Remonte

Remonten.

Remonte, heißen bei der Kavallerie diejenigen Pferde, welche zum Ersatz der abgegangenen und unbrauchbaren eingestellt werden. Sie besteht bei der Preußischen Armee im Allgemeinen aus der Polnischen, teils aus der Deutschen Remonte.

1) Die polnische Remonte. Die Pferde werden herdenweise aus ihrem Vaterland bis an den bestimmten Sammelplatz getrieben, hier aber truppweise in große Verschläge gebracht, und vermittelst eines Instruments, Arkan genannt, gefangen. Dieses besteht aus einem langen Seil, an dessen Ende sich eine Schlinge befindet, welche mit Hilfe einer Stange dem zu fangenden Pferd über den Kopf geworfen wird. Die Pferde werden dann mit Hilfe einiger Leute zur Erde niedergerissen, und man legt ihnen nun sowohl die Halfter, als auch den Genickstrick an; hierauf bringt man sie in die Ställe, wo sich die Kavalleristen zuvörderst durch eine sehr vorsichtige Behandlung das Zutrauen der Tiere erwerben müssen. Sind sie sehr wild und unbändig, so tut oft die Versagung des Trinkwassers sehr viel, um sie ruhiger zu machen, und ihnen mehr Zutrauen zu ihrem Wärter, der den heftigen Durst nur nach und nach stillt, beizubringen. Auch wäre anzuraten, die Tiere sogleich, ehe sie zu Kräften kommen, vorsichtig zu satteln, und sogleich durch erfahrene und beherzte Leute an einem freien Platz, z. B. im Felde, nur nicht in einer geschlossenen Bahn, reiten zu lassen; zu mehrerer Vorsicht kann man sie dabei zum ersten Male an ein altes Pferd anhängen. Das wilde Pferd wird hierdurch zugleich an den Sattel und den Reiter gewöhnt, ist auch in der Kunst zu bocken, welche sich bei zunehmenden Kräften immer mehr ausbildet, noch nicht so erfahren, und erlernt sie entweder gar nicht oder doch nur sehr unbedeutend. Bei den dreijährigen, so wie bei den tragenden Stuten muss man jedoch mit dieser Behandlungsart die größte Vorsicht verbinden.

Nach mehreren Tagen fängt man hierauf an, die Pferde ins Gleichgewicht zu bringen, und sie an ruhiges Auf- und Absitzen zu gewöhnen. Eben so gelassen, wie die Pferde im Stalle beim Putzen und Füttern behandelt werden, muss man auch mit ihnen beim Satteln verfahren. Es liegt in der Natur des rohen Pferdes, welches die ihm jetzt vorkommenden Dinge noch nie gesehen hat, dass es sich sowohl vor der weißen wollenen Decke, als vor dem Sattel selbst fürchtet, beim Anblicke desselben schnarcht, und vor oder rückwärts prellt. Man zeigt ihnen daher diese Dinge zuvor ganz ruhig, lässt sie dieselben auch beriechen, und zwar beim jedesmaligen Satteln; das Auflegen der Decke und des Sattels, das Herunternehmen und Anziehen der Gurte muss sehr vorsichtig geschehen, und alles Klappern mit den Steigbügeln vermieden werden; das Hinüber- und Herübertreten im Stande bewirkt man nicht durch Schreien und Anfahren, wodurch das Pferd nur schüchtern gemacht wird, sondern durch gelassenes Anreden, Streicheln oder Klopfen auf der einen oder der anderen Seite. Hat sich das Pferd dies alles die ersten Male ganz ruhig gefallen lassen, so belohnt man es durch Darreichung einer Hand voll Hafer, und schreite nun zum Aufzäumen einer Doppeltrense, welches eben so und wo möglich noch ruhiger vollzogen werden muss. Da diese Pferde schon von Natur etwas kopfscheu, es auch durch das Überwerfen des Arkans, und das erste Anlegen der Halfter und des Genickstricks, bei Gelegenheit des Einfangens noch mehr geworden sind, so kann ein Pferd hierbei auf seine ganze Lebenszeit so verdorben werden, wenn man es nicht ruhig und vorsichtig behandelt, dass es sich bis ins späteste Alter nie wieder gut aufzäumen lässt. Ist auch dieses nun glücklich beseitigt, so lasse man das Pferd an den zum Reiten bestimmten Ort führen, ohne es aber anzusehen, sondern indem man ruhig vorangeht, weil viele deutsche, besonders aber die polnischen Pferde das Ansehen nicht leiden können, zurückbleiben und mit den Zügeln dehnen.

Beim Aufsitzen bringt man es durch Güte allmählich dahin, dass es sich ordentlich stellt, denn besonders den polnischen Pferden ist es eigen, dass sie, wenn sie gesattelt sind, mit allen vier Füßen, wie auf einen Teller zusammentreten. Das Auf- und Absitzen geschieht dann so ruhig und gelassen wie möglich, um das Pferd nicht unruhig und furchtsam zu machen, und es auf immer zu verderben. Sitzt der Reiter nun wirklich zu Pferde, so sucht er es zum Fortschreiten zu bewegen, nimmt sich aber mit den Schenkeln sehr in Acht, und bedient sich lieber einer Reitgerte, durch welche es im Anfange noch besser als durch die Zügel gelenkt werden kann. Die ersten Male, dass ein Pferd geritten wird, lässt man es ganz nach seinem Willen in der Bahn herumschlendern, gibt ihm aber hin und wieder einen Anzug des Mundstücks, besonders bei den Wendungen, zu fühlen, und sucht es nach und nach, vermittelst der Gerte zu einem Trab zu vermögen; nach mehreren Tagen kann man dann auch mit dem Gebrauch der Schenkel anfangen.

Nun folgen alle übrigen Übungen, deren umständliche Beschreibung hier zu weitläufig sein würde; dazu gehört nämlich:

1) Ein gleichförmiger Gang, und gemeinschaftliche Wirkung des Vorder- und Hinteils; 2) die allmähliche Biegung der Ganaschen; 3) das Schulterpassieren; 4) das Traversieren, oder Rechts- und Linksschließen; 5) der Galopp. – Alle diese Arbeiten müssen aber nicht zu lange hintereinander anhalten, um dem Pferde keinen Widerwillen dagegen beizubringen; eben so wenig müssen die polnischen Pferde zu viel Ruhe haben, sondern man muss eine mäßige Arbeit täglich mit ihnen wiederholen, weil sie hierbei mehr an Körperkräften zunehmen, als bei der Ruhe. Die dreijährigen Remonten darf man freilich so noch nicht angreifen, sondern man muss sie vielmehr anfänglich bloß an der Leine laufen lassen, und sie erste nach einem halben Jahr zu reiten anfangen.

Oft trifft es sich, dass die rohen polnischen Pferde, ungeachtet des guten Futters und des sorgfältigen Abwartens, dennoch nicht zunehmen wollen, vielmehr immer mager und rau bleiben; dem sorgfältigen Beobachter wird es aber nicht entgehen, dass nichts weiter als Ungeziefer der Grund dieses schlechten Aussehens ist. Diese Ungeziefer sind ganz kleine Läuse, die sich oft in die Haut hineingefressen haben, so dass sie dem Auge gar nicht mehr sichtbar sind, und man auf ihr Dasein bloß aus dem schäbigen Aussehen der Pferde und ihrem schlechten Zunehmen schließen muss. Um nun die Pferde so schnell als möglich von ihnen zu befreien, wird es gut sein, schwarzen Tabak kochen zu lassen, und mit der Brühe davon die Pferde mehrere Tage hinter einander, mit Hilfe einer recht scharfen Kartätsche, waschen und bürsten zu lassen, worauf alles Ungeziefer sich gewiss entfernen, und das Pferd sehr bald ein besseres Aussehen bekommen wird.

2) Die deutsche Remonte. Da die deutschen Remonten jetzt größtenteils aus schon von dem Landmanne gebrauchten Pferden bestehen, obschon sie oft nicht über 3½ Jahr alt sind, so muss auch ihre Behandlung ganz anders, als die der polnischen sein. Bei diesen kann man die Arbeit gleich anfangen, dahingegen man die deutschen länger Zeit schonen muss. Man lässt sie daher die ersten 4 bis 6 Wochen nur wöchentlich zwei, höchsten drei Mal ausführen, oder auf der Decke eine Viertelstunde im Schritt und kurzen Trab ausreiten, damit Ruhe und gutes Futter ihnen erst die gehörigen Kräfte geben, die mit dem Tätigmachen verbundenen Strapazen zu überstehen, und zugleich zu beobachten, ob Läuse oder sonst ein Krankheitsstoff im Körper, während dieser Zeit, sich deutlich äußern, in welchem Falle dies durch nützliche Behandlung erst weggeschafft werden muss, ehe die Arbeit wirklich angeht. Diese ist übrigens dieselbe, wie bei der polnischen Remonte, nur dass man hier nicht so viel Schwierigkeiten zu bekämpfen hat, und also auch schneller zum Ziel kommt.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Remonte (franz., spr. ≈móngt’ oder ≈mónte), die regelmäßige Auffrischung des Pferdebestandes berittener Truppen durch junge Pferde (Remontepferde, Remonten, fälschlich Romonten), die in der Regel zu Beginn des Dienstjahres (Herbst) stattfindet. In Deutschland betrug die Jahresquote für Kavallerie 110, für Artillerie 19, für das Militärreitinstitut 17 bis ⅓ des Bestandes; der Train erhielt zuvor ausrangierte Pferde anderer Truppen, doch ist mit einer eigenen Remontierung für ihn begonnen worden. Der Jahresbedarf betrug über 8000 Stück (bei 103.000 Dienstpferden im Frieden), wovon Ostpreußen etwa ⅔ lieferte; die in Hannover, Oldenburg, Mecklenburg und den Elbherzogtümern gezüchteten Pferde waren ihrer Schwere wegen nur zum Teil für die Armee brauchbar, Sachsen, Bayern und Württemberg deckten nur einen Teil ihres Bedarfs selbst.

Das Remontieren, d. h. der Ankauf der Remonten, geschah in Deutschland im Inland durch Remonteankaufskommissionen (1 Stabsoffizier, 2 Leutnants, 1 Veterinär und Unterpersonal) auf eigens angesetzten Remontemärkten. Die drei- oder dreieinhalbjährig angekauften Pferde wurden in Remontedepots aufgenommen und nach einem Jahr durch Remontekommandos den Truppen zugeführt. Depots und Ankaufskommissionen unterstanden einem Remonteinspekteur (General). Remontedepots hatte Preußen 18 mit rund 9550 Pferden Belegungsstärke: Jurgaitschen (Kreis Darkehmen), Neuhof-Ragnit (Kreis Ragnit), Kattenau (Kreis Stallupönen), Brakupönen (Kreis Gumbinnen), Preußisch-Mark (Kreis Mohrungen), Sperling (Kreis Angerburg), Liesken (Kreis Friedland) und Weeskenhof (Kreis Preußisch-Holland) in der Provinz Ostpreußen; Bärenklau in Brandenburg, Neuhof-Treptow a. R., Ferdinandshof und Dölitz in Pommern, Wirsitz in Posen, Wehrse in Schlesien, Hardebek in Holstein, Arendsee in Sachsen, Hunnesrück und Mecklenhorst in Hannover. Bayern hatte 5: Fürstenfeld, Schwaiganger (1807 gegründet), Benediktbeuern, Schleißheim und Remontenanstalt Neumarkt, das Königreich Sachsen 3: Skassa, Kalkreuth und Obersohland a. R., Württemberg 1: Breithülln.

In Österreich-Ungarn wurde die Remontierung durch 7 Remontenassentkommissionen besorgt, Remontendepots waren in Bilak, Nagy-Daád-Sary, Kleczna Dolna, Lábod, Iházi-Marczaltö. – Frankreich deckte seinen Jahresbedarf von etwa 16.000 Pferden zum Teil aus dem Ausland, die Remontierung unterstand einem Generalinspekteur, die Remontedepots kauften durch Kommissionen an, Übergangsdepots dienten zur Aufzucht minderjähriger Pferde, Remontereiterkompanien zur Pflege und zum Transport zu den Truppen. Letztere sollten vermehrt werden, da die zweijährige Dienstzeit eine gründliche Dressur in Frage stellte. – Russland, das früher die Deckung seines Bedarfs einzelnen Remonteuroffizieren übertragen hatte, ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch zum Kommissionssystem übergegangen und wollte die Militärbehörde durch dieses günstig im Sinne der Armee auf die Landespferdezucht einwirken, indem die Kommissionen direkt vom Züchter kauften. Nur die Kosaken wurden nicht durch Remontekommissionen versorgt, sondern erhielten bare Beihilfen und stellten die Dienstpferde selbst. Ähnliche Einrichtungen existierten in allen größeren Heeren.

Bibliographie

  • »Muster zur Dienstanweisung für die Remonte-Depot-Administration vom 12. Juni 1897« (Berl. 1906)
  • Goldbeck: Zucht und Remontierung der Militärpferde aller Staaten (Berl. 1901)
  • Loebells, v.: »Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen« (Berl.)
  • Markwalder: Pferdezucht und Militärpferde (Aarau 1905)
  • Ramm und Baer: Nachrichten aus den hervorragendsten Pferdezuchtgebieten des In- und Auslandes (Leipz. 1901)
  • Zobel: Die Landespferdezucht in Deutschland und die Remontierung der deutschen Armee (Leipz. 1904)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe