Ernst Gideon Freiherr von Laudon

k.k. Feldmarschall

Österreichischer Feldmarschall Ernst Gideon Freiherr von Laudon.

Ernst Gideon Freiherr von Laudon, kaiserlich-königlicher General-Feldmarschall, geboren am 2. Februar 1717 zu Tootzen in Livland, dem Stammgut seiner Familie. Eigentlich schottischen Ursprunges, soll dieselbe schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Livland eingewandert sein. Kaum 16 Jahre alt, tritt Laudon, dessen Vater, früher schwedischer Oberstlieutenant, in ziemlich kärglichen Vermögensverhältnissen lebt, im Jahre 1732 als Kadett in russischen Kriegsdienst. Als solcher machte er im Jahre 1734 die Belagerung und Einnahme von Danzig mit, im folgenden Jahr aber befindet er sich bei dem Corps, welches Russland dem Kaiser Karl VI. in dessen Krieg gegen Frankreich zu Hilfe sendet und das bis an den Rhein kommt. 1738 und 1739 dient Laudon, endlich Lieutenant und Oberlieutenant geworden, gegen die Türken.

Figuren

  • Gideon Ernst Freiherr von Laudon (Laudon), 28 mm Front Rank Figuren SYAP1

War schon während des Krieges gegen die Türken seine Beförderung eine überaus langsame gewesen, so droht sie während des darauf folgenden Friedens noch mehr ins Stocken zu geraten. Laudon aber, dem schon die Spärlichkeit seines Einkommens den Wunsch nach einer glänzenderen Laufbahn nahe legen muss, wird hierzu in viel höherem Grade noch durch die edlere Triebfeder des Ehrgeizes und durch das Gefühl angespornt, zu Besserem bestimmt zu sein als in weitentlegenen russischen Städten ein kümmerliches Garnisonleben zu führen. Er nimmt daher seinen Abschied und wendet sich zunächst dorthin, wo er am ersten auf Befriedigung seines Tatendurstes rechnen zu dürfen glaubt. Erst vor Kurzem hat König Friedrich II. den ersten Schlesischen Krieg beendigt und durch seine glückliche Heerführung während desselben die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Wer in so jungen Jahren und ohne alle Erfahrung so Bedeutendes geleistet, von dem lässt sich für die Zukunft noch Großes erwarten. Es ist daher nur natürlich, dass Laudon zuerst nach Berlin geht, wo er jedoch keine günstige Entscheidung seiner Bitte um Aufnahme in den preußischen Militärdienst zu erlangen vermag. Glücklicher ist er am Wiener Hof, der ja auch nach dem Abschluss des Breslauer Friedens mit Preußen den Krieg gegen Frankreich und Spanien noch fortzuführen gezwungen ist. Allerdings mag die erste Anstellung, welche Laudon im österreichischen Kriegsdienste erhält, nicht ganz nach seinem Sinne gewesen sein. Denn nicht zu einem regulären Truppenkörper, sondern bei dem Trenckschen Freikorps, das sich schon damals durch die wilden Exzesse, die es insbesondere in Bayern und der Oberpfalz verübte, einen sehr üblen Namen gemacht hat, wird er als Hauptmann eingeteilt. Als solcher ist er bei der Vorhut, mit welcher Trenck am 30. Juni 1744 über den Rhein geht.

In einem der Gefechte, welche dem Übergang der ganzen österreichischen Armee auf elsässischen Boden folgen, wird Laudon durch einen Kugelschuss gefährlich verwundet und gefangen. Ein französischer Chirurg nimmt sich seiner an und durch das Vordringen der Österreicher erhält er seine Freiheit wieder. Er muss jedoch, um seine Heilung zu vollenden, die Armee verlassen und erst vor Beginn des Feldzuges 1745 kehrt er zu ihr zurück. Mit Trenck befindet er sich nun bei den ungarischen Truppen, die an der schlesischen Grenze gegen die Preußen kämpfen. An dem Überfall auf Cosel in Oberschlesien, der in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai 1745 ausgeführt wird, und der Wegnahme dieses Platzes beteiligt sich Laudon in hervorragendster Weise. Aber dieser und manch anderer kleinerer Vorteil kann an dem für Österreich so ungünstigen Verlauf des Feldzuges nichts ändern. Nach der unglücklichen Schlacht bei Hohenfriedeberg mit Trencks Panduren zu dem Hauptheer gezogen, ist Laudon dabei, als Nadasdy während der Schlacht bei Soor das fast ganz verlassene Lager der Preußen überfällt. Die Einbuße, die Friedrich hierbei erleidet, bringt er durch den errungenen Sieg hundertfach herein.

Gerechter Überdruss an dem wilden Treiben, inmitten dessen er sich bei dem Trenckschen Corps befindet, veranlasst Laudon zu dem Austritt aus demselben. In wahrhaft kümmerlichen Verhältnissen lebt er nun durch längere Zeit in Wien, bis er endlich nach langer, vergeblicher Bewerbung eine Hauptmannsstelle im Likaner Grenzregiment erhält. In der zum Karlstädter Generalat gehörigen Ortschaft Bunich bringt Laudon in halb militärischer und halb administrativer Beschäftigung zehn Jahre zu. Er beschwichtigt die aufrührerischen Bewegungen, von denen auch der von ihm bewohnte Grenzdistrikt nicht frei bleibt, durch Festigkeit und Milde. Nichts verabsäumt er, wodurch er das Los seiner Grenzsoldaten zu verbessern hoffen darf. Durch den Bau einer Kirche setzt er sich ein Monument, welches seinen Aufenthalt in der Grenze gerade um ein Jahrhundert überdauert, und ein von ihm angelegter Eichenwald führt noch heute Laudon’s Namen.

Der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ruft auch Laudon, der inzwischen zum Oberstlieutenant vorgerückt ist, wieder ins Feld und eröffnete ihm, dem lang Vernachlässigten, die Bahn, auf der er binnen kürzester Frist das bisher Versäumte nachholen und Ehre und Ruhm in ganz ungewöhnlichem Maße ernten kann. Anfangs noch eine Abteilung von Grenzsoldaten führend, tut Laudon, bald zum Obersten vorgerückt, sich an ihrer Spitze so vielfach hervor, dass er schon im August 1757 zum General-Feldwachtmeister ernannt wird und bei der ersten Verleihung des neugestifteten Theresienordens dessen Ritterkreuz erhält.

Weit glänzender noch ist die Rolle, welche Laudon in dem folgenden Feldzug, dem des Jahres 1758 spielt, und der Überfall, den er, während die Preußen Olmütz belagern, am 30. Juni bei Domstadtl im Verein mit General Siskovich auf einen aus etwa 4000 Wagen bestehenden feindlichen Konvoi mit glücklichstem Erfolge vollführt, ist ein Kriegsereignis von entscheidender Bedeutung, denn es hat die Aufhebung der Belagerung zur unmittelbaren Folge. Für diese Waffentat durch seine Ernennung zum Feldmarschall-Lieutenant belohnt, beunruhigt Laudon die Preußen auf ihrem Rückzug durch Böhmen, so viel er nur kann. Ja er folgt dem Könige auf dessen eigenes Gebiet und nimmt sogar in der Mark Brandenburg das befestigte Städtchen Peitz weg, auf welch vorgeschobenem Posten er sich jedoch nicht lange zu behaupten vermag. An dem Überfall auf die Preußen bei Hochkirch gebührt Laudon, der die Gegner am längsten und hartnäckigsten verfolgt, ein sehr hervorragender Anteil; für denselben und seine sonstigen Kriegstaten wird ihm nun das Großkreuz des Theresienordens verliehen und außerdem schenkt ihm Maria Theresia, um seine sehr beschränkten Vermögensverhältnisse zu verbessern, das Gut Kleinbetschwar bei Kuttenberg in Böhmen. Endlich erhebt ihn die Kaiserin in den österreichischen, ihr Gemahl aber in den Freiherrnstand des römisch-deutschen Reiches.

Welch großes Vertrauen man schon damals in Laudon setzt, wird wohl am besten durch den Auftrag bewiesen, den er im Juli 1759 erhält, ein österreichisches Armeecorps zum russischen Heer zu führen, das sich im Anmarsch gegen Frankfurt (Oder) befindet. Am 2. August wird die Vereinigung der Österreicher mit den Russen vollzogen, und aufs nachdrücklichste dringt Laudon in die russischen Generale, mit gesamter Streitkraft auf den König von Preußen loszugehen, ihn anzugreifen und womöglich zu schlagen. Seine Anträge bleiben jedoch fruchtlos und schon besorgt Laudon, es werde zu keinem entscheidenden Ereignisse mehr kommen, als nicht von russischer, sondern von preußischer Seite die Wendung herbeigeführt wird. Am frühesten Morgen des 12. August vollzieht König Friedrich bei Kunersdorf den Angriff. Anfangs erringen die Preußen nicht geringe Erfolge, bis endlich Laudon ihrem weiteren Vordringen Einhalt gebietet. Bald gehen die Österreicher und die Russen zur Offensive über; lange Zeit hindurch wogt unentschieden der Kampf, aber auch jetzt wieder gibt Laudon mit 14 Schwadronen seiner besten Reiterei den Ausschlag. Die preußische Infanterie, die so lange Zeit hindurch ausdauernd gestritten hat, ergreift endlich die Flucht und erleidet während derselben furchtbare Verluste. Auch ihrer Reiterei ergeht es nicht besser und neuerdings ist es Laudon, der mit seinen Dragonern die letzten preußischen Schwadronen in den Morast treibt.

Aufs dringendste begehrt nun Laudon von den russischen Heerführern, den errungenen Sieg ausgiebig auszunützen und die Vernichtung der preußischen Streitmacht zu vollenden. Aber Niemand ist weiter entfernt von energischem Handeln als sie, und da auch Daun sich zu kühnen Entschlüssen nicht aufrafft, ist die Einnahme Dresdens fast der einzige Gewinn, den man aus der Kunersdorfer Schlacht zieht. Nachdem er durch sehr lange Zeit bei dem russischen Heere verweilt, trennt sich endlich Laudon von demselben und führt seine Truppen durch Polen nach Österreich zurück. Hier wird er zum Feldzeugmeister und zum Oberbefehlshaber aller Streitkräfte in Böhmen, Mähren und Schlesien ernannt.

Damals ist es wirklich so, dass mit jedem neuen Feldzug Laudon immer wieder von Neuem, und zwar in noch reichlicherem und glänzenderem Maße als bisher kriegerische Vorteile erringt und dadurch für sich selbst Ruhm und Ehre erwirbt. Zwar scheitert der Versuch, den er im März 1760 unternimmt, sich Cosel’s durch einen Handstreich zu bemächtigen, aber um so vollständiger gelingt am 23. Juni sein Angriff auf den preußischen General Fouqué bei Landeshut; mit seinem ganzen Armeecorps wird derselbe nach tapferer Gegenwehr überwältigt und gefangen. Bald darauf nimmt Laudon Glatz weg und Kaunitz kündigte dieses Ereignis der Kaiserin mit den Worten an: „Gott erhalte Ihnen Ihren Josua!“

Aber das Kriegsglück ist wechselnd und es bleibt daher auch Laudon, in welch seltenem Maße es ihn auch bisher begünstigt hat, nicht immer gleichmäßig treu; noch im Laufe des Jahres 1760 soll er dessen Unbeständigkeit erfahren. Erfolglos bleibt die Unternehmung, die er gegen Breslau ins Werk setzen will, und als er am 15. August mit der preußischen Hauptmacht unter König Friedrich bei Liegnitz zusammentrifft, wird er geschlagen und erleidet höchst empfindlichen Verlust.

Nichts ist dem Schmerze und der Erbitterung vergleichbar, welche Laudon über dieses unglückliche Ereignis empfindet und rückhaltlos kundgibt. Offen erklärt er, dass wenn Daun mit der großen Armee, wenn gleichzeitig Lacy mit seinem Corps verabredeter Maßen mit Tagesanbruch ebenfalls auf den Feind losgegangen wären, ein vollständiger Sieg hätte erfochten werden müssen; habe er doch mit seiner ganz unzulänglichen Streitmacht die Preußen zweimal zum Weichen gebracht.

Aufs Eifrigste bemühen sich Maria Theresia und Kaunitz Laudon den Verdacht zu benehmen, Daun und Lacy hätten ihn absichtlich hintergangen und im Stiche gelassen. Ob sie diesen Zweck auch erreichen, muss freilich dahingestellt bleiben; zu Lacy wenigstens dauert der Gegensatz, in welchem Laudon zu ihm steht, jederzeit fort. Am schärfsten gibt sich derselbe in der Verschiedenheit ihrer Auffassung über die Unternehmungen kund, die ihnen am rätlichsten erschienen. Während Laudon fortwährend darauf dringt, dem Feinde entgegen zu gehen und ihn zu einer entscheidenden Schlacht zu zwingen, ist Lacy für die Belagerung einer schlesischen Festung. Daun’s Bedenklichkeiten und seiner schwankenden Entschlusslosigkeit aber ist es wohl zunächst zu verdanken, dass es, wenigstens so lange die österreichischen Streitkräfte noch beisammen und die äußeren Verhältnisse nicht ungünstig für sie sind, weder zu dem Einen noch zu dem Anderen kommt. Erst nachdem Daun, Laudon in Schlesien zurücklassend, wieder nach Sachsen gezogen ist, kommt es bei Torgau zur Schlacht, die für die Österreicher unglücklich ausfällt und dem ganzen Feldzug ein für sie ungünstiges Ende bereitet.

Selbständiger als es bisher der Fall gewesen, ist die Stellung, welche Laudon während des Jahres 1761 einnimmt. Im Allgemeinen wohl an den Oberbefehl des in Sachsen kommandierenden Feldmarschalls Daun angewiesen, ist er doch ausdrücklich ermächtigt, nicht um jeder Kleinigkeit willen sich erst befragen zu müssen, sondern auch ohne dies zu tun, aus eigenem Antrieb sich jede Gelegenheit, den Feind zu schädigen, zu Nutzen zu machen. Eine solche einem Widersacher wie König Friedrich gegenüber herbeizuführen, fällt allerdings nicht leicht, und die Schwierigkeit, nicht nur ein Einverständnis, sondern pünktliches Zusammenwirken mit der gleichfalls in Schlesien operierenden russischen Armee herbeizuführen, erweist sich allmählich als unüberwindlich. Jede Bemühung Laudon’s, die Russen dahin zu bringen, im Verein mit ihm den König von Preußen in seinem befestigten Lager bei Bunzelwitz anzugreifen, bleibt fruchtlos. Schmerzlich empfindet Laudon das Scheitern seiner besten Entwürfe. Ja es bleibt sogar die Anklage nicht aus, dass er nicht, schon während er noch auf sich allein angewiesen ist, den König, ehe sich derselbe so stark zu verschanzen vermochte, angegriffen habe. Durch dessen Besiegung hätte er die Eroberung Schlesiens vollzogen und sogar im Falle eines ungünstigen Ausganges des Kampfes könnten die Dinge nicht schlechter stehen, als es jetzt wirklich der Fall sei.

Unter dem Eindruck dieser Ereignisse und des um jene Zeit vor sich gehenden Rückzuges der Russen aus Schlesien bekommen die Anhänger Daun’s, welche am Wiener Hofe ohnedies stets bei weitem die mächtigeren sind, wieder die Oberhand. Nicht ohne Schadenfreude deuten sie darauf hin, wie wenig Laudon den Erwartungen entsprochen habe, die in dessen selbständigeres Auftreten in Schlesien gesetzt worden sind. Sie erwirken den Befehl an Laudon, ein ansehnliches Armeeeorps zu Daun nach Sachsen zu senden. Dass durch eine solche Schwächung seiner Streitkräfte Laudon auch für den Rest des Feldzuges völlig lahm gelegt werden würde, darüber konnte man sich einer Täuschung nicht hingeben, ja es schien fast, als ob es recht eigentlich hierauf abgesehen wäre. Da bringt eine ganz unerwartet aus Schlesien eintreffende Botschaft einen plötzlichen Umschwung hervor. König Friedrich hat das Lager bei Bunzelwitz verlassen, Laudon aber die sich ihm darbietende Gelegenheit rasch benutzt und am Morgen des 1. Oktober Schweidnitz erstürmt.

Mit welch übergroßer Freude nun auch die Nachricht von dieser glänzenden Waffentat in Wien und ganz Österreich aufgenommen wird, so wagt man doch kaum mehr der Hoffnung sich hinzugeben, durch sie werde der schließliche Ausgang des Streites ein wesentlich anderer werden. Einerseits hat man es so oft schon mitansehen müssen, wie man auf österreichischer Seite auch aus den glücklichsten Kriegsereignissen nur wenig oder gar keinen Vorteil zu ziehen verstand, und andererseits nehmen die obwaltenden Verhältnisse durch gänzliches Versiegen der zur Fortführung des Kampfes erforderlichen Mittel eine so trostlose Gestalt an, dass man mitten im Kriege an eine Reduktion der Armee schreiten muss und überhaupt den Augenblick nicht mehr fern sieht, in welchem man sich durch völlige Erschöpfung der Kräfte zum Friedensschluss gezwungen sehen würde. Und wer auch jetzt noch, wie es Laudon im Gegensatze zu Daun und zu Lacy tut, für energische Wiederaufnahme der Offensivoperationen gegen den König von Preußen spricht, muss doch durch den im Januar 1762 eintretenden Thronwechsel in Russland allmählich auch auf andere Gedanken gebracht werden. Denn gleich die ersten Kundgebungen Peters III. erwecken die Besorgnis, er werde nicht nur das bisherige Bündnis Russlands mit Österreich und Frankreich lösen, mit Preußen aber Frieden schließen, sondern sich wohl gar auf Seite der letzteren Macht schlagen.

So geschieht es denn auch wirklich. Aber ehe noch, und zwar im März 1762 der Waffenstillstand, im Mai aber der Friede zwischen Russland und Preußen zu Stande gekommen ist, wird in Wien die Frage der Fortführung des Krieges eifrigst erwogen und bejahend beantwortet. Laudon wird in dem Oberbefehl über die Hauptarmee in Schlesien bestätigt, aber er bittet in dringendster Weise dieser Bürde entlastet, nicht mit dem Kommando betraut und einem Anderen, als den er Daun bezeichnet, untergeordnet zu werden. Dem Letzteren aber bietet sich um so weniger Aussicht auf Erfolg dar, als nun das Befürchtete eintritt und Peter III. seine Streitkräfte mit den Preußen vereinigt. Freilich dauert dieses Zusammenwirken nicht lange, denn Peters Entthronung bereitete ihm rasch wieder ein Ende. Aber der Kriegführung in Schlesien vermag Daun doch keine günstigere Wendung zu geben, und auch das von Laudon im vergangenen Feldzuge so ruhmvoll genommene Schweidnitz geht wieder an König Friedrich verloren.

Mit der Beendigung des Siebenjährigen Krieges tritt Laudon für eine Reihe von Jahren ziemlich in den Hintergrund zurück. Zuerst steht sein Gegner Daun als Präsident des Hofkriegsrates an der Spitze des österreichischen Militärwesens, und so unbehaglich scheint sich Laudon unter ihm gefühlt zu haben, dass man ihn für nicht abgeneigt hält, den österreichischen Kriegsdienst ganz zu verlassen. Heißt es doch sogar, der preußische General von Zieten, der sich im Sommer 1763 gleichzeitig mit Laudon in Karlsbad aufhält, habe von seinem Könige den gemessenen Befehl erhalten, Laudon zum Eintritt in den preußischen Dienst zu gewinnen. Förmliche Verhandlungen zu dem gleichen Zweck werden jedoch, so viel man bis jetzt weiß, nur vom sächsischen Hofe mit Laudon angeknüpft. Glänzende Anerbietungen werden ihm gemacht, dennoch zerschlagen sich die Verhandlungen und zwar, wie es scheint, über den Streitpunkt, dass man in Dresden wünscht, Laudon möge aus eigenem Antrieb in Wien seinen Abschied verlangen, während er darauf besteht, König August solle sich ihn als Reorganisator der sächsischen Truppen beim Kaiserhof erbitten. An letzterem weiß man offenbar nichts von diesen Verhandlungen, und erst drei Jahre später, nachdem nach Daun’s Tode Lacy an dessen Stelle getreten ist, im März 1766 hält man es, um nicht allzu undankbar gegen Laudon zu erscheinen, für nötig, ihn zum ersten Hofkriegsrat und zum Generalinspektor der Infanterie in den österreichischen Erblanden zu ernennen. Aber der Zweck, den man bei dieser Verfügung im Auge hat, wird nicht oder doch nur unvollkommen erreicht.

Von Lacy’s Seite scheint wenig geschehen zu sein, um Laudon die steten Reizungen vergessen zu machen, die während des Krieges zwischen ihnen bestanden haben, und Joseph II., der nach dem Tode seines Vaters, des Kaisers Franz, die oberste Leitung des Kriegswesens fast ausschließlich übernimmt, steht so sehr unter dem Einfluss Lacy’s, dass schon in Folge dessen seine Beziehungen zu Laudon viel spärlichere und kühlere sind, als dessen ganz ungewöhnlichen Verdiensten angemessen gewesen wäre. Sie beide, Joseph und Lacy, müssen dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Laudon durch Aufhebung seines Postens eines Generalinspektors der Infanterie veranlasst wurde, sich auf sein Gut Betschwar zu begeben und dort in stillster Zurückgezogenheit seine Tage zu verleben. Und wenn doch hie und da wieder etwas geschah, um ihn nicht ganz der Vergessenheit anheimfallen zu lassen, so wird dies wohl zunächst dem edlen Sinne der Kaiserin Maria Theresia, welche die Pflichten der Dankbarkeit nie außer Acht ließ, und der Einwirkung des Fürsten Kaunitz zuzuschreiben sein, der sich jederzeit als Laudon’s eifrigster Gönner und Förderer erwies.

Im November 1769 wird Laudon durch seine Ernennung zum kommandierenden General in Mähren seinem Stillleben in Betschwar wieder entrissen. Jedoch schon nach wenig mehr als drei Jahren kehrt er zu demselben zurück, ja er trägt sich neuerdings mit dem Gedanken, den österreichischen Militärdienst ganz zu verlassen. Und Maria Theresia betrachtet es als eine Art von Sieg, als sie im März 1773 an Lacy schreiben kann: „Soeben geht Laudon von mir; er verlässt das Gouvernement und bleibt in unserem Dienste.“ Bald wird ihm jedoch durch die Bauernunruhen in Böhmen der längere Aufenthalt in Betschwar verleidet und er sieht sich, diese Besitzes überdrüssig geworden, fruchtlos nach einem Käufer für sein Gut um. Maria Theresia, von dem Wunsche Laudon’s unterrichtet, nimmt ihm dasselbe unter Bedingungen ab, die für ihn überaus günstige sind. Auch noch überdies von der Kaiserin reichlich beschenkt, siedelt er sich im November 1776 zu Hadersdorf bei Wien an.

Als Lacy im Mai 1774 von der Stelle eines Präsidenten des Hofkriegsrates zurücktritt, schreibt Joseph an Laudon, dem er sich jetzt wieder nähern zu wollen scheint, und versichert ihm, man wäre zu dem Entschluss, nicht ihn, sondern Hadik zu Lacy’s Nachfolger zu ernennen, niemals gelangt, wenn er nicht selbst ein für allemal jeder solchen Amtsführung entsagt hätte. Aber dieser Umstand hindert nicht, dass der Kaiser, als Hadik noch in demselben Jahre mit einer umfangreichen Ausarbeitung über eine Reihe von Fragen hervortritt, die sich auf Abänderungen des bisherigen Militärsystems beziehen, sie samt seinem eigenen und dem Gutachten Lacy’s an Laudon sendet und ihn mit Berufung auf seine Einsicht und Redlichkeit um Mitteilung seiner Ansichten hierüber bittet. Und als Laudon diesem Wunsche des Kaisers nachgekommen ist, dankt ihm Joseph in den wärmsten Ausdrücken hiefür. Er möge, fügt er hinzu, Sorge tragen für die Gesundheit eines Mannes, dessen Herz von Tapferkeit und wahrer Vaterlandsliebe erfüllt sei, niemals aber zweifeln an seiner wahren Hochschätzung und zuverlässigen Freundschaft.

Die Gelegenheit, bei welcher Joseph diese Gesinnungen gegen Laudon erproben sollte, läss nicht lang auf sich warten; der Krieg, in den Österreich im Jahre 1778 wegen der Frage der Erbfolge in Bayern mit Preußen verwickelt wird, bietet sie ihm dar. Als selbstverständlich muss es dem Kaiser erscheinen, hierbei denjenigen seiner Generale nicht ohne Verwendung zu lassen, der sich den Preußen in dem letzten Kampf wider sie am furchtbarsten gezeigt hat. Von der Absicht ausgehend, zwei Armeen ins Feld zu stellen, denkt Joseph Anfangs Laudon zu derjenigen zu ziehen, bei der er sich selbst befinden wird, da doch, wie er sich ausdrückt, an der Abrichtung seiner eigenen Person fast am meisten gelegen sei. Aber zwei Ratgeber an seiner Seite zu haben, von denen man im Voraus weiß, welch verschiedenen Sinnes sie sind, kann keineswegs rätlich erscheinen. Bei des Kaisers persönlicher Vorliebe für Lacy ist es nicht zu verwundern, dass er sich für den Letzteren entscheidet, und da es noch überdies notwendig ist, der zweiten Armee, welche dem Prinzen Heinrich von Preußen entgegengestellt werden muss, einen Führer zu geben, so erhält Laudon, am 27. Februar 1778 zum Feldmarschall ernannt, das Kommando über dieselbe. Ehe es noch zu wirklichen Feindseligkeiten kommt, versucht Maria Theresia bekanntlich durch Absendung des Freiherrn von Thugut in das preußische Hauptquartier den Frieden zu erhalten. Joseph erblickt jedoch in dieser Mission und in der von ihm besorgten Annahme der von preußischer Seite gestellten Bedingungen einen Schritt, den er für unvereinbarlich mit der Ehre des Staates und seiner eigenen erklärt. Käme die Vereinbarung zu Stande, schreibt Joseph vertraulich an Laudon, so werde er sich, um die ganze Welt zum Zeugen seiner Missbilligung jenes Verfahrens zu machen, von der Armee weg, ohne Wien zu berühren, wahrscheinlich direkt nach Florenz begeben.

Die freimütige Antwort, welche Laudon hierauf dem Kaiser erteilt und durch die er ihm dringend abrät von jeglicher Demonstration wider seine Mutter, ist ein schönes Denkmal des edlen Sinnes des Feldmarschalls, der es unter allen Umständen für seine oberste Pflicht hält, auch dort nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, wo man im Voraus wissen kann, dass sie recht unwillkommen sein wird. Letzteres ist denn auch wirklich der Fall und trägt nicht wenig dazu bei, dass gerade zu jener Zeit die Bevorzugung Lacy’s vor Laudon noch auffälliger als früher hervortritt. Freilich lässt sich nicht leugnen, dass die Haltung Laudon’s dem Prinzen Heinrich gegenüber den in ihn gesetzten Erwartungen nur wenig entspricht. Allerdings nicht Laudon selbst, wohl aber der seine Vorhut kommandierende Generalmajor Baron de Vins erleidet eine empfindliche Schlappe und Laudon weicht vielleicht allzu rasch bis Münchengrätz und Cosmanos zurück, wo er sich an der Iser verschanzt. Trotz der ansehnlichen Verstärkung, die Joseph ihm zusendet, fürchtet er sich dort nicht behaupten zu können. Um ihn von einem übereilten Schritte zurückzuhalten, eilt Joseph persönlich nach Münchengrätz zu Laudon. Er findet ihn aufs Äußerste unentschlossen und beunruhigt, und mannigfach sind die Klagen, in denen der Kaiser sich über ihn ergeht. Je mehr er ihn tadelt, um so glänzender ist das Licht, in welchem er Laudon’s Rivalen Lacy erblickt. Aber trotzdem ist Joseph von der Erkenntnis durchdrungen, man dürfe auch Laudon nicht allzusehr zurücksetzen, um ihn nicht missmutig zu machen, denn sehr bald könnte der Anlass sich ergeben, bei welchem man seiner dringend bedürfen würde. Darum weist er die Andeutungen Laudon’s, er wünsche seiner Stellung enthoben zu werden, in ebenso entschiedenen als verbindlichen Ausdrücken zurück. Er würde aufs Höchste betroffen sein, erklärt er ihm, wenn er in diesem Augenblicke seines Beistandes, seines guten Rates und seiner werktätigen Hilfe beraubt wäre. „Meine Hochschätzung“, fährt Joseph fort, „die ich Ihnen widme, ist wohlbegründet, meine Freundschaft wahrhaft und mein Vertrauen vollständig. Streiten Sie also, ich ersuche Sie, mit mir gemeinschaftlich für die Rettung Böhmens, sonst sähe ich selbes verloren.“

Als ein Glück für Laudon wird es betrachtet, dass Prinz Heinrich die Vorteile nicht ausbeutet, die der Rückzug seines Gegners ihm eingeräumt hat. Denn während man von Tag zu Tag darauf gefasst ist, Laudon werde sich dem Prinzen gegenüber an der Iser nicht halten und durch sein eigenes Zurückweichen das der österreichischen Hauptarmee und dadurch die Räumung des größten Teiles von Böhmen herbeiführen, lässt es der Prinz an den erwarteten Offensivoperationen vollständig fehlen. So erreicht der Feldzug sein Ende, ohne dass die Hoffnungen, welche seine in Österreich so überaus zahlreichen Anhänger in Laudon gesetzt, oder die Befürchtungen in Erfüllung gegangen wären, denen diejenigen sich hingegeben haben, die eine von der allgemeinen Stimmung etwas abweichende Meinung von ihm hegen. Dass zu den Letzteren auch der Kaiser gehört, ist für Niemand ein Geheimnis, und wir finden zwar, dass er ihn hie und da mittelst schmeichelhafter Schreiben über verschiedene Dinge zu Rate zog, aber keine Einwendung dagegen erhob, ja wohl noch Laudon’s Entschluss förderte, sich nach Beendigung des Feldzuges auf sein nunmehriges Besitztum Hadersdorf bei Wien zurückzuziehen und dort still seine Tage zu verleben.

Etwa zehn Jahre hindurch ist dies ununterbrochen der Fall, bis endlich der Krieg gegen die Pforte, in welchen der Kaiser im Jahre 1788 durch sein Bündnis mit Russland verwickelt wird, auch hierin eine Änderung hervorbringt. Anfangs freilich glaubt Joseph, der selbst wieder den Oberbefehl zu übernehmen und sich hierbei neuerdings auf Lacy’s Ratschläge stützen zu wollen gedenkt, Laudon’s Bitte, auch ihn im Felde zu verwenden, ablehnen zu sollen. Allerdings behauptet der Kaiser, dies geschehe nur in der Absicht, um einen Mann von Laudon’s Ansehen und Erfahrung allzeit zur Hand zu haben, wenn er dessen bedürfe, um ihm gegen das unzuverlässige Preußen den Rücken zu decken. Als jedoch der Feldzug gegen die Türken sehr ungünstig verläuft, sieht Joseph sich wohl zunächst durch die Unzufriedenheit, welche über Laudon’s Zurücksetzung in der Armee und in der ganzen Bevölkerung herrscht, genötigt, ihm das Kommando über das in Kroatien befindliche Armeecorps zu übertragen, das früher der nunmehr erkrankte Fürst Karl Liechtenstein befehligt hat. Obgleich es für Laudon eine starke Zumutung ist, der Nachfolger eines Mannes zu werden, der unter ihm gedient hat und trotz mannigfach erprobter Tüchtigkeit mit ihm in gar keiner Weise verglichen werden kann, so folgt er doch mit der ihm eigenen Selbstlosigkeit dem Rufe des Kaisers. Am 18. August trifft Laudon bei seinem Armeecorps ein, das in der Belagerung der türkischen Festung Dubitza begriffen ist. Zwei Tage später schlägt er einen Angriff der Türken auf sein Lager siegreich zurück, und am 24. August ergibt sich die türkische Besatzung, nachdem sie sich mehr als vier Monate hindurch tapfer verteidigt hat, als kriegsgefangen. Laudon schreitet nun an die Belagerung von Novi, dessen Besatzung jedoch gleichfalls energischen Widerstand leistet. Erst nach fast vierwöchentlicher Belagerung, am 3. October wird Novi mit Sturm genommen und die Besatzung gefangen nach Slawonien abgeführt.

Nachdem der Kaiser in Folge der zunehmenden Zerrüttung seiner Gesundheit nicht mehr, wie er Anfangs gewollt und gehofft, im Stande ist auch in dem Feldzug des Jahres 1789 den Oberbefehl zu führen, und nachdem auch Lacy sich dieser Aufgabe nicht unterziehen zu können erklärt hat, überträgt sie Joseph trotz der im Vorjahre durch Laudon errungenen Erfolge nicht ihm, sondern Hadik. Freilich ist es auch mit Laudon’s Gesundheit recht übel bestellt, aber um diejenige des noch um sechs Jahre älteren Feldmarschalls Grafen Hadik steht es nicht besser. Und da man Laudon für kräftig genug hält, ihn neuerdings an die Spitze des an der Save befindlichen Armeecorps zu stellen, so hätte man gewiss besser getan, ihn gleich zum Oberbefehlshaber über die gesamten österreichischen Streitkräfte zu ernennen. Nach wenigen Monaten sieht man sich doch gezwungen dies zu tun, denn schon im Juli ist Hadik in Folge von Krankheit und körperlicher Erschöpfung ganz unvermögend, das Kommando noch länger zu behalten. Der Kaiser überträgt es nun an Laudon, der gerade in der Belagerung von Berbir – Bosnisch-Gradiška – begriffen ist, und befiehlt ihm gleichzeitig die Unternehmung gegen Belgrad durchzuführen, mit deren Vorbereitung Hadik bisher beschäftigt gewesen ist.

Laudon ist über seine Ernennung zum Oberbefehlshaber und den hieran geknüpften Auftrag des Kaisers nichts weniger als erfreut. Gleich Joseph selbst, gleich Lacy und Hadik hält er sich bei weitem nicht mehr für gesund und kräftig genug, ihn vollziehen zu können; er bittet daher den Kaiser dringend, ihn desselben zu entheben. Er könne sich, schreibt er ihm, kaum mehr auf den Beinen erhalten und bitte ihn überhaupt, den Kriegsschauplatz verlassen zu dürfen. Erst auf Josephs erneuerten Wunsch entschließt sich Laudon zu längerem Bleiben und zur Übernahme des Oberbefehls. Die Eroberung von Belgrad sei, fügt der Kaiser hinzu, der einzige entscheidende Streich, der den Türken während dieses Feldzuges versetzt werden könnte, und da Laudon diese Meinung teilt, zögert er nicht länger dem Willen des Kaisers zu entsprechen. Aber nicht ohne große Besorgnis tut er dies, denn seiner eigenen Meinung nach ist die Unternehmung gegen Belgrad allzu gewagt und er hätte sie lieber unterlassen. Joseph und Kaunitz aber trachten ihn mit größerem Selbstvertrauen zu erfüllen. Durch ihren Zuspruch zu besseren Hoffnungen auf einen glücklichen Ausgang der Belagerung angeregt, beginnt sie Laudon um die Mitte des September. Binnen drei Wochen kommt er damit so weit, dass am 8. Oktober die Kapitulation abgeschlossen wird, durch welche die Besatzung gegen das Zugeständnis ihres freien Abzuges Belgrad übergibt.

Unbeschreiblich ist die Freude, welche diese Nachricht in ganz Österreich erregt. Der Kaiser verleiht Laudon, der das Großkreuz des Theresienordens schon seit mehr als 20 Jahren besitzt, den dazu gehörigen Stern in Brillanten. Erwünscht wäre es ihm gewesen, wenn Laudon auch noch Neu-Orsowa zu erobern vermocht hätte, und in den ersten Tagen des November geht der Feldmarschall auch noch an diese Unternehmung; die weit vorgeschrittene Jahreszeit vereitelt jedoch ihre Durchführung. Am 24. November trifft Laudon in Wien ein und begibt sich sogleich nach Hadersdorf. Am folgenden Tage besucht er den Kaiser und ist erschreckt durch dessen krankhaftes Ansehen. Der nahe Tod steht ihm auf der Stirn geschrieben und Laudon zweifelt nicht, dass er mit raschen Schritten seinem Ende entgegen gehe. Bevor jedoch Josephs trauriges Schicksal sich erfüllt, gibt er Laudon einen neuen Beweis seiner Dankbarkeit und seines Vertrauens, indem er, von der Überzeugung durchdrungen, Preußen werde, mit Polen vereinigt, im kommenden Frühjahr einen bewaffneten Angriff gegen Österreich unternehmen, Laudon das Oberkommando über das gegen Preußen ins Feld zu stellende Heer überträgt. Denn von dort her sei, lässt der sterbende Kaiser sich vernehmen, der Staat am gefährlichsten bedroht; er bedürfe also zu seiner Verteidigung eines Mannes, der eben so sehr das vollste Vertrauen des ganzen Heeres besitze als er durch seine bekannten Taten dem Feinde imponiere.

Nach Josephs bald darauf eingetretenem Tod bestätigt sein Nachfolger Leopold nicht nur diese Verfügung, sondern er dehnt sie noch weiter aus, indem er Laudon zum Oberbefehlshaber sämtlicher österreichischer Streitkräfte ernennt. Als solcher befindet sich der Feldmarschall in den letzten Tagen des Juni 1790 in Mähren, als er ernstlich erkrankt. Das Übel scheint, so rasch es gekommen ist, wieder behoben zu werden, aber binnen Kurzem kehrt es mit verdoppelter Stärke zurück und am 14. Juli stirbt Laudon zu Neutitschein. Sein Leichnam wird nach Hadersdorf gebracht und im dortigen Schlossgarten begraben. Das Monument, das diese Stätte noch heutzutage ziert, war früher das eines türkischen Großwesirs, welches Laudon in Belgrad wegnehmen und, für ihn selbst bestimmt, nach Hadersdorf bringen ließ. Acht Jahre vor Laudon’s Tode hatte ihm Joseph durch Aufstellung seines marmornen Brustbildes in einem Saal des Hofkriegsrates ein ehrendes Denkmal gesetzt. Ein zweites errichtete ihm Graf Prosper Sinzendorff in seinem Park zu Ernstbrunn.

Durch Laudon’s Tod verlor Österreich den Mann, der so wie Eugen von Savoyen, obgleich er an diesen in keiner Weise hinanreichte, es in der ersten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts gewesen, in dessen zweiter sein glücklichster und populärster Heerführer war. Die Veranlassung zu dieser Popularität muss vor Allem in den zu wiederholten Malen von ihm errungenen, wahrhaft glänzenden Erfolgen gesucht werden. Auch dass Laudon so lange Zeit hindurch in geringen, ja selbst widerwärtigen Verhältnissen gelebt, dass er nur durch eigene Kraft und eigenes Verdienst sich denselben entrungen, dass er nichts der Gunst der Mächtigen, sondern Alles nur sich selbst zu verdanken, ja dass er am Kaiserhof und im hohen Adel, der in Österreich zu jener Zeit noch so überwiegenden Einfluss besaß, sich geringer Förderung zu erfreuen und fast nur Gegnerschaft oder doch wenigstens Antipathien zu überwinden hatte, steigerte seine Beliebtheit im Volk und brachte die Wirkung hervor, dass man das höchste Vertrauen zu ihm hegte und ihn auch dort überall vorangestellt zu sehen wünschte, wo er doch kaum auf dem richtigen Platz gewesen wäre. So hatten diejenigen gewiss Unrecht, welche der Meinung waren und ihr hie und da auch recht unverhohlen Ausdruck verliehen, Laudon hätte statt Lacy zum Präsidenten des Hofkriegsrates ernannt werden sollen. So sehr Laudon als ausübender Feldherr, wenn man so sagen darf, sich vor Lacy hervortat, so sehr übertraf ihn der Letztere wieder an allgemeiner Bildung, an militärischem Wissen, an Organisationstalent. Mochte sie auch zunächst die Wirkung der übergroßen Bescheidenheit Laudon’s sein, ein Körnchen Wahrheit lag doch seiner steten Klage zu Grunde, er habe in seiner Jugend zu wenig und nicht hinlänglich tüchtigen Unterricht genossen und er könne diesen Mangel im Alter nicht mehr ersetzen. Überhaupt waren Laudon’s äußere Erscheinung, seine Verkehrsweise mit Anderen wohl der Vorstellung, die man sich von ihm entwarf, wenn man nur von seinen kühnen Waffentaten gehört, ihn aber niemals gesehen hatte, durchaus widersprechend. Da war nichts von jenem gemütsfreudigen, zuversichtlichen Auftreten, wie sie das Bewusstsein des eigenen Wertes, der eigenen Taten und ihrer Anerkennung durch die Außenwelt gewöhnlich verleiht.

Über Laudons ernstem, verschlossenem Wesen lag unablässig ein schwerer Hauch von Trübsinn, ja von Melancholie, und wer sich in den Anblick seiner Gesichtszüge vertieft, wie sie auf seinen Marmorbildnissen auf uns gekommen sind, wird sich des Gedankens kaum erwehren, nicht das Antlitz eines vom Schicksal in seltenem Maße begünstigten, siegreichen Feldherrn, sondern das eines der unglücklichsten Menschen vor sich zu sehen, die jemals gelebt haben. Und so wie es schwer fällt, sich den Kontrast zwischen Laudon’s äußerer Erscheinung und den von ihm vollbrachten kriegerischen Taten auch nur einigermaßen zu erklären, so wenig darf der Unterschied aus dem Auge verloren werden, der zwischen dem Laudon des Siebenjährigen Krieges und dem seiner späteren Lebenszeit doch eigentlich obwaltet. Schon während des Feldzuges von 1778 war von dem kühnen Unternehmungsgeist, der etwa zwei Jahrzehnte früher das charakteristische Merkmal seines Auftretens bildete, wenig mehr zu verspüren. Und hierin mag denn auch eine Art von Entschuldigung für den Kaiser liegen, dass er noch zehn Jahre später nicht leicht zu dem Entschluss gelangte. Laudon das Kommando einer ansehnlichen Heeresabteilung im Krieg gegen die Türken anzuvertrauen. Selbst als dies geschehen, ja als Laudon sogar zum obersten Führer der Hauptarmee ernannt worden war, hätte er sich, wie wir gesehen haben, gern der ihm übertragenen Aufgabe entzogen, Belgrad wieder zu erobern. War er aber einmal wirklich an sie geschritten; dann führte er sie freilich mit dem früheren Nachdruck, der früheren Tatkraft unwiderstehlich durch. Und dass er dies in seinem hohen Alter, kaum zwei Jahre vor seinem Hinscheiden vollbrachte, warf auf die letzte Lebenszeit dieses vielgeprüften, aber auch vielerprobten und vielgefeierten Mannes einen Glorienschein, der auch heutzutage noch nicht völlig verlöscht ist.

Bis zum Jahre 1759 schrieb Laudon seinen eigenen Namen wie es offenbar in seiner Familie üblich war, stets gleichmäßig „Laudohn“. Anfangs April 1759 aber nahm er plötzlich und ohne dass man die eigentliche Veranlassung hierzu kennt, die schottische Schreibart „Loudon“ an, der er von nun an bis an sein Lebensende treu blieb. Wir glauben Recht zu tun, wenn wir seinen Namen so schreiben, wie er noch heutzutage im Volksmund fortlebt.

Bibliographie

Quelle: Alfred Ritter von Arneth

Figuren des Siebenjährigen Krieges