Jean-Baptiste Vaquette de Gribeauval

Französischer Generalleutnant Jean-Baptiste Vaquette de Gribeauval, 1715–1789.

Gribeauval (spr. gríbowall), Jean-Baptiste Vaquette de, Ingenieur, geb. 15. Sept. 1715 in Amiens, gest 9. Mai 1789 in Paris, trat 1732 in die Artillerie und wurde 1757 Oberstleutnant. Bald darauf trat er als General und Kommandant des Artillerie- und Ingenieurkorps in österreichische Dienste. Nachdem er 1760 vor Glatz die Belagerungsarbeiten geleitet und 1762 bei der Verteidigung von Schweidnitz gegen Friedrich den Großen mitwirkte, wobei er sein System der Minierkunst angewendet hatte, wurde er Feldmarschallleutnant. Nach dem Frieden trat Gribeauval als Maréchal de Camp wieder in das französische Heer, wurde Generalinspekteur der Artillerie und später Gouverneur des großen Arsenals, wo er sich namentlich um die nach ihm benannten Lafetten einen Namen machte.

System Gribeauval

Die Schwerfälligkeit des französischen Geschützmaterials vom Typ Vallière war bereits während des böhmischen Feldzugs von 1742 deutlich geworden. Der Herzog von Broglie klagte, dass gewöhnlich nur die 4pfündigen Regimentsstücke rechtzeitig ins Gefecht kämen.

Gribeauval, der das neue, beweglichere k.k. Artilleriesystem Liechtenstein im Siebenjährigen Krieg kennengelernt hatte, vertrat seinem Kriegsminister gegenüber die Auffassung: „daß ein aufgeklärter Mann die beiden Artillerien, die österreichische und die französische, zusammenfassen würde, um daraus eine neue zu bilden, welche fast alle Gefechte im Feldkriege entscheiden würde.“

Gribeauval erkannte, dass aus dem Vollen gegossene und dann mit Tiefbohrmaschinen präzise gebohrte Geschützrohre, wie sie Vallière bereits verwendete, die für den jeweiligen Geschütztyp gewünschte Mündungsgeschwindigkeit und Schussweite mit geringerer Ladung erreichen konnten; die Geschosse hatten in den modernen Rohren weniger Spiel, was zudem die Treffsicherheit erhöhte. Die Metallstärke der Rohre konnte reduziert werden und es waren weniger Verstärkungsringe nötig. Die Gribeauvalschen Geschützrohre waren kürzer und etwa 15 % leichter als Vallières Geschütze, billiger in der Anschaffung, sie brauchten weniger Pulver, und konnten in leichtere Lafetten eingelegt werden, wodurch sich das Gefechtsgewicht des Geschützes weiter senken ließ. Der Preis dieser neu gewonnen Mobilität war die Schussweite, die sich beim 12-pfündigen Geschütz beispielsweise von 3000 m bei Vallière auf nur noch 1000 m bei Gribeauval reduzierte. Dieser Umstand würde der französischen Artillerie eine andere Kampfweise abverlangen, sie musste die Infanterie ins Gefecht begleiten, statt aus großer Distanz über ihre Köpfe hinweg zu spielen. Kein Wunder, dass die „roten“ Anhänger Vallières ob dieser neuen Doktrin heftig mit den „blauen“ Modernisierern Gribeauvals in Streit gerieten.

Die französischen Geschütze des Systems Gribeauval waren beweglicher als die des Feindes. In der Hand eines tatkräftigen Artilleristen, wie es Bonaparte einer war, konnten sie das Schlachtfeld dominieren und der eigenen Infanterie und Kavallerie die für den Sturm der feindlichen Stellung erforderliche Feuerüberlegenheit gewähren.

  • Canon de 4 Gribeauval – 4pfündige Kanone
  • Canon de 8 Gribeauval – 8pfündige Kanone
  • Canon de 12 Gribeauval – 12-pfündige Kanone
  • Obusier de 6 pouces Gribeauval – 6-Zoll-Haubitze
  • Canon lourd de 8 Gribeauval – 8pfündige Belagerungskanone
  • Canon lourd de 12 Gribeauval – 12-pfündige Belagerungskanone
  • Canon de 16 Gribeauval – 16-pfündige Belagerungskanone
  • Canon de 24 Gribeauval – 24-pfündige Belagerungskanone
  • Mortier de 8 Gribeauval – 8-Zoll-Mörser
  • Mortier court de 10 Gribeauval – 10-Zoll-Mörser, kurz
  • Mortier long de 10 Gribeauval – 10-Zoll-Mörser, lang
  • Mortier de 12 Gribeauval – 12-Zoll-Mörser

Auf Betreiben Napoleons, führte General Marmont ab 1803 verschiedene Verbesserungen des Systems Gribeauval ein, die im Système An XI mündeten. Die Gribeauvalschen 4-pfünder hatten sich im direkten Vergleich mit den 6-pfündern des Feindes als zu schwach erwiesen, die 8-pfünder waren hingegen leistungsfähiger als nötig. An ihrer Stelle wurde mit dem Canon de 6 système An XI ein neuer 6-pfünder standardisiert, der sich gut bewährte. Aus Kostengründen mussten ab 1808 vorhandene Lafetten des Systems Gribeauval ausgeschlachtet und für Geschütze des Systems An XI verwendet werden. Die Weiterentwicklung des Systems Gribeauval mündete 1825 im neu eingeführten Système Valée.

Bibliographie

  • Chalmin, Pierre: La querelle des Bleus et des Rouges dans l’artillerie française à la fin du XVIIIe siècle (Revue d’histoire économique et sociale, Vol. 46 (1968), 465-505)
  • Hennebert, Eugène: Gribeauval: lieutenant-général des armées du roy, premier Inspecteur général du Corps royal de l’artillerie, 1715-1789 (Par. 1896)
  • Passac: Précis sur M. de Gribeauval (Par 1816)
  • Veyrines, P.: Gribeauval, 15 septembre 1715 – 9 mai 1789, (Revue d’Artillerie, Vol. 34, Par. 1889)

Figuren des Siebenjährigen Krieges

Französische Armee der Napoleonischen Kriege