Neutralität nicht achtend, in Sachsen einrückte, rief dieser den Schwedenkönig zu Hilfe. Mit den kursächsischen Truppen bei Düben zusammenstoßend, zog Gustav Adolf gegen Leipzig und schlug Tilly, der schon 18. Juli bei Burgstall unterlegen war, 17. Sept. 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld so entscheidend, dass sich dessen Heer fast gänzlich auflöste. Ganz Norddeutschland war mit einem Schlag befreit.

Während der kursächsische General Arnim sich nach Böhmen wandte, Prag eroberte und Schlesien bedrohte, zog Gustav Adolf durch Thüringen und Franken an den Rhein, säuberte Schwaben von den Kaiserlichen und rückte im Frühjahr 1632 gegen Bayern, wo er bei Rain am Lech 15. April Tilly wiederum schlug. Schwer verwundet starb dieser 20. April. Gustav Adolf hielt, begleitet von Friedrich V., seinen Einzug in München. Die Liga war jetzt aufgelöst. Der Kaiser, in höchster Bedrängnis und Not, wandte sich hilfeflehend an Wallenstein, der, Heeresleitung und Politik in seiner Hand vereinigend, sich im Vertrag von Znaim (April 1632) zur Übernahme des Oberbefehls verstand. Rasch sammelte er ein Heer, vertrieb die Sachsen aus Böhmen, zog die Reste der ligistischen Truppen an sich und rückte gegen Gustav Adolf, der bei Nürnberg lagerte. Fast drei Monate standen sich beide gegenüber, ein Sturm des Königs auf Wallensteins Lager 3. Sept. misslang, aber während die Schweden nach Österreich rückten, zog Wallenstein nach Sachsen, wohin ihm Gustav Adolf folgen musste, um den Kurfürsten an einem Abfall zum Kaiser zu hindern. Bei Lützen stießen sie 16. Nov. 1632 aufeinander: geschlagen, zog sich Wallenstein nach Böhmen zurück, doch der Tod Gustav Adolfs nahm den Protestanten ihre überlegene einheitliche Leitung.

Das verwaiste Heer führte nun Bernhard von Weimar, die Politik übernahm der vom schwedischen Reichsrat beauftragte Kanzler Oxenstierna, der aber nur die evangelischen Stände von Schwaben, Franken, vom Ober- und Niederrhein im Heilbronner Vertrag (23. April 1633) beim schwedischen Bündnis festzuhalten vermochte; Sachsen und Brandenburg hielten sich zurück. Dem schwedischen Oberbefehl wollten die deutschen Fürsten ihre Heere durchaus nicht unterstellen, und dies führte für die Folge zu einer Zersplitterung der Operationen. Die Schweden wurden fortan ganz von den französischen Unterstützungsgeldern abhängig, das Heer bestand jetzt ebenfalls aus Söldnern, und nicht mehr eine Idee leitete die Unternehmungen, sondern es handelte sich mehr um Behauptung oder Eroberung fruchtbarer, reicher Territorien. Durch den Sieg bei Steinau über Arnim (23. Okt. 1633) eroberte Wallenstein Schlesien; aber vom Kaiser zur Rettung des von Bernhard von Weimar bedrohten Regensburg aufgefordert, zog er zwar nach Böhmen zurück, erklärte aber einen Winterfeldzug nach Bayern für unmöglich, worauf Regensburg 14. Nov. von Bernhard erobert wurde.

Wallenstein blieb nicht verborgen, dass er beargwöhnt wurde, er reichte 12. Jan. 1634 sein Entlassungsgesuch ein; dies wurde abgelehnt, aber er wurde 25. Febr. 1634 in Eger ermordet. Generalissimus der kaiserlichen Heere wurde des Kaisers Sohn (der nachmalige Kaiser Ferdinand III.), dem Gallas und Piccolomini beigegeben wurden, und dem neuen Oberkommando ward gleich ein großer Erfolg zu teil, indem Regensburg erobert und Bayern befreit wurde. Im Verein mit dem bayerisch-ligistischen Heer unter Johann von Werth besiegten darauf die Kaiserlichen Bernhard von Weimar und Horn 5. und 6. Sept. 1634 bei Nördlingen und besetzten Franken und Schwaben. Sachsen sagte sich jetzt förmlich vom protestantischen Bund los: es schloss 30. Mai 1635 mit dem Kaiser den Prager Frieden, wonach das Land mit der Durchführung des Restitutionsedikts bis auf weiteres verschont und der Besitz der bis 1627 eingezogenen geistlichen Güter nebst der ganzen Lausitz zugestanden wurde; die gemeinsam zu unternehmende Vertreibung der Schweden sollte dem Reich den Frieden wiedergeben. Brandenburg, Weimar, Anhalt und andere Stände traten dem Abkommen bei; nur Baden, Hessen-Kassel und Württemberg blieben den Schweden treu.

Der französisch-schwedische Krieg 1635–1648

Da dieser Umschwung den Kaiser entschieden in den Vorteil setzte, zahlte fortan Richelieu nicht mehr bloß, wie bisher, den Protestanten Hilfsgelder, sondern nahm ganz offen am deutschen Krieg teil. Da jetzt das katholische Frankreich auf Seite der Schweden und seiner deutschen Verbündeten kämpfte, die Mehrzahl der deutschen Protestanten aber Frieden mit dem Kaiser geschlossen hatte, nahm der Krieg allmählich den Charakter eines politischen europäischen Krieges an; das religiöse Interesse trat in den Hintergrund, zumal der neue (seit 1637) Kaiser Ferdinand III. sich wesentlich weniger fanatisch zeigte als sein Vater. In Norddeutschland und Sachsen kämpften die Schweden gegen die Kaiserlichen 1635 und 1636 (4. Okt. Sieg bei Wittstock) mit Erfolg, Sachsen und Brandenburg büßten ihren Abfall mit Verwüstung. Inzwischen führte Bernhard von Weimar, seit dem Vertrag von St.-Germain-en-Laye (Oktober 1635) von Frankreich mit Geld unterstützt, den Krieg am Oberrhein, schlug 3. März 1638 Johann v. Werth bei Rheinfelden und eroberte 17. Dez. Breisach. Nach seinem plötzlichen Tod (18. Juli 1639) übernahm Frankreich seine Kriegsvölker und seine Eroberungen im Elsass und trat nun selbst als kriegführende Macht auf.

Mehr und mehr artete der Krieg in einen wüsten Kampf entarteter Söldnerscharen aus, in dem Generale, wie die Schweden Banér, Torstensson, Wrangel, die Franzosen Enghien (Condé) und Turenne, die Deutschen Werth (s. d.), Mercy, Holzappel (s. d.) u. a., zwar glänzende Kriegstaten vollbrachten, in dem aber die deutschen Lande aufs furchtbarste verheert wurden und die Erschöpfung aller Hilfsmittel in dem teilweise schon gänzlich verödeten Deutschland die Heere selbst an der Ausbeutung ihrer Siege hinderte. Aber das schließliche Ergebnis entsprach den kriegerischen Anstrengungen nicht. 1640 verdrängten die Kaiserlichen Banér aus Böhmen und rückten bis nach Hessen und Westfalen vor; im Winter überfielen Banér und Guébriant Regensburg, wo ein Reichstag zur Beratung des Friedens versammelt war, aber plötzliches Tauwetter vereitelte den Erfolg. Nach Banérs Tod (20. Mai 1641) trat Torstensson an die Spitze der Schweden; er eroberte Schlesien und drang bis Olmütz vor, schlug dann die Kaiserlichen 2. Nov. 1642 bei Breitenfeld und rückte von neuem in Schlesien und Mähren ein, Wien bedrohend. Da wurde er nach Norden zur Bekämpfung Christians IV. von Dänemark berufen, den er auf die Inseln zurückdrängte.

Im Sommer 1644 trieb Torstensson den kaiserlichen General Gallas, der den Dänen zu Hilfe kommen wollte, bis nach Mähren vor sich her, schlug 6. März 1645 ein kaiserliches Heer unter Götz und Hatzfeldt (s. d.) bei Jankau und bedrohte in Verbindung mit dem siebenbürgischen Fürsten Rákóczy abermals Wien. Rákóczys Abfall und der Mangel an Truppen und Lebensmitteln zwangen ihn zum Rückzug, und, nachdem er wegen Kränklichkeit den Oberbefehl niedergelegt, ward er durch Wrangel ersetzt. Die unter französischem Befehl stehenden weimarischen Truppen erlitten nach Guébriants Tod durch Johann v. Werth 24. Nov. 1643 eine Niederlage bei Tuttlingen. Indes drangen die Franzosen 1644 unter Enghien und Turenne über den Rhein vor, besiegten bei Alerheim 3. Aug. 1645 die Bayern, deren Führer Mercy fiel, und zwangen im Verein mit Wrangel, der inzwischen Sachsen zum Waffenstillstand genötigt hatte, den Kurfürsten von Bayern zum Waffenstillstand von Ulm (März 1647), von dem dieser jedoch schon im September zurücktrat. Um den Kurfürsten dafür zu strafen, brachen Wrangel und Turenne abermals in Bayern ein; Wrangel schlug Holzappel bei Zusmarshausen (17. Mai 1648) und drang bis zum Inn vor. Der schwedische General Königsmark war in Böhmen eingedrungen, hatte die Kleinseite von Prag erobert und begann die Belagerung dieser Stadt mit Nachdruck. Da erscholl die Kunde von dem am 24. Okt. 1648 erfolgten Abschluss des Westfälischen Friedens (s. d.) und machte dem langen Krieg ein Ende.

Kein Krieg lässt sich dem Dreißigjährigen vergleichen; am schwersten war Deutschland als Schauplatz getroffen: überall war das Land verwüstet, die Einwohnerzahl vielleicht auf ein Viertel herabgesunken (vgl. Hauser, Deutschland nach dem Dreißigjährigen Kriege; Leipz. 1862). Im einzelnen ist es schwer, die Schädigungen aufzuzählen, und Ergebnisse, die für ein engeres Gebiet gewonnen sind, dürfen nicht verallgemeinert werden. Das eine ist aber sicher: das deutsche Volk musste die Kulturarbeit fast von Anfang wieder beginnen; viele Beziehungen waren abgebrochen, und eine von der des 16. Jahrhunderts stark abweichende Kultur ist entstanden. Wenn zunächst auch politisch fremde Mächte das Übergewicht in Deutschland besaßen, so hatte der Krieg doch die deutschen Fürsten völlig selbständig gemacht, das Reich war in Wirklichkeit aufgelöst, und so war, wie in kultureller Hinsicht, so auch auf dem Gebiet des Staatsrechts, die Bahn freigemacht für eine neue nationale Entwicklung. Freilich ungeheuer teuer hat das deutsche Volk diese Errungenschaft bezahlen müssen.

Literatur

Eine Sammlung der öffentlichen Akten seit 1629 veranstaltete Lundorp (»Acta publica«); aus den Flugschriften bearbeitete Abelin seit 1635 das »Theatrum europaeum« (1617–1718, 21 Bde.). Seit 1870 gibt die Historische Kommission bei der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften in München »Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges« heraus, Bd. 1–3 bearbeitet von Moriz Ritter, 4–6 von Felix Stieve; die Fortsetzung wird besorgt von Karl Mayr (Bd. 7), Chroust, Götz. Gleichzeitige Darstellungen von katholischer Seite sind Khevenhüllers »Annalen des Kaisers Ferdinand II.« (1578–1637, 12 Bde.), Gualto Prioratos »Geschichte der Kriege Ferdinands II. und III. gegen Gustav Adolf und die Schweden« und Borgos (Burgus) »Commentarii de bello suecico« (1633) sowie der »Mars sueco-germanicus«; von protestantischer Seite Chemnitz’ (s. d.) »Königlich schwedischer in Deutschland geführter Krieg« (6 Bde., neu hrsg. Stockh. 1855–59) und Spanhemius’ »Soldat suédois« (Genf 1834). Eine anschauliche Sittenschilderung gibt Grimmelshausen (s. d.) in seinem »Simplizissimus«. Von den späteren Gesamtdarstellungen (Schiller [fortgesetzt von Woltmann], Söltl, Barthold, Gindely, Keym, Flathe, Gfrörer) kommt keine mehr in Betracht.

Bibliographie

  • Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Bd. 3
  • Heilmann: Das Kriegswesen der Kaiserlichen und Schweden zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (Meiß. 1850)
  • La Roche: Der Dreißigjährige Krieg vom militärischen Standpunkt beleuchtet (Schaffh. 1848–52, 3 Bde.)
  • Loewe; Die Organisation und Verwaltung der Wallensteinschen Heere (Freib. i. Br. 1895)
  • Lorenz: Die historisch-politische Parteibildung in Deutschland vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges (Münch. 1902)
  • Ranke: Geschichte Wallensteins (4. Aufl., Leipz. 1880)
  • Stieve: Der Ursprung des Dreißigjährigen Krieges 1607–1619 (Münch. 1875, 1. Buch)
  • Winter, Georg: Der Dreißigjährige Krieg (in Onckens »Allgemeiner Geschichte in Einzeldarstellungen«, Berl. 1893)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Figuren des Dreißigjährigen Krieges