Teplitz

Teplitz.

Teplitz, 1) (1895 bis 1918 Teplitz-Schönau, jetzt Teplice in Tschechien) Stadt und berühmter Kurort in Böhmen, 230 m ü. M., in dem reizenden, zwischen dem Erzgebirge und dem böhmischen Mittelgebirge sich ausbreitenden Bielatal, an der Aussig–Teplitzer Eisenbahn (Linien Aussig–Teplitz–Komotau und Teplitz–Reichenberg) und der Staatsbahnlinie Bodenbach–Komotau gelegen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts und Revierbergamtes, hat eine Dechanteikirche (1700 umgebaut), eine gotische, 1877 von Ferstel erbaute Kirche (in Schönau), eine evangelische Kirche (1864), eine Synagoge (1882), ein Schloss des Fürsten Clary (1751) mit einer Schlosskirche (1790) und schönem Park, ein ehemaliges Rathaus (1805), ein neues Stadthaus, ein Obergymnasium, eine Realschule, Fachschule für Tonindustrie, Handelslehranstalt, ein Elektrotechnikum, ein privates Mädchengymnasium, ein Museum, ein schönes Stadttheater (1874), Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank und anderer Banken, eine Sparkasse, ein österreichisches, ein sächsisches und ein preußisches Militärbadeinstitut, drei Spitäler, elektrische Straßenbahn und (1900) mit dem 1895 mit Teplitz vereinigten Badeort Schönau 24.420 deutsche Einwohner. Begünstigt durch die in der Umgegend befindlichen reichen Braunkohlenlager (1905 wurden im Revierbergamtsbezirk Teplitz 27,2 Mill. metr. Ztr. Kohlen gefördert; vgl. Schneider, Der Braunkohlenbergbau in den Revierbergamtsbezirken Teplitz, Brüx und Komotau, Teplitz 1899), hat Teplitz auch zahlreiche Industrieunternehmungen, insbes. Fabriken für Wirkwaren, Baumwoll-, Schafwoll- und Gummiwaren, Spitzen, Hüte, Krawatten, chemische Produkte, Asphalterzeugnisse, Seife, Kalk, Glas, Tonwaren, Spiritus, Mehl, Schokolade und Kanditen, Teigwaren, Bretter, Möbel, Klaviere, Maschinen, Metallgalanteriewaren, Kartonnagen, eine Gasanstalt und ein Elektrizitätswerk.

Die Heilquellen von Teplitz-Schönau (die Stadtbadquellen, nämlich die Urquelle und die Frauenbadquelle, 48°, die Steinbadquelle 34,6°, die Stephansquelle 36,75° in Teplitz, die Schlangenbadquelle 39° und die Neubadquelle 44,75° in Schönau) führen meist alkalisch-salinisches Wasser, mit nur geringen festen Bestandteilen, vorzugsweise doppeltkohlensaurem Natron (vgl. die Tabelle »Mineralwässer VIII a«). Das Wasser ist farblos und hat einen matten Geschmack. Die Quellen werden fast ausschließlich zum Baden gebraucht und zwar vorzugsweise gegen chronischen Rheumatismus, Gicht, Lähmungen, Neuralgien, Muskelerkrankungen, Beinfraß, Gelenkkrankheiten, endlich insbes. bei Behandlung der Folgen schwerer Verwundungen (»Bad der Krieger«). Die Urquelle dient auch zur Trinkkur. Andere Kurmittel sind: Moorbäder, Massage, Elektrizität, fremde Mineralwässer und Molken. Von den Quellen werden neun Badehäuser gespeist. Die Frequenz von Teplitz-Schönau belief sich 1903 auf 5735 Kurgäste. Jährlich werden etwa 1,8 Mill. Flaschen Thermalwasser versendet. Als Vergnügungsorte dienen der in der Mitte der Stadt gelegene Kurgarten, in dem sich das neue Stadttheater, die Trinkhallen, der Kursalon und das palastartige Kaiserbad (1871) befinden; der Schlosspark; die Königshöhe (264 m) mit dem Schießhaus, der Schlackenburg und dem Denkmal König Friedrich Wilhelms III. (1841); der Seumepark mit dem Denkmal Joh. Gottfr. Seumes (gest. 1810); der Kaiserpark; die Payer- und Humboldtanlagen; der Schlossberg, ein 393 m hoher Klingsteinfelsen mit Burgruinen; der Probstauer Park etc. Nordöstlich mit Teplitz zusammenhängend liegt der Industrieort Turn (s. d.), 8 km nordwestlich das mit Teplitz durch elektrische Straßenbahn verbundene Dorf Eichwald (s. d.).

Die Quellen von Teplitz sollen der Sage nach 762 entdeckt worden sein; urkundlich wird der Stadt erst im 12., der Bäder im 16. Jahrhundert gedacht. Um 1630 gehörten Stadt und Schloss dem Grafen Kinsky, der mit Wallenstein ermordet wurde, kam dann an den Grafen von Aldringen und, als 1634 der Mannesstamm dieses Geschlechts erlosch, an die Clary. Im September 1813 war Teplitz das Hauptquartier der drei alliierten Monarchen; auch 1835 und 1860 waren hier Monarchenzusammenkünfte. 1862 wurde das 1100jährige Jubelfest der Thermen gefeiert und dabei ein Denkmal enthüllt. Am 1. Nov. 1755, am Tage des Lissaboner Erdbebens, war die Hauptquelle einige Minuten hindurch ausgeblieben. Durch eine Katastrophe in den benachbarten Kohlenwerken von Ossegg (10. Febr. 1879), die das Thermalwasser dorthin abführte, war die Fortexistenz von Teplitz als Badeort in Frage gestellt. Doch wurden durch sofortige Nachgrabungen die Quellen in kurzer Zeit (3. März) an ihren alten Austrittsöffnungen wieder zutage gefördert. Seither ist ein weiteres Schutzgebiet um Teplitz gezogen worden, innerhalb dessen kein Bergbau betrieben werden darf. Vgl. Friedenthal, Der Kurort Teplitz-Schönau, topographisch und medizinisch dargestellt (Wien 1877); Gerold, Studien über die Bäder zu Teplitz (das. 1886); Delhaes, Der Badeort Teplitz-Schönau (3. Aufl., Prag 1886); Lustig, Karlsbad und Teplitz, balneo-therapeutisch (2. Aufl., Wien 1886); Hallwich, Teplitz, eine deutschböhmische Stadtgeschichte (Leipz. 1886); Laube, Volkstümliche Überlieferungen aus Teplitz (2. Aufl., Prag 1902); Löcker, Die Wassereinbrüche in die Dux-Ossegger Kohlengruben etc. (Teplitz 1900).

Teplitz, 2) Kurort in Mähren, s. Weißkirchen 1).

Teplitz, 3) Ungarischer Badeort, s. Trencsin-Teplitz.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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