Form

Form, zum Gießen des Geschützes, wird entweder aus Lehm gemacht, oder aus Sand; letzteren gebraucht man, jedoch nur selten, bei dem eisernen Geschütz. Der Lehm wird gewöhnlich noch mit Pferdemist und Kuhhaaren gemischt, um das Aufschwellen und Aufreißen desselben durch die Hitze zu verhindern.

Nachdem das zu gießende Geschütz in seiner natürlichen Größe gezeichnet worden ist, wird danach das Formbrett ausgeschnitten, in welchem sich die äußeren Erhöhungen und Vertiefungen des Geschützes befinden; damit es sich nicht abnutzen kann, wird es an seiner Schärfe mit Blech beschlagen. Hierauf wird es in der Formbank oder Drehbank befestigt, welche aus zwei Balken besteht, die hierzu mit Einschnitten versehen sind. In denselben Balken befestigt man dann über dem Formbrett die Formspindel, welche teils rund, teils achteckig, und von Fichten- oder Tannenholz ist; ihre Dimensionen richten sich nach dem Kaliber des zu gießenden Geschützes; so ist z. B. die Formspindel für einen 24-pfünder 14 Fuß und 7½ Zoll lang, im stärksten Durchmesser 1¼ Fuß, im schwächsten 8⅔ Zoll dick. Sie wird dann mit Schweineschmalz oder Seife bestrichen, und mit Strohseilen oder mit Lunte fest bewickelt, bis sie die Gestalt, d. h. die ungefähre Form und die Stärke des Geschützes hat; dann wird sie mit gut durchgearbeitetem, feinem und ganz reinem Lehm überzogen. Man befestigt nun die Formspindel in der gehörigen Entfernung über dem Formbrett so dass sich bei dem Umdrehen der ersteren, wozu sie mit einem Griff versehen ist, durch die Ausschnitte des Formbretts, die ganze äußere Gestalt des Geschützes in dem Lehm, womit die Formspindel überzogen ist, abbildet. Ist dieses geschehen, so trocknet man die Gestalt an einem gelinden Kohlefeuer, überzieht sie noch mit warmen Inselt, und setzt nun die Delphine, halb erhabene Wappen und anderer Verzierungen des Geschützes, so wie die Zündpfanne der Mörser, welche sämtlich aus Wachs und Terpentin hohl geformt sind, an den bestimmten Punkten darauf, indem man sie mit Nägeln befestigt. Die Schildzapfen sind entweder von Holz gedreht, oder von Gips geformt, und werden ebenfalls mit hölzernen Nägeln, sehr genau an den bestimmten Punkten befestigt.

Jetzt ist die Gestalt fertig, und nun kann erst die Form zum Gießen gebildet werden. Zu dem Ende überzieht man die Gestalt zuerst mit einer dünnen Lage von sogenanntem Zierleimen, welcher aus einer Masse von sehr feinem Lehm, mit gleichen Teilen Ton und Pferdemist und ⅓ Wallflanken oder Kuhhaaren vermischt, besteht. Ist diese erste Lage völlig trocken, so legt man die zweite Lage darüber, und fährt so fort, bis zu 4, bei schwerem Geschütz bis zu 6 Lagen; dann überzieht man alles mit schwächerem Lehm, um die vielleicht beim Trocknen entstandenen Ritzen auszufüllen, bewickelt die Form mit langem Hanf, und gibt ihr abermals 2 Lagen Formlehm; nun kann man die Nägel, womit die Delphinen, Schildzapfen usw. befestigt sind, herausziehen, weil sie durch den Druck des Lehmüberzuges, des Hemdes, hinreichend festgehalten werden. Man fährt darauf fort, Formlehm aufzutragen, bis der Überzug eine Stärke von 4 bis 6 Zoll erhält, und im Stande ist, der Gewalt des hineinströmenden Metalls zu widerstehen. Jetzt wird die Form mit eisernen Stangen und Bändern beschlagen, die glühend gemacht werden, um sie der Form besser anpassen zu können; zuletzt überzieht man sie noch mit 3 Lagen von grobem Lehm, welche über glühenden Kohlen getrocknet werden. – Der verlorne Kopf ist beim Feldgeschütz gewöhnlich gleich mit auf der Formspindel geformt; beim schweren Geschütz hingegen muss er besonders, aber ebenfalls auf die beschriebene Art, geformt werden, und wird dann gut mit starkem Draht an die Beschläge der Geschützform befestigt. Auf ähnliche Art hat man auch die Form des Bodenstücks verfertigt, welches sich jetzt noch nicht an der Geschützform befindet, weil man sonst nicht die Formspindel herausbringen könnte.

Nachdem die Geschützform gehörig getrocknet ist, wird die Formspindel herausgezogen; man lüftet zu dem Ende erst das um die Spindel gewickelte Strohseil, und treibt sie dann durch einige Schläge auf ihr schwaches Ende heraus; endlich wird auch das Strohseil und die Lunte völlig herausgezogen. Die Form wird nun mit langen Tannenspänen inwendig, 1 Stunde lang, ausgebrannt, bis sie völlig hart ist, und eine rötliche Farbe bekommt; dadurch schmilzt das Inselt, welches die Gestalt von dem Mantel absondert, so dass der Formlehm der ersteren nun stückweise herunterfällt, und die Form inwendig völlig rein erscheint. Wenn die Form nach dem Ausbrennen 12 bis 16 Stunden fest zugedeckt gestanden hat, wird sie mit einer Mischung von Wasser und ausgelaugter Asche, oder einer anderen hierzu bestimmten Mischung, ausgekocht, ausgeschlichtet; die dadurch entstandene Feuchtigkeit wird durch angezündetes Stroh wieder herausgetrieben. Ein gleiches geschieht mit der Form des Bodenstücks, welche endlich mit der Geschützform durch ausgeglühten Draht gut befestigt und verbunden wird; die Fugen werden einem Kitt von Eiweiß und Töpferton bestrichen, mit welchem Kitt man auch die vielleicht in der Form durch das Ausbrennen entstandenen Risse ausbessert. – Nun erst ist endlich die Form so weit gediehen, dass in ihr das Geschütz gegossen werden kann.

Da bei dieser Art, die Gestalt zur Form zu verfertigen, viel Zeit erfordert wird, so hat man sich in neuerer Zeit sehr sorgfältig abgedrehter Modell von Holz oder Messing bedient, an denen sich zugleich das Bodenstück und der verlorne Kopf mit befinden. Sodann wird jedesmal nur die Hälfte des Modells mit einer Form überzogen, und beide Hälften dann gut zu einem Ganzen verbunden.

Ehemals goss man alle Geschütze über einen Kern, dessen Einsetzen in die Form große Genauigkeit erforderte, und viele Schwierigkeiten hatte; jetzt werden nur noch die Mortiere über einen Kern gegossen, wo diese Schwierigkeiten nicht stattfinden, weil die Länge des Kerns nur gering ist, und das Gießen des Mortiers nur von unten geschieht, so dass der verlorne Kopf sich hinter dem Bodenstück befindet.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe