Artillerieschulen

Artillerieschulen, verdanken ihre Entstehung zu Anfang des 16. Jahrhunderts den Venezianern, denen Karl V. folgte, und ähnliche Schulen in Burgos und auf der Insel Sizilien errichtete, wo die angehenden Artilleristen die Geometrie, das Zeichnen der Geschütze und Festungswerke, das Nivellieren, das Anlegen und Führen der Minen, die Verfertigung der Ladeschaufeln, oder – welches eben so viel ist – die Bestimmung der Ladungen, das Laden und Richten der Geschütze, das Probieren der neugegossenen; die Verfertigung der Kunstfeuer, den Batteriebau, usw. erlernten. In Deutschland fand man jedoch keine solche Schulen, sondern die Büchsenmeister wurden hier gegen die Bezahlung eines zweimonatlichen Soldes, zunftmäßig in den eben angeführten Kenntnissen unterrichtet. Der Ausgelernte bekam einen ordentlichen Lehrbrief, worin angezeigt war, ob er den großen oder den kleinen Kursus gemacht hatte. Beide wurden gewöhnlich mit dem Namen der 24-pfündigen und 50-pfündigen Probe bezeichnet. Wollte dann ein Büchsenmeister irgendwo in Dienste treten, so musste er sich einer Art Prüfung unterwerfen, und dann einige Probeschüsse tun.

Späterhin, als die immer wachsende Stärke der Armeen auch eine größere Anzahl von Artilleristen erforderte, war diese Einrichtung nicht mehr hinreichend; und man errichtete daher bei allen Mächten Artillerieschulen. Bei der stets fortschreitenden Ausbildung der Wissenschaften überhaupt, war in der neueren Zeit dem Artilleristen auch eine größere Summe von Kenntnissen notwendig. Nächst der reinen Mathematik – der Geometrie, der ebenen Trigonometrie – der Mechanik und der Hydraulik, verbunden mit der Zeichenkunst, müssen ihm die Naturlehre, die Chemie und die Mineralogie als Vorbereitungswissen vorgetragen werden, doch immer mit Hinsicht auf die bei der Artillerie anwendbaren Substanzen und Metalle: das Eisen, das Kupfer, das Zinn und das Blei; das Auftragen und Gießen des Geschützes, die Verfertigung der Lafetten und übrigen Wagen, der Munition und der Kunstfeuerwerke. An diese schließen sich der Unterricht in der Feldverschanzungskunst, dem Festungsbau und der Belagerungskunst, den Minenkrieg mit eingeschlossen. Die Eleven müssen das Gießhaus, das Bohrhaus und die verschiedenen Werkstätten der für die Artillerie arbeitenden Handwerker besuchen; müssen das Binden der Faschinen, die Verfertigung der Schanzkörbe und den Bau der Batterien lernen.

Nächst der Bedienung des Geschützes, mit Einschluss der verschiedenen Hilfsmittel bei dem Umwerfen der Wagen, Zerbrechen der Achsen usw. und der Anwendung des Hebezeuges, müssen sie im Schießen und Werfen selbst, mit Kanonen, Haubitzen und Mörsern, auf verschiedene Entfernungen, fleißig geübt werden, denn nur die Übung allein bildet den Artilleristen. –

An diese Gegenstände reiht sich die Anwendung im Großen; die Geschützbewegungen sowohl einzeln als in Batterien und in Verbindung mit Truppen; die Märsche der Trains, und die Mittel, ihnen einen Weg durch morastige Gegenden, über tiefe Gräben usw. zu bahnen, sind nicht minder notwendig. Das eigentliche Schlagen der Kriegsbrücken gehört jedoch ausschließend für den Pontonier, da es wegen der erforderlichen praktischen Vorkenntnisse nicht mit in den Unterricht des Artilleristen gezogen werden kann.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe