Lauf

Lauf.

Lauf, nennt man das eiserne Rohr des kleinen Feuergewehrs, aus welchem das Geschoss in die Ferne getrieben, und womit ihm seine Hauptrichtung gegeben wird. Der innere hohle Kern des Laufes heißt die Seele; die vordere Öffnung heißt die Mündung; der Durchmesser der Seele oder der Mündung heißt der Kaliber des Laufs; der Unterschied zwischen diesem, und dem Kaliber der Kugel heißt der Spielraum. Die Teile des Rohrs, welche die Seele umfangen, heißen die Wände oder Seiten; die Dicke derselben ist die Eisenstärke; der unterste Teil, welcher die Ladung enthält, heißt der Pulversack, oder die Pulverkammer; in diese erstreckt sich das Zündloch, durch welches die Feuerleitung von der Pfanne des Schlosses hinein geschieht. Die untere, der Mündung des Rohres entgegen gesetzte Öffnung ist durch die Schwanzschraube verschlossen. Oben auf dem Lauf, nicht weit von der Mündung befindet sich das Korn, bei Büchsen außerdem noch nicht weit von der Schwanzschraube ein Visier; bei den Flinten ein Korn zur Befestigung des Hirschfängers; am unteren Teil des Laufs außerdem noch Haken zur Befestigung an den Schaft. Folgendes ist von dem Lauf bei den verschiedenen Arten des kleinen Feuergewehrs zu bemerken:

1) Bei den Flinten der Infanterie. Die geeignetste Länge des Laufes beträgt von 40 bis höchstens 46 Zoll, der Kaliber aber hat einen Durchmesser von 0,60 bis höchstens 0,79 Zoll, oder für bleierne Kugeln zwischen 1½ und 3 Loth Schwere. Die Seele muss bis zur Schwanzschraube rein, glatt und zylinderförmig gebohrt sein; Ringe, Risse usw. bringen unrichtige Schüsse, selbst Zerspringen der Gewehre hervor. Die Schwanzschraube muss die gehörige Festigkeit haben; 6 bis 8 Schraubengänge widerstehen der stärksten Ladung, nur müssen sie gleichförmig, scharf, und tief eingreifend gearbeitet sein. An der Schwanzschraube befindet sich die Nase, die von der oberen flachen Seite des Laufes fortgeht, und einen kleinen Winkel mit letzterem macht. Dieser wird durch die Krümmung der Kolbe bestimmt. In der Nase ist ein Loch, durch welches eine Schraube, die Kreuzschraube geht, die den Lauf mit dem Schafte verbindet. Wenn das Zündloch von kegelförmiger Art ist, so erhält die Schwanzschraube dazu eine eigene Einrichtung, indem ein Teil derselben schief abgeschnitten und ausgedreht wird, um hierdurch das Hinabrollen des Pulvers nach dem Zündloch zu bewerkstelligen. Da die Seele des Laufs zylindrisch ist, dieser aber an der Pulverkammer eine größere Eisenstärke der Wände erhalten muss, als an der Mündung, so wird dadurch der ganze Lauf von außen ein abgestumpfter Kegel. Die Eisenstärke beträgt bei den meisten europäischen Infanteriegewehren hinten 0,23 bis 0,39 Zoll, vorn an der Mündung 0,05 bis 0,08 Zoll. Das Zündloch ist entweder zylindrisch, oder kegelförmig, wie bei den preußischen Gewehren. Die ersteren lassen weniger Pulverkraft entschlüpfen, und geben einen geringeren Rückstoß; dagegen wird das Pulver beim Aufschütten auf die Pfanne mehr verschüttet, und bei Regenwetter leichter nass. Die kegel- oder trichterförmigen Zündlöcher geben zwar einen derberen Rückstoß; jedoch ist die Pulverkraft, welche sie entschlüpfen lassen, unbedeutend, wenn sie nur nicht allzugroß sind; sie geben einen größeren Feuerstrahl, und das Gewehr blitzt daher selten ab; die Entzündung wird schneller bewirkt, und der Schuss also sicherer, und von der Ladung wird nichts verschüttet. Das das besondere Aufschütten auf die Pfanne wegfällt, ist auch ein geschwinderes Schießen möglich. Die Stellung des Zündlochs für Flinten, welche beim Laden selbst aufschütten, ist an der Schwanzschraube; das Korn ist ein kantiges kleines Stück Messing, mehr oder weniger nach der Mündung zu, auf den Lauf gesetzt; an Gewehren, deren Lauf man durch Ringe an den Schaft befestigt, steht es auf dem vordersten Ring.

Bei der Verfertigung der Gewehrläufe ist die Wahl des Eisens ein Hauptgegenstand; es muss weich, rein und zähe sein; altes Eisen, mit einiger Vorsicht geschmolzen, scheint sich am besten für Gewehre zu eignen. Das zu den Läufen bestimmte Eisen wird in Stäben, 10 bis 12 Fuß lang, 3 Zoll breit und ½ Zoll stark in die Fabriken geliefert. Nach Proportionen des Laufes werden diese Stäbe in Stücke von bestimmter Länge geschrotet, bei Holzkohlen erwärmt, und unter einem vom Wasser getriebenen sehr schweren Hammer zu Platinen oder Rohrschienen geschmiedet. Die so ausgearbeitete Rohrschiene erhält der Rohrschmied, der sie bei Steinkohlenfeuer glüht, und über einen Dorn, der beträchtlich kleiner ist als der Kaliber des Laufs, zusammenschmiedet, und zusammenschweißt. Hierbei muss das Eisen weißglühend sein; denn ist es nur rotglühend, so ist die Verbindung der Teile nicht hinlänglich, und es entstehen Schweißnahten; wird es hingegen schon gelbglühend, so verbrennt das Eisen bei diesem hohen Grad der Hitze, wird mürbe und spröde. Wenn das Rohr von außen fertig ist, wird der Dorn herausgenommen; man fängt nun an es auszubohren, welche mit mehreren Bohrern in der Art geschieht, dass der nächstfolgende die Seele immer etwas mehr vergrößert, als der vorhergehende Bohrer. Die ersten acht Bohrer gehen nur bis in die Hälfte des Laufs; sie werden daher erst an dem einen, dann an dem anderen Ende des Laufes eingesetzt; die übrigen Bohrer gehen durch das ganze Rohr hindurch; ehe die letzten gebraucht werden, muss der Lauf ganz genau gerade gerichtet sein, um nicht schief zu bohren. Wenn die verlangte Größe der Seele da ist, wird der Lauf inwendig noch mit einem glatten Bohrer poliert. Man untersucht nun die Eisenstärke des Laufs an allen seinen Teilen, und richtet sich danach bei seinem äußeren Abschleifen. Dies geschieht auf einer Schleifmaschine, und in dem man dabei von den beiden Ende des Laufes anfängt, weil die Eisenstärke der Mitte hiernach beurteilt wird; gewöhnlich sind die Läufe der Musketen ganz rund. Der Lauf wird nun mit der Schwanzschraube versehen, und endlich das Zündloch eingebohrt, welches nachher mit einer besonderen Maschine inwendig erweitert wird. Zuletzt wird auch manchmal der Lauf gekolbt und endlich geschmirgelt.

2) Der Lauf der Büchsen. Dieser unterscheidet sich hauptsächlich durch die sogenannten Züge, welche in die Wände der Seele eingeschnitten sind; ihre Anzahl beträgt nie weniger als sechs, und nie mehr als zwölf; die bei den preußischen Jägern und Schützen üblichen Büchsen haben gewöhnlich acht Züge, oft auch sieben. Die Züge gehen entweder gerade durch den Lauf hinunter, welches jedoch jetzt nicht mehr gebräuchlich ist, oder sie krümmen sich in demselben. Diese Krümmung nennen man den Troll der Züge, und er beträgt ¾ bis höchstens doppelte Wendung; die preußischen Büchsen haben einen Troll, der sich 1½ Mal herumdreht. Alle Züge laufen unter einander parallel; außer den angeführten, welche mehr oder weniger tief eingeschnitten sind, hat man oft noch zwischen denselben sehr feine Züge, Haarzüge genannt. Die gewöhnliche Länge der Büchsenläufe beträgt 24 bis 30 Zoll, und hiernach sollte sich der Troll der Züge richten, weil die Büchse um so schwieriger zu laden ist, je größer der Troll bei der Kürze des Laufs ist. Die Eisenstärke muss mehr betragen, als bei den glatten Rohren, nicht nur, wegen der eingeschnittenen Züge, sondern auch wegen des größeren Widerstandes, den die Wände der Seele der Kraft des Pulvers zu leisten haben, und um die Züge, wenn sie stumpf geworden, wieder auffrischen zu können. Die Eisenstärke beträgt daher an der Mündung von 0,16 bis 0,2 Zoll, und an der Schwanzschraube von 0,26 bis 0,33 Zoll; das Gewicht des Lauf ist zwischen 3 bis 5 Pfund. Der Kaliber der Büchsen zum Felddienst beträgt höchstens etwas 1½ Loth; wenn sie gefrischt sind, doch etwas mehr, so dass man von 30 und 24 bis 18 Kugeln auf ein Pfund rechnet. Zum Aufsetzen der Hirschfänger ist an den preußischen, und mehreren anderen Büchsen, rechts neben der Mündung ein starker Haken angeschweißt; der Lauf wird durch Haften, welche aus dem Lappen und der Öse bestehen, an den Schaft befestigt; die Gestalt des Laufs ist äußerlich gewöhnlich achteckig. Das Zündloch der Büchsenläufe ist kleiner als an den Musketen, auch zum Teil so eingerichtet, dass sie sich selbst aufschütten; gewöhnlich ist dies aber nicht der Fall. Das Visier, welches bei den Büchsen mehrere Zoll vor der Schwanzschraube, auf dem Laufe eingefalzt, und beweglich ist, besteht größtenteils aus zwei Klappen, um auf weitere Distanzen zu schießen; eben so ist auch das Korn beweglich, welches seinen Stand näher an der Mündung hat, als bei den Musketen.

Die Verfertigung der Büchsenläufe geschieht, was das Zusammenschmieden betrifft, wie bei dem übrigen kleinen Feuergewehr; hier ist aber vorzugsweise auf zähes, reines und weiches Eisen zu sehen. Das Einschneiden der Züge in den Lauf geschieht auf der Ziehbank, einem 12 Fuß langen Brette, welches auf einem Gestelle ruht, und worauf an dem einen Ende ein starker Büchsenlauf, welcher inwendig so viel gerade oder spiralförmige Züge hat, als der zu ziehende Lauf erhalten soll, befestigt ist. Dieser Lauf, welchen man das Mundrohr nennt, ist auf der Ziehbank dergestalt befestigt, dass er weder vor noch rückwärts weichen kann, aber eine Bewegung um die eigene Achse zulässt. An die Zugstange schraubt man einen hölzernen Kolben, der so dick ist, als die Seele des Rohrs, welches man ziehen will. In diesen Kolben sind 2 oder 3 feine Schneideeisen von hartem Stahl eingesetzt, je nachdem das Rohr eine gerade oder ungerade Zahl von Zügen erhalten soll. Die Zugstange reicht durch das Mundrohr, und um dieselbe wird in das Mundrohr Blei gegossen, welches man den Bleikloben nennt; er dient dazu, dass der hölzerne Kolben mit den Schneideeisen, in dem neuen Laufe den Gängen der Züge des Mundrohrs folgen muss, wenn die Ziehstange vor oder rückwärts bewegt wird. Der zu ziehende Lauf wird mit dem Mundrohr in einerlei Lage gebracht, so dass der Pulversack dem Mundrohr zugekehrt ist, und die Achsen beider Seelen genau in einer geraden Linie liegen. Indem nun die Ziehstange vor- oder rückwärts bewegt wird, so bewegt sich der hölzerne Kolben mit seinen Schneiden in der Seele des neuen Laufs so, dass in demselben nach und nach dieselben Züge, wie in dem Mundrohr ausgeschnitten werden. Nachdem nun so die ersten, zweiten oder dritten Züge gebildet worden, wird mit den anderen auf gleiche Art fortgefahren; um aber die nachfolgenden Züge mit den ersten parallel zu erhalten, ist an dem Mundrohr eine mit einer Stellschraube versehene Teilscheibe angebracht. Da alles dieses für einen Ununterrichteten doch nicht ganz vollkommen und deutlich beschrieben werden kann, so ist es für denselben am geratensten, sich in die Werkstätte eines Büchsenmachers zu begeben, und sich durch eigene Ansicht zu belehren.

3) Der Lauf der Karabiner und Pistolen ist in seiner Länge sehr verschieden, und es ist im Allgemeinen hierüber nichts festgesetzt; jedoch bleibt die Länge bei dem Karabiner zwischen 19½ und 33 Zoll, bei den Pistolen zwischen 8 und 10 Zoll. Eben so verschieden ist der Kaliber, und also auch die Eisenstärke, welche sich nach dem ersteren richtet. Die Verfertigung geschieht wie bei den Läufen des Infanteriegewehrs.

Lauf der Geschütze, s. Rohr.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe