Franz von Assisi

Franz von Assisi, Skulptur von Alonso Cano in der Kathedrale von Toledo.

Franz von Assisi, der »seraphische Vater« (Pater seraphicus), Heiliger, Gründer des Ordens der Franziskaner, geb. 1182, gest. 3. Okt. 1226. Als Sohn des wohlhabenden Kaufmanns Pietro Bernardone in Assisi geboren, von der Mutter Giovanni, vom Vater nach der Rückkehr von einer Reise in Frankreich Francesco genannt, zeigt der leicht empfängliche Knabe von Kindheit an neben entschiedenem Hang zum Lebensgenuss viel Sinn für Mildtätigkeit. Infolge einer äußeren und inneren Krisis seines Lebens widmet er sich seit 1207 den Kranken und Aussätzigen, zerfällt wegen seiner verschwenderischen Wohltätigkeit mit dem Vater und erbettelt sich nunmehr das Geld, mit dem er in seiner Vaterstadt mehrere zerfallene Kapellen, vor allem das Kirchlein der Santa Maria degli Angeli (Portiuncula, genannt), wiederherstellt. Dieses wird sein Lieblingsaufenthalt und der Sammelpunkt der späteren Genossenschaft.

Eine Predigt über Matth. 10 bringt ihn zum Bewusstsein seiner Mission, ein Leben in völliger Armut nach dem Vorbilde der Apostel zu führen und wie diese Buße predigend zu wandern. Schnell findet er Anhänger, zuerst Bernhard, Petrus, Ägidius, dann Leo, Ruffinus, Angelus, diese die »drei Genossen«, die später eine Legende über den Stifter verfasst haben sollen, alle mit ihm auf Grund schlicht zusammengestellter Bibelworte (sogen. erste Regel 1209) in gleichem Geiste verbunden. Papst Innozenz III. gibt dem darum Nachsuchenden (1209 oder 1210) in richtiger Erkenntnis der Bedeutung solchen Unternehmens für die Kirche die Bestätigung seines Vorhabens. Nun durchziehen die Büßer von Assisi (Poenitentes de Assisio) zuerst Italien, dann andere Länder. Franz predigt 1219 in Palästina vor dem Sultan El Kamel.

Der Umwandlung seiner Genossenschaft in einen fest gegliederten Orden (seit 1221) steht er mit Widerstreben gegenüber. In seinen letzten Lebensjahren zieht er sich darum immer mehr auf sich selbst und den Verkehr mit seinem erhöhten Herrn zurück. Auf dem Alvernaberg im oberen Arnotal erlebt er 1224 in einem Augenblick höchster Verzückung die Vision des gekreuzigten Seraphs, als deren sichtbares Andenken er sich seitdem die Wundmale Jesu eingedrückt weis. In seinem »Testament« gibt er noch einmal seinem Ideal, von dem die Wirklichkeit die Brüder immer mehr entfernt, Ausdruck. Er ist heilig, bevor ihn Gregor IX. 1228 heilig spricht, das reinste Urbild katholischer Mystik, dem bei aller Versenkung in die Welt der Himmel das Auge nicht fehlt für diese Welt, deren Jammer er nicht in trübem Missmut abzubüßen, sondern mit opferfreudigem Frohsinn zu verklären trachtet. Als Brüder und Schwestern preist er im »Sonnengesang« (Landes creaturarum) die ganze Schöpfung, in deren Dienst er sich zum Lobe Gottes gestellt hat.

Sein Leben und seine Taten hat die Legende bald wunderbar übermalt und in immer verstärkter Nachahmung des Lebens Jesu ausgeschmückt. Doch enthalten die ältesten Darstellungen (die beiden Legenden des Thomas von Celano, das Speculum perfectionis, die Legenda trium Sociorum) ein wahres, freilich von begeisterten Augen geschautes Geschichtsbild.

Bibliographie

  • Boehmer, H.: »Analekten zur Geschichte des Franciscus von Assisi« (Tübing. 1904)
  • Buttinger, Sabine: Mit Kreuz und Kutte – Die Geschichte der christlichen Orden
  • Hase: Franz von Assisi (Leipz. 1856)
  • Laurent, J.: Franz von Assisi, Fotographie der Skulptur von Alonso Cano (ca. 1860–1880)
  • Lemmens, L.: »Opuscula sancti Patris Francisci Assisiensis« (Quaracchi 1904)
  • Marcellino e Domenichelli: La Leggenda di San Francesco scritta da tre suoi compagni (Rom 1899)
  • Müller, K.: Die Anfänge des Minoritenordens (Freiburg 1885)
  • Oberste, Jörg: Der Kreuzzug gegen die Albigenser (Darmstadt 2003)
  • Sabatier, P.: Vie de S. François d’Assise (Par. 1893, 1904; deutsch v. Lisco, 2. Aufl., Berl. 1897)
  • Sabatier, P.: Speculum Perfectionis seu S. Francisci Assisiensis Legenda antiquissima (Par. 1898)
  • Sabatier, P.: Floretum S. Francisci Ass. (Par. 1902)
  • Sabatier, P.: S. Francisci legendae fragmenta quaedam (Par. 1902)
  • Thode: Franz v. Assisi u. d. Anfänge der Kunst der Renaissance in Italien (Berl. 1885; 2. Aufl. 1904)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Figuren des Mittelalters