Kurfürstentum Trier

Trier, vormaliges deutsches Erzstift und geistliches Kurfürstentum im kurrheinischen Kreis, umfasste ein Areal von 8314 km² (151 mi²) mit 280.000 meist katholischen Einwohnern und teilte sich in das obere und niedere Stift, deren ersteres Trier, das andere Koblenz als Hauptstadt hatte. Suffragane von Trier waren die Bischöfe von Metz, Toul und Verdun und seit 1777 die neukreierten von St.-Dié und Nancy. Der Erzbischof und geistliche Kurfürst stand unter den Kurfürsten an zweiter Stelle. Die jährlichen Einkünfte beliefen sich im 18. Jahrhundert auf ½ Mill. Taler. Das Wappen war ein gevierter Schild mit einem roten Kreuz im silbernen Feld und einem weißen Lamm mit einem Fähnlein auf einem Hügel im roten Feld. Außer in der Stadt Trier residierten die Bischöfe häufig im nahen Pfalzel, in Ehrenbreitstein und der darunter liegenden Philippsburg und seit 1786 in Koblenz.

In Trier soll nach der Legende im 1. Jahrhundert ein Bistum gestiftet worden sein; indessen ist erst um 314 ein Bischof Agritius nachzuweisen. Bei Maximin (332–349) fand Athanasius Zuflucht. Erst unter Hetti (814–847) erscheint Trier als Erzbistum mit Metropolitangewalt über das Bistum Toul. Radbod (883–915) erlangte zuerst Grafenrechte. Robert (930–956) nahm als Inhaber des ältesten Kirchensitzes das Recht in Anspruch, Otto I. zu krönen; doch erkannte Trier 1315 den Vorrang Kölns in dieser Hinsicht an. Heinrich I. (956–964) erhielt vom Papst Johann XII. das Pallium, Theoderich I. 969 von Johann XIII. den Primat in Gallien und Germanien. Das unter Diether III. von Nassau (1300–1307) arg verschuldete Erzstift nahm einen bedeutenden Aufschwung unter Balduin von Luxemburg (1307–1354, s. d.), dem Bruder König Heinrichs VII. Er erwarb 1314 die an sich bedeutungslose Würde eines Erzkanzlers für Gallien und Arelat (d. h. Burgund), erweiterte die Besitzungen des Stiftes und begründete einen Territorialstaat. Dann aber verschlechterte sich die Lage des Erzstiftes infolge zwiespältiger Wahlen und zahlreicher Kriege, dass die Stände, um eine weitere Verschuldung des Landes zu verhüten, sich 1456 zu einer Union vereinigten und so den Erzbischof durch eine Wahlkapitulation von sich abhängig machten.

Unter Richard von Greiffenklau (1511–31) begann die öffentliche Verehrung des heiligen Rockes. Der Reformation trat Richard entgegen. Johann VI. von der Leyen (1556–67) nahm die Jesuiten auf, für die sein Nachfolger Jakob III. von Elz (bis 1581) ein Kollegium in Koblenz errichtete, und denen Johann VII. (1581–1599) auch den Unterricht in den Schulen der Stadt Trier überwies. Zur Bildung der Geistlichen stiftete er 1585 Seminare in Trier und Koblenz. Erzbischof Philipp Christoph von Sötern (1623–52), infolge seiner Hinneigung zu Frankreich dem Kaiser verhasst, wurde 1635 von den Spaniern festgenommen und bis 1645 in Wien gefangen gehalten. Unter Karl Kaspar von der Leyen (1652–76) verzichtete die Abtei St. Maximin 1669 auf ihre Reichsfreiheit. Der letzte Erzbischof (1768–1802) von Trier war Clemens Wenzeslaus (s. d.), der auch die Bistümer Freising, Augsburg und Regensburg besaß. Er erließ zugunsten der Evangelischen 1782 ein Toleranzedikt.

Während des ersten Koalitionskrieges hatte das Land viel von den Einfällen der Franzosen zu leiden; 1794 floh der Erzbischof. Als er im Frieden von Lunéville 1801 seine linksrheinischen Besitzungen an Frankreich verloren hatte, dankte er 1802 ab. Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde der rechtsrheinische Teil des Erzstiftes zugunsten von Nassau-Weilburg säkularisiert. Schon 10. April 1802 war ein neues Bistum Trier für das französische Saardepartement gebildet und dem Erzstift Mecheln (Mechelen) unterstellt worden. 1814 fielen die kurtrierischen Lande wieder an Deutschland, worauf sie bis auf wenige Bezirke, wie St. Wendel (das an Coburg und erst 1834 an Preußen kam), Birkenfeld (oldenburgisch) und Weisenheim (bis 1866 zu Hessen-Homburg gehörig, dann auch preußisch), mit Preußen vereinigt wurden. Der preußische Anteil gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts zu den Regierungsbezirken Trier und Koblenz. 1821 wurde das Bistum Trier gegründet und dem Erzbischof von Köln unterstellt. Die Diözese umfasst seitdem wieder dieselben Gebiete wie vorher und ist nur auf dem linken Rheinufer geschmälert. Der Bischof Wilhelm Arnoldi (1842–64, s. Arnoldi 2) gab 1844 großen Anstoß durch die neue Ausstellung des Heiligen Rockes (s. d.). Nach dem Tod des Bischofs Eberhard (30. Mai 1876) blieb das Bistum während des Kulturkampfes unbesetzt; erst 1881 wurde der Bischof Korum (s. d.) ernannt, der 1891 wieder eine Ausstellung des Heiligen Rockes veranstaltete.

Bibliographie

  • »Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien« (hrsg. von Beyer, Eltester und Görz, Kobl. 1860–74, 3 Bde.)
  • »Trierisches Archiv« (hrsg. von Kentenich, Lager und Reimer, Trier 1898 ff., mit Ergänzungsheften)
  • Görz: Regesten der Erzbischöfe von Trier von Hetti bis Johann II. (Trier 1859–61)
  • Hontheim: Historia Trevirensis diplomatica (Augsb. 1750, 3 Bde.)
  • Marx: Geschichte des Erzstifts Trier (Trier 1858–61, 5 Bde.)
  • Rey: Die Reformation in Trier 1529 und ihre Unterdrückung (Halle 1906 f.)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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