Friedrich II. von Staufen

Friedrich II., römischer Kaiser, König von Jerusalem und Sizilien, geb. zu Jesi in der Mark Ancona am 26. Dezember 1194, gest. zu Fiorentino bei Luceria am 13. Dezember 1250. Der Sohn des staufischen Heinrich VI. und der normannischen Konstanze, welche jenem ihr Erbrecht auf Sizilien zubringt, wird er nach den Großvätern Friedrich Roger getauft und so hat man ihn auch Jahrzehnte hindurch besonders in Italien genannt, obwohl er selbst amtlich den zweiten Namen nie gebraucht. Fern von den Eltern, verlebt er seine ersten Jahre in Foligno und von hier soll sein Onkel Georg Philipp von Schwaben ihn 1197 nach Deutschland abholen, dessen Fürsten das Jahr zuvor den Erben Siziliens auch zu ihrem König gewählt haben, als der plötzliche Tod Heinrichs VI. (28. Sept. 1197) seinem Geschick eine andere Wendung gibt.

Der Aufstand der Italiener zwingt Philipp, ohne das Kind heimzukehren, in Deutschland selbst erhebt sich eine den Staufern feindliche Partei gegen die Nachfolge Friedrichs, vor allem aber setzt die Kurie alles daran, die dauernde Vereinigung der beiden ihm bestimmten Reiche zu hintertreiben und diesem Bestreben leistet der Umstand wesentlich Vorschub, dass die Kaiserin-Witwe, welcher in Heinrichs Testament die Regierung Siziliens während der Unmündigkeit ihres Sohnes zugewiesen ist, sich sogleich mit den Deutschen überwirft, welche dort Lehen und Ämter erhalten haben. Nicht als ob Konstanze leichten Herzens das Recht des Sohnes auf die deutsche Krone preisgegeben hätte, aber sie vermag, da ihr nun jeder Rückhalt fehlt, es auch nicht geltend zu machen. Als dann in Deutschland Philipp von Schwaben, um das Königtum wenigstens seinem Hause zu erhalten, notgedrungen selbst an die Stelle des Neffen tritt, da lässt Konstanze dessen römischen Königstitel gänzlich fallen und begnügt sich ihr eigenes Erbe, Sizilien, ihm zu sichern.

Am 17. Mai 1198 wird Friedrich in Palermo zum König von Sizilien gekrönt. Die Bedrängnis aber durch die Deutschen im Königreich, unter welchen Markward von Anweiler (s. d.) und Dipold von Schweinspent (s. d.) die gefährlichsten sind, und die Furcht for Philipp von Schwaben, der als Haupt des staufischen Hauses die Vormundschaft über Friedrich beansprucht zu haben scheint, treiben die Kaiserin vollends auf die päpstliche Seite. Sie erkennt die von Heinrich VI. zurückgewiesene Lehnshoheit des Papstes über Sizilien wieder an, gibt in einem Konkordat wesentliche Befugnisse ihrer normannischen Vorgänger preis und setzt endlich in ihrem Testament vom 25. Nov. 1198 Innozenz III. selbst zum Reichsregenten und Vormund ihres Sohnes ein. Am 27. Nov. stirbt sie.

Durch eine eigentümliche Wendung der Dinge wird so der Enkel Friedrichs I., der Sohn eines Heinrich VI., Lehnsmann und Mündel des Papstes, der seinerseits im höchsten Grade dabei interessiert ist, dass das Reich der Normannen diesem Staufer verbleibt. Er fühlt sich allerdings nicht verpflichtet, Friedrich zum deutschen Thron zu verhelfen – in der sogenannten Deliberatio d. papae de negotio imperii sind die Gründe erörtert, welche dagegen sprechen -, aber er hat wenigstens rücksichtlich Siziliens das Beste Friedrichs ohne Zweifel gewollt und es ist nicht seine Schuld, dass er schließlich nur wenig ausrichtet. Die Legaten, welche er als seine Vertreter ins Königreich sendet, gelangen ebenso wenig als die oberste Regierungsbehörde von Palermo, das Kollegium der Familiaren, zu einer durchgreifenden Wirksamkeit; die fordauernden Kämpfe mit den deutschen Kapitänen, der unglückliche Gedanke des Papstes, gegen sie sich ein Gegengewicht an den Franzosen und dem Grafen Walter von Brienne zu schaffen, in dem die Ansprüche der tancredinischen Dynastie fortleben, die Widersetzlichkeit der großen Barone, die Zwistigkeiten unter den Regierenden selbst und ihre Habsucht, die Einmischung der Genuesen und Pisaner und die Aufstände der Muslime in Sizilien führen zu einer grenzenlosen Anarchie, bei welcher der königliche Knabe, „ein Lamm unter Wölfen“, in förmliche Dürftigkeit und wiederholt in Gefahr gerät.

Die herben Erfahrungen dieser Jahre der Kindheit, der Mangel an Verwandten und Freunden, der lange Verkehr mit einem so bedenklich angelegten Manne, wie der Kanzler Walter von Palear ist, legen damals wohl den Grund zu Friedrichs nicht immer sympathischem Wesen: wir verstehen, wie aus solchen Verhältnissen Frühreife des Verstandes und Menschenkenntnis, aber auch Misstrauen, Selbstsucht und Begierde nach Macht erwachen können. Dunkler dagegen sind die Quellen des ausgedehnten Wissens, durch welches er sich in späteren Jahren im Orient und Occident, bei Christen, Juden und Muhammedanern Ruhm erwirbt. Mag er manches auch erst später erlernt haben (und es scheint, dass im besonderen die Beschäftigung mit der philosophischen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Literatur des Ostens erst von seinem Kreuzzug datiert), – die Empfänglichkeit dafür muss doch schon in jungen Jahren geweckt worden sein.

Gregor von S. Galgano, der 1224 als Kardinalpresbyter von S. Anastasia verstorben ist, scheint den größten Anteil daran zu haben; der spätere Erzbischof Nikolaus v. Tarent und der Magister Johann v. Traetto werden von Friedrich selbst als eine Pfleger bezeichnet. Er ist des Lateinischen, Italienischen und des Französischen, des Griechischen und Arabischen mächtig; ob vor seinem Aufenthalt in Deutschland auch der Sprache seiner väterlichen Vorfahren, mag zweifelhaft sein. Dass er deutsche Sprache und Dichtung liebt, ist nicht bewiesen, und von einem deutschen Hofe mit deutscher Poesie in Sizilien, von dem viel gefabelt worden, kann weder für diese noch für die spätere Zeit Friedrichs die Rede sein. Sein Geist hat allerdings aus der allgemeinen Bildung des Abendlandes Nahrung gezogen, seine eigentümliche Richtung aber durch die Mischung derselben mit orientalischen Elementen erhalten, welche sich während der normannischen Zeit in Sizilien vollzieht, und eben diese letztere erlangt bei Friedrich allmählich das Übergewicht.

Die Anarchie in Sizilien ist 1208, als Friedrich sein 14. Lebensjahr vollendet und die päpstliche Vormundschaft zu Ende geht, so schlimm als je und die Zustände werden dadurch nicht besser, dass der Papst ihm 1209 die Witwe des Königs Emmerich von Ungarn, Konstanze von Aragonien, zur Frau und Beraterin gibt. Ihr Bruder, der mit aragonischen Rittern die Ordnung herstellen soll, stirbt bald nach der Landung und die feindlichen Elemente erhalten vollends die Oberhand, als sein natürlicher Gegner, der weltliche Kaiser Otto IV., den Abmahnungen des Papstes zum Trotz, im November 1210 ins Königreich einbricht. Innozenz beantwortet wohl diesen Angriff auf seinen Vasallen mit dem Banne, vermag aber die Fortschritte Ottos nicht im geringsten zu hemmen: bis zum Herbst 1211 hat der Kaiser den größten Teil des Festlandes inne und schickt sich eben an, auf die Insel überzusetzen, als die Ereignisse in Deutschland ihn heimrufen und Friedrich vor der sicheren Vernichtung retten.

Die von Frankreich und dem Papst ausgehende Aufreizung der Empörung findet dort Gehör. Dass aber die mit Otto unzufriedenen Fürsten ihm nun gerade den sizilischen Staufer gegenüberzustellen beschließen, dürfte schwerlich von Innozenz veranlasst worden sein. Er widerspricht zwar nicht der Berufung Friedrichs, weil die von Seiten Ottos drohende Gefahr dringender als als die andere, die aus der Erhebung des Staufers möglicherweise künftig entstehen kann; aber er billigt diese auch nicht sogleich und knüpft sie schließlich an Bedingungen, welche der von ihr befürchteten Schädigung der päpstlichen Interessen vorbeugen sollen. Friedrich, der im Februar 1212 den ihm durch Anselm von Justingen überbrachten Ruf der deutschen Fürsten und den Titel eines erwählten römischen Kaisers annimmt, muss nämlich, bevor er sich auf die Reise macht, das Konkordat seiner Mutter und die Lehnsurkunden über Sizilien erneuern und, damit die Trennung des letzteren vom Kaiserreiche aufrecht erhalten bleibe, seinen eben geborenen Sohn Heinrich dort zum König krönen lassen. Er muss aber bei seiner Anwesenheit in Rom (März 1212) wohl auch schon jenen anderen auf das Kaiserreich bezüglichen Forderungen des Papstes zustimmen, welche nachher in der Goldbulle von Eger reichsrechtliche Anerkennung erhalten.

Völlig mittellos, ohne Mannschaften und ohne Geld, kommt er nach Genua und wie sein Auftreten abenteuerlich ist, so ist es auch der weitere Zug quer durch die Lombardei, wo die kaiserfreundlichen Mailänder ihm aufpassen, und aus dem Etschtale über die Alpen nach Chur. Aber das Wagnis gelingt. Der Zauber seines Names und die Unzufriedenheit mit Otto führt ihm zunächst die Schwaben zu; die französischen Hilfsgelder, mit denen er nicht karg ist, und überhaupt die Vorteile, welche aus einer Thronveränderung sich ziehen lassen, tun das übrige, so dass Otto IV. zu der Zeit, da Friedrich zu Frankfurt von einer großen Fürstenversammlung förmlich gewählt (5. Dez.) und in Mainz gekrönt wird (9. Dez. 1212), sich wieder auf diejenigen Reichsteile beschränkt sieht, in denen sein Königtum 1198 begonnen hat, auf den Nordwesten, den der Einfluss Englands beherrscht, und auf Sachsen, soweit es von den braunschweigischen Erblanden aus im Zaum gehalten werden kann. Trotzdem ist Friedrich nicht im Stande, ihn völlig niederzuwerfen; seine Züge gegen Braunschweig scheitern regelmäßig und am Niederrhein und in den Niederlangen wird er doch nur dadurch Herr, dass Otto im Kampf gegen Frankreich bei Bouvines am 27. Juli 1214 unterliegt. Nun erst unterwirft sich Aachen, wo Friedrich am 25. Juli 1215 sich zum zweiten Male krönen lässt, und ebenso Köln, das recht eigentlich als die Hauptstadt des welfischen Königtums zu betrachten ist. Dennoch hält sich dieses, wie gesagt, in einem Teil Sachsens und bei der Wankelmütigkeit der deutschen Fürsten besteht immer noch die Möglichkeit eines Umschwungs zu Gunsten Ottos. Das wird Friedrichs Verhalten nach innen und außen wesentlich bestimmen.

Von den auswärtigen Mächten nimmt Frankreich, da Otto mit England verbündet ist, von Anfang an für Friedrich Partei und Friedrich vergisst sein Lebtag nicht die Dienste, die ihm von dort her geleistet sind. An dem Bunde, den er gleich nach seiner Herüberkunft im November 1212 zu Vaucouleurs (Meuse) im persönlichen Verkehr mit dem französischen Thronfolger geknüpft, hält er stets unverbrüchlich fest. Als er selbst sich 1235 mit England verschwägerte, geschieht es nicht, um dieses gegen den alten Verbündenten zu unterstützen. Auch Dänemark zieht er in sein Interesse hinein, indem er dem König Waldemar II. zu Anfang 1215 die während des früheren Thronstreits in Deutschland erorberten Reichsgebiete jenseits der Elbe und Elde und im Wendenland förmlich abtritt. Die Hauptsache aber ist doch das Verhältnis zum Papst und den Fürsten und da er ihrer bedarf, um sich zu halten, versteht es sich von vorneherein, dass er den Tendenzen derselben sich fügen muss, um so mehr, da sie vielfach sich berühren. Für diese Verhältnisse wird die erwähnte Goldbulle von Eger 12. Juli 1213 von entscheidender Bedeutung. Friedrich willigt nämlich und zwar unter Zustimmung der Fürsten, die den analogen Zusischerungen Ottos IV. gefehlt hat, in alle Wünsche der Kirche: er bestätigt ihr den Besitz des mathildischen Gutes und der seit dem Tod Heinrichs VI. dem Reich entzogenen Territorien und gibt so erst dem von Innozenz geschaffenen Kirchenstaat seine rechtliche Begründung; er erkennt an, dass er trotz seiner Erhebung zum römischen Kaiser und künftigen Kaiser für Sizilien Mann des Papstes bleibe, was sein Vater als unmöglich zurückgewiesen hat, und beseitigt damit die Möglichkeit einer Incorporation Siziliens in das Kaiserreich, die man in Rom besonders fürchtet; er stellt sich und ds Reich zur Ausrottung der Ketzerei zur Verfügung; er entsagt endlich dem seit Friedrich I. von den deutschen Königen geübten Missbrauch des sogenannten Spolienrechtes und verzichtet, was noch wichtiger ist, auf jeden Einfluss bei den kirchlichen Wahlen und auf jede Beschränkung der Appellation in ecclesiasticis nach Rom. Was ist damals aber nicht Kirchensache oder kann nicht dazu gemacht werden?

Mit diesem Privileg für die römische Kirche verändert sich der Charakter des geistlichen Fürstentums und im Zusammenhang damit der Charakter der deutschen Monarchie gänzlich. Verfällt jenes nun mehr und mehr der Abhängigkeit von Rom, so muss diese, um nicht ganz in der Luft zu schweben, sich seitdem einfach den Bestrebungen des Fürstentums anbequemen, dieses fördern, um selbst von ihm gefördert zu werden. Hier im Anfang der Regierung Friedrichs II. liegt die entscheidende Wendung der deutschen Geschichte, nach welcher ein Einlenken nicht mehr möglich ist: hier ist die Quelle auch seiner zahlreichen späteren Verbriefungen in favorem principum, aus welchen der deutsche Territorialstaat erwächst. Von einer persönlichen Verschuldung des Königs kann bei der gegebenen Sachlage nicht die Rede sein, wie denn überhaupt Friedrichs persönliche Neigung und sein eigener Wille in allem, was die Gesetzgebung und die innere Entwicklung des Reiches betrifft, nur selten zu spüren ist.

Ebensowenig scheint anfangs ein Konflikt mit der Kirche weiter möglich. Friedrich nimmt bei seiner Krönung 1215 das Kreuz und Innozenz stellt auf dem großen Laterankonzil dieses Jahres sein Königtum gleichsam unter die Gesamtgarantie der abendländischen Welt. Innozenz lässt es geschehen, dass der junge König Heinrich von Sizilien mit seiner Mutter nach Deutschland übersiedelt; Friedrich dagegen verbrieft immer wieder aufs neue die Sonderstellung dieses südlichen Reiches. Das gute Einvernehmen dauert auch unter Honorius III. fort und der Tod Ottos am 19. Mai 1218 ändert an demselben nichts: Legaten des Papstes und des Reiches wirken nebeneinander in Oberitalien, um die tief zerrütteten Zustände dort zu bessern und Frieden zu schaffen, und obwohl Honorius nicht ganz damit zufrieden ist, dass Friedrich die gelobte Kreuzfahrt immer wieder hinausschiebt, so erkennt er durch die Gewährung weiterer Fristen doch auch an, dass es in der Tat nicht anders geht. Selbst das etwas bedenkliche Vorgehen Friedrichs, der seinen Sohn erst zum Herzog von Schwaben und zum Rektor von Burgund ernennt und dann vor dem Antritt des Römerzuges im April 1220 zum römischen König wählen lässt, wodurch die Personalunion seiner beiden Reiche auch für die nächste Generation gesichert wird, stäßt bei der Kurie auf keinen ernsten Widerspruch. Sie lässt sich daran genügen, dass Friedrich die Realunion offenbar selbst nicht will und im übrigen an allen seinen Verbriefungen festhält, sie vor und nach der Kaiserkrönung (22. Nov. 1220) erneuert und durch die berüchtigten Ketzeredikte vervollständigt, welche die weltlichen Gewalten zur Vollstreckung der kirchlichen Verfolgung gegen die Ketzer verpflichten.

Tritt er den Kreuzzug auch jetzt immer noch nicht an, so ist nun der Zustand Siziliens eine ausreichende Entschuldigung. Er schickt übrigens den Kreuzfahrern in Ägypten beträchtliche Unterstützungen und scheint endlich persönlich bei der Wiedereroberung des heiligen Landes interessiert zu sein, als er den Vorschlag des Papstes, die Erbin Jerusalems, Isabella von Brienne, zu heiraten, annimmt. Im Vertrag von S. Germano vom 25. Juli 1225 verpflichtet er sich zu sehr weitgehenden Leistungen für den Kreuzzug; wenn er diese nicht mache oder im August 1227 nicht wirklich abfahre, will er dem Banne verfallen sein.

Wenn der Konflikt mit Rom auch ihm schließlich nicht espart bleibt, so entspringt er doch nicht aus der Handhabung der deutschen Angelegenheiten, welche seit 1220 von einer Regentschaft im Namen des unmündigen Heinrich VII. (s. d.) mit ziemlicher Selbstständigkeit besorgt werden, sondern aus Friedrichs Stellung in Italien und besonders in Sizilien. Gerade weil dieses die Basis für die große Unternehmung in den Osten sein soll, muss hier eine starke Zentralgewalt geschaffen werden, bevor an jene gedacht werden kann. Die Zerrüttung ist aber, als Friedrich sich nur dadurch zu helfen weiß, dass er das Todesjahr des letzten legitimen normannischen Herrschers, Wilhelm II. zum Normaljahr macht und nicht bloß die Verfügungen Tancreds und der Söhne desselben, sondern auch diejenigen Heinrichs VI., der Kaiserin Konstanze, der verschiedenen Machthaber in der Zeit seiner Jugend und selbst seine eigenen einer erneuten Prüfung und Bestätigung unterwirft. Da nun Jedermann aus der Anarchie soviel Vorteil als möglich gezogen hat, ist auch Jedermann von dieser Restauration betroffen, welche viel zu dem Rufe von der Härte des friederizianischen Regiments beigetragen zu haben scheint. Die großen Vasallen müssen die Burgen, deren sie sich zum Schaden der Krone bemächtigt, herausgeben, die Widerspenstigen werden mit Waffengewalt niedergeworfen, die Gefährlichsten durch Gefängnis oder Verbannung unschädlich gemacht. Genua verliert seine Exemption.

Gegen die aufständischen Muslime zieht Friedrich so lange persönlich ins Feld, bis sie sich unterwerfen und zu friedlichem Leben verstehen; ein Teil wird nach Apulien verpflanzt. Er bringt so die Souveränität des Staates nach allen Seiten hin wieder zur Geltung, stößt aber gerade in diesem Bemühen mit der Kurie zusammen, die aus ihrer Lehnsherrlichkeit über das Königreich das Recht zu fortgesetzter Einmischung in die inneren Angelegenheiten desselben ableitet und namentlich sich des ebenfalls von der Restauration betroffenen Klerus annimmt. Dazu kommt noch die verschiedene Auslegung des von der Kaiserin Konstanze abgeschlossenen, von Friedrich selbst angenommenen Konkordates. Hat dieses die Besetzung der geistlichen Stellen von der Wahl durch die Kapitel, der Beistimmung der Krone und der Bestätigung des Papstes abhängig gemacht, so glaubt Friedrich, dass eine Empfehlung der ihm genehmen Persönlichkeiten nicht ausgeschlossen sei, besonders da die Gewählten so wie so seiner Zustimmung bedürfen, und er wird ohne Zweifel auch sonst alle Mittel der Beeinflussung in Anwendung gebracht haben. Der Papst versagt seinerseits den so Gewählten die Bestätigung, hält sich aber im übrigen ebensowenig an die Bestimmungen des Vertrages: er erteilt sizilischen Bischöfen die Weihe vor der königlichen Approbation und ernennt auch einfach von sich aus Bischöfe, die dann wieder Friedrich nicht zulässt.

Die Kurie hat gedacht, sich an Friedrich einen blind ergebenen Vasallen, ein gefügiges Werkzeug erzogen zu haben, und sieht mit Bestürzung, dass er in allem, was den Staat und seine Macht betrifft, keine andere Autorität als seine eigene anerkennt. Um so weniger darf sie noch wachsen. In Rom finden nun alle, welche freiwillig oder gezwungen das Königreich verlassen, Zuflucht und Fürsprache; die deutsche Regentschaft empfängt von hier in Betreff des gefangenen Königs Waldemar von Dänemark Weisungen, welche dem Willen des Kaisers entgegengesetzt sind; der Erstarkung der Reichsgewalt in Oberitalien werden alle möglichen Schwierigkeiten bereitet und es geschieht nicht ohne Zutun der Kurie, dass 1226 die alte Liga der Städte unter der Führung Mailands erneuert wird, als Friedrich dort einen Reichstag halten und den zu fassenden Beschlüssen mit dem vereinigten sizilisch-deutschen Heer Nachdruck geben will. In der Hoffnung auf schnellen Sieg in Oberitalien, scheut er auch vor dem Bruch mit dem Papsttum nicht zurück: er fordert von den Untertanen der Kirche Heeresfolge und lässt die Korrespondenz des Papstes auffangen.

Jene Vereinigung der Heere misslingt jedoch, da die Deutschen die Klausen an der Etsch nicht zu öffnen vermögen, und Friedrichs sizilische Truppen reichen für sich allein nicht aus, um die feindlichen Städte zu bezwingen. Seine Unternehmung ist militärisch verunglückt und politisch verfehlt, da er sein letztes Ziel: die Vernichtung des Konstanzer Friedens enthüllt hat, während zur Anbahnung desselben ihm augenblicklich nicht bloß die Mittel, sondern auch die Zeit fehlt, da im nächsten Jahre der Kreuzzug bevorsteht. Es ist wahr, er wird aus diesem Misslingen manches lernen, aber aus der peinlichen Lage, in welche er nicht ohne seine Schuld geraten ist, gibt es keinen Ausweg als den Rückzug in allen Beziehungen, zunächst der Kurie gegenüber. Um sie zu besänftigen, beantwortet er ihre herben Vorwürfe mit dem Versprechen kindlichen Gehorsams, indem er zugleich in der Frage der sizilischen Wahlen vollständig nachgibt; er ruft in dem Streit mit den Lombarden dann selbst die Vermittlung des Papstes an und unterwirft sich dem Schiedsspruch desselben, der alles in dem alten Zustand lässt, welcher vor einem halben Jahr nicht mehr genügt hat. Sein erster Anlauf gegen die päpstliche Suprematie führt so am Ende doch nur zu ihrer Steigerung und befestigt auf dieser Seite die Meinung, dass er auch sonst ihr sich fügen müsse und werde.

Das tritt bald bei Gelegenheit des Kreuzzuges zu Tage. Alles spricht dafür, dass Friedrich, der sich seit seiner Heirat mit Isabelle I. König von Jerusalem nennt, jetzt wirklich den Zug zu unternehmen beabsichtigt, aber so zu sagen auf eigene Rechnung, und wie mit den Mitteln seines sizilischen Königreiches, so auch auf eigene Verantwortung, während die Kurie seine früheren Versprechungen so auffasst, als ob er sich damit unter ihren Befehl gestellt habe. Man betreibt hier den Kreuzzug als eine allgemeine Sache der Christenheit und gedenkt weder die Leitung, noch den Ruhm des gehofften Erfolges mit dem Kaiser zu teilen. Man kann nicht sagen, dass Friedrich oder Gregor IX., der am 19. März 1227 Honorius III. gefolgt ist, geradezu einen Konflikt suchen, aber er muss ganz von selbst sich einstellen, sobald man bei solcher Verschiedenheit der Anschauungen ans Werk geht. Da zeigt es sich, dass die von Friedrich getroffenen Vorbereitungen wohl für einen Kreuzzug in seinem Sinne ausreichen, aber in keinem Verhältnis zu den mittellosen Schaaren, welche der Ruf der Kirche im Sommer 1227 aus allen Ländern an die apulische Küste führt. Nur ein Teil findet auf den Schiffen Unterkommen; doch auch auf diesen fordert die Krankheit, welche unter den Zurückbleibenden aufräumt, ihre Opfer. Der Kaiser, welcher mit dem Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen am 8. September in See gegangen ist, muss umkehren: der Landgraf stirbt, Friedrich selbst ist erkrankt.

Das formale Recht steht dem Papst zur Seite, als er nun gestützt auf die Tatsache, dass Friedrich nicht an dem im Vertrag von S. Germano sanktionierten Termin übergefahren, am 29. September ihn bannt, und die öffentliche Meinung lässt sich anfangs wirklich überreden, dass die Krankheit des Kaisers von ihm nur erfunden sei, um sich von seinen Verpflichtungen zu befreien. Bald tritt jedoch ein Umschwung ein und wenn die überaus gewandten Flugschriften von kaiserlicher Seite ihn vorbereitet haben, so kommt er vollends zum Durchbruch, als Friedrich sich keineswegs seines Gelübdes entschlägt, die Rüstungen fortsetzt, trotz der offenkundigen Anfeindung durch den Papst am 28. Juni 1228 wirklich abfährt und im heiligen Land durch geschickte Verhandlung mit den entzweitn muhammedanischen Fürsten die friedliche Abtretung von Jafa und Saida, Jerusalem, Bethlehem und Nazareth erreicht, mehr als unter den obwaltenden Umständen zu hoffen gewesen war, unendlich viel im Verhältnis zu der Erfolglosigkeit der letzten unter päpstlicher Leitung unternommenen Kreuzzüge. Am 18. März 1229 setzt er, da der Klerus eine Mitwirkung verweigert, sich selbst in der Grabeskirche die Krone von Jerusalem auf.

Die Verdächtigungen Gregor’s sind durch die Ereignisse widerlegt; um so bedenklicher, dass er nicht bloß sie trotz der Vorstellung eines so kirchlichen Mannes, wie der Meister des deutschen Ordens, Hermann von Salza, ist aufrecht hält, sondern auch zu weltlichen Waffen greift, um den im Dienst der Christenheit abwesenden Kaiser zu verderben, im Grunde doch nur, weil dieser sich von der Bevormundung durch die Kirche emanzipiert. Aber die Deutschen folgen dies Mal nicht den Aufreizungen zur Wahl eines anderen Königs, und das päpstliche Heer, welches durch Truppen der lombardischen Liga verstärkt, ins Königreich Sizilien eingebrochen ist, facht dort wohl die Unzufriedenheit zur offenen Empörung an, hält aber nicht Stand, als der totgesagte Kaiser in Apulien erscheint und, von den Teilnehmern seines Kreuzzuges unterstützt, den aufgedrungenen Kampf mit dem besten Erfolg annimmt. Und da in diesem kritischen Augenblick auch die Liga weitere Hilfe versagt, ist Gregor so ganz der Gnade des Feindes preisgegeben, dass er wohl einschlagen muss, als Friedrich an der Grenze des Kirchenstaates angelangt, die Hand zum Frieden bietet. Unter der Vermittlung und Garantie der deutschen Fürsten einigt man sich zu S. Germano über die einzelnen Punkte desselben; am 28. August 1230 wird Friedrich vom Banne frei, am 1. September trifft er mit Gregor in dessen Vaterstadt Anagni zusammen.

Hier und da, namentlich in Betreff der Rechtsverhältnisse der sizilischen Geistlichkeit, hat Friedrich einige nachgegeben, die Hauptsache ist aber doch, dass der Papst gleichsam eingesteht, im Unrecht gewesen zu sein, indem er jetzt Friedrichs Kreuzzug als Erfüllung seines früheren Gelübdes gelten lässt. Im engen Anschluss an die kaiserliche Politik, die Meister geblieben ist, versucht er während der nächsten Jahre seine Niederlage vergessen zu machen und genießt als Entgelt die Unterstützung des Kaisers gegen seine eigenen rebellischen Untertanen. Es scheint sich, wenn auch das Vertrauen geschwunden ist, ein Verhältnis herauszubilden, wie es Friedrich doch immer als das wünschenwerteste hinstellt, ein Zusammengehen von Kaiser und Papst zur gegenseitigen Förderung, soweit ihre Interessen nicht direkt entgegenlaufen.

Diese Jahre des Friedens nutzt Friedrich zu einer umfassenden Reorganisation seines sizilischen Königreiches. Was in seinen berühmten Konstitutionen von 1231 uns vorliegt, ist freilich nur zum Teil neu, das meiste altnormannisch, anderes auch erst später hinzugefügt; das ganze trägt aber doch ein einheitliches Gepräge, indem ein Geist des aufgeklärten Absolutismus, feindlich der herkömmlichen halb feudalen, halb klerikalen Staatsordnung, eifersüchtig auf seine Unabhängigkeit von jedem anderen Willen, bestrebt die Mittel des Staates in einer bisher unerhörten Weise auf dem Wege einer straffen Verwaltung zusammenzufassen, den Staat überhaupt nach innen und außen leistungsfähriger zu machen als zuvor. Die neuen Einrichtungen haben unstreitig mancherlei Härten und diese mehren sich mit der Zeit, als die späteren Kriege den Herrscher zu immer weiter gehenden Anforderungen nötigen. Doch die Mitwirkung der Untertanen ist nicht ganz ausgeschlossen und es ist bemerkenswert, dass Friedrich nicht bloß Provinziallandtage ins Leben ruft, sondern für allgemeine Angelegenheiten auch Abgeordnete der Städte zu den Versammlungen seiner Beamten hinzuzieht. Der städtischen Entwicklung an sich ist er überhaupt keineswegs abgeneigt; er verdient sich auch in Deutschland da, wo ihm freie Hand gelassen ist, bei den ihm unmittelbar untergebenen Städten, Dankbarkeit und Anhänglichkeit.

In ganz anderer Weise, als in Sizilien, sucht er seine Stellung in Deutschland zu befestigen, durch rückhaltloses Eingehen auf die fürstlichen Tendenzen, welche die deutsche Gesetzgebung dieser Jahre vollständig beherrschen und in den Wormser Reichsgesetzen des Jahres 1231 darin Ausdruck finden, dass die Fürsten hier zuerst als Landesherren bezeichnet werden. Ist schon oben darauf hingewiesen worden, dass Friedrich seit 1213 gar nicht mehr in der Lage ist, dieser Entwicklung zu widerstreben, so könnte er es am wenigsten in einem Augenblicke, in welchem das trotz äußerlichen Einvernehmens mit dem Papst fortdauernde Misstrauen gegen die Kurie, die guten Dienste, welche die Fürsten eben bei dem Friedensschluss geleistet haben, und in ferneren, deren er wegen der Unzuverlässigkeit seines in Deutschland regierenden Sohnes bedarf, ihn gradezu zwingen, sich ihres guten Willens so viel als möglich zu versichern. Er bestätigt daher auf den Reichstagen zu Ravenna im Dezember 1231 und zu Cividale im April 1232 jene Gesetze zu Gunsten der Fürsten; diese aber zwingen Heinrich VII. zur Unterwerfung und halten auch nachher, als derselbe seinen Eid bricht, mit der lombardischen Liga in Verbindung tritt und an der Spitze der kleineren Dynasten und der Reichsministerialität sich offen empört, fast ausnahmslos treu zum Kaiser. Auch Gregor leiht damals noch dem letzteren seinen Beistand und so kann Friedrich 1235, ohne ein Heer mitzubringen, nach Deutschland gehen, den Aufstand bewältigen und den Sohn nach Apulien ins Gefängnis senden. An Stelle Heinrichs wird 1237 Friedrichs zweiter Sohn Konrad IV., zum römischen König gewählt.

Ein glänzender Reichstag in Mainz (15. bis 22. Aug. 1235) bringt diese Einigkeit zwischen Kaiser und Fürsten auch äußerlich zum Bewusstsein. Hier wird ein großes Landfriedensgesetz vereinbart, das mehreren Jahrhunderten genügt, und die neue Institution des Reichsjustitiars geschaffen, der den dem Süden zugewandten Kaiser im Gerichte vertreten soll. Die in Mainz vollzogene Erhebung Ottos von Braunschweig und Lüneburg besiegelt nicht minder als Friedrichs Verschwägerung mit dem englischen Königshause die Unterordnung der Welfen unter das staufische Kaisertum. Die Widerspenstigkeit des Herzogs Friedrich des Streitbaren von Österreich und Steiermark, gibt im folgenden Jahre Anlass, beide Länder unter die unmittelbare Verwaltung der Krone zu nehmen, ein reicher Ersatz für das in den früheren Bürgerkriegen verschleuderte Reichs- und Hausgut. Kurz, alles gestaltet sich nach Friedrichs Wünschen und als er den 1226 gescheiterten Versuch einer Restauration des Kaisertums in Oberitalien nach umfassenderen Vorbereitungen und jetzt mit den vereinigten Kräften Deutschlands und Siziliens wiederholt, steht ihm hier der Erfolg zur Seite.

Die vollständige Niederlage der Lombarden in der Schlacht bei Cortenuova am 27. Nov. 1237 ist zugleich eine herbe Demütigung Gregors, da er grade um der Lombarden willen dem Kaiser schroff entgegengetreten ist und nun zuschauen muss, wie der erbeutete Fahnenwagen der Mailänder auf dem Kapitol aufgestellt wird. Damals ist Friedrich auf der Höhe seines Ansehens und seiner Macht, als die Liga so gut wie gesprengt ist und selbst Mailand ziemlich weit gehende Anerbietungen macht. Aber er besteht auf unbedingter Unterwerfung und treibt dadurch Mailand und die wenigen von der Liga noch übrigen Städte zu einem Verzweiflungskampf, in dem sie zunächst sich behaupten. Und nun regen sich allerorten die Gegner der gewaltig angewachsenen kaiserlichen Macht. In Deutschland wird durch den unermüdlichen Agitator Albert den Böhmen (s. d.) zuerst Herzog Otto von Bayern für den Papst gewonnen; in Italien verbünden sich Venedig, Genua und der Papst im geheimen zu einem gemeinschaftlichen Angriff auf Sizilien, das dem Kaiser genommen werden soll; endlich tritt Gregor auch offen als Feind desselben auf, indem er ihn am 20. März 1239 wieder in den Bann tut und die Untertanen ihrer Treuepflicht entbindet.

Es ist schwer, in dem nun ausbrechenden und gleich von Anfang an mit großer Erbitterung geführten Kampf Licht und Schatten einigermaßen gerecht zu verteilen. In Gregor IX. und Friedrich II. ringen politische und geistige Gegensätze mit einander. Was die ersteren betrifft, so denkt Friedrich an eine Vereinigugn Siziliens mit dem Kaiserreich, wie Heinrich VI. sie einst geplant, auch jetzt nicht; aber er sucht doch die Einrichtung seines Erbkönigtums auf das übrige Italien auszudehnen, diese beiden Länder allmählich zu verschmelzen und seine Macht dadurch zu mehren und zu befestigen. Jedoch eine solche Einigung Italiens in einer oder der anderen Form, das ist es gerade, was die Kurie um keinen Preis will. Betrachtet sie Sizilien als ein Lehen, das dem Vasallen entzogen werden kann und jetzt entzogen werden soll, weil es lästig geworden ist, so behandelt Friedrich den Kirchenstaat trotz der Goldbulle von Eger als eine den Päpsten nur auf den Fall ihres Wohlverhaltens gewährte Ausstattung, welche Gregor durch seine Auflehnung verwirkt habe. Der größte Teil desselben wird noch im Laufe des Jahres 1239 und zu Anfang 1240 wieder an das Reich genommen; beinahe teilt Rom selbst, der Sitz des Papstes, dieses Schicksal.

Noch schroffer ist der geistige Gegensatz. Es ist zwar nicht wahr, dass das berüchtigte Wort von den drei Betrügern, welches Gregor dem Kaiser in den Mund legt, um ihn verdammen zu können, wirklich von ihm herrühre und noch weniger ist es der Fall mit dem gleich betitelten Buche, das vielmehr erst aus dem 16. Jahrhundert stammt. Aber andererseits wird man sich nicht allzu viel Gewicht auf Friedrichs Beteuerungen seiner Katholozität legen wollen und auf die Betätigung derselben in seinen grausamen Ketzeredikten, die er namentlich dann einschärft, wenn seine eigene Gläubigkeit in Zweifel gezogen wird. Er hat sich mehr und mehr an andere Speise gewöhnt als die Kirche bietet, und sucht seine Befriedigung nicht im Glauben, sondern im Wissen und besonders im empirischen Wissen. Während die Kirche die Gottesurteile verwirft, weil es heißt: Du sollst Gott deinen Herrn nicht versuchen, erklärt er sie einfach für lächerlich und er verbietet sie mit Berufung auf die Gesetze der Natur. Die Kirche bekämpft in ihm ein ihrer Grundlage feindliches Prinzip.

Gregor IX. ist der Papst, der den Bettelmönchen und ihrer Asketik eigentlich erst zur Geltung verhilft, ihnen mit Vorliebe auch höherer Stellen innerhalb der Kirche zuweist. Mit dieser Ertödtung des Fleisches hat Friedrich nichts gemein. Er huldigt einer heiteren Lebensauffassung und ist dem Sinnengenuss bis zu dem Grade ergeben, dass darauf fußende Anklagen wohl berechtigt sind. Seine ewigen Liebschaften, seine fast orientalische Hofhaltung, der ein Harem und Eunuchen nicht fehlen, alles das erregt mancherlei Anstoß.

Zu alledem kommt nun die persönliche Verbitterung der Streitenden, die sich an dem von beiden Seiten eifrig betriebenen Federkrieg nährt und zu leidenschaftlichen Beschuldigungen fortreißen lässt. Friedrich soll im Jahre 1227 den Landgrafen von Thüringen vergiftet haben; bei Gregor soll um Geld alles feil sein. Jener sei ein Tyrann ohne gleichen, dieser herrsche in der Kirche mit unerhörtem Absolutismus, ohne die Kardinäle zu befragen, und es ist richtig, dass Gregor das Kollegium fast aussterben lässt, so dass 1243 nur noch sieben vorhanden sind. Stachelt Gregor die Untertanen des Kaisers zur Empörung auf, so verlangt Friedrich von den Kardinälen die Berufung eines Konzils, das den unwürdigen Papst richte. Sich selbst einem vom Papst geleiteten Konzil zur eigenen Rechtfertigung zu stellen, fällt ihm nicht im Traume ein. Als Gregor in äußerster Bedrängnis ein solches beruft, erklärt der Kaiser, dass er die Besucher desselben als seine Feinde behandeln werde, und er schickt die Prälaten, welche sein Sohn Enzio in der siegreichen Seeschlacht mit den Genuesen bei Monte Cristo (am 3. Mai 1241) auf den eroberten Schiffen findet, als Staatsgefangene in die apulischen Festungen.

Gregor stirbt im Schmerze über sein Missgeschick am 21. Aug. 1241 und der Nachfolger Coelestin IV. überlebt seine Erhebung nur um wenige Tage. Von den noch übrigen Kardinälen sind einige bei Monte Cristo in kaiserliche Gefangenschaft geraten, die anderen wagen keine Neuwahl. Ist diese 19-monatige Vakanz in manchen Beziehungen für Friedrich vorteilhaft, so verhindert sie andererseits den Friedensschluss mit der Kirche, den er auf Grund seiner Siege jetzt selbst wünscht. Auch er bedarf eines Papstes und befördert durch Entlassung der gefangenen Kardinäle die Wahl, aus welcher am 25. Juni 1243 der Kardinal Sinibald Fieschi als Papst Innozenz IV. hervorgeht. Die Überlieferung bezeichnet letzteren als Freund des Kaisers; doch bewährt er sich weder als Kardinal noch als Papst als solcher. Nach längeren Verhandlungen und nachdem im März 1244 schon die Präliminarien des Friedens festgesetzt sind, vereitelt Innozenz durch seine Flucht von Rom nach Genua und später nach Lyon den Abschluss desselben und macht ihn, den Abmahnungen des gewiss kirchlichen Ludwig IX. von Frankreich zum Trotz, überhaupt für alle Zukunft unmöglich. An der Spitze eines ganz unter seinem Einfluss stehenden, hauptsächlich von englischen, französischen und spanischen Prälaten besuchten Konzils spricht er am 17. Juli 1245 zu Lyon die Absetzung des Kaisers aus und scheut kein Mittel, sie zu vollstrecken.

Mit der Kreuzpredigt und Ablass lässt er die Kämpfer für die Kirche werben. Das Ausland, besonders England, wird ausgepresst, um sie zu bewaffnen; in Deutschland dem Sohn Friedrichs, Konrad IV., der Pfaffenkönig Heinrich von Thüringen, später Wilhelm von Holland, gegenübergestellt; in Italien der Krieg umfassender und planmäßiger betrieben und in Friedrichs Umgebung selbst, unter seinen höheren Beamten und gerade unter solchen, denen er am meisten vertraut, eine Verschwörung gegen sein Leben angezettelt, der er nur mit knapper Not entgeht.

Damals, als es offenbar war, dass er mit dem bestehenden Papsttum nie Frieden haben könne, scheint Friedrich sich mit dem Gedanken einer umfassenden Reform der Kirche getragen zu haben, durch welche sie auf ihre ureigenes Gebiet zurückgedrängt und ihres weltlichen Könnens ein für alle Mal entkleidet werden sollte. Aus kirchlichen Kreisen selbst ist dazu die Aufforderung an ihn ergangen und in manchen Flugschriften seiner Anhänger wird der Gedanke weiter ausgesponnen, ohne jedoch zu praktisch durchführbaren Vorschlägen zu gelangen. Am Ende ist Friedrich mit seinem vollständigen Indifferentismus doch nicht der Mann zu einer solchen Reform, ganz abgesehen davon, dass die Zeitumstände zu solcher keinen Raum lassen. Für den Augenblick handelt es sich vielmehr um Abwehr und da begreift es sich, dass Friedrich bei der Todfeindschaft, mit der man ihn verfolgt, nun auch seinerseits alle Rücksicht bei Seite lässt. Das Blut seines Vaters wallt in ihm auf und wie er stets gegen Rebellen streng gewesen ist, so werden nun Geistliche, die das Kreuz predigen, Mönche, welche von Lyon geheime Weisungen zu überbringen wagen, die Kriegsgefangenen aus lombardischen Städten unbarmherzig mit dem Tode bestraft. Er ist sicherlich auch mit den Grausamkeiten einverstanden, welche in seinem Namen von Enzio und dem berüchtigten Ezzelino von Romano verübt werden.

Es scheint, dass der Schrecken seine allmählich versiegenden Hilfsquellen ersetzen soll. Denn Deutschland, wo Konrad IV. sich nur noch in einem Teil und mit Mühe behauptet, liefert seit 1245 keine Mannschaften mehr und die Leistungsfähigkeit Siziliens wird bis zu dem Grade angespannt, dass sie schließlich versagt. Die Ausrüstung, welche er am 18. Febr. 1248 vor dem hartnäckig belagerten Parma einbüßt, ist die letzte, die er aufbringen kann; alles Folgende nur ein hoffnungsloses Ringen gegen die ihn auf allen Seiten gleichzeitig bestürmende Übermacht des Feindes, der über die Mittel aller übrigen Länder gebietet. Viele Freunde sind tot, andere ungetreu geworden und zu den letzten scheint auch Petrus de Vinea gehört zu haben, dessen Feder dem Gegner schwerere Wunden geschlagen hat, als das Schwert des Kaisers. Dem Verlust des vertrautesten Dieners folgt der Verlust des geliebten Sohnes, Enzio’s, der am 26. Mai 1249 in die Gewalt der Bolognesen gerät, um nie wieder frei zu werden. Noch nicht vernichtet, aber erschöpft in seinen Mitteln und innerlich gebrochen, geht Friedrich nach Apulien zurück: hier stirbt er am 13. Dez. 1250. In seinem ganzen Wesen der Zeit und der Umgebung, in der er lebt, fremd, zahlt er ihr doch zuletzt seinen Tribut, indem er auf dem Totenbett sich vom Banne lösen lässt, freilich ohne der Kirche in ihren weltlichen Bestrebungen nachzugeben oder ihr das Recht der Verfügung über seine Länder zuzugestehen. Diese verteilt er in seinem Testament unter die Söhne. Er ruht im Dom zu Palermo in einem prächtigen Porphyrsarkophag neben den Gräbern seines Vaters und seiner Mutter.

Friedrich war drei Mal verheiratet; doch hat nur die erste Gattin, Konstanze von Aragonien, politischen Einfluss besessen und, als er nach Deutschland gegangen war, 1212–1216 Sizilien regiert. Sie war die Mutter Heinrichs VII. Nach ihrem Tode (23. Juni 1222) heiratete Friedrich auf Betreiben der Kurie am 9. Nov. 1225 die Erbin von Jerusalem, Isabella von Brienne, welche am 26. April 1228 Konrad IV gebar, am 8. Mai starb. Die dritte Gemahlin war seit 15. Juli 1235 Isabella II., Schwester Heinrichs III. von England und des späteren deutschen Königs Richard von Cornwall. Allem Anschein nach zärtlich vom Kaiser geliebt, genoss sie doch ebenso wenig wie ihre Vorgängerinnen die Freiheit abendländischer Fürstinnen, sondern wurde nach orientalischer Weise von der Außenwelt fast abgeschlossen gehalten. Sie starb am 1. Dez. 1241, wie Isabelle I., an den Folgen eines unglücklichen Wochenbettes. Eine Tochter und ein Sohn überlebten sie: Margarethe, geb. im Dez. 1236 oder Januar 1237, welche sich mit Albrecht von Meißen vermählte, und Heinrich – geb. am 17. Februar 1238, von den Italienern auch Carlotto genannt -, der nach dem Testament des Vaters mit Arelat oder Jerusalem ausgestattet werden sollte, aber weder das eine noch das andere erhielt und schon im Dezember 1253 starb.

Eine zahlreiche Nachkommenschaft entspross aus den illegitimen Verbindungen des Kaisers. Von einer Deutschen niederen Standes soll ihm außer einer mit dem Markgrafen Jakob von Carretto verheirateten Tochter jener Enzio (Heinrich) geboren sein, wohl der älteste seiner unehelichen Söhne, da er schon seit 1239 als Generallegat Italiens dem Vater in seinen dortigen Kämpfen wirksam zur Seite stehen konnte. Er führte seit seiner Verheiratung mit Adelasia, der Tochter des Häuptlings von Torre und Gallura aus Sardinien (Okt. 1238), den Titel eines Königs dieser Insel, als Wappen einen Turm, und endete seine Laufbahn, wie erwähnt, in dem Kerker Bologna’s, wo er erst am 14. März 1272 starb als der letzte von Friedrichs Söhnen.

Dem Alter nach am nächsten steht ihm vielleicht Friedrich von Antiochia, von unbekannter Herkunft, seit 1246 Reichsvikar in Tuszien, wo er Florenz der guelfischen Partei entriss. Durch Konrad IV. mit einigen Grafschaften in den Abruzzen ausgestattet, starb er bald nach der Krönung Manfreds 1258. – Auch dieser war unehelich geboren c. 1232, aber bei dem Tode seiner Mutter Blanca Lancia vom Vater legitimiert worden, der ihm im Testament mit dem Fürstentum Tarent u. a. bedachte und zum Statthalter Siziliens für den Abwesenden Konrad IV. ernannte. Vom Bruder zurückgesetzt, führte er nach Konrads Tod doch wieder die Statthalterschaft im Königreich für dessen Sohn, den jungen Konradin, bis die Unmöglichkeit, im Namen eines fernen Kindes das Besitztum des Hauses gegen die fortdauernde Todfeindschaft der Kurie zu behaupten, ihn selbst am 11. Aug. 1258 zur Annahme der Krone zwang. Er fiel in der Schlacht bei Benenvent am 6. Febr. 1266 gegen den vom Papst zum König von Sizilien ernannten Karl von Anjou. Eine Schwester Manfreds war mit dem griechischen Kaiser Vatatzes vermählt. – Außer diesen unehelichen Kindern Friedrichs werden noch zwei Töchter ungewisser Herkunft genannt, die Gemahlin des Grafen Richard von Caserta, und Selvaggia, welche er im Mai 1238 Ezelin von Romano zur Frau gab. Letztere starb noch vor dem Vater; die übrigen Kinder Friedrichs haben – mit Ausnahme des abgesetzten Heinrich VII. – ihn überlebt und zum Teil selbst wieder zahlreiche Nachkommenschaft gehabt. Nach wenigen Jahrzehnten waren jedoch von diesem viel verzweigten Nachwuchs des staufischen Hauses nur noch unscheinbare Ausläufer übrig: es war, um die Worte eines Innozenz IV. zu brauchen, das Otterngezücht vernichtet.

Friedrich II. ist nur kurze Zeit in Deutschland gewesen: von 1212–1220 und dann zwei Mal in den Jahren 1235–1237. Wie er in Italien von einer italienischen Mutter geboren und dort aufgewachsen war, so bewegt sich auch seine Tätigkeit vorzugsweise auf italienischem Boden. An dem großen materiellen und geistigen Aufschwung Deutschlands, der in seine Zeit fällt und von dem bei Gelegenheit seiner Söhne Heinrich VII. und Konrad IV: die Rede sein muss, hat er keinen Anteil, die Wiedereroberung deutschen Landes jenseits der Elbe und die Ausdehnung des deutschen Reiches und der deutschen Kultur bis weit in den Osten hinein nur indirekt gefördert. Und doch setzte sich die Erinnerung an ihn im deutschen Volke so fest, wie kaum bein einem anderen Kaiser seit Karl dem Großen. Dem deutschen Volk war Friedrich II. der letzte gewaltige Vertreter eines selbst in seinen Verirrungen großartigen Geschlechts, so wenig tot, dass noch 1283 ein Betrüger oder Phantast, Tyl Kolup, der sich für den Kaiser ausgab, weithin Anhang finden konnte. Mythos und Sage woben ihre Fäden über das geschichtliche Bild des roten Friedrich, der „kommen wird, weil er kommen muss“, um das verstörte Reich aufzurichten und die Pfaffen zu vertreiben.

Bibliographie

  • Monumenta Germaniae Historica
  • Huillard-Bréholles: Historia diplomatica Frid. II., Paris 1859-61, 12 Bde. 4.
  • Muratori: Script. rer. Ital.
  • Raumer: Hohenstaufen
  • Schirrmacher, Kaiser Friedrich der Zweite (Gött. 1859-65, 4 Bde. 8.)
  • Winkelmann: Geschichte Kaiser Friedrichs II. und seiner Reiche, Bd. I, Berl. 1863, Bd. II, Reval 1865, 8. mit der Fortsetzung für die Jahre 1239–41 in den Forsch. z. deutschen Geschichte XII. 261-294, 521–566

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Figuren des Mittelalters