Jägerndorf

Jägerndorf, ein teils zum [ehem.] preußischen Regierungsbezirk Oppeln, teils zu Österreichisch-Schlesien gehöriges Fürstentum, vormals ein Bestandteil des Herzogtums Ratibor-Troppau, seit 1377 selbständiges Fürstentum, kam 1523 durch Kauf an den hohenzollerischen Markgrafen Georg von Ansbach. Dessen Sohn Georg Friedrich überließ für den Fall seines Todes das Fürstentum 1596 dem Kurprinzen, späteren Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg, der es seinem zweiten Sohn, Johann Georg, als Apanage zuteilte. Letzterer 1621 als Anhänger Friedrichs V. von der Pfalz geächtet, verlor sein Land, das durch kaiserlichen Lehnsbrief 13. Mai 1622 an den Fürsten Karl von Liechtenstein kam. Nach dem kinderlosen Ableben des Markgrafen Ernst (1642), des Sohnes des geächteten Johann Georg, gingen dessen Ansprüche an Jägerndorf auf Brandenburg über; der Große Kurfürst erklärte die Einziehung des Fürstentums für ungesetzlich und erneuerte 1683 bei Rückforderung der übrigen ihm durch Erbverbrüderung zustehenden schlesischen Fürstentümer auch seine Ansprüche auf Jägerndorf, Beuthen und Oderberg, erlangte aber als Entschädigung nur den Kreis Schwiebus, der auf Grund eines geheimen Vertrags mit dem damaligen Kurprinzen Friedrich 1694 wieder an den Kaiser zurückgegeben ward. Friedrich II. machte 1740 die Erbansprüche Preußens auf Jägerndorf und die anderen schlesischen Fürstentümer mit den Waffen geltend und erhielt im Frieden von Breslau (1742) den diesseit der Oppa gelegenen Teil des Fürstentums mit dem Hauptort Leobschütz. Vgl. Biermann, Geschichte der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf (Teschen 1874); H. Schulz, Markgraf Johann Georg von Brandenburg-Jägerndorf (Halle 1899).

Jägerndorf.

Jägerndorf, Stadt in [ehem.] Österreichisch-Schlesien, an der preußischen Grenze, 313 m ü. M., am Fuße des Burgberges (mit Wallfahrtskirche und Aussichtswarte), an der Oppa, die hier die Goldene Oppa aufnimmt, und an den Linien Olmütz-Jägerndorf-Troppau und Jägerndorf-Ziegenhals der österreichischen Staatsbahnen und Jägerndorf-Leobschütz der Preußischen Staatsbahn gelegen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine schöne Dekanatskirche mit zwei hohen Türmen, ein Minoritenkloster mit schöner Kirche, ein fürstlich Liechtensteinsches Schloss, ein neues Rathaus, eine Oberrealschule, Webschule, starke Fabrikation von Schafwollwaren, Wirkwaren, Papier, Orgeln, Maschinen, Likör, Essig und Spiritus, eine Dampfmühle, ein Elektrizitätswerk, bedeutende Märkte, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank und (1900) 14.623 deutsche Einwohner. – Jägerndorf, ehemals Hauptort des gleichnamigen Fürstentums (s. oben), wurde 1241 von den Tataren geplündert und hatte im Dreißigjährigen Kriege viel zu leiden. Vom 19. auf den 20. Mai 1745 war Jägerndorf Ziel des berühmten Zietenritts.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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