Vaubansche Festungsmanier

Vauban, Sébastien Le Prestre de, Marschall, war der berühmteste französische Ingenieur, und lebte von 1633 bis 1707. Man hat von ihm zwei Befestigungsmanieren, zwar nicht schriftlich, aber doch so viel Nachrichten von denselben, dass, wenn es auf die Menge derselben ankommt, wir keine Festungen besser kennen, als die Vaubanschen. Die erste heißt schlichtweg die Vaubansche, die zweite die verstärkte Vaubansche Befestigungsmanier, wo Vauban eine zurückgezogene Festung angebracht, und nach welcher er sein Meisterstück, Neubreisach, erbaut hat. Sie sollen hier beide erklärt werden, wobei noch zu bemerken ist, dass Vauban die Polygonseite durchgängig 90 Ruten groß annimmt, und dass man bei seiner regulären Festung die Größe des großen Radius aus folgender Tabelle sehen kann:

Anzahl der Ecken Größe des Radius
4 65 Ruten 8 Fuß
5 76 Ruten 6 Fuß 8 Zoll
6 90 Ruten 6 Fuß 8 Zoll
7 103 Ruten 9 Fuß 3 Zoll
8 117 Ruten 6 Fuß 8 Zoll
9 131 Ruten 6 Fuß 5 Zoll
10 145 Ruten 7 Fuß 6 Zoll
11 159 Ruten 9 Fuß
12 173 Ruten 9 Fuß 8 Zoll
Erste Vaubansche Festungsmanier.

Der Hauptriss der ersten Vaubanschen Manier wird nach folgenden Regeln gemacht, Fig. 108. Mit dem großen Radius beschreibt man einen Zirkel, und trage in der Peripherie die äußere Polygonseite ab herum; man teile ab in c in zwei gleiche Teile, und errichte in c einen Perpendikel, cd, welchen man im Viereck einem Achtel, im Fünfeck ein Siebtel, und in den übrigen Vielecken ein Sechstel der Polygonseite ab gleich macht. Man ziehe die Verteidigungslinien ado und bdn und trage auf dieselben von a nach e und von b nach f, für die Facen des Bollwerks, zwei Siebentel von der äußeren Polygonseite ab. Mit der Öffnung des Zirkels ef schneide man von ao in h, und aus f von bn in g ab, so sind eg und fh die Flanken und gh die Kurtine. Man teile eg und fh jedes in drei gleiche Teile, und setze ein Drittel von e nach i und von f nach k, so werden aus ei und fk die Bollwerksohren gemacht, ig und kh sind die Teile der Flanken, welche zurückgezogen werden. Über ei und fk beschreibt man einen Zirkelbogen, um die Bollwerksohren zu bilden; soll es ein halber Zirkel sein, so teilt man ei und fk in zwei gleiche Teile, und zieht aus der Mitte dieser Linie mit der Hälfte derselben den Zirkelbogen. Die Brisuren ng und oh sind die verlängerten Verteidigungslinien und 3 Ruten lang; eben so lang sind die äußeren Brisuren li und mk und werden folgendermaßen bestimmt. Man legt das Lineal in a und k an und zieht die Linie km, eben so legt man es in b und i an, und zieht il. Mit ln macht man aus l und n Bogen, die sich in p durchschneiden, desgleichen macht man mit mo aus m und o Bogen, die sich in q durchschneiden. Hierauf beschreibt man aus p und q mit derselben Öffnung des Zirkels die runden eingebogenen Flanken ln und mo, tours creuses genannt. Man trägt nun 4 bis 4½ Ruten von e nach r und von f nach s, man teilt rd in t und sd in u in zwei gleiche Teile; man zieht von t auf bn den Perpendikel tv, und von u auf ao den Perpendikel un; man zieht ferner vw, so ist r t v w u s die Grabenschere.

Den Hauptgraben macht man 9 Ruten breit, und zieht die äußeren Linien desselben xy und zy mit den Facen des Hauptwalls parallel, doch so, dass diese Linien vor den Bollwerksspitzen y und b abgerundet werden. Mit nf macht man aus n und o Bogen, die sich in A durchschneiden; von A zieht man nach den Schulterpunkten e und f die Facen des Ravelins, AB und AC; mit diesen parallel zieht man in der Entfernung von 6 Ruten die äußeren Linien des Ravelingrabens JH und EJ. Man verlängert die Ravelinfacen BA und CA bis über den Graben, und setzt über diese Linien von D nach G und von E nach G die beiden vorderen Facen der Tenaillons; wenn man nun von H nach K und von J nach L 5 bis 6 Ruten trägt, so kann man auch die beiden anderen Facen des Tenaillons ziehen, welche mit einem 6 Ruten breiten Graben umgeben werden, dessen äußere Linie man vor den Spitzen F und G ausrundet. – Von M, wo sich die Grabenlinie DH und EJ durchschneiden, setzt man nach N und O 7½ Ruten, und aus N und O macht man mit 10 Ruten zwei Bogen, die sich in P durchschneiden, so sind PN und PO die beiden Facen der zur Deckung der Tenaillons angelegten Brille, um welches man einen 3 Ruten breiten Graben legt.

Den bedeckten Weg macht man 3 Ruten breit, und zieht denselben durchgängig mit den Grabenlinien parallel; wo die Linien des bedeckten Weges eingehende Winkel machen wei in Q, trage man auf dieselben von Q nach R und nach S 5 Ruten für die Kehlen des Waffenplatzes, und aus R und S mache man mit 6 Ruten zwei Bogen, sie sich in T durchschneiden, so sind RT und ST die Facen des Waffenplatzes. Den Waffenplatz schließe man durch quer über den bedeckten Weg angelegte Traversen, und schneide in das Glacis einen Umgang ein, der etwa 6 Fuß breit gemacht wird. Die äußere Linie des Glacis ziehe man in der Entfernung von 6 bis 15 Ruthen mit allen Linien des bedeckten Weges und der Waffenplätze parallel.

Zweite Vaubansche verstärkte Festungsmanier.

Die zweite Vaubansche verstärkte Befestigungsmanier. Der Hauptriss wird nach folgenden Regeln gemacht. Fig. 109. Die äußere Polygonseite bleibt 90 Ruten groß; mit dem großen Radius beschreibe man einen Zirkel, in dessen Peripherie man die äußere Polygonseite b herumträgt; man teile ab in c in zwei gleiche Teile, fälle in c einen Perpendikel cd abwärts, und mache denselben im Viereck = ⅛, im Fünfeck = 17, in den übrigen Vielecken = ⅙ der äußeren Polygonseite. Durch a und d, desgleichen durch b und d ziehe man die Verteidigungslinien; auf diese trage man von a nach e und von b nach f die Größe der Facen, wozu man 27 höchstens ein Drittel der äußeren Polygonseite nimmt. Man fasse die Weite ef mit dem Zirkel, und trage dieselbe auf die Verteidigungslinien von a nach h und von f nach g; zieht man nun eg und fh, so sind dies die Flanken. In einer Entfernung von 2½ Ruten ziehe man mit eq die Parallele il, und mit fh die Parallele km, so ist i k d m l i der Platz, wo die Grabenschere hinkommt. Man verlängere die Flanke eq bis p und die Flanke fh bis q, dergestalt, dass qn und ho 3 Ruten, np und oq aber 2 Ruten groß gemacht werden, so sind np und oq die Flanken, pq aber die Kurtine der zurückgezogenen Festung. Man lege das Lineal an q und n an, und ziehe die Linie rn; desgleichen lege man das Lineal an p und o an, und ziehe so, so sind rn und so die Facen der zurückgezogenen Festung. Durch die Punkte t und u, wo die Verteidigungslinien die Facen der zurückgezogenen Festung durchschneiden, ziehe man mit der Flanke eq und fh Parallelen; man trage von t nach v und von u nach w 3 Ruten, von t nach x und von u nach y aber 2 Ruten; so sind vx und wy die Flanken der sogenannten Bollwerkstürme, welche Vauban in der Bollwerksspitze der zurückgezogenen Festung anlegt. Über n und s, so wie über o und w, ziehe man die Facen der Bollwerkstürme vz und wA, von welchen man einen Graben in der Breite von 3 Ruten anlegt, dessen äußere Linie man parallel mit den Facen der Bollwerkstürme zieht, und in dem ausspringenden Winkel abrundet. Man ziehe den Hauptgraben ae in einer Breite von 8 Ruten parallel mit den Hauptfacen ae und bf, oder man ziehe die äußere Grabenlinie gegen die Schulterpunkte der abgesonderten Bollwerke zu.

Die Kapitallinie des großen halben Mondes Bc ist 30 Ruten lang, und dessen Facen cD und cE werden von C aus nach den Spitzen der Bollwerkstürme Z und A, oder nach einem anderen etwa 5 Ruten von dem Schulterpunkt entfernten Punkte der Hauptfacen gezogen. Von diesen Facen des halben Mondes schneidet man von c bis F und von c bis G 24 Ruten ab, und zieht mit der Kapitellinie des halben Mondes Bc die Linie FH und Gi parallel, so sind dies die Flanken des halben Mondes. Mit den Facen des großen halben Mondes cF und cG, werden in einer Entfernung von 10 Ruten die Facen des Reduits KL und KM parallel gezogen, und wenn man durch die Linie BF und BG die Punkte N und O auf diesen Facen bestimmt hat, so zieht man die Facen des Reduits NP und OQ parallel mit der Kapitallinie Bc. Das Reduit wird durch einen 3 Ruten breiten Graben von dem halben Mond abgesondert, und der halbe Mond mit einem 6 Ruten breiten Graben umgeben; die äußere Linie dieser beiden Graben werden durchaus parallel mit den Facen dieser Werke gezogen.

Der bedeckte Weg, die Waffenplätze und das Glacis bleiben so, wie in der ersten Manier. Vor den Hauptfacen und mit denselben parallel liegt die Kontregarde aeg und bfh; über den Graben, welcher sie von der Grabenschere trennt, geht eine Brücke dich über den Horizont des Wassers; der Wallgang der Kontregarde ist 30 Fuß, der Graben 90 Fuß breit.

Der Unterschied dieser zweiten verstärkten Manier von der ersten besteht also hauptsächlich 1) in der zurückgezogenen Festung und deren Bollwerkstürmen, 2) in der vor den Facen angelegten Kontregarde, welche aber, auf die Art, wie Vauban sie anlegte, den Nutzen nicht leistet, den sie sonst leisten kann, 3) in den bei dem halben Monde angebrachten Flanken, und 4) in dem innerhalb des halben Mondes angelegten Reduit.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe