Ödenburg
Ödenburg (ungar. Sopron, spr. schóp-ron), ungarisches Komitat am rechten Ufer der Donau, grenzt an Niederösterreich, den Neusiedler See und die Komitate Wieselburg, Raab, und Eisenburg, umfasst 3307 km² (60,1 mi²) und hat (1901) 279.796 ungarische, deutsche (109,369) und kroatische (meist römisch-katholische) Einwohner. Sitz des Komitats ist Ödenburg.

Ödenburg, königliche Freistadt mit Munizipium, Sitz des gleichnamigen ungar. Komitats (s. oben), 5 km westlich vom Neusiedler See, an den Bahnlinien nach Wien, Pressburg, Ebenfurth, Raab, Csorna, und Steinamanger–Kanizsa, besteht aus der ehemals befestigten inneren Stadt, welche die sogen. Grabenrunde (mit vielen Kaufläden, dem Korso und der Széchenyipromenade) umgibt, und den äußeren Stadtteilen und hat acht katholische Kirchen, eine evangelische Kirche, vier Klöster, viele öffentliche Neubauten (Kasino, Justizpalais, große Kavallerie- und Artilleriekaserne), Denkmäler von Liszt und Széchenyi und (1901) 33.478 deutsche (17.924) und ungarische Einwohner (⅔ römisch-katholischen, ⅓ evangelischen Glaubens).
Daselbst bestehen Fabriken für Zucker, Kanditen, Spiritus, Essig, Seife, Stärke, Glocken, landwirtschaftliche Maschinen, Kautschuk, Feuerwehrrequisiten und Wagen, ein Brauhaus und Ringofenziegeleien. Eine große Baumwollspinnerei ist im Entstehen begriffen. Das kandierte und gedörrte Ödenburger Obst wird weithin versandt. Ödenburg, das auch bedeutenden Wein- und Viehhandel betreibt, hat ein katholisches Obergymnasium, eine katholische Lehrerpräparandie, eine Oberrealschule und Honvéd-Oberrealschule (im Neuhof), evangelisches Lyzeum und Seminar, eine Handelsakademie, eine höhere Staats-Mädchenschule, eine Erziehungsanstalt für Offiziertöchter, ein Theater, sieben Kasernen, elektrische Beleuchtung, Wasserleitung, Elektrizitätswerk, elektrische Straßenbahn, einen Wettrennplatz etc., ist Sitz einer Finanz- und einer Post- und Telegraphendirektion, eines Gerichtshofs und einer Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank. In der schönen Umgebung viele Ausflugsorte (so außer dem nahen Löber mit Villenanlagen der Neuhofgarten, Wandorf, Schwefelbad Wolfs, der Neusiedler See etc.). In Brennberg (bei Ödenburg) sind reiche Braunkohlenlager, in Margarethen (s. d.) vorzügliche Sandsteinbrüche.
Die ältesten Bewohner von Ödenburg und Umgebung waren Kelten. Unter den Römern blühte Ödenburg (Scarbantia) als Munizipium, wurde aber von den Quaden fast gänzlich zerstört. Der deutsche Name (Odinburch) erscheint zuerst in einer Urkunde Ludwigs des Deutschen vom Jahre 845. König Salomo soll die Stadt zur königlichen Freistadt erhoben haben. Fortan hieß sie Castrum Suprun oder Supruniensis, und von dieser Namensform rührt der ungarische Name her. Als bedeutende Grenzstadt geriet sie wiederholt in die Hände der österreichischen Herzoge und wurde von Ottokar von Böhmen 1270 verbrannt. 1605 wurde sie von Bocskai belagert, 1619 von G. Bethlen erobert, 1683 huldigte sie Thököli, wurde 1705 von Fr. Rákóczi belagert und 1809 von den Franzosen besetzt. Vgl. Diem, Illustrierter Führer durch Ödenburg (Ödenb. 1886). Über die zahlreichen Funde aus der vorgeschichtlichen Zeit und aus der Römerzeit vgl. die Arbeiten von L. Bella im »Archäolog. Értesitö«.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909