Rüstung

Rüstung.
römische Prunkrüstung.
Römische Prunkrüstung
Karolingischer Fußkämpfer.
Karolingischer Fußkämpfer
Schlacht von Askalon 1099, die Ritter links, die Fatimiden rechts.
Schlacht von Askalon 1099
Französischer Krieger um 1120.
Französischer Krieger um 1120
Polnischer Ritter, 16. Jahrhundert.
Polnischer Ritter, 16. Jahrhundert
Genietetes Maschengeflecht eines Panzerärmels.
Genietetes Maschengeflecht eines Panzerärmels

Rüstung, in populärer Sprache auch Panzer, Eisenpanzer, eine Bekleidung des Körpers zum Schutz gegen Verwundung; die Rüstung wird seit dem 16. Jahrhundert auch Harnisch genannt. Schon die Krieger der ältesten Kulturvölker schützten einzelne Körperteile, namentlich Kopf und Brust, durch Helm und Kürass. Assyrische und chaldäische Soldaten trugen (710 v. Chr.) einen hemdartigen Panzer, dessen Metallschuppen auf Büffelhaut genäht waren, bei den Leichtbewaffneten bis zur Hüfte, bei den Schwerbewaffneten, auch Hals und Oberarm bedeckend, bis zu den Füßen reichend. Beinschienen bedeckten die Vorderseite des Beines bis zum Knie. Die Reiter trugen ein Maschenpanzerhemd mit Hinterschiene und kurzer Rüsthose, wie die deutschen Ritter des Mittelalters.

In Ägypten kommen neben Lederpanzern, die oft mit breiten Metallbändern (Brustschienen) verstärkt waren, Panzerhemden aus Bronzeschuppen von 20–25 cm Größe sowie Arm- und Beinschienen aus Erz schon um 1000 v. Chr. vor. Solche Schuppenpanzer waren auch bei Parthern, Persern und Sarmaten gebräuchlich und verbreiteten sich von ihnen über den ganzen Orient. Die Griechen trugen um diese Zeit schon bronzene Brust- und Rückenpanzer, je aus einem Stück geschmiedet oder aus dachziegelförmigen Schiebeplatten bestehend, und Beinschienen (Knemiden) an beiden Beinen, gleich den Etrusker.

Bei den Römern trugen die Veliten (leichtbewaffnete Infanterie) gleich den Samniten und den wie sie gerüsteten Gladiatoren am linken, die Schwerbewaffneten (hastati) am rechten, dem beim Kampf vorgesetzten Bein, die Beinschienen (ocreae). Der Schuppenpanzer (lorica) bestand aus Schuppen von Metall, Knochen oder Horn, nach Form der Fisch- (rund) oder Schlangenschuppen (rautenförmig) oder der Vogelfedern, die auf Leder oder Leinwand mit Lederriemen oder Draht befestigt waren, und bedeckte außer Brust und Rücken auch Bauch, Hüften und Schultern. Die schwerbewaffneten Reiter, die in frühester Zeit den Kern des Heeres bildeten, waren bis zu den Füßen und Händen mit einem Schuppenpanzer bekleidet. Zur Zeit der Republik trugen die Hastati bereits armlose, nur bis zur Hüfte reichende Kettenpanzer; um das Jahr 160 v. Chr. hatten die Principes Ringpanzer, die Hastati und Triarii dagegen eiserne Brustplatten von mäßiger Größe. Ein aus biegsamen, breiten Stahlbändern zusammengesetzter, Taille und Schultern bedeckender Panzer, der den Körperbewegungen sich anschmiegte, wurde zur Kaiserzeit von den Legionssoldaten, Reitern wie Fußvolk, getragen. Daneben gab es für die Heerführer, Konsuln, Imperatoren etc. Prunkrüstungen, die, aus Eisenblech geschmiedet, dem Körper angepasst und mit Reliefs, Vergoldung und sonstigen Zierraten versehen waren (s. Abbildung). Den Germanen kam im 4. Jahrh. wahrscheinlich vom Osten die Sitte, den Körper mit hieb- und stichsicheren Kleidern zu bedecken.

Die deutschen und fränkischen Fußkämpfer und Ritter trugen im 8. Jahrhundert eine aus gepolsterter Leinwand oder Leder gefertigte, vom 13. Jahrhundert ab mit aufgenähten eisernen Ringen, Ketten, Metallplatten oder dicken, vernieteten Nagelköpfen häufig gitterförmig besetzte ärmellose Panzerjacke (Brünne, Brunnika oder Haubert genannt), die bis zur Hüfte reichte und noch lange von unbemittelten Edelleuten und Schildknappen getragen wurde. Die Fußkämpfer trugen eine Art Überwurf, die Kutte (cotte), der Hals und Oberarme deckte.

Das Panzerhemd der Ritter wurde nach und nach länger und deckte im 10. Jahrhundert bereits die Oberschenkel bis zum Knie (Bild: Schlacht von Askalon 1099, die Ritter links, die Fatimiden rechts), seine Ärmel reichten anfänglich bis zum Ellbogen, später bis zum Handgelenk; die Hände blieben noch unbedeckt. Die langen Panzerhemden hießen großer Haubert, zum Unterschied von der Panzerjacke, dem kleinen Haubert. Der Haubert der Normannen um 1000 n. Chr. war eine eng anliegende, mit den daran sitzenden Rüsthosen aus einem Stück gefertigte Panzerjacke, die den Körper von Hals bis Kniescheibe und Ellbogen wie Trikot umschloss. Später wurde es allgemein, Rüstärmel und Rüsthosen mit dem Haubert fest zu verbinden; ebenso saß eine Nacken und Kopf bedeckende Ringel- oder Kettenkapuze, Camail, auch Helmbrünne oder Ringhaube genannt, daran.

Ein aus mehreren Lagen gepolsterten und gesteppten Zeuges gefertigtes Wams, rautenförmig mit Lederstreifen benäht, die von aufgesetzten Ringen oder breitköpfigen Nägeln zusammengehalten wurden (gegittertes Panzerhemd), war im Norden gebräuchlich.

Bei den Polen entwickelte sich aus der westeuropäischen Rüstung bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine Nationaltracht. Die Ritter waren bis zu den Füßen gepanzert, sie führten als Waffe mit Vorliebe den Streitkolben. Die Schuppenpanzer des 10.–11. Jahrhunderts wurden Jazerans oder Korazuns (Kerazins) genannt. Aber schon vor dem 11. Jahrhundert war in Mitteleuropa und im Norden das Maschen- oder Kettenpanzerhemd, Panzerhemd, Panzerjacke, Panzerrock, Kettenhemd, der Ringelpanzer, der geringelte Haubert mit Ringelkapuze oder ganze Brünne bekannt (s. Abbildung unten)

Da die Ringe geschmiedet und genietet waren (es sind Reste solcher Panzer gefunden, deren Ringe nur 5 mm Durchmesser haben), so gehörten die Ringelpanzer jener Zeit zu den kostbaren Rüstungen wohlhabender Ritter (Abbildung links: genietetes Maschengeflecht eines Panzerärmels mit messingnem Wappenschildchen und Initialen des Ritters Pankratius von Freiberg auf Hohenaschau in Bayern, ca. 1530. Sammlung Rose, Berlin), und erst nach Erfindung des Drahtziehens (1306 durch Rudolf von Nürnberg) wurden sie allgemeiner und so dicht gefertigt, dass die Miséricorde nicht hindurchdringen konnte. Darüber wurde seit dem zweiten Kreuzzug zum Schutz gegen die Hitze eine Art Hemd, Gambeson oder Gambeis, getragen, worüber man das Schwert gürtete. Bald begann man, diesen Gambeson ebenso wie Helm und Schild mit persönlichen Erkennungszeichen zu schmücken, die später heraldische Bedeutung gewannen.

Den Kopf schützte zunächst eine gepolsterte Zeugmütze, die Waffenkappe, Harnaschkappe oder Gugelhaube (Kugelhaube), deren dem heutigen Baschlik ähnliche Enden um den Hals geschlungen wurden. Die Gugelhaube war in der Regel das Geschenk seiner Dame und von ihr in ihren Lieblingsfarben geziert; daher schreibt sich später der Brauch der Ritter, diese Farben der Dame frei zu tragen und auf den Schild zu übernehmen. So ging aus der Gugelhaube die in der Wappenkunde so bedeutungsvolle Helmdecke (franz. lambrequin) hervor. Sie steht auch in Beziehung zu der Zindelbinde, die ursprünglich zur Befestigung des Kleinods (cimico, daher Zimier) auf dem Helm diente, später aber als Liebespfand nur um das Kleinod oder den Helm geschlungen mit flatternden Enden getragen wurde. Über der Waffenkappe wurde dann häufig die Ringelkapuze (Maschenkappe, s. Abbildung oben: Schlacht von Askalon), unter oder über dieser die kleine Kesselhaube, die Hirnkappe, für den Kampf wohl auch der schwere Topfhelm (s. Helm, Fig. 11) getragen.

Verschiedene Proben von Panzerhemden.
Französischer Ritter und Ritter mit Brünne, 13. Jahrhundert.

In Italien war bis zum 16. Jahrhundert neben dem Haubert in verschiedenster Ausstattung, der aber immer kürzer und leichter war als der deutsche, die Brigantine, eine Schuppenpanzerjacke, gebräuchlich. Sie wurde über dem gewöhnlichen Wams mit den Schuppen nach innen, der Samt- oder Seidebekleidung nach außen getragen. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde über der Brünne als zweite Schutzrüstung der enganschließende Lentner getragen. Ursprünglich ein Überkleid aus dickem Leder, das über die Lenden reichte, wurde er bald an Armen, Beinen und Brust verstärkt durch herunterlaufende eiserne Schienen oder Platten, die mit Nägelköpfen aufgenietet waren. Nach diesen wurde es auch schlechtweg Platte genannt; aus ihr entwickelte sich im Laufe des 14. Jahrhunderts die Plattenrüstung, so dass um 1360–70 die ganze Eisenhülle des geharnischten Ritters vollendet war.

vollständige Plattenrüstung: deutscher Harnisch aus der Zeit Maximilians I.

Deutscher Harnisch aus der Zeit Maximilians I.: a Scheitelstück oder Glocke des Helms, b Visier, c Kinnreff, d Kehlstück, e Nackenschirm, f Halsberge, g Bruststück, h Rückenstück, i Bauchreifen mit Beintaschen und Gesäßreifen, k Vorder- und Hinterflüge, l Federstifte zum Festhalten der die Vorder- und Hinterflüge verbindenden Achselstücke, m Brechränder oder Stoßkragen, n Armzeug, Ober- und Unterarmschienen, o Armkacheln, p gefingerte Handschuhe, q Rüsthaken zum Einlegen der Lanze, r Diechlinge (Schenkelstücke), s Kniebuckel, t Beinröhren, u Schuhe (Bärenfüße oder Kuhmäuler), v Panzerschurz (oder auch unterer Teil des Ringelhemdes)

Deutsches Stechzeug Maximilians I., Artilleriemuseum Wien.
Getriebener und goldtauschierter halber Prunkharnisch mit geschlossenem Helm. Italienische Arbeit des 16. Jahrhunderts (Paris, früher in der Sammlung Spitzer).
Italienischer Prunkharnisch des 16. Jahrhunderts

Eine vollständige Plattenrüstung bestand in ihrer höchsten, am Anfang des 16. Jahrhunderts erreichten Entwicklung aus folgenden Teilen: den Hals, ursprünglich nur durch das weit hinaufreichende Panzerhemd gedeckt, schützte nun die mit dem Helm verbundene Halsberge. Mit derselben hingen oberhalb das aus mehreren übereinander greifenden Querschienen gebildete Kehlstück oder Gurgelplatte, seitlich die Achselstücke (vielfach mit Stauchen od. Brechrändern versehen) zusammen, an die sich vorn und hinten als besonderer Schutz gerundete Platten anschlossen, die Vorder- und Hinterflüge. Da der rechte Vorderflug zum Einsetzen der Lanze etwas kürzer war, schützte man die Achselhöhle durch eine mit einem spitzen Stachel versehene runde Platte, die Schwebscheibe. Die Armschienen bestanden aus dem Ober- und Unterarmzeug (Armröhren) und den sie verbindenden, beweglichen Arm- oder Ellbogenkacheln oder Mäuseln. Die Hände wurden durch eiserne Handschuhe, Gantelets (wenn ungefingert, Henzen genannt), geschützt. Brust- und Rückenstück des Harnisches, an denen sich meist Rüsthaken zum Auflegen der Lanzen befanden, waren durch Riemen miteinander verbunden und bestanden wohl aus einem beweglich übereinander greifenden Schienengeschübe, das man nach seiner Zusammensetzung Krebs nannte. Von anderen werden nur die in gleicher Weise zusammengesetzten Beinlaschen Krebse (s. Stechzeug und Prunkharnisch links) genannt. Sie wurden an dem vom Harnisch zu beiden Seiten über die Lenden fallenden, gleichfalls aus beweglichen Querschienen bestehenden Bauchschurz, auch Leib- und Hinterreifen genannt, mit Riemen befestigt. Die Geschlechtsteile schützte eine Schamkapsel, entweder aus einem Stück oder aus Maschengeflecht bestehend.

Die Bedeckung der Beine (Beinzeug) zerfiel in drei Hauptteile: die Diechlinge für die Oberschenkel, die Kniebuckel, Kniekacheln (genouilliére) oder -Kapseln und die Beinröhren (Beinschienen, Beinberge) für die Unterschenkel. Daran waren die Eisenschuhe befestigt, die früher mit langem Schnabel (Schnabelschuhe), etwa seit 1490 vorn stumpf waren (Bärenfüße, Kuhmäuler, Bärenklauen). Mit Ausnahme des Harnisches, der immer schwerer zum Widerstand gegen die Feuerwaffen aus Eisen geschmiedet wurde, fertigte man im Laufe des 16. Jahrhunderts alle Teile der Rüstung aus beweglichen Schienen. Eine besondere Widerstandskraft sollten die geriffelten Rüstungen besitzen; sie wurden meist Mailänder oder Maximiliansharnisch genannt. Um diese Zeit bemächtigte sich auch die Mode der Rüstung; zunächst wurde der Brustharnisch durch eine erhöhte Rippe, die Gräte, von oben nach unten in der Mitte geteilt, dann nahm er Fassform und runde Form an, die Kugelbrust, endlich rückte die Ausbauchung, auch Tapul genannt, einen Höcker nach unten bildend, und erhielt den bezeichnenden Namen Gansbauch.

Hatte man bisher schon neben der Kriegs- oder Feldrüstung eine besondere, noch schwerere Turnierrüstung (Renn- oder Stechzeug), so wurden jetzt auch Prunkharnische Sitte. Stand doch im 16. Jahrhundert die Plattner- oder Harnischmacherkunst in höchster Blüte. Bis gegen die Mitte dieses Jahrhunderts wurde die Rüstung noch ganz aus poliertem Stahl, sogen. lichtem Eisen, gefertigt; seither versahen die Plattner Helme und Harnische mit den kunstvollsten figürlichen und ornamentalen Darstellungen in getriebener Arbeit und schmückten das lichte Eisen durch Gravieren, Niellieren, Tauschieren, Vergolden, Ätzen und Bohrarbeit (Tafel II, Fig. 8 u. 9). Nürnberg, Augsburg, München und Innsbruck waren in Deutschland die Hauptstätten der Plattnerkunst.

Ende des 16. Jahrhunderts trat an die Stelle des ritterlichen der Landsknechtharnisch, gekennzeichnet besonders durch den Harnischkragen mit daran sitzenden geschobenen Achseln, den Spangröls, oder der Reiter- oder Trabharnisch. Arkebusiere und Dragoner dieser Zeit trugen ein schweres, aber kleineres und kürzeres Bruststück nebst Sturmhaube, aber kein Beinzeug; die Pikeniere hatten einen leichten, schwarzen Harnisch, eiserne Pickelhaube und kleine Beintaschen, die Schützen Brust- und Rückenstück nebst Schützenhaube.

Die Rüstung der Pferd, der Rosspanzer, war wie die des Ritters ursprünglich aus Leder, dann aus Kettengeflecht, bis das Streitross gegen Ende des 15. Jahrhunderts ebenfalls mit einer vollständigen Plattenrüstung (schwerer, voller oder Tonnenharnisch) oder mit leichtem (durchbrochenem) Rossharnisch in die Schlacht ging. Sie bestand aus: dem Rosskopf, dem Halsstück (Kanz), dem Fürbug (Brustschutz auch mit Streifbuckeln an der Seite), oft zur Anbringung von Wappenemblemen benutzt, dem Gelieger, das Kruppe und Flanken schützt. Die Beine blieben unbewehrt. In Deutschland wurde die Rüstung der Pferde erst durch Maximilian I. eingeführt.

Zu Turnieren trug der Ritter häufig über der Rüstung einen Wappenrock aus Samt oder Seide in den Farben seiner Dame, der durch einen schmalen Gürtel zusammengehalten wurde, während ein breiter, reichverzierter Gurt, der Rittergürtel, links das Schwert, rechts den Dolch trug. Die Halsberge legte der Ritter zuerst an, weil an ihr der Harnisch mit Riemen befestigt wurde. Im übrigen begann das Anlegen der Rüstung an den Füßen, wozu der Ritter der Hilfe des Knappen bedurfte. Der Helm war mit einem Falz versehen, und dieser verband ihn direkt mit der Halsberge oder dem Ringkragen, so dass der Kopf seitlich bewegt werden konnte. Ferner hatte er Kinnstück (Kinnreff) und Nackenschirm, ersteres wurde mit einem Haken an der Halsberge befestigt und hielt so den Helm. Eine vollständige Rüstung wog bis 48 kg. Doch sind die größten Rüstungen jener Zeit für kräftig gebaute Männer unserer Zeit erheblich zu klein. Durch die Rüstung war der Reiter schwer und unbehilflich, die Pferde wegen der zu tragenden Last zum Chok unfähig und stürzten leicht im Kampf.

Nach der Einführung der Feuerwaffen kamen die Rüstungen nach und nach außer Gebrauch, da sie gegen die Kugeln der Hakenbüchsen keine Sicherheit gewährten. Sie wurden zunächst ersetzt durch die gewöhnlich aus Elchhaut angefertigten, noch lange mit großem Ringkragen oder Halsberge aus bronziertem Eisen versehenen Koller.

Auf älteste Formen der Rüstung der Menschen ermöglicht der Befund bei unseren Naturvölkern, Rückschlüsse zu ziehen. Alle Anfänge der Rüstung greifen danach auf pflanzliche Produkte zurück, wie Baumrinde, oder aber sie gehen von der Trophäe, dem Fell des erlegten Wildes aus. Daran erinnert das Fell des nemeischen Löwen, und noch heute gibt es Bärenfellpanzer in Borneo. Die Weiterentwicklung der Rüstung zielt auf die Erhöhung der Festigkeit, gepaart mit größerer Schmiegsamkeit. Jene wird erreicht durch Vervielfältigung der Einzellagen des Materials, durch Verstärkung mittels aufgelegter Horn-, Holz- oder Metallplatten, schließlich durch den Übergang zum Metall; diese durch Heranziehung feinerer und geschmeidigerer Materialien (Baumwoll- und Filzpanzer) und durch eine beweglichere Neben- und Übereinanderlagerung der Schuppen, Kettenhemden, Panzer aus Riemen- und Schnurgeflecht, aus Einzelstäbchen u. dgl. Von allen diesen Stufen sind heute noch Belege vorhanden: Baumrindenpanzer mit Hornschuppenbelag bei den Bugi auf Celebes, baumwollene Kriegsröcke aus den Landschaften Gurma, Dagomba und Mossi in Nordtogo mit aufgenähten, dicht aneinandergereihten, sehr festen Ledertäschchen. Wattepanzer gab es in früherer Zeit in Amerika (Azteken etc.), aber auch im zentralen Sudan; aus Rohtang geflochtene Panzer trägt man an der Nordküste des ehem. Deutsch-Neuguineas (in und um Angriffshafen); solche aus Kokosfasergeflecht auf den Gilbertinseln; vollständig gepanzert nach Art der europäischen Ritter erschienen in früherer Zeit die japanischen Krieger; in eine durch die kärglicher vorhandenen Hilfsmittel verursachte primitive Nachbildung dieser japanischen Panzer aus Stäbchen und Scheiben von Walrosszähnen, Knochen, Holz etc. (Stäbchenpanzer) hüllten sich früher dann auch die Naturvölker in Nordostasien und Nordamerika; Kettenpanzer endlich kommen noch heute vor in Indonesien, bei den Chewsuren im Kaukasus, im Sudan etc. Schön verzierte Baumrindenpanzer in Gestalt breiter Gürtel, die ungemein fest um die Taille geschnürt werden, sind ziemlich allgemein in Neuguinea; eine Zone von Fellkürassen zieht sich schließlich ostwestlich durch das äquatoriale Afrika vom Albert Nyanza bis zum Schari.

Bibliographie

  • »Zeitschrift für historische Waffenkunde« (Dresden)
  • Böheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde (Leipz. 1890)
  • Boutell: Arms and armor in antiquity and the middle ages (New York 1896)
  • Demmin: Die Kriegswaffen (3. Aufl., Gera 1891; Ergänzungsband 1893)
  • Jähns: Handbuch einer Geschichte des Kriegswesens (Leipz. 1880, mit Atlas)
  • Ratzel: Über Stäbchenpanzer (in den Veröffentlichungen der Münchener Akademie, 1886)
  • Hough: Primitive American armor (im »Report of the U. S. National Museum for 1893«, Washingt. 1896)
  • Reichel: Über Homerische Waffen (Wien 1894)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Schutzwaffen