Friedrich Adolf Riedesel, Freiherr zu Eisenbach
Friedrich Adolf Riedesel, Freiherr zu Eisenbach, braunschweigischer Generallieutenant, geboren am 3. Juni 1738 auf dem Schloss Lauterbach, in Oberhessen am nördlichen Abhang des Vogelsberges gelegen, sollte nach dem Willen seines Vaters die Rechte studieren und bezog zu diesem Zweck, fünfzehnjährig und sehr mangelhaft vorbereitet, die Universität Marburg, ließ sich aber durch den Kommandeur des hier garnisonierenden hessischen Infanteriebataillons bestimmen, bei diesem Dienste zu nehmen, wurde Offizier und gehörte zu den Truppen, welche in Britischem Sold 1755 nach England gingen, wo man eine Landung der Franzosen fürchtete. Hier, wie später überall, wo sich ihm Gelegenheit bot, war er bemüht, die Mängel seiner Jugendbildung durch fleißiges Studium auszugleichen.
Im Herbst 1757 kam er nach Deutschland zurück; sein Regiment stieß zu der im nördlichen Hannover stehenden Heeresabteilung, deren Oberbefehl bald darauf der Herzog Ferdinand von Braunschweig übernahm. Als dieser von den Kommandeuren der ihm untergebenen Truppenteile einige junge, gewandte und zuverlässige Offiziere erbat, die gut reiten könnten und deren er sich bedienen wollte, um mündliche und schriftliche Befehle namentlich auch in der Schlacht, zu überbringen, ward hessischerseits Riedesel gesandt. Dieser verstand es durch seine Tätigkeit, Umsicht und Entschlossenheit aus der ihm angewiesenen bescheidenen Stellung eine sehr wichtige und einflussreiche zu machen, so dass er bald die Rolle eines höheren Adjutanten und Generalstabsoffiziers spielte. Der Herzog vertraute ihm die wichtigsten Aufträge, gebrauchte ihn nicht nur vor dem Feind, sondern auch um den eigenen Truppen gegenüber die Ausführung gegebener Befehle zu überwachen, Unterschleife und Erpressung zu verhindern und dgl.; stets fand er ihn achtsam, verständig und, bei sorgfältiger Wahrung der äußeren Formen, wenn es nötig war rücksichtslos durchgreifend. Der Wertschätzung, welche er Riedesels Fähigkeiten zollte und seiner Anerkennung der von diesem geleisteten Dienste, gab er häufigen Ausdruck. So sandte er ihn nach der Schlacht bei Minden (1. August 1759) mit der Siegesbotschaft zum Landgrafen, seinem Kriegsherrn, und bat denselben, bei dieser Gelegenheit Riedesel eine Belohnung für sein von jeher und namentlich in der letzten Schlacht bewiesenes, vorzügliches Benehmen zuteil werden zu lassen. Der Landgraf entsprach dem Wunsch, indem er den Fähnrich v. Riedesel zum Rittmeister ernannte; die dadurch ihm verliehene Husarenschwadron übernahm dieser jedoch nicht, da der Herzog ihn auch ferner bei sich behielt. Durch jene Beförderung waren Benachteiligungen ausgeglichen, welche Riedesel vorher in seinem Aufrücken erfahren hatte; da er nicht beim Regiment war, hatte man ihn, wenn es sich um Besetzung freigewordener Stellen handelte, übergangen. Im Frühjahr 1761 erfuhr er von neuem eine derartige Schädigung seiner Interessen. Auf Veranlassung des Herzogs erbat er nun seinen Abschied aus hessischen Diensten, wogegen dieser ihm das Patent eines braunschweigischen Oberstlieutenants und das Kommando des herzoglichen Husarenregiments verschaffte; am 10. Mai 1761 übernahm er das letztere.
Den Rest des Siebenjährigen Krieges machte er an der Spitze jenes Regiments mit; dann ging er mit demselben nach Wolfenbüttel und stand dort als Oberst, Kommandeur eines Dragonerregiments und Generaladjutant des regierenden Herzogs Karl in Garnison, als letzterer mit England einen Vertrag über die Stellung eines zum Kampf gegen die aufgestandenen Staaten Nordamerikas bestimmten Korps von 4298 Mann schloss und Riedesel mit dem Oberbefehl desselben betraute. Am 22. Februar 1776 marschierte dieser, gleichzeitig zum Generalmajor ernannt, von Braunschweig ab. Seine Bestimmung war nach Kanada. Am 1. Juni kam er vor Québec an. Es war ihm jedoch nicht vergönnt, auf dem Kriegsschauplatz jenseits des Weltmeeres große Lorbeeren zu pflücken, denn am 17. Oktober 1777 geriet er, nachdem er vorher nur an weniger bedeutenden Gefechten einen immerhin ehrenvollen Anteil genommen hatte, durch die Kapitulation des Generals Bourgoyne bei Saratoga in Kriegsgefangenschaft, in welcher er drei volle Jahre blieb. Dann wurde er ausgewechselt und von seinem britischen Vorgesetzten mehrfach mit wichtigen Kommandos betraut, fand aber ebensowenig wie früher Gelegenheit sich vor dem Feind auszuzeichnen und zog, nachdem der Friede geschlossen war, am 8. Oktober 1783 in Braunschweig wieder ein. Für seine geleisteten Dienste erhielt er nachträglich von England ein jährliches Gnadengehalt von 150 Pfund Sterling.
In ruhige Verhältnisse zurückgekehrt, ließ Riedesel sich angelegen sein, die in Amerika gemachten Erfahrungen im heimischen Heerwesen zu verwerten; namentlich bemühte er sich, der Ausbildung für das zerstreute Gefecht Eingang zu verschaffen; Das Leben in der Heimat wurde aber bald durch einen neuen Ausmarsch unterbrochen. Der durch den preußischen Zug nach Holland im Jahr 1787 wieder auf seinen Thron gelangte Erbstatthalter der Niederlande fühlte die Notwendigkeit, sich zur Behauptung desselben auf fremde Bajonette zu stützen; er schloss daher mit Braunschweig einen Vertrag über Stellung eines Hilfscorps von 3000 Mann ab, zu deren Befehlshaber Herzog Karl Wilhelm Ferdinand den inzwischen zum Generallieutenant aufgestiegenen Riedesel ernannte. Ende April 1788 traf dieser in der ihm als Garnison angewiesenen Festung Maastricht ein, wo die braunschweigischen Truppen bis Ende 1793 blieben; Riedesels Aufenthalt daselbst ward jedoch durch öftere Krankheit, welche auswärtige Behandlung erforderte, und durch anderweitige Veranlassungen mehrfach unterbrochen; so war er auch während der in der Zeit vom 5. Februar bis 5. März 1793 durch die Franzosen ausgeführten Belagerung nicht dort anwesend. Nach der Heimkehr der Truppen ward er Kommandant von Braunschweig, daneben aber war er Oberbefehlshaber sämtlicher Truppen und Generaladjutant des Herzogs; den kriegerischen Ereignissen der folgenden Jahre, an denen die braunschweigischen Regimenter überhaupt nur geringen Anteil hatten, blieb er fern; der braunschweigische General Riedesel, welcher gelegentlich derselben genannt wird, war sein älterer Bruder Johann Konrad. Er selbst starb zu Braunschweig am 6. Januar 1800 infolge eines Schlagflusses.
M. v. Eelking, Leben und Wirken des Generals F. A. v. Riedesel, Freiherrn zu Eisenbach, 3 Bände, Leipzig 1856; enthält vielfachen Schriftwechsel und geschichtliche Beweisstücke
Quelle: Poten, Bernhard von: „Riedesel, Friedrich Adolf Freiherr von“ in: Allgemeine Deutsche Biographie 28 (1889), S. 531-532