Lage der Festungen
Lage der Festungen, wird zwar an sich durch die militärisch oder politisch wichtigen Punkte eines Staates bestimmt, hängt aber auch zugleich davon ab, ob die Beschaffenheit des Geländes durch sein Nachteile die Festung nicht nutzlos oder wohl gar schädlich macht. Das Haupterfordernis einer Festung ist ihr Widerstandsvermögen, und dieses wird hauptsächlich durch das Terrain und seine Benutzung begründet. Hier finden fünf verschiedene Lagen statt:
1) Im flachen Land, welches weder von Gewässern durchschnitten, noch von Höhen beengt ist, bietet sich dem Erfindungsgeist des Ingenieurs ein freier Spielraum dar; er kann hier ungehindert jede Manier wählen, die er für die beste hält, und dem Feind, bei durchaus gleicher Stärke aller Fronten, auch freie Wahl über den Angriffspunkt lassen.
2) In ebenem aber wasserreichen Boden, gibt ein Fluss Gelegenheit zur Verstärkung; ein gleiches bewirken vorhandene Sümpfe, leicht zu veranstaltende Überschwemmungen, und ersparen Mühe und Kosten bei der Befestigung der hinter ihnen liegenden Polygone. Die feindlichen Belagerungstruppen sind gezwungen, sich sehr auszudehnen, und geben der Besatzung Gelegenheit, irgend einen schwachen Teil derselben bei einem Ausfall zu überwältigen und zu vernichten.
3) Auf Bergen finden ähnliche Vorteile statt; allein hier hat man gewöhnlich nur einen geringen Raum, und die hier angelegten Festungen können ihre Wirksamkeit nicht weit umher erstrecken. Höchstens dienen sie zur Bewahrung eines Flusses, wenn nicht besondere Umstände noch mehrere Vorzüge herbei führen.
4) Teils im Tal, teils auf einem Berg, ist die Lage einer Festung beinahe die schlechteste unter allen, weil es zuweilen unmöglich ist, überall das Einsehen und Beschießen der Werke zu hindern, und man selten alle beherrschenden Anhöhen mit in die Befestigung ziehen kann.
5) In ganz vermischtem Boden, muss man darauf sehen, teils durch die Wahl eines besseren Baugrundes, teils durch eine solche Lage, welche weniger Werke benötigt, die Baukosten zu verringern.
Überhaupt aber darf der feindliche Angriff so wenig wie möglich begünstigt werden; unter 1000 Schritt von der Festung dürfen daher weder beherrschende Anhöhen sein, gegen die man sich nicht schützen kann, noch auf Vertiefungen, welche den Feind gegen das Feuer der Festung decken; ein nasser, oder ein aus Flugsand, aus Felsen und Steinen bestehender Boden erschwert die feindlichen Belagerungsarbeiten. Ferner ist die Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit des Bodens zu berücksichtigen, welche letztere der Festung die Gelegenheit raubt, sich aus der Nähe zu verproviantieren; der Mangel an gutem Trinkwasser; die Verbindung mit anderen außerhalt der Festung gelegenen wichtigen Punkten; endlich auch die Beschaffenheit der Luft, welche selbst die stärksten Besatzungen in kurzer Zeit beinahe auf Nichts herabsetzen kann, wenn sie allzu ungesund sind.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)