Vionville

Vionville.

Vionville (spr. wiongwil’), Dorf im [ehem.] deutschen Bezirk Lothringen, Landkreis Metz, hat eine katholische Kirche und (1905) 329 Einwohner. Zahlreiche Denkmäler erinnern an die am 16. Aug. 1870 daselbst gelieferte Schlacht (auch Schlacht bei Mars-la Tour genannt).

Nach der Schlacht bei Colombey-Nouilly erhielt General v. Alvensleben (3. Korps) Befehl, die Mosel bei Novéant und Champey zu überschreiten, während das 10. Korps die Straße Metz–Verdun beobachten und melden sollte, ob die feindliche Armee aus Metz bereits abgezogen oder noch im Abzug begriffen sei. Am 16. Aug. sollten beide Korps, das 3. über Gorze und Onville, das 10. über Thiaucourt, einen Vorstoß gegen die Straße Metz-Verdun ausführen, während der Rest der zweiten Armee (Garde, 12., 4., 2. und 9. Korps) den Marsch nach Westen fortsetzen und den Feind an der Maas erreichen sollte; denn das Oberkommando nahm an, dass die Hauptmasse der Rheinarmee schon im Marsch nach Verdun sei. Dies war aber nicht der Fall. Zwar war der am 13. Aug. befohlene, durch die Schlacht bei Colombey-Nouilly unterbrochene Abmarsch der Franzosen nach Westen am 15. fortgesetzt worden, doch waren sie erst bis in die Linie Rezonville-Vernéville gelangt, während drei Divisionen noch im Moseltal standen. Bazaine wollte, um den Rest nachkommen zu lassen, 16. Aug. den Weitermarsch erst nachmittags beginnen. Das deutsche 3. Korps, das seinen Vorstoß auf Rezonville richtete, traf auf drei feindliche Korps. Die bei Vionville lagernde französische Kavallerie (die Vorhut) wurde von den Granaten der deutschen Artillerie überrascht und floh in wilder Unordnung. Die durch das Feuer aufgescheuchte französische Infanterie ging sofort vor und besetzte den Höhenzug nach Gorze zu sowie Flavigny und Vionville; vor ihr wich die deutsche Reiterei langsam zurück, als gegen 10 Uhr die Spitzen der 5. und 6. Infanteriedivision von Gorze und Onville her den Rand der Hochfläche, das Schlachtfeld, erreichten.

Karte von Mars-la-Tour, Vionville, Rezonville, bis Gravelotte.

Alvensleben befahl sofort den Angriff, und unter großen Verlusten wurde bis Mittag Flavigny erreicht, auch das Bois de Vionville und das Bois de St.-Arnould erobert, während die Artillerie in einer Linie gegen Rezonville aufgefahren war und die Feinde erfolgreich beschoss. Die 6. Division ging nördlich bis Tronville vor und schwenkte sodann rechts, um von rechts und links Flavigny und Vionville anzugreifen. Vionville wurde 11½ Uhr von den 35ern und 64ern im ersten Anlauf erobert, während das 24. Regiment nordwestlich von Vionville das immer stärker andrängende 6. französische Korps (Canrobert) abwehrte. Auch über Vionville gegen Rezonville drang die 6. Division vor und schuf durch die Besetzung Flavignys eine Verbindung mit der 5. Division. Ohne Reserven, ohne Aussicht auf baldige Hilfe (nur die Hälfte der 37. Brigade des 10. Korps stand zur Verfügung) hielt das 3. Korps allen Angriffen des überlegenen Gegners den ganzen Nachmittag hindurch heldenmütig stand.

Bazaine kam es darauf an, nicht von Metz abgedrängt zu werden, und hatte deshalb den linken Flügel bei Gravelotte verstärkt, weil er hier irrtümlicherweise den Hauptangriff des Feindes erwartete. Statt seine Übermacht zu benutzen, das deutsche Korps beiseite zu werfen und seinen Marsch nach Westen fortzusetzen, was ihm möglich gewesen wäre, nahm er Verteidigungsstellung ein und suchte erst, als nach dem Verlust Vionvilles und Flavignys die Truppen in Unordnung nach Rezonville zurückwichen, durch Vorstöße der Reiterei hier das Gefecht herzustellen. Diese misslangen, ebenso aber auch die Angriffe deutscher Reiterregimenter, die beinahe Bazaine selbst gefangen genommen hätten, da inzwischen eine frische Gardedivision die Stellungen südlich von Rezonville eingenommen hatte. Zugleich war der linke Flügel in große Bedrängnis geraten, weshalb um 2 Uhr von Rezonville aus der allgemeine Angriff des 6. Korps angeordnet wurde. Diesen vereitelte der glänzende, todesmutige Reiterangriff der preußischen Brigade v. Bredow (7. Kürassiere und 16. Ulanen). Aber die Übermacht der Franzosen, die jetzt auch von St.-Marcell und Bruville her in den Kampf eingriffen, war so groß, dass gegen 4 Uhr der linke deutsche Flügel hinter Tronville zurückgedrängt wurde.

In diesem Augenblick traf nach einem Gewaltmarsch die 20. Infanteriedivision bei Tronville ein: ein Teil kam der 5. Division zu Hilfe, die Artillerie half den Vorstoß des Feindes auf Tronville brechen, die Tronviller Büsche wurden wieder besetzt. Auch kam von Westen her die Hälfte der 19. Division, die bereits auf dem Marsch nach Étain war, zu Hilfe. Deren Angriff auf die feindliche Flanke von Mars-la-Tour aus gegen die Höhen von Bruville wiesen allerdings die französischen Divisionen Grenier und Cissey unter furchtbaren Verlusten (2600 Mann) zurück. Auch hier half die Reiterei. die Gardedragoner warfen die heftig nachdringenden Franzosen zurück. Der für die Deutschen siegreiche Ausgang des großartigen Reiterkampfes (5 Regimenter; gegen 7 Uhr abends) bei Bruville bewog General Ladmirault (4. französisches Korps), von einem weiteren Angriff auf Mars-la-Tour und Tronville (deutschen linken Flügel) abzusehen. Dem rechten Flügel befahl Prinz Friedrich Karl, der um 4 Uhr von Pont-a-Mousson eintraf, nur seine Stellung zu behaupten. Bazaine sicherte seine Verbindung mit Metz und benutzte seine Übermacht nicht zu einem entscheidenden Angriff. Die vereinzelten Angriffsversuche der Franzosen hatten daher ebensowenig Erfolg wie die Vorstöße der zur Verstärkung herankommenden deutschen Truppen. Zu einem besonders heftigen, blutigen Kampf führte der deutsche Angriff auf die stark besetzte Höhe südlich von Rezonville: dreimal wurde sie gestürmt, dreimal mussten die Preußen weichen. Erst gegen 10 Uhr verstummte die Schlacht.

Die taktischen Ergebnisse waren gering, da die stark überlegene französische Heeresmacht (120.000 Mann gegen 66.000 Deutsche) nicht aus ihren Hauptstellungen zu vertreiben war. Dagegen zeigte sich die strategische Bedeutung des Tages, als sich am 17. morgens ergab, dass die Franzosen ihre Stellungen geräumt und auf die Fortsetzung des Abmarsches nach Westen vorläufig verzichtet hatten. Die französischen Verluste beliefen sich an Toten, Verwundeten und Gefangenen auf 879 Offiziere und 16.128 Mann (nebst 1 Geschütz), die deutschen auf 711 Offiziere und 15.079 Mann, wovon das 3. Korps 310 Offiziere und 6641, das 10. Korps 202 Offiziere und 4945 Mann verlor. S. die Karte bei Artikel »Metz«, S. 724.

Bibliographie

  • »Der deutsch-französische Krieg 1870/71« (Generalstabsbericht, 1. Teil, Heft 5, Berl. 1874)
  • Bazaine: L’armée du Rhin (Par. 1872)
  • Bleibtreu, Carl: Mars la Tour-Vionville (Stuttg. 1904)
  • Frossard: Rapport sur les opérations du II. corps de l’armée du Rhin (Par. 1871)
  • Hoenig: Beiträge zur Schlacht von Vionville-Mars-la-Tour (Berl. 1899)
  • Scherff, W. v.: Betrachtungen über die Schlacht von Vionville (Berl. 1894)
  • Wildenbruch, Ernst v.: Vionville (Berl. 1874)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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