Wesel

Berliner Tor der Festung Wesel von außen.
Das Berliner Tor der Festung Wesel von außen

Wesel, Stadt und Festung im ehemaligen preußischen Regierungsbezirk Düsseldorf, Kreis Rees, am Einfluss der Lippe in den Rhein (Eisenbahnbrücke, 1872 bis 1873 erbaut), Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Wesel-Haltern, Oberhausen-Emmerich, Wesel-Winterswijk u. a., 27 m ü. M., hat drei evangelische Kirchen (darunter die Willibrordkirche, zwischen 1424 und 1540 im spätgotischen Stil erbaut, 1883–96 restauriert, und die Mathenakirche von 1429, mit 102 m hohem Turm), zwei katholische Kirchen, eine Synagoge, ein 1390–96 im altgotischen Stil erbautes Rathaus, ein 1417 vom Herzog Adolf von Kleve erbautes Schloss (jetzt – 1905 – Wohnung des Kommandanten), einen Hafen etc.

Die Festungswerke sind mit Ausnahme der Zitadelle und von vier Außenforts seit 1890 geschleift. Auf dem Exerzierplatz steht ein 1835 errichtetes Denkmal zur Erinnerung an die elf preußischen Offiziere des Schillschen Freikorps, die am 16. September 1809 auf Napoleons I. Befehl hier erschossen wurden, den Kaiserplatz ziert ein Standbild Kaiser Wilhelms I., den Marktplatz das Kriegerdenkmal. Die Zahl der Einwohner belief sich 1905 mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 57, zwei Infanteriebataillone Nr. 56, ein Feldartillerieregiment Nr. 43 und eine Abteilung Feldartillerie Nr. 7) auf 23.237 Seelen, davon 10.070 Evangelische und 248 Juden. Vgl. Adventmarkt am Willibrordi-Dom, Nikolausmarkt in Wesel, und Diersfordter Waldweihnacht.

Die Stadt hat zwei Zuckerraffinerien, zwei Dampfziegeleien, Zement- und Tonwerke, eine Porzellanfabrik, Drahtzieherei, ein Bleiwalzwerk, Farben-, Lack-, Zementwaren- und Seifenfabrikation, Schiffbau, zwei Dampfsägewerke etc. Der Handel, unterstützt durch eine Reichsbanknebenstelle und eine Handelskammer, ist besonders lebhaft in Getreide und Holz, Kolonial-, Eisen-, Kurz- und Galanteriewaren sowie in Tabak, auch findet lebhafter Speditionshandel statt. Wesel hat ein Gymnasium mit Realschule, das Niederrheinische Museum, ein evangelisches und ein katholisches Waisenhaus, viele milde Stiftungen etc. und ist Sitz eines Stadtkommandanten, eines Amtsgerichts, eines Landratsamtes für den Kreis Rees, eines Hauptsteueramtes, einer Spezialkommission und der Niederrheinischen Güterassekuranzgesellschaft. In der Nähe der Truppenübungsplatz Friedrichsfeld.

Wesel, anfangs Reichsgut, kam im 13. Jahrhundert an die Grafen von Kleve, wurde 1241 Stadt, fiel 1368 an den Grafen Engelbert III. von der Mark und nach dessen Tod 1391 wieder an Kleve zurück. Trotz dieser Untertänigkeit galt Wesel noch 1521 als Reichsstadt, besonders wegen der vom Grafen Johann (1347–68) verliehenen Privilegien, gehörte auch dem Hansebund an. Im jülich-klevischen Erbfolgestreit (s. Jülich) nahmen die Spanier unter Spinola 6. Septemberg 1614 Wesel und behaupteten es bis 18. August 1629, worauf es die Holländer längere Zeit besetzt hielten. 1672–74 und während des Siebenjährigen Krieges war Wesel in französischen Händen. Im Vertrag von Schönbrunn 15. Dezember 1805 an Napoleon I. abgetreten, kam Wesel 1806 an das Großherzogtum Berg, ward 1810 Frankreich einverleibt und fiel 1814 an Preußen.

Hauptgebäude und zentraler Waffenplatz der Zitadelle Wesel.
Hauptgebäude und zentraler Waffenplatz der Zitadelle Wesel. Die Seitenflügel des zweigeschossigen Dreiflügelbaus trugen ursprünglich schöne Mansardendächer, wie auf alten Postkarten der Zeit vor 1945 gut zu erkennen ist.

Bibliographie

  • Gantesweiler: Chronik der Stadt Wesel (Wesel 1881)
  • Reinhold: Verfassungsgeschichte Wesels im Mittelalter (Bresl. 1888).
  • Wolters: Reformationsgeschichte der Stadt Wesel (Bonn 1868)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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