Österreichischer Feldmarschall Eugen Franz, Prinz von Savoyen

Reiterdenkmal des Prinzen Eugen von Savoyen auf dem Heldenplatz in Wien.

Eugen Franz, Prinz von Savoyen, wurde am 18. Oktober 1663 zu Paris als der jüngste von fünf Söhnen des Grafen Eugen Moritz von Soissons aus dem Hause Savoyen und seiner Gemahlin Olympia Mancini, einer der Nichten des Kardinals Mazarin geboren. Eugens Mutter hatte lange Zeit hindurch in hoher Gunst bei Ludwig XIV. gestanden und in Folge dessen eine einflussreiche Rolle am französischen Hof gespielt. Als jedoch der in seinen Neigungen sehr unbeständige König sich allmählich von ihr abwandte, empfand die Gräfin von Soissons diese Zurücksetzung so bitter, dass sie in eine Reihe von Intrigen sich einließ, welche zuletzt sogar ihre Verweisung vom Hofe nach sich zogen. Die frühere Neigung der Gräfin zum König verwandelte sich nun in glühenden Hass. Auch ihren Kindern flößte sie dieses leidenschaftliche Gefühl ein; solches gelang ihr inbesondere bei ihrem jüngsten Sohn. Hienzu kam noch, dass Eugen, klein und schwächlich von Gestalt, mit unschönen Gesichtszügen, vom König für den geistlichen Stand bestimmt worden war, während er selbst aufs sehnsüchtigste wünschte, sich dem Kriegsdienst widmen zu dürfen. Die schroffe Zurückweisung seines Begehrens brachte auf die empfängliche Seele des Jünglings den mächtigsten Eindruck hervor.

Figuren

  • Prinz Eugen von Savoyen, 28 mm Reiver PER16
  • Prinz Eugen von Savoyen, 25 mm Minifigs MALCX 9
  • Prinz Eugen von Savoyen, 15 mm Minifigs 99LC

Eugen entschloss sich, Frankreich zu verlassen und soll hierbei den Schwur geleistet haben, nie anders dorthin zurückzukehren als mit den Waffen in der Hand. Er wandte sich nach Österreich, das gerade damals von den Türken aufs äußerste bedroht wurde. Am Kaiserhof fand er die zuvorkommendste Aufnahme. Unverzüglich trat er in das nur allzuschwache Heer, welches den unermesslichen Scharen der durch Ungarn gegen Wien vordringenden Türken entgegengeworfen wurde. In einem Reitergefecht bei Petronell am 7. Juli 1683 konnte Eugen seine jugendliche Tapferkeit zum ersten Mal erproben. Er kämpfte in der Schlacht, durch welche am 12. September 1683 das hartbedrängte Wien von den Türken befreit wurde. Noch in demselben Jahr erhielt Eugen als Oberst das erledigte Dragonerregiment Kuefstein. Er machte die folgenden Feldzüge gegen die Türken mit und wurde bei einem Sturm auf Ofen am 3. August 1686 durch einen Pfeilschuss an der rechten Hand, jedoch nicht gefährlich verwundet. Ernstlichere Folgen waren zu besorgen, als er zwei Jahre später bei dem entscheidenden Sturm auf Belgrad durch eine Musketenkugel eine schwere Wunde am Bein erhielt. Monate lang war Eugen an das Lager gefesselt, bis endlich seine ungeschwächte Jugendkraft die Heilung herbeiführte. In den ersten Monaten des Jahres 1689 eilte er nach Turin zu dem Haupt seines Hauses, dem Herzog Victor Amadeus von Savoyen, der ihm bisher in freundschaftlichster Weise zugetan gewesen und dem vermögenslosen jungen Prinzen auch durch werktätige Unterstützung seine Teilnahme bezeigt hatte. Nun handelte es sich darum, den Herzog von Savoyen in dem Krieg, welchen der König von Frankreich gegen Deutschland begonnen hatte, für letzteres zu gewinnen. Aber Victor Amadeus zögerte mit seinen Entschlüssen, so dass Eugen sich vorerst unverrichteter Dinge zu dem Heer begeben musste, das am Rhein die Franzosen bekämpfte. Am 4. August 1689 wurde er vor Mainz durch eine Musketenkugel nicht unbedeutend am Kopf verwundet. Neuerdings geheilt, verfügte sich Eugen im Jahre 1690 mit kaiserlichen Truppen, die er befehligte, nach Piemont zum Herzog von Savoyen, der endlich definitiv der großen Allianz gegen Frankreich beigetreten war. Seinen Streitkräften voraneilend, kam Eugen eben recht zu den Piemontesen, um der Schlacht bei Staffarda beizuwohnen, welche jedoch unglücklich ausging. Mit den Garden und der Gendarmerie des Herzogs von Savoyen deckte der Prinz das sich zurückziehende Heer.

An den wenig erfreulichen Ereignissen der nächsten Feldzüge in Italien nahm Eugen, der inzwischen alle Stufen militärischer Beförderung bis zu der des Feldmarschalls in raschem Flug durcheilt hatte, einen zum mindesten für ihn selbst höchst ehrenvollen Anteil. Als daher im Jahr 1696 der Krieg in Italien durch den offenen Übertritt des Herzogs von Savoyen zu Frankreich sein Ende erreichte, lag der Gedanke nahe, dem damals 32jährigen Prinzen das Kommando über die Streitkräfte zu übertragen, welche in den letzten Jahren weit weniger glücklich als zuvor gegen die Türken gekämpft hatten. Kein Geringerer als der ruhmreiche Verteidiger Wiens, Rüdiger Starhemberg, jetzt Präsident des Hofkriegsrates, war es, der den Kaiser zu diesem Entschluss zu bestimmen sich bemühte. Und als Leopold I. wirklich hierauf einging, wurde dies von dem Heer, das gegen die Türken im Felde stand, mit Jubel begrüßt. Je verwahrloster dessen Zustand, um so höher gespannt waren die Erwartungen, welche man an die Übernahme des Kommandos durch Eugen knüpfte. Und in glänzendster Weise wurden sie durch ihn gerechtfertigt. Der wunderbare Sieg, welchen der Prinz am 11. September 1697, den Übergang der Türken über die Theiß mit rascher Kühnheit benützend, bei Zenta über sie erfocht, machte dem Krieg gegen die Pforte ein Ende und brachte das Haus Österreich durch den Karlowitzer Frieden in den Wiederbesitz fast allen ungarischen Landes, das im Laufe der Jahrhunderte an die Türken verloren gegangen war.

Es lag daher in der Natur der Sache, dass beim Ausbruch des spanischen Erbfolgekrieges Eugen neuerdings mit einem Kommando bedacht wurde. Die Truppen sollte er führen, welche bestimmt waren, in Italien gegen die Franzosen zu kämpfen. Da jedoch der französische Marschall Catinat den Haupteingang aus Tirol nach Italien, die Chiusa, mit seinem Heer versperrt hielt, bestand Eugens schwierigste Aufgabe vor der Hand darin, mit seinen Streitkräften überhaupt nach Italien zu gelangen. Er löste sie in wahrhaft überraschender Weise, indem er seine Truppen, statt sie südlich gegen die Chiusa zu führen, in verschiedenen Abteilungen in das östlich von der Heerstraße liegende Gebirge zog. Die Einen nahmen über Ala durch das Val Fredda, die Anderen über Peri, die Reiter endlich durch das Val Duga den Weg. Die Kanonen wurden an Stricken auf die Berge geschleppt, die Wagen aber zerlegt und getragen. Nach drei Tagen unsäglicher Anstrengungen kamen die kaiserlichen Truppen auf italienischen Boden und auf den Höhen von Brescia bezogen sie das erste Lager auf venetianischem Gebiet.

Eilfertig verließ nun Catinat seine feste Stellung an der Chiusa, um Eugen zu hindern, die Etsch zu überschreiten. Aber diese Absicht Catinats missglückte. Eugen nahm Castagnaro mit Sturm, und bei Carpi gerieten die beiderseitigen Streitkräfte hart aneinander. In diesem Treffen, in welchem Eugen, allzusehr sein Leben wagend, eine leichte Schusswunde am Knie erhielt, wurden die Franzosen zurückgetrieben und verloren ihr Lager. Nun ging Eugen über den Mincio, und am 1. Sept. 1701 kam es bei Chiari neuerdings zur Schlacht. Die Franzosen, jetzt unter Villeroys Befehl gestellt, zogen auch diesmal den Kürzeren, die Schwäche seiner Streitmacht hinderte jedoch den Prinzen, sie mit Nachdruck zu verfolgen. Gleichwohl dehnte er sich immer weiter in Oberitalien aus, und um daselbst einen sicheren Stützpunkte zu gewinnen, wollte er sich der Festung Cremona durch Überfall bemächtigen. In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 1702 schritt er an die Ausführung dieses Vorhabens. Obwol es dem Prinzen glückte, in die Stadt zu gelangen, so scheiterte sein Anschlag doch an dem tapferen Widerstand der Franzosen, und er errang nur den zweifelhaften Erfolg, den Marschall Villeroy gefangen aus Cremona zu entführen. Nachdem jetzt der ungleich begabtere Herzog von Vendôme an Villeroys Stelle den Oberbefehl über die Franzosen erhielt, war der Überfall auf Cremona eher von ungünstiger als von günstiger Wirkung für die Sache des Kaiserhauses in Italien. Hiezu kam noch, dass die Schwäche des österreichischen Heeres und der drückende Mangel, der daselbst an den nötigsten Kriegsbedürfnissen herrschte, die Lage Eugens von Tag zu Tag schwieriger machten. Während die Franzosen nicht nur durch die Streitkräfte des Herzogs von Savoyen, der jetzt auf ihrer Seite sich befand, durch spanische Truppen und durch Zuzüge aus dem eigenen Land fortwährend verstärkt wurden, während sie außerdem mit den notwendigen Erfordernissen an Lebensmitteln, an Bekleidung und an Waffen ausreichend versehen waren, lichteten die Reihen des kaiserlichen Heeres sich zusehends, und es gebrach ihm an allem, dessen es zu nachdrücklicher Kriegführung bedurfte. Umsonst wandte sich Eugen mit drängendem Begehren, ja mit flehentlichen Bitten nach Wien; man entbehrte dort selbst der erforderlichen Mittel zur Abhilfe und besaß wohl auch nicht die nötige Tatkraft, sie durch außergewöhnliche Anstrengung zu schaffen. Unter diesen Umständen war es noch zu verwundern, dass Eugen sich dem weit überlegenen Feind gegenüber im Felde zu behaupten vermochte. Ja er griff ihn sogar am 15. August 1702 zu Luzzara an; aber obwohl die Gegner nach hartnäckigem Kampf sich zurückzogen und Eugens Truppen die Nacht auf dem Schlachtfeld zubrachten, vermochte der Prinz doch nicht, aus dem unbestreitbar errungenen Sieg irgendwelche Vorteile zu ziehen. Denn die Minderzahl seiner Streitkraft ließ die Erneuerung des Angriffes doch allzubedenklich erscheinen. Eugen musste sich daher auf die Verteidigung seiner Stellungen beschränken. Schon während des ganzen Feldzuges hatte er seinen festen Entschluss angekündigt, sich nach Wien zu begeben, um dem Kaiser mündlich die furchtbare Notlage, die nicht zu entschuldigende Vernachlässigung des Heeres vorzustellen und auf ausgiebige Abhilfe zu dringen. Würde ihm diese nicht gewährt, ja vielleicht sogar die Erlaubnis zur Reise nach Wien versagt, dann werde er keinen Augenblick anstehen, eher ganz aus dem kaiserlichen Dienst zu scheiden, als je wieder den Oberbefehl über so völlig verwahrloste Truppen zu übernehmen, welche nicht mehr ein Heer, sondern nur noch ein schwaches Armeekorps genannt werden könnten. Und dieser Gesinnung gab denn auch Eugen bei seiner Anwesenheit in Wien energischen Ausdruck. Mit so düsteren Farben schilderte er den Zustand des Heeres, in so überzeugender Weise legte er die Notwendigkeit dar, rasche und durchgreifende Abhilfe zu schaffen, wenn nicht alles verloren gehen solle, dass seine drängenden Vorstellungen endlich Eingang fanden beim Kaiser und am Hofe, und man den Beschluss fasste, die oberste Leitung des Kriegswesens in Eugens Hände zu legen. Im Juni 1703 wurde der Prinz zum Präsidenten des Hofkriegsrates ernannt. Aber mit so kraftvoller Hand er auch eingreifen mochte in das verrostete Räderwerk des Staatswesens, nur sehr langsam und allmählich gelang es ihm, wieder Bewegung und Tätigkeit in dasselbe zu bringen. Dorthin, woher die ärgste Gefahr drohte, gegen Ungarn wandte sich zunächst der Prinz. Der größte Teil dieses Landes war von dem Aufstand des jüngeren Rakoczy überflutet, und sogar die Grenzen von Niederösterreich und Mähren wurden von den Insurgenten überschritten, welche daselbst empörende Gräueltaten verübten. Eugen eilte nach Pressburg, um den Widerstand gegen die rebellischen Ungarn zu organisieren, ihren Fortschritten Einhalt zu tun und sie entweder im Wege der friedlichen Überredung oder der Gewalt zur Unterwerfung zu bringen. Er war jedoch keineswegs gemeint, unter der Überredung etwa allzu weitgehende Nachgiebigkeit zu verstehen. Er wusste, dass dieselbe immer nur für Schwäche angesehen wird und statt dauernder Versöhnung nur noch höher gesteigerte Anforderungen hervorruft. In jedem seiner Schreiben drang daher Eugen auf nachdrückliche Anwendung der Waffengewalt zur Unterdrückung des Aufstandes. Unbeschreiblich war die Tätigkeit, welche der Prinz zu diesem Ende entwickelte. Aber sie hatte noch kaum zu irgendwelchem Ergebniss geführt, als Eugen nach Wien zurückkehren musste, wo man durch das Vordringen der Franzosen und der mit ihnen verbündeten Bayern unter dem Kurfürsten Max Emanuel gegen Österreich in äußersten Schrecken versetzt worden war. Im Mai 1704 begab sich Eugen auf dem weiten Umweg über Tirol und Vorarlberg auf den Schauplatz des Krieges in Deutschland. Am 10. Juni traf er zu Mundelsheim am Neckar mit Marlborough zusammen, der das englische Hilfsheer kommandierte. Zwei Monate später, am 13. August 1704, schlugen beide Feldherren die vereinigten Franzosen und Bayern in der Entscheidungsschlacht bei Höchstädt. Die Eroberung von Landau, die Vertreibung der Franzosen aus Deutschland, die Besetzung Bayerns durch die Österreicher waren die unmittelbaren Folgen des glanzvollen Sieges. Die Ausführung der Ilbesheimer Konvention, durch welche Bayern sich unterwarf, übertrug der Kaiser an Eugen, und er bewies hiedurch, dass eine harte Behandlung Bayerns nicht in seinem Willen gelegen war. Denn immer hatte der Prinz sich gegen jede übermäßige Bedrückung des eroberten Landes erklärt. Aber nur für kurze Zeit vermochte er in diesem Sinne tätig zu sein. Denn die Notwendigkeit, für die Fortsetzung des Krieges Vorkehrungen zu treffen, rief ihn vorerst nach Wien. Von hier aber eilte er im April 1705 nach Italien, um dort neuerdings den Oberbefehl gegen die Franzosen und die Spanier zu übernehmen. Der Herzog von Savoyen hatte inzwischen die Sache der bourbonischen Höfe verlassen und stand nun wieder auf der Seite des Kaisers. Dem mächtigen Frankreich gegenüber jedoch nur ganz unzulängliche Hilfsmittel besitzend und von Österreich in sehr geringem Maße unterstützt, befand er sich in der bedrängtesten Lage. Ihm Hilfe zu bringen, darauf war nun Eugens Absicht vor allem gerichtet. Um diesen Zweck zu erreichen, griff er am 16. Aug. 1705 das ihm entgegenstehende Heer an, obgleich sich dasselbe bei Cassano in gedeckter Stellung an der Adda befand. Mit heldenmütiger Tapferkeit schritten Eugens Truppen zum Angriff, mit tollkühner Todesverachtung setzte er selbst sich der höchsten Gefahr aus. Obwohl durch einen Streifschuss am Hals verwundet, wich er nicht vom Kampfplatz, sondern harrte aus in dem ärgsten Getümmel. Aber endlich musste er sich doch zum Rückzug entschließen und darum kann ihm auch die Ehre des Sieges nicht zugesprochen werden. Persönlichen Kriegsruhm aber hat er bei Cassano neuerdings in reichlichstem Maße geerntet. Und auch den Plan gab er nicht auf, trotz aller Hindernisse, die ihm entgegenstanden, sich den Weg nach Piemont zu bahnen. Dort war der Herzog von Savoyen nur mehr auf den Besitz seiner Hauptstadt beschränkt. Glücklicher Weise zögerte Ludwig XIV. noch einige Zeit mit dem Beginn der Belagerung Turins, denn er bedurfte einer größeren Anzahl von Streitkräften, um sie gegen die Aufständischen in den Cevennen zu senden. Eugen aber benutzte die Zwischenzeit, um sich im Januar 1706 nach Wien zu begeben. Bei dem jungen Kaiser Joseph I. wollte er persönlich dahin wirken, dass dem Heer in Italien die unerlässliche Verstärkung sowie die notwendige Geldhilfe zu Teil werde. Unglücklicher Weise wurde während der Abwesenheit des Prinzen sein Stellvertreter Feldmarschalllieutenant Graf Reventlow am 19. April 1706 bei Calcinato von Vendôme überrascht und geschlagen. Als Eugen auf dem Rückweg nach dem Kriegsschauplatz sich zu seinen Truppen begab, fand er dieselben in völliger Auflösung begriffen. Um die Trümmer seines Heeres zu retten, zog er sie einstweilen ganz vom italienischen Boden hinweg nach Riva am nördlichen Ufer des Gardasees. Bald kehrte er jedoch wieder nach Italien zurück, wohin die Nachrichten von dem Beginn und den Fortschritten der Belagerung Turins ihn immer dringender riefen. Im Juli 1706 ging er über die Etsch und den Po, nahm Carpi und Reggio und drang unaufhaltsam gegen Turin vor. Am 1. September vereinigte er zu Villa Stellone seine Truppen mit denen des Herzogs von Savoyen. Sein bewunderungswürdiger Marsch von der Grenze Tirols bis nach Piemont, dem weit überlegenen Feind zum Trotz, während unerträglicher Hitze und mit oft gänzlich erschöpften Soldaten, wurde aufs höchste gepriesen und eiferte die tapferen Verteidiger Turins zu neuen Anstrengungen an. Seit Eugen herbeigekommen, hofften sie, trotzdem ihre Bedrängnis schon aufs äußerste gestiegen war, doch noch auf Rettung, Und sie wurde ihnen wirklich. Schon am 7. September 1706 griffen der Herzog von Savoyen und Eugen das Belagerungsheer an. Auch diesmal wieder sein Leben wagend wie ein einfacher Soldat, führte Eugen den linken Flügel des vereinigten Heeres gegen den Feind. Ihm nach drängen sich in wildestem Ungestüm seine tapferen Krieger, mit ihm zugleich überschreiten sie den Graben, erklimmen die Verschanzungen, befestigen sich daselbst. Plötzlich bricht Eugen zusammen und verschwindet in dem Gewühl der Kämpfer. Schon beginnt bei diesem Anblick der Schrecken seine Krieger zu ergreifen, aber schnell erhebt Eugen sich wieder und winkt mit der Hand und ruft es laut, dass ihm nichts Schlimmes widerfahren und nur sein Pferd zum Tod getroffen worden sei. So wie durch die Höchstätter Schlacht ganz Deutschland, so wurde durch die Niederlage der Franzosen vor Turin Oberitalien von ihnen befreit. Unermesslich war der Eindruck, welchen dieser plötzliche und gänzliche Umschwung der Dinge überall hervorbrachte. Aus einem Land, in welchem die Franzosen bis noch vor kurzem fast uneingeschränkt die Herren gespielt hatten, waren sie jetzt mit einem Male fast vollständig verdrängt. Denn nicht nur Piemont kehrte unter die Botmäßigkeit seines Herzogs zurück; Mailand öffnete dem Prinzen seine Tore, fast alle lombardischen Städte taten desgleichen, und am 13. März 1707 wurde der förmliche Vertrag abgeschlossen über den Abzug der Franzosen aus Italien; außer dem Herzogtum Savoyen blieben nur Susu, Perosa und Nizza in ihren Händen. Eugen aber wurde zum Generalgouverneur der Stadt und des Herzogtums Mailand, sowie bald danach zum kaiserlichen Generallieutenant, gleichbedeutend mit Generalissimus, ernannt. Und die Regensburger Reichsversammlung übertrug ihm einstimmig die Würde eines katholischen Reichsfeldmarschalls. Peter der Große aber, der sich gerade zu jener Zeit mit Entwürfen beschäftigte, den König August II. von Polen zu entthronen, schlug dem Kaiserhof vor, er möge seinen Einfluss beim polnischen Reichstag mit demjenigen Russlands vereinigen, um die Königswahl auf den Prinzen Eugen fallen zu machen. Dieser Antrag wurde jedoch von dem Wiener Hofe, sowie von Eugen selbst ausweichend beantwortet. Niemals werde er, erklärte der Prinz, durch „eitle Ambition“ sich verleiten lassen, irgend etwas zu tun, was dem Interesse des Kaiserhauses schädlich sein könnte. Das letztere lag eben dem Prinzen weit mehr am Herzen als das was ihn selbst betraf. Darum beschäftigte er sich mit nichts so sehr als mit den Anstalten zu nachdrücklicher Fortsetzung des Krieges gegen Frankreich. Freilich war er mit dem dringenden Begehren Englands nicht einverstanden, dass durch die vereinigten kaiserlichen und piemontesischen Truppen ein Zug nach Südfrankreich unternommen und im Zusammenwirken mit der englischen Flotte Toulon belagert wurde. Den Engländern kam es auf die Zerstörung dieses Hauptwaffenplatzes der Franzosen im Mittelmeer an; Eugen aber täuschte sich nicht über die ganz außerordentlichen Schwierigkeiten, welche der Verwirklichung dieses Planes im Wege standen. Allerdings bemühte er sich deshalb mit nicht geringerem Eifer, dieselben zu überwinden, aber er konnte es nicht verhindern, dass seine trübe Vorhersagung sich erfüllte und die Unternehmung misslang. Am 12. Aug. 1707 trat die Armee den Rückmarsch an, welcher von Eugen meisterlich bewerkstelligt wurde. Bis Nizza begleitete die Flotte das Heer und am 16. September war es, ohne Schaden gelitten zu haben, in einem von Eugen gewählten Lager bei Scalenghe an der Lemnia konzentriert. Mit der Eroberung von Susa beschloss der Prinz diesen Feldzug.

Wie in der Natur, so zieht auch unter den Menschen das Hervorragende alle Blicke auf sich. Je schwieriger die zu erfüllenden Aufgaben erscheinen, um so dringender werden die Hände dem entgegengestreckt, den man oft Großes vollbringen sah. So geschah es auch mit Eugen: einmal sollte er Ungarn, dann Deutschland, dann Italien vom Feind befreien. Jetzt wurde ein gleiches für Spanien verlangt, wo in Folge der unglücklichen Schlacht von Almanza die Sache des Kronprätendenten, Erzherzogs Karl, in eine sehr ungünstige Lage versetzt worden war. Aber schließlich entschieden doch die Rücksichten, welche gegen eine so weite Entfernung des Prinzen in die Waagschale fielen. Guido Starhemberg wurde nach Spanien, Eugen aber vorläufig nach dem Haag gesendet, um mit Marlborough und dem Großpensionär Heinsius die nötigen Verabredungen zu treffen, auf dass der Krieg gegen Frankreich im großen Stile fortgesetzt werden könne. Nachdem sie sich in diesem Sinne geeinigt, fanden die beiden ruhmgekrönten Feldherren schon binnen kurzem auf dem Schauplatz kriegerischer Tätigkeit sich wieder. Eugen hatte die Bestimmung erhalten, das größtenteils aus deutschen Hilfsvölkern zusammenzusetzende Heer zu befehligen, welches im Verein mit Marlboroughs Armee die Franzosen in den Niederlanden bekämpfen sollte. Dorthin eilte der Prinz seinen Truppen voraus, und er kam eben recht, um Marlborough, der durch ungünstige Nachrichten aus seiner Heimat, sowie durch einige von den Franzosen errungene Vorteile in große Niedergeschlagenheit versetzt worden war, mit neuem Selbstvertrauen zu erfüllen. Am 11. Juli 1708 kam es bei Oudenaarde zur Schlacht, bei welcher Eugen den rechten Flügel der Armee Marlboroughs kommandierte. Eugens Flügel durchbrach die feindlichen Linien; hierauf wurden die Franzosen auch auf dem linken Flügel zurückgeworfen und endlich völlig geschlagen. Das siegreiche Heer unternahm nun auf Eugens Rat die Belagerung von Lille, eines der stärksten Waffenplätze Frankreichs. Während Eugen die Belagerungsarbeiten leitete, deckte sie Marlborough gegen ein etwa heranrückendes französisches Ersatzheer. Am Abend des 20. September 1708 versuchten die Belagerer einen Sturm gegen Lille. Auch jetzt wieder stellte sich Eugen in die vordersten Reihen der Streiter. Da traf ihn plötzlich eine Kugel am Kopf und er stürzte zu Boden. Aber schon nach wenigen Augenblicken erhob er sich wieder, beruhigte die Seinen und war nur schwer zu bewegen, sich zur Schonung seiner Wunde nach seinem Quartier zu begeben. Glücklicher Weise war dieselbe nicht gefährlich, indem die Kugel, welche über dem linken Auge die Hirnschale getroffen hatte, in schräger Richtung gekommen und an dem Knochen abgeglitten war. Schon in den nächsten Tagen konnte Eugen die Leitung der Belagerung wieder übernehmen, und am 22. Oktober übergab endlich der Marschall Boufflers nach tapferster Verteidigung die Stadt Lille mit Ausnahme der Zitadelle. Erst am 9. Dezember 1708 wurde die letztere ebenfalls erobert. Gent und Brügge, sowie andere, weniger bedeutende Plätze in den Niederlanden, welche die Franzosen besetzt hatten, erfuhren das gleiche Schicksal. Am 15. Jan. 1709 schrieben die Generalstaaten dem Kaiser, man habe diese glanzvollen Resultate des so eben zu Ende gegangenen Feldzuges nächst Gottes Hilfe dem Prinzen Eugen zu verdanken. Sie legten daher sehr hohen Wert darauf, dass er noch fortan in den Niederlanden bleibe. So geschah es denn auch, und nicht nur an den kriegerischen Unternehmungen, sondern auch an den Verhandlungen, welche jetzt über die Anerbietungen des Königs von Frankreich zur Herbeiführung des Friedens gepflogen wurden, nahm Eugen den hervorragendsten Anteil. Seinem entschiedenen Auftreten, welches Marlborough nachdrücklich unterstützte, kann es zugeschrieben werden, dass der französische Abgesandte, Marquis de Torcy, fast alles zugestand, was man von ihm verlangte. Die Überlassung der ganzen spanischen Monarchie, wie Karl II. sie besessen, an das Haus Österreich bildete den Hauptpunkt. Außerdem begehrte Eugen auf Befehl des Kaisers auch noch Straßburg und den Elsass, ja die drei Bistümer Metz, Toul und Verdun für das Reich zurück. Endlich sollte sich Ludwig XIV. verpflichten, seinen Enkel, Philipp von Anjou, wenn er sich die Abtretung Spaniens nicht gutwillig gefallen lasse, hiezu mit Waffengewalt zu zwingen. Auf eine so demütigende Bedingung ging jedoch der König von Frankreich nicht ein. Er lehnte es ab, auf solcher Grundlage fernere Verhandlungen über den Friedensschluss zu pflegen. Dieselben wurden nun zu dem größten Bedauern des Prinzen, welcher vor allzu straffer Anspannung des Bogens fortwährend gewarnt hatte, vollständig abgebrochen, und man griff neuerdings zu den Waffen, welche denn auch jetzt wieder von den Verbündeten siegreich geführt wurden. Eugen und Marlborough eroberten Tournay, und am 11. September 1709 schlugen sie die Franzosen unter Villars in der überaus blutigen Schlacht bei Malplaquet, in welcher Eugen neuerdings, jedoch wieder nicht gefährlich verwundet wurde. Mons ergab sich nach vierwöcheniger Belagerung, und man hoffte nun, dass sich der Friede ohne allzu große Schwierigkeit werde zu Stande bringen lassen. Eindringlich riet der Prinz, man möge nicht wieder in den Fehler verfallen, den König von Frankreich durch allzu hoch gespannte Forderungen aufs äußerste zu treiben. Würden sämtliche Verbündete standhaft bleiben und unerschütterlich festhalten an ihrem bisherigen Begehren, dann könnte man freilich auch von Frankreich die verlangten Zugeständnisse erzwingen. Auf diese Standhaftigkeit aber könne man ja durchaus nicht zählen. Immer mächtiger würden die unbedingten Anhänger des Friedens in Holland, die Gegner Marlboroughs in England. Und selbst dem Kaiser werde bei der Erschöpfung all seiner Hilfsmittel die Fortsetzung des Krieges fast unmöglich. Gleichwohl brachte die Warnungsstimme Eugens nur wenig Eindruck hervor. Fast alle früheren Forderungen hielten die Verbündeten aufrecht, und noch während hierüber zu Gertruidenburg die Verhandlungen gepflogen wurden, unternahmen Eugen und Marlborough die Belagerung von Douay. Durch nahezu zwei Monate widerstand ihnen dieser Platz; erst am 29. Juni 1710 wurde er von den Truppen der Verbündeten besetzt. Bethune, Aire und St. Venant fielen der Reihe nach gleichfalls in ihre Hände. Aber an dem Stand der Hauptsache, des Friedensgeschäftes, wurde hiedurch doch nicht viel geändert. An dem Begehren, das der König von Frankreich sich zu etwaiger Bekämpfung seines Enkels verpflichte, scheiterten die Verhandlungen auch jetzt wieder. In Wien war man zwar hinsichtlich dieses Punktes durch Eugen zur Nachgiebigkeit bestimmt worden, die Seemächte aber beharrten eigensinnig auf demselben. So herrisch zeigte sich insbesondere England, dass der Gedanke, das Bündnis mit den Seemächten sei keineswegs so vorteilhaft für Österreich, als man bisher geglaubt, immer tiefere Wurzel schlug in dem Gemüt des Prinzen. Merkwürdig ist es, dass er, den man immer für den erbittertsten Feind Frankreichs gehalten, schon vierzig Jahre vor Kaunitz es aussprach, es wäre lebhaft zu wünschen, dass das Haus Bourbon so geartet wäre, um dem Wiener Hofe die Möglichkeit zu bieten, mit ihm eine wahre, aufrichtige und dauernde Freundschaft zu schließen. Denn beide Fürstenhäuser hätten eigentlich nur ein und dasselbe Interesse an der Aufrechthaltung des Friedens in Europa und dem Schutz und der Förderung des katholischen Glaubensbekenntnisses. Aber freilich fügte Eugen gleich hinzu, dass bei Frankreichs rastlosem Ehrgeiz, bei seiner nie befriedigten Sucht nach Ausdehnung seines Gebietes und nach Vergrößerung seiner Macht niemals auf ein Bündnis mit ihm zu hoffen sei. Darum glaubte wohl auch er, dass nichts übrig bleibe, als Frankreich so tief als möglich zu demütigen. Nur so lässt es sich erklären, wenn er das erneuerte Scheitern der Friedensverhandlungen mit Freude begrüßte. Offenbar hielt er Frankreich für so entkräftet und ein siegreiches Vordringen der Verbündeten für so gewiss, dass man bald im Herzen Frankreichs die Friedensbedingungen werde vorschreiben können. Aber gleichzeitig konnte er doch auch wieder nicht verkennen, dass die Aussicht hierauf durch die Ereignisse in England gar sehr verdüstert wurde. Alles deutete auf den raschen Verfall hin, in welchem das Ansehen und die Macht der Whigs begriffen war, während die dem Krieg gegen Frankreich abgeneigte Torypartei immer höher das Haupt hob. Aber auch diesen Verwicklungen gegenüber solle man, meinte der Prinz, nicht die Hände müßig in den Schoß legen, sondern alles aufbieten, um wenigstens Marlborough an der Spitze des Heeres zu erhalten. Er bewog nicht nur Marlborough, jedem Gedanken an freiwilligen Rücktritt zu entsagen, sondern er erbot sich, selbst nach England zu gehen, um es zu versuchen, die Königin Anna wieder zurückzubringen auf den Pfad, den sie früher gewandelt war. Aber die Hoffnung, dass dies überhaupt geschehen könne, wurde immer schwächer und schwächer, als plötzlich ein Ereignis eintrat, das sie mit einem Schlag völlig vernichtete. Am 17. April 1711 starb Joseph I. nach kurzer Krankheit an den Blattern, und sein in Spanien verweilender Bruder Karl war nunmehr der einzige männliche Sprössling des habsburgischen Hauses. Bis er nach Wien komme und die Regierung seiner Erbländer antrete, wurde dieselbe seiner Mutter, der Kaiserin Eleonore übertragen.

Am Tage vor dem Hinscheiden Josephs hatte Eugen, auf des Kaisers Wiedergenesung mit Zuversicht hoffend, Wien verlassen, um sich neuerdings nach dem Kriegsschauplatz zu begeben. Mit der äußersten Bestürzung und dem tiefsten Schmerz erfüllte ihn die unerwartete Nachricht vom Tod des Kaisers. Denn seinem weitschauenden Blick entging das Unheil nicht, welches durch dieses traurige Ereignis heraufbeschworen wurde. Und seine innige Anhänglichkeit an Joseph ließ ihn diesen Verlust doppelt betrauern. „Mein Schmerz mehrt sich mit jedem Tage“, schrieb Eugen an Wratislaw, „denn ich habe diesen Fürsten wahrhaft geliebt.“ Dem Erben der österreichischen Länder versicherte er, dass er ihm mit der gleichen Pflichttreue zu dienen bereit sei, welche er so lange Jahre hindurch dessen Vater und Bruder bewiesen habe. Er stellte ihm die Notwendigkeit vor, bald nach Deutschland zu kommen, wo seine Erwählung zum Kaiser kaum irgend einem Hinderniss werde begegnen können. Um so mehr sei dies in Bezug auf die Besitzergreifung von Spanien zu besorgen, welche Karl, wie Jedermann wusste, vor allem am Herzen lag. Darum verhielt er sich jetzt ablehnend gegen die manchmal recht ungestümen Aufforderungen, welche von allen Seiten ihm zugingen, unverzüglich nach Deutschland zu gehen, und das Drängen zu baldiger Abreise aus Spanien nahm er nur mit einem gewissen Widerwillen auf. Gleichwohl ließ sich Eugen hierdurch nicht irre machen, unablässig in diesem Sinne nach Barcelona zu schreiben. Er selbst begab sich an die Höfe der deutschen Kurfürsten, die Kaiserwahl zu sichern. Und als dieselbe vollzogen war, eilte er Karl, der sich endlich zur Abreise aus Spanien entschlossen hatte, nach Innsbruck entgegen. Hier bildete die Haltung, welche man der englischen Regierung gegenüber zu beobachten hatte, einen der wichtigsten Gegenstände der Beratungen des neuen Kaisers mit Eugen und den Ministern. Durch Bestechung eines der Sekretäre des kaiserlichen Gesandten, Grafen Gallas, hatte sich die Königin Anna Kenntnis von den Berichten verschafft, welche Gallas seiner Regierung erstattete. Durch den Inhalt derselben fand sich die Königin persönlich in so hohem Grade beleidigt, dass sie die Aufhebung allen schriftlichen Verkehrs mit Gallas befahl. Doch werde sie, ließ die Königin erklären, gern jede Mitteilung annehmen, welche der Kaiser durch einen anderen Minister an sie richte. Eugen riet nun, der englischen Regierung die Beleidigung des Kaisers nicht ungestraft hingehen zu lassen. So charakterlosen Menschen, wie den englischen Ministern, müsse man unerschrocken die Stirn zeigen. Hätte Gallas England noch nicht verlassen, so möge er dort bleiben; wäre er bereits abgereist, so solle an seiner Stelle kein anderer Repräsentant des Kaisers dorthin abgesendet werden.

Nur der erste Teil der Ausführungen des Prinzen fand die Zustimmung Karls; hinsichtlich des letzteren Punktes war er hingegen der Meinung, eine Person von höchstem Ansehen müsse nach London sich begeben, um eine Umstimmung der Königin und der britischen Regierung zu versuchen. Diese peinliche Aufgabe zu übernehmen, sei jedoch Niemand geeigneter als der Prinz, der sich ja früher einmal selbst zur Reise nach London angeboten habe. Wie immer, so fügte Eugen sich dem Willen seines kaiserlichen Herrn, auch wenn ihm, wie es durch die Reise nach England geschah, ein recht schweres Opfer auferlegt wurde. Denn in jeder Weise zeigten die nun am Ruder befindlichen britischen Staatsmänner, wie unwillkommen dieser Entschluss des Prinzen ihnen war, und alle sich ihnen darbietenden Mittel wandten sie an, um ihn hievon wieder zurückzubringen. Aber auf Eugen blieben sie gleichwohl ohne Wirkung; am 16. Jan. 1712 traf er in London ein, wenige Tage nachdem sein Freund, sein Kriegs- und Ruhmesgenosse Marlborough, der Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagt, all seiner Ämter verlustig geworden war. Wenn Marlboroughs Feinde sich schon stark genug fühlten, um einen solchen Schritt zu wagen, ließ sich auch nicht erwarten, dass die Anwesenheit Eugens in England das von dem Kaiser gehoffte Ergebnis nach sich ziehen werde. So geschah es auch wirklich. Mit persönlichen Ehrenbezeugungen überhäuft, aber nicht im geringsten mehr bezweifelnd, dass England mit Frankreich schon einig und für die Sache des Kaisers, wenigstens was den Besitz Spaniens und Indiens angehe, von England nichts mehr zu hoffen sei, kehrte Eugen nach dem Festland zurück. Unter den ungünstigsten Auspizien begann er den Feldzug. Offen erklärte der Oberkommandant der englischen Truppen, der Herzog von Ormond, dass er strengen Befehl habe, sich in keine Schlacht einzulassen. Und als Eugen gleichwohl an die Belagerung von Quesnoy schritt, rief die britische Regierung ihre eigenen und die in ihrem Sold stehenden deutschen Truppen vom Heer der Verbündeten zurück. Allerdings leisteten die wackeren Kommandanten der letzteren diesem Begehren keine Folge, sondern sie harrten gleich den Holländern bei Eugen aus, und es gelang ihm wirklich, Quesnoy zu erobern. Aber damit schien auch die Reihe der Siegestaten Eugens gegen Frankreich erschöpft. Als der Prinz die Offensivbewegungen gegen die Franzosen neuerdings begann, gelang es dem Marschall Villars, den Befehlshaber der holländischen Truppen, Grafen Albemarle, bei Denain zu überfallen und gefangen zu nehmen. Saint-Amand, Mortagne und Marchiennes wurden nun von den Franzosen erobert und Eugen sah sich trotz seines Widerwillens durch das ungestüme Drängen der holländischen Deputierten zu einer rückgängigen Bewegung gezwungen. Nun gerieten auch Douay, Quesnoy und Bouchain wieder in die Hände der Franzosen; durch diese Ereignisse aber wurden die Holländer und die übrigen Verbündeten des Kaisers so eingeschüchtert, dass sie von einer Fortsetzung des Krieges nichts hören wollten. Was auch Eugen, der zu diesem Zweck neuerdings nach dem Haag eilte, dort vorstellen, welche Pläne er zu fernerer und nachdrücklichster Bekriegung Frankreichs entwerfen mochte, alles blieb fruchtlos. Eifrig beteiligten sich die Holländer an den zu Utrecht stattfindenden Verhandlungen zur Herbeiführung des Friedens, der denn auch am 11. April 1713, jedoch ohne Teilnahme des Kaisers, zu Stande kam. Denn Karl war damals noch entschlossen, den Krieg gegen Frankreich auch allein fortzuführen. Obwohl Eugen dies angelegentlich widerraten hatte, fügte er sich jedoch auch diesmal dem Wunsch des Kaisers und übernahm den Oberbefehl über die Armee am Rhein. Aber der erbärmliche Zustand der Reichstruppen und die durch den langen Krieg herbeigeführte Erschöpfung der Kräfte des Hauses Österreich wirkten lähmend auf die Unternehmungen Eugens. Er konnte es nicht hindern, dass die ihm weit überlegenen Franzosen unter Villars bald die Oberhand gewannen. Sie eroberten Landau, durchbrachen die Schanzen im Schwarzwald und nahmen nach langer Belagerung auch Freiburg weg. Nun begann endlich auch Karl VI. einzusehen, wovon Eugen ihn schon seit einiger Zeit zu überzeugen gesucht hatte: dass er mit dem Reich allein den Kampf gegen Frankreich nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg fortführen könne. Er wies die erneuerten Vorschläge Frankreichs zur Herbeiführung des Friedens nicht länger zurück und die beiderseitigen Oberfeldherren wurden mit den Verhandlungen hiezu betraut. Mit Ernst und Festigkeit pflog sie Eugen und er erreichte hiedurch die Ermäßigung oder Beseitigung so manchen übertriebenen Begehrens der Franzosen. Insbesondere waren es die Bedingungen, die auf das deutsche Reich sich bezogen, denen er ganz besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Allerdings konnte er es nicht hindern, dass Frankreich Landau behielt, aber die übrigen in dem letzten Feldzug gemachten Eroberungen musste es zurückgeben. Der Kaiser bekam die spanischen Niederlande, Mailand, Neapel, Sardinien und die Plätze an der toskanischen Küste; auf Spanien und Indien musste er verzichten. Der Friedensvertrag wurde, insofern er das Haus Österreich anging, am 7. März 1714 zu Rastatt, für das deutsche Reich aber erst am 8. September 1714 zu Baden in der Schweiz durch Eugen und Villars unterzeichnet.

Bei seiner Rückkehr nach Wien wurde Eugen vom Kaiser mit höchster Auszeichnung und der Versicherung innigster Dankbarkeit empfangen. Karl trachtete, ihm dieselbe zu beweisen, indem er ein dem Prinzen schon von Joseph I. zugesprochenes Geschenk von dreimalhunderttausend Gulden noch um hunderttausend Gulden vermehrte und für dessen ratenweise Auszahlung Sorge trug. Aber gleichwohl hinderte diese Gesinnung des Kaisers es nicht, dass sich in Bezug auf Eugens Statthalterschaft in Mailand bald sehr weitgehende Differenzen ergaben. Von Dankbarkeit für die Spanier durchdrungen, welche seiner Sache sich geweiht hatten, und von persönlicher Vorliebe für sie beseelt, vertraute der Kaiser die Regierung der Provinzen, welche früher zu Spanien gehört hatten, fast ausschließlich ihren Händen. Zur obersten Leitung derselben wurde in Wien eine neue Behörde, der spanische Rat, gebildet. Immer mächtiger wurde die spanische Partei am Hof, ihre Übergriffe wurden jedoch von Eugen und seinen Anhängern mit Entschiedenheit bekämpft. Aber die fast unausbleibliche Folge dieses Gegensatzes war, dass der Prinz nicht länger in einer Stellung ausharren konnte, in der er dem spanischen Rat unmittelbar untergeordnet war. Er legte die Statthalterschaft von Mailand nieder und erhielt dafür diejenige der österreichischen Niederlande. Noch ehe jedoch der Prinz in diesem letzteren Amt irgendwelche Wirksamkeit zu entfalten vermochte, wurde er wieder zu kriegerischer Tätigkeit berufen. Die Bedrohung der venetianischen Besitzungen in der Levante durch die Pforte führte Österreich zu einem neuen Kampf gegen dieselbe. Es verstand sich gleichsam von selbst, dass kein Anderer als Eugen den Oberbefehl über das kaiserliche Heer führe, welches bei Peterwardein sich versammelte. Am 9. Juli 1716 kam Eugen nach Futak und fand den Zustand seiner Truppen vortrefflich. Am 5. Aug. führte er sie zum Angriff gegen die Türken, welche sich angeschickt hatten, Peterwardein zu belagern. In der Nähe dieser Festung errang er einen glänzenden Sieg, welchem die Eroberung von Temesvar folgte. Nun suchte die Pforte ängstlich den Frieden, aber dringend riet Eugen dem Kaiser zur Fortführung des Krieges. Die Wiedereroberung Belgrads wurde zur allgemeinen Losung, zum Zielpunkt der kriegerischen Unternehmungen des Prinzen. Groß war die Gefahr, der er sich und sein Heer dabei aussetzte, denn einerseits galt die Festung in jener Zeit für außerordentlich stark, und andererseits sammelte der Großwesir bei Nissa ein ungemein zahlreiches, dem Prinzen weit überlegenes Entsatzheer. Eugen ließ sich jedoch hiedurch nicht irre machen in der Ausführung seiner kühnen Entwürfe. Während er die Belagerung von Belgrad begann und sie nachdrücklich fortsetzte, traf er alle Vorkehrungen, der türkischen Armee einen ihr unwillkommenen Empfang zu bereiten. Da jedoch der Feind nicht zum Angriff schritt, blieb dem Prinzen, um sich aus der gefährlichen Lage zu befreien, in welche er zwischen der Festung und dem Entsatzheer geraten war, nichts übrig als gegen letzteres selbst die Offensive zu ergreifen. Am 16. Aug. 1717 führte er diesen Entschluss aus. In wenig Stunden schlug er den Großwesir vollständig aufs Haupt und in Folge des errungenen Sieges ergab sich binnen kurzem Belgrad an den Prinzen. Unermesslich war die Freude, welche der Sturz dieses stärksten Bollwerkes des Islams in der ganzen Christenheit hervorrief. Von allen Seiten erntete der Prinz enthusiastische Lobpreisung für seine Tat. So tief war die Bewunderung für ihn in das Gemüt des Volkes, insbesondere in wackere Soldatenherzen gedrungen, dass jenes schmucklose Lied, von einem seiner braven Krieger verfasst, ohne sonst einen Wert zu besitzen als den, das unverfälschte Zeugnis der damaligen Stimmung des Volkes zu sein, im Mund desselben sich erhielt bis auf den heutigen Tag.

Wer es sich recht deutlich veranschaulicht, wie sehr Eugen durch die siegreiche Beendigung des Krieges gegen die Türken seine früheren, fürwahr schon unermesslich zu nennenden Verdienste um Österreich und das Kaiserhaus noch vermehrte, der wird es kaum zu begreifen im Stande sein, wie bald darauf das Ansehen und der Einfluss des Prinzen am Wiener Hof immer tiefer zu sinken vermochten. In der Herrschaft, welche Karl VI. der spanischen Partei in immer höherem Maße über sich einräumte, muss die Ursache hievon gesucht werden. Hatte der Kaiser noch während der letzten Feldzüge den Prinzen mit fast überschwänglichen Kundgebungen seiner Freundschaft und Dankbarkeit überhäuft, so wurde kurz nach seiner Rückkehr ängstliches Misstrauen, ja völlige Entfremdung im Benehmen Karls gegen ihn bemerkbar. Man hatte dem Kaiser die Meinung beizubringen gewusst, dass Eugens Macht allzu groß sei für einen Untertan und bereits diejenige des Kaisers verdunkle. Ja sogar in seinen militärischen Leistungen griff man den Prinzen an und arbeitete darauf hin, dass ihm die Leitung des Kriegswesens entzogen werde. Nicht nur die mit Karl VI. nach Wien gekommenen Spanier, auch Mitglieder des österreichischen Adels, wie des Kaisers Liebling, Graf Michael Althan, und der oberste Kanzler von Böhmen, Graf Leopold Schlik, beteiligten sich an diesen Bestrebungen, ja sie waren so recht die Seele derselben. Und die scharfe Kritik, welche Eugens langjähriger Gegner, der sonst so hochverdiente Feldmarschall Graf Guido Starhemberg an den militärischen Maßregeln des Prinzen übte, trug gleichfalls nicht wenig dazu bei, dessen Ansehen allmählich zu untergraben. Aber trotzdem wäre es wohl kaum zu irgend einem offenen Angriff auf die Stellung Eugens gekommen, wenn nicht plötzlich an die Spitze seiner Gegner ein ausländischer Fürst getreten wäre, welchen die Bande des Blutes und geleistete Dienste inniger als einen Anderen hätten an Eugen fesseln sollen. König Victor Amadeus erblickte in seinem Vetter ein unbesiegbares Hindernis der Verwirklichung seines unausgesetzt verfolgten Planes, das Gebiet von Mailand für sein Haus zu gewinnen. Da er wusste, dass Eugen sich der Durchführung eines solchen Gedankens jederzeit energisch widersetzen werde, vereinigte der König sich mit denen, welche den Sturz des Prinzen herbeiführen zu können sich sehnten. Durch seinen Beitritt reifte dasjenige, was bisher nur ein Wunsch gewesen, endlich zur Tat. Ein politischer Abenteurer, der Abbate Giovanni Prospero Tedeschi und der Reichshofrath Graf Johann Friedrich von Nimptsch gaben sich als Werkzeug her. Der letztere wagte es, den Prinzen beim Kaiser offen zu verleumden. Er suchte ihn glauben zu machen, Eugen stimme nur aus dem Grund gegen die von König Victor gewünschte Verheiratung seines ältesten Sohnes mit einer der Töchter Josephs I. und für deren Vermählung mit dem Kurprinzen von Bayern, weil ihm die Vorliebe des österreichischen Adels für dieses kurfürstliche Haus bekannt sei und er dereinst mit Hilfe des letzteren dem Kaiser Gesetze vorzuschreiben gedenke. Karl VI. war so schwach, diesen Angaben Glauben zu schenken und Nimptsch zu erlauben, sich unerkannt und nächtlicher Weile zu ihm zu verfügen und ihm noch fernerhin geheime Berichte über die verbrecherischen Pläne zu erstatten, welche nach seiner Behauptung Eugen verfolgte. Eigentümlicher Weise wurde jedoch die Verräterei, die man gegen Eugen ins Werk setzte, demselben gleichfalls durch eine Art von Verrat hinterbracht. Der Kammerdiener des Grafen Nimptsch entdeckte dem Prinzen alles, was gegen ihn angesponnen wurde. Allsogleich begab sich Eugen zum Kaiser, um volle Genugtuung zu verlangen. Sollte sie ihm nicht zu Teil werden, so lege er, erklärte der Prinz, alle seine Stellen nieder. Ganz Europa werde er jedoch aufrufen zum Richter über die Kränkung, die ihm widerfahren würde, wenn eine solche Beleidigung straflos bliebe. Anfangs suchte ihn Karl zu beschwichtigen, aber der Prinz beharrte auf seinem Begehren um Genugtuung und er setzte es durch, dass Nimptsch und Tedeschi verhaftet wurden. Eine strenge Untersuchung begann; sie endigte mit der Verurteilung der beiden Beschuldigten. Am 12. Dezember 1719 wurde an Tedeschi die Strafe der Auspeitschung vollzogen und zwei Tage später Nimptsch, der seiner Stellen entsetzt worden, nach Graz gebracht, um in der dortigen Festung die ihm auferlegte zweijährige Haft zu verbüßen.

Von nun an wagte es Niemand mehr, seiner etwaigen Abneigung gegen den Prinzen durch verleumderische Anschuldigung desselben Ausdruck zu verleihen. Allmählich kehrte auch die frühere Neigung, das frühere Vertrauen des Kaisers zu ihm zurück. Insbesondere machte sich dies seit dem im Jahre 1722 erfolgten Tode Althans bemerkbar. Überhaupt trat im Laufe der Zeit die spanische Partei am Wiener Hofe von dem politischen Schauplatz nach und nach zurück. Je mehr dies geschah, um so höher stieg auch Eugen in der persönlichen Gunst des Kaisers, der ihm die sprechendsten Beweise seiner Freundschaft und Dankbarkeit gab, um so mehr nahm der Einfluss des Prinzen auf die Staatsgeschäfte zu, so dass er bald, wenn auch nicht dem Namen, so doch der Sache nach die Stellung eines ersten Ministers einnahm. Nichts hielt Karl VI. vor ihm verborgen, durch seine Hand ging die geheimste Korrespondenz, an ihn wandten sich die fremden Regierungen, wenn sie am Kaiserhof Dinge vorzubringen hatten, auf die sie besonderen Wert legten und für welche sie auf Eugens mächtige Unterstützung hoffen zu dürfen glaubten. Aber freilich versagte sie der Prinz in all den Fällen, in denen das wahre Interesse des Kaiserhauses und des Staates Österreich ihm dies zu verlangen schien. So war er ein eifriger Gegner des Projektes, welches im Jahr 1724 von spanischer Seite an den Wiener Hof gebracht wurde, die älteste Tochter des Kaisers, die Erzherzogin Maria Theresia, welche schon damals als die dereinstige Erbin aller österreichischen Länder angesehen wurde, mit dem Infanten Don Carlos zu vermählen. Dieser Widerspruch Eugens, von anderen einsichtsvollen Männern im Rat des Kaisers unterstützt, brachte gleichwohl nicht die gewünschte Wirkung hervor. So sehr stand Karl VI. zu jener Zeit noch unter dem Einfluss der Spanier an seinem Hof, welche in ihrem eigenen Interesse eine innige Verbindung Österreichs mit Spanien aufs dringendste wünschten, dass er die weisen Ratschläge Eugens weit weniger beachtete, als sie es verdienten. Er schloss einen Vertrag ab, durch welchen er sich gegen den König von Spanien verpflichtete, zwei von seinen drei Töchtern den Söhnen des Königs zu Teil werden zu lassen. Nur so viel war erreicht worden, dass der Kaiser nicht mit voller Bestimmtheit versprach, seine älteste Tochter einem spanischen Infanten zu vermählen. Hiedurch wurde jedoch der Keim des Zerwürfnisses in das neu geschlossene Bündnis schon gelegt. Während die patriotisch gesinnten Österreicher fortwährend daran arbeiteten, eine Verheiratung der Erzherzogin Maria Theresia mit dem Infanten Don Carlos zu hintertreiben, wurde von spanischer Seite gerade nach ihr ausschließlich gestrebt, denn nicht so sehr um die Hand einer Erzherzogin, als um die österreichischen Länder war es dem Hof von Madrid zu tun. Der Tod der jüngsten Tochter des Kaisers brachte die Sache zur Entscheidung, denn während man jetzt in Spanien behauptete, die noch am Leben befindlichen beiden Erzherzoginnen könnten den Infanten nicht versagt werden, entgegnete man in Wien, mit dem Tode der dritten Erzherzogin sei die Voraussetzung weggefallen, unter der man die Vermählung von zwei derselben mit den spanischen Prinzen versprochen habe. Insbesondere war es Eugen, der in den Kaiser drang, unter gar keiner Bedingung die Hand seiner Tochter Maria Theresia dem Infanten Don Carlos zu geben. Karl. VI. handelte jetzt in Gemäßheit dieses Rates. Die unmittelbare Folge hievon war der Abfall Spaniens von dem Bündnis mit Österreich. Aber eine politische Isolierung des Wiener Hofes trat darum doch nicht ein. Lang schon hatte Eugen dahin gewirkt, dass der Kaiser mit Russland und mit Preußen enge Verbindungen eingehe. Dem ersteren Staat gegenüber war dieses Ziel ohne große Schwierigkeit erreicht und schon im August 1726 ein Bündnis zwischen Österreich und Russland abgeschlossen worden. Zwei Monate später kam der Vertrag von Wusterhausen zu Stande, durch welchen Friedrich Wilhelm I. von Preußen sich innig an das Kaiserhaus anschloss. Aber beide Alliierte gewährten doch Österreich nur wenig Hilfe, als es nach dem Tod des Königs August II. von Polen wegen der Thronfolge in diesem Land im Jahre 1733 in Krieg gegen die bourbonischen Höfe geriet. Derselbe wurde in Italien mit entschiedenem Unglück, in Deutschland aber, wo der hochbejahrte Eugen neuerdings das Kommando übernahm, wenigstens ohne entscheidende Resultate geführt. An die Spitze einer durchaus unzureichenden Streitmacht gestellt, vermochte der Prinz zwar nicht die Wegnahme der Ettlinger Linien durch die Franzosen und den Fall der Festung Philippsburg zu verhindern, aber er hintertrieb doch wenigstens größere Fortschritte des übermächtigen Feindes. Fortwährend riet er zum Frieden, und es ist wohl bemerkenswert, dass er den Kaiser für den Gedanken zu gewinnen sich bemühte, die Erzherzogin Maria Theresia mit dem nunmehrigen Kurprinzen von Bayern, obgleich er weit jünger war als sie, zu vermählen. Denn er meinte, dass man hiedurch nicht nur günstigere Friedensbedingungen erlangen, sondern auch die Stellung Österreichs in Deutschland befestigen und endlich die Durchführung der pragmatischen Sanktion in den deutschösterreichischen Erbländern sicherstellen würde. Den tiefsten Eindruck brachte dieses Schreiben Eugens auf den Kaiser hervor. Von einer Vermählung seiner ältesten Tochter mit einem anderen Prinzen, als dem ihr seit langer Zeit schon bestimmten Herzog Franz von Lothringen, wollte er freilich nichts hören. Aber er begriff die unerlässliche Notwendigkeit, Frieden zu schließen, und er gab daher den Vorschlägen Gehör, welche zu diesem Ende von Frankreich gemacht wurden. Eugen aber kehrte nach Wien zurück und er selbst riet nun dem Kaiser, die Vermählung seiner Tochter mit dem Herzog von Lothringen nicht länger zu verzögern. Am 12. Febr. 1736 wurde dieselbe vollzogen; zehn Wochen später, in der Nacht vom 20. auf den 21. April, verschied der Prinz, der noch den vorhergehenden Abend nicht zu Hause zugebracht hatte, rasch und ruhig in seinem Bett; er wurde am Morgen tot in demselben gefunden.

Welch ruhmvolle Taten Eugen während einer langen Reihe von Feldzügen vollbrachte, wie oft er das österreichische Heer zu den glanzvollsten und entscheidendsten Siegen geführt, welche Grundsätze er als Staatsmann zu verwirklichen sich bemühte, ist hier wenigstens mit raschen Zügen zu schildern versucht worden. Es muss noch hinzugefügt werden, dass er als Präsident des Hofkriegsrates für Einführung mannigfacher Verbesserungen im Heerwesen tätig war. Der Stellenkauf wurde verboten, das Protektionswesen bekämpft, die Aufhebung der sogen. Expektanzen durchgesetzt, durch welche Kinder aus vornehmen Häusern oft schon bald nach ihrer Geburt Offiziersstellen, ja Kompanien erhielten. Die Einführung strenger Subordination, die unnachsichtige Bestrafung von Exzessen lagen dem Prinzen ganz besonders am Herzen. Das Ansehen des Hofkriegsrates, dieser mit Unrecht so viel geschmähten obersten Militärbehörde, hielt er sorgfältig aufrecht; aber er war gleichzeitig gütig und mild gegen Offiziere und Soldaten und das Wohl der Armee wurde von ihm jederzeit eifrigst gefördert. Wie sehr er sich die Ausbildung der Zweige des Kriegswesens, welche noch mehr als die übrigen wissenschaftliche Ausbildung fordern, angelegen sein ließ, hat er durch Errichtung einer Genieschule am deutlichsten gezeigt.

Auch die Wirksamkeit Eugens als Generalstatthalter der Niederlande kann nicht ganz aus dem Auge verloren werden. Da er sich nicht persönlich dorthin zu begeben vermochte, musste er eines Stellvertreters sich bedienen; der Marquis de Prié bekleidete diesen Posten. Unablässig drang Eugen in ihn, die öffentlichen Ämter nur den Würdigsten zu Teil werden zu lassen. Redlichkeit, Fähigkeit und Eifer seien die Eigenschaften, welche hierbei am schwersten in die Waagschale zu fallen hätten. Man müsse dem Land zeigen, dass man Jeden in seinem Recht erhalten und diejenigen nach ihrem Verdienst belohnen wolle, welche sich vor den übrigen auszeichneten; dies zu tun, sei die Sache jeder guten Regierung. Sorgsam solle man sich enthalten, Ämter und Besoldungen auf Wenige zu häufen, sondern man müsse sie gleichmäßig verteilen, um Viele inniger an die Regierung zu fesseln und Niemand Grund zur Eifersucht oder zu berechtigter Klage über Misstrauen zu geben. Als man mit dem Gedanken umging, ihm zu Ehren eine Statue zu errichten, fand dieser Vorschlag an Eugen selbst den entschiedensten Gegner. Ein Geschenk von 6000 Dukaten, welches die Stände von Flandern und Brabant ihm anboten, wies er mit verbindlicher Danksagung zurück. So wohlwollend und zuvorkommend er sich übrigens bei jeder Gelegenheit zeigte, so unnachsichtige Strenge wollte er dort beobachtet sehen, wo er dieselbe für notwendig hielt. Als in den Jahren 1718 und 1719 zu Brüssel Unruhen ausbrachen, welche sogar eine hochverräterische Gestalt anzunehmen drohten, war Eugen für Anwendung von Waffengewalt und rückhaltlose Strenge. Er billigte es, dass das Haupt des Aufstandes und einige Plünderer öffentlich hingerichtet würden. Aber nachdem dies geschehen, war er dafür, dass jetzt auch daran gedacht werde, die beunruhigten Gemüter durch zweckmäßige Maßregeln wieder zu beschwichtigen. Durch Milde sei die Liebe des Volkes zu gewinnen und dem öffentlichen Kredit, dem darniederliegenden Handel durch kräftige Unterstützung neuerdings aufzuhelfen. Aber so sehr der Prinz bei jedem Anlass die Notwendigkeit hervorhob, den Kredit zu fördern und zu entwickeln, so heftig bekämpfte er die abenteuerlichen Projekte, mit welchen zu jener Zeit der Schotte Law Frankreich in Taumel versetzte und die von dort auch den Weg nach den angrenzenden Niederlanden fanden. Den AKtien der französischen Mississippi-Gesellschaft wurde auf Befehl des Prinzen der Eingang in die Niederlande verwehrt, und er rettete sie dadurch vor unberechenbarem Schaden. Gesunde Bestrebungen fanden dagegen bei dem Prinzen stets ausgiebige Förderung; insbesondere war dies mit allem der Fall, was sich auf die Entfaltung des Seehandels der niederländischen Provinzen bezog. Darum ließ er sich auch die Gründung der Ostender Kompanie besonders angelegen sein; an den späteren Schicksalen dieser Körperschaft nahm er jedoch wenigstens nicht mehr als Generalstatthalter der Niederlande Anteil. Im November 1724 verzichtete er auf diesen Posten, den nun die älteste Schwester des Kaisers, die Erzherzogin Elisabeth erhielt.

Einen höchst bemerkenswerten Platz im Leben und Wirken des Prinzen nahm auch dessen hervorragendes Interesse an allem ein, was auf die Wissenschaften und die Kunst sich bezog. Man kennt seine Verbindung mit Leibnitz und die leider nicht zum Ziel führende Förderung, die er dem Plane desselben, in Wien eine Akademie der Wissenschaften zu errichten, zu Teil werden ließ. In naher Beziehung stand Eugen zu dem ersten französischen Lyriker jener Zeit, Jean Baptiste Rousseau, welcher durch seinen Einfluss zum kaiserlichen Historiographen in den Niederlanden ernannt wurde. Der berühmte Sammler und Kenner von Kupferstichen, Pierre Jean Mariette, arbeitete durch längere Zeit in Eugens prachtvoller Bibliothek. Als Mariette nach Italien sich begab, beauftragte ihn der Prinz mit dem Ankauf von Büchern und Kunstwerken, und auch von Paris aus setzte Mariette diese Sendungen noch fort. Aus der großen Anzahl anderer Schriftsteller, mit denen Eugen regen Verkehr unterhielt, mögen von den Franzosen nur noch Basnage und Lenglet, welch letzterer durch zwei Jahre gleichfalls in Eugens Büchersammlung beschäftigt war, unter den Italienern aber der Kardinal Passionei und der berühmte neapolitanische Geschichtschreiber Pietro Giannone genannt werden, der durch Eugen in Wien ein Asyl und Unterstützung fand. Ein anderer Kardinal, Alessandro Albani, bekannt durch den feenhaften Tempel der Kunst, zu dem er seine Villa in Rom umgestaltete, war Eugens Ratgeber in allem, was sich auf die Erwerbung von Kunstgegenständen bezog. So kam es, dass sowohl die reichhaltige Bibliothek des Prinzen als seine kostbaren Sammlungen von Kunstwerken aller Art damals gerechtes Aufsehen erregten in der gebildeten Welt. Und die prächtigen Gebäude, welche Wien ihm verdankt, sein Palast in der inneren Stadt und mehr noch das Belvedere sind heute noch Denkmäler des geläuterten Kunstsinnes des Prinzen. Man darf daher wohl sagen, dass wenngleich auch nach Eugen noch so manche hervorragende Männer als Schützer und Förderer der Wissenschaft und der Kunst in Österreich wirkten, es doch kein einziger auch hierin dem Prinzen Eugen gleichtat. Als Staatsmann aber nahm er eine Stellung ein, wie sie kaum einer, selbst Kaunitz nicht ausgenommen, vor und nach ihm besaß. Und so ausgezeichnete Kriegsmänner im Laufe der Jahrhunderte unter den Führern der österreichischen Heere sich befanden, so gab es doch keinen, welcher sechs so herrliche Siege, wie die Tage von Zenta und Höchstädt, von Turin und Malplaquet, von Peterwardein und Belgrad, die anderen Großtaten des Prinzen gar nicht gezählt, für sich aufweisen konnte. Der eigentliche Maßstab zur Beurteilung der Größe Eugens liegt aber darin, dass er nach jeder dieser drei Richtungen zugleich unübertroffen dastand, dass er so viele Eigenschaften in sich vereinigte, deren jede für sich allein ihn schon zu einen großen Manne gemacht hätte, und dass sie von einem Charakter getragen wurden, dessen Adel und fleckenlose Reinheit die höchste Bewunderung verdienen.

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Figuren des Siebenjährigen Krieges