Ambulanzwagen, 1861–1865

Testbericht des 1:72 Modells von IMEX

Ambulanzwagen, 1:72 Figuren IMEX 514.

Ein Ambulanzwagen kommt, um Verwundete aufzunehmen. Die viel zu kleinen Maultiere von IMEX wurden durch schöne Pferde ersetzt, die aus dem Revell-Bausatz der Artillerie des 30jährigen Kriegs stammen. Die Kriegsparteien im Amerikanischen Bürgerkrieg unterschätzten die verheerende Wirkung moderner Waffen in Verbindung mit einer veralteten Kampfweise in relativ geschlossenen Truppenkörpern. Keine Seite war darauf vorbereitet die unglaubliche hohe Zahl der Verwundeten vom Schlachtfeld zu bergen und zu versorgen. Die Unionsarmee erhielt Unterstützung von christlichen und gemeinnützigen Organisationen, die sich um Kranke und Verwundete kümmerten und Medikamente bereit stellten. Das Sanitätswesen der Konföderation befand sich in einem noch schlechteren Zustand, und man war häufig auf die Mithilfe des Feindes angewiesen, der die Verwundeten beider Seiten versorgte.

Letterman Hospital

Bei Kriegsbeginn waren die verfügbaren Ambulanzwagen der Unionsarmee im jeweiligen Korps, bzw. in der Armeegruppe zusammengefasst. Dieses System bewährte sich nicht. Wenn die Unionstruppen geschlagen wurden und fluchtartig das Schlachtfeld verließen, blieben die Sanitätstruppen im Verkehrschaos stecken und erreichten die Front nicht mehr. Berge von dringend benötigtem Sanitätsmaterial wurden aufgegeben und später geplündert. Jonathan Letterman, medizinischer Direktor der Unionsarmee am Potomac Fluss, gliederte das Sanitätswesen seiner Armeegruppe grundlegend anders, und aus seiner Initiative ging im August 1862 das Federal Ambulance Corps hervor.

Jedes Regiment erhielt drei Ambulanzwagen, drei Fahrer und sechs Krankenträger, die von einem Unteroffizier des Ambulance Corps geführt wurden. Regimentsmusiker und zusätzlich eingeteilte Krankenträger brachten die Verwundeten vom Schlachtfeld zum Verbandplatz, von wo aus sie zum Feldlazarett der Division abtransportiert wurden. Die Armee stellte Sanitätskadetten ein, die an Verbandsplätzen eingesetzt wurden, bzw. die Verwundeten direkt im Feld versorgten. Zusätzliche Chirurgen konnten für die Dauer einer Schlacht aus der Zivilbevölkerung rekrutiert und in den Feldlazaretten eingesetzt werden. Trotz dieser Anstrengungen dauerte es mehr als 24 Stunden bis mehr als 8.000 Verwundeten der Schlacht von Chickamauga, am 17. September 1862, geborgen waren. Im Jahr darauf baute Letterman ein großes Feldlazarett bei Gettysburg auf, das die Verwundenten der gleichnamigen Schlacht noch lange nach dem Abzug der beteiligten Armeen behandelte.

Inhalt

Technische Daten

  • Typ: Ambulanz
  • Länge: 3890 mm
  • Breite: 2230 mm
  • Höhe: 2880 mm
  • Radstand: 1800 mm
  • Spurweite: 1908 mm
  • Radgröße vorn: 1224 mm
  • Radgröße hinten: 1476 mm
  • Ladefläche: 3130 × 1080 mm
  • Nutzlast: 0,5 t
  • Gespann: 1 Paar Maultiere

Bewertung

Exzellente Themenwahl. Das Sanitätswesen des Amerikanischen Bürgerkrieges kann erstmals im Modell dargestellt werden. Das Thema wird Dioramenbauer inspirieren.

Der für die Zeit typische Ambulanzwagen wirkt bereits sehr modern, und das IMEX Modell ist dem Original sehr schön nachempfunden. Der Ambulanzwagen gehört in jede Sammlung von Figuren und Fahrzeugen dieser Epoche.

Die neue IMEX Serie mit Wagen der amerikanischen Geschichte stammt offensichtlich vom selben Künstler der die hervorragenden Figuren der Firma Accurate Figures modelliert hat. Accurate und Revell boten Pioniere des Amerikanischen Bürgerkrieges an, von denen einige zu Krankenträgern und Sanitätern umgebaut werden können. In der Serie der amerikanischen Infanterie von ESCI gab es verwundete Figuren, die zum Ambulanzwagen passen.

Die bebilderte Bauanleitung ist leicht verständlich. Der Wagen ist ein Steckmodell, aber er fällt genau so schnell auseinander wie er gebaut werden kann.

Die Rungen am Kastenaufbau, Bolzenköpfe an den Rädern, und das teilweise aufgerollte Planenverdeck bieten viele interessante Details für den Miniaturmaler.

Die Räder sind hervorragend detailliert und mit sehr schönen, schlanken Speichen versehen. The Gussqualität ist ausgezeichnet, die Räder sind praktisch frei von Graten, sogar zwischen den Speichen und im Bereich der Radnabe.

Die beiden Verwundeten können als Soldaten der Union oder Konföderation bemalt werden. Einer hat ein geschientes Bein, der andere trägt mehrere Verbände. Die Ambulanz ist gerade breit genug um beide Tragbahren aufzunehmen, die Figuren können aber auch auf dem Boden liegend dargestellt werden. Wir hätten uns noch einen Sanitäter gewünscht, der sich um die beiden Verwundeten kümmert.

Die Fahrer im Bausatz sind sehr schön modelliert, beide tragen aber Zivilkleidung. Uniformierte Fahrerfiguren gibt es in den Figurenpackungen der US Artillerie.

In mittelbraunem Plastik gegossen, mit grauen Rädern. Das Bemalen ist nicht unbedingt erforderlich, bietet sich aber an.

Gute Gussqualität, aber deutliche Grate an Fahrern und Tieren.

Fahrer, Verwundete, Gespann und Wagenverdeck modelliert von Bill Farmer.

Wagenmodell von Ted Tear.

Die Ambulanz wird von den selben unnatürlichen Pferde gezogen wie der Munitionswagen. Mit nur 1,37 m Widerristhöhe sind sie viel zu klein, deshalb bieten sich Remonten aus folgenden Figurensets an:

  1. Kaiserliche Artillerie von Revell: 1,72 m Widerristhöhe, exzellente Anatomie und Animation; Kumtgeschirr komplett detailliert. Dieses ist die beste Alternative, die Schachtel liefert zwei Paar Pferde in vier Posen, davon eines mit Sattel. Der Umbau ist unkompliziert: Die Pferdepaare werden mitsamt dem Geschirr von der Lafette getrennt und am Ambulanzwagen befestigt.
  2. HO (1:87) Wagenpferde von Preiser: 1,45 m Widerristhöhe, trotz des um 17 % kleineren Maßstabes der HO Figuren; exzellente Anatomie, komplettes Geschirr.
  3. ACW Artillery von Airfix: 1,40 m Widerristhöhe; gute Anatomie; baugleiche Montagevorrichtung an der Deichsel; unvollstädiges Geschirr.
  4. ACW Artillery Accurate Figures: 1,51 m Widerristhöhe; vergleichbar schlechte Anatomie; alle Pferde gesattelt; baugleiche Montagevorrichtung an der Deichsel; unvollstädiges Geschirr.

Das Zuggeschirr ist direkt am Pferd modelliert, aber die Verbindung zum Wagen mittels Zugtauen und Ortscheiten fehlt. Stattdessen werden die Pferde auf eine T-Verbindung am Ende der Deichsel gesteckt. Diese Methode ist praktisch, aber für den Modell- und Dioramenbau nicht realistisch genug.

Die Pferde werden ohne Fußbrettchen geliefert, sie sind nur mit Mühe im Diorama zu montieren. Wenn der Wagen nur zum Spielen verwendet wird ist diese Ausführung optisch realistischer, weil das Fußbrettchen in der Regel 1–2 mm dick sind und die Pferde gegenüber dem Wagen optisch vergrößern. In diesem Fall hätte das allerdings nicht geschadet, die Pferde sind ohnehin viel zu klein.

Das Modell fällt beim Hantieren leicht auseinander, es ist als Spielzeug ungeeignet. Das Planenverdeck steht unter Spannung und springt sofort aus den Pfostenlöchern wenn der Wagen am Verdeck angehoben wird. Abhilfe besteht darin, die Bauteile wie bei einem normalen Bausatz zu fixieren. Weichplastik geht keine sichere Verbindung mit Klebstoff ein, besser ist das Schmelzschweißen mit einem erhitzten Schraubendreher oder einem Lötkolben bei niedriger Temperatur.

Historische Verwendung

  • Ambulanzwagen des Federal Ambulance Corps, 1862–1865
  • Feldtelegrafenwagen der Federal Military Telegraph Battery, 1861–1865
  • Kabellegerwagen des U.S. Signal Corps, 1861–1865
  • Generatorwagen des U.S. Ballon Corps, 1861–1863
  • Gefechtsstandwagen einiger gebrechlicher Generale,
    die nicht mehr ins Gefecht reiten konnten, 1861–1865
  • Feldbüro für Kriegsberichter des New York Herald
    und anderer Tageszeitungen, 1861–1865

Interessante Umbauten

  • Versorgungswagen. Der Ambulanzwagen ist auf dem Grundmodell des Munitionswagens von IMEX aufgebaut und kann als solcher verwendet werden. Wer keine Ambulanz benötigt, lässt das Verdeck weg und trennt die Pfostenlöcher am Wagenkasten ab. Dieser Umbau ist historisch relevant, weil militärische Dienststellen immer wieder Mannschaften, Pferde, Ausrüstung und Nachschub der Sanitätstruppe für eigene Zwecke abzweigten.
  • Planwagen. Bei diesem Umbau werden die Spriegel mit einer neuen, vollständigen Plane aus Zellstoff beklebt.
  • Mobiles Photolabor. Kriegsberichter und Photographen verwendeten ähnliche Wagen als mobile Schreibstube und Labor. Das Photolabor hatte einen geschlossenen Aufbau aus Holz, bzw. eine mit lichtdichter Leinwand bespannte Rahmenkonstruktion.

Bibliographie

  • On Campaign – The Civil War Art of Keith Rocco, Seite 90

Dieser Bausatz ist eine hervorragende Ergänzung der Figuren und Fahrzeuge aus der Zeit des Amerikanischen Bürgerkrieges. Möglicherweise werden zukünftige Autoren von Simulationsspielen dadurch angeregt, den Sanitätsdienst in Spielregeln und Kampagnensysteme zu integrieren. Es ist kein Wunder, dass sich die schnelle Bergung und fürsorgliche Behandlung verwundeter Soldaten direkt auf die Moral der Truppe auswirkt.

Muster von Toy Soldier HQ

IMEX Modellbau

Figuren des Amerikanischen Bürgerkrieges