Pontonierwissenschaft

Pontonierwissenschaft.

Pontonierwissenschaft, begreift alle Kenntnisse, welche nicht nur zum Bau der Pontons, sondern auch zum Gebrauch derselben beim Brückenschlagen nötig sind. Die Anwendung der Pontonier-Wissenschaft ist so alt wie der Krieg selbst, doch hat man erst in neuerer Zeit ein System derselben aufgestellt. Schon im frühesten Altertum findet man Spuren nicht allein von zum Behuf der Armee geschlagenen Kriegsbrücken, sondern auch dass besondere kleine und leichte Fahrzeuge auf den Märschen der Armee nachgeführt wurden. Semiramis soll auf ihrem Zug nach Indien tragbare Kähne mitgeführt haben, die auseinandergenommen und beim Gebrauch vermittelst daran befindlicher Haken und Ösen wieder zusammengesetzt werden konnten.

Die bekannte Schiffbrücke des Xerxes über den Hellespont bestand aus 360 Schiffen, vor denen noch 300 andere Schiffe in keilförmiger Ordnung verankert lagen, um die Gewalt des Wassers zu hemmen. Alexander der Große ließ Schiffbrücken über die Flüsse schlagen, welche er auf seinem Marsch antraf, und Cäsar führte leichte Kähne, aus einem einzigen durch das Feuer ausgehöhlten Baum verfertigt, nebst den nötigen Brückengerätschaften mit sich. Späterhin ließ derselbe Schiffe aus Weidenruten flechten und mit Tierhäuten überziehen, die sehr leicht fortzubringen waren; bei sehr großen Flüssen bediente er sich jedoch lieber der Pfahlbrücken. Von dieser Zeit an gebrauchte man fast in allen Kriegen, wo es nötig war, teils Schiffbrücken, teils Tonnenbrücken, Pfahlbrücken usw.

Im 16. Jahrhundert trugen besonders die Kriege der Spanier in den Niederlanden viel zur Vervollkommnung der Pontonierwissenschaft bei, und vorzüglich viel scheint Plato, der Kriegsbaumeister des Prinzen Alexander von Parma darin geleistet zu haben. Eben so war der dreißigjährige Krieg reich an Kriegsbrücken aller Art. In diesem Jahrhundert wurden auch die Pontons von Kupfer- und Eisenblech erfunden, wovon sich die Holländer der letzteren zuerst bedient zu haben scheinen. Im Jahr 1672 schlugen die Franzosen die erste Brücke von kupfernen Pontons bei Tollhuis, und die zweite bei Arnheim; diese Pontons wogen 665 Pfund; die späteren französischen Pontons wogen jedoch gegen 900 Pfund, und mit dem Wagen und allem Zubehör 3528 Pfund.

Im Anfang des 18. Jahrhunderts endlich wurde das Pontonwesen auf einen regelmäßigen Fuß gesetzt, und man fing nun an, Schwenkungen und andere Manövers mit den Brücken zu machen; seit dem Siebenjährigen Krieg wurden auch die Pontonwagen auf eine leichtere und zweckmäßigere Art eingerichtet.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe