Hagenau

Hagenau, ehemalige Landvogtei im Unterelsass, umfasste die Reichsstädte Hagenau (s. unten), Kolmar, Schlettstadt, Weißenburg, Landau, Oberehnheim, Rosheim, Münster im St. Gregoriental, Mülhausen im Sundgau, Kaisersberg und Türkheim, wurde 1423 vom König Siegmund für 50.000 Gulden an den Kurfürsten Ludwig IV. von der Pfalz verpfändet, 1558 durch Kaiser Ferdinand I. wieder eingelöst und den jüngeren Prinzen des Hauses Habsburg abgetreten, kam aber 1648 im Westfälischen Frieden an Frankreich.

Hagenau.

Hagenau, Stadt, Kreis- und Kantonshauptort im deutschen Bezirk Unterelsass, an der Moder, Knotenpunkt der Eisenbahnen Straßburg–Weißenburg, Hagenau–Beningen und Hagenau–Roppenheim, mitten im 13.744 Hektar großen Hagenauer Forst, 145 m ü. M., hat zwei evangelische und zwei katholische Kirchen (die romanische St. Georgskirche aus dem 12. und die gotische St. Nikolauskirche aus dem 13. Jahrhundert), Synagoge und (1900) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 137, ein Dragonerregiment Nr. 15, ein Feldartillerieregiment Nr. 31 und eine Abteilung Feldartillerie Nr. 67) 17.993 Einwohner, davon 4706 Evangelische und 561 Juden.

An industriellen Anlagen befinden sich in Hagenau Wollspinnerei, Schaumwein- und Schuhfabrikation, Bierbrauerei und 21 Hopfendarren. Der Hopfenbau liefert jährlich gegen 5000 dz Hopfen. Hagenau hat ein Gymnasium mit Realschule, Museum, Stadtbibliothek, Strafanstalt für Frauen, Knabenbesserungsanstalt und ist Sitz eines Amtsgerichts, zweier Oberförstereien, eines Hauptsteueramts und des Kommandos der 62. Infanteriebrigade.

Hagenau ist entstanden aus einer Ansiedelung, die Konrad III. in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts anlegte. Kaiser Friedrich Barbarossa erbaute daselbst eine Pfalz, umgab den Ort mit Mauern und erteilte ihm 1164 ein Stadtrecht mit ausgedehnten Freiheiten. Nachher ward Hagenau Sitz des Landvogts von Hagenau und 1257 vom deutschen König Richard von Cornwall zur Reichsstadt erhoben. An ihrer Spitze stand ein königlicher Schultheiß; auch der benachbarte Hagenauer Forst war Reichsgut. Im Juni 1540 fand in Hagenau das ursprünglich nach Speyer berufene Religionsgespräch zwischen den Protestanten und Katholiken statt, doch wurden die Verhandlungen bald nach Worms verlegt. Mit der Landvogtei kam 1648 auch die Stadt Hagenau an Frankreich, worauf Ludwig XIV. 1673, ihre Reichsunmittelbarkeit nicht achtend, die Festungswerke abtragen ließ. 1675 von den Kaiserlichen wieder genommen, wurde sie 1677 von den Franzosen zurückerobert und in Brand gesteckt. 1705 wurde Hagenau abermals von den Kaiserlichen, 1706 wieder von den Franzosen genommen; 1871 fiel die Stadt mit Elsass-Lothringen an Deutschland zurück, nachdem sie bereits seit der Schlacht von Wörth im Besitz der Deutschen und bis zur Einnahme Straßburgs Sitz des Generalgouverneurs vom Elsass gewesen war. Unfern das ehemalige, im 13. Jahrhundert gegründete Kloster Marienthal, das 1789 säkularisiert wurde und noch jetzt ein berühmter Wallfahrtsort ist.

Bibliographie

  • Guerber Histoire politique et religieuse de Hagenau (Basel 1876)
  • Klélé: Hagenau zur Zeit der Revolution 1787–1799 (Hagenau 1885)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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