Ölmalerei

Ölmalerei, Malerei in Öl, eine Technik des Malens, die schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts aufkam, aber erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts in den Niederlanden, vornehmlich durch die Brüder van Eyck, ausgebildet und der Tafelmalerei dienstbar gemacht wurde. Ihr Wesen beruht in der Anwendung des vegetabilischen Öles beim Herrichten der mineralischen oder vegetabilischen Farbstoffe. Sie hat sowohl praktische als auch ästhetische Vorzüge vor den anderen Techniken: in ersterer Rücksicht dadurch, dass die mit Öl versetzten Farben sich zwar leicht mischen lassen, aber bei der bloßen Berührung nicht ineinander fließen, ferner, dass man fortwährend übermalen kann, ohne dass die darunter befindliche trockene Farbe sich dadurch auflöst, diese vielmehr unter Umständen durchwirkt, also ebenfalls mitschimmert; in ästhetischer Rücksicht zunächst durch die größere Kraft, Fülle und körperliche Wahrheit der Farbenwirkung überhaupt, sodann durch den großen Unterschied zwischen Deckfarben und Lasurfarben, wodurch ein unendlich vervielfachtes Spiel der Licht- und Schattentöne erreicht werden kann.

Die Ölmalerei wird bei allen Gattungen der Malerei angewendet, auch bei der Wandmalerei, wobei die Flächen bisweilen mit heißem Öl getränkt werden oder Öl den Wachsfarben zugesetzt wird, ist hier aber mehr dem Stumpfwerden ausgesetzt als die Fresko-, Wachs- und Kaseinfarbenmalerei, weshalb sie nur noch selten bei Wandgemälden angewendet wird. Die Farben bestehen meist aus Oxiden, Erden und Pflanzenstoffen, unter denen einige ihrer Transparenz wegen zum Lasieren, d. h. zum dünnen Übermalen einer schon untermalten Fläche, die durchschimmert, gebraucht werden. Die gebräuchlichsten sind: Kremserweiß, Zinkweiß; lichter Ocker (ein Eisenoxidhydrat), Goldocker, dunkler Ocker und die gebrannten Ocker; Neapelgelb; Terra di Siena, ungebrannt und gebrannt (letztere eine schöne Lasurfarbe von lebhaftem Rotbraun); grüne Erde (in neuerer Zeit nur noch selten angewendet); Cadmiumgelb, Zinnober, Vermillon, Krapplack, Chromrot, Englischrot; Caput mortuum; Pariserblau, Ultramarin, Kobalt, Mineralblau, Pinkertsblau; grüner Zinnober (hell und dunkel); Mumie, Asphalt, Umbra (nur noch selten gebraucht), Morellensalz, Kasselerbraun, Vandyckbraun, Lack Robert; Beinschwarz, Kernschwarz, Elfenbeinschwarz usw.

Früher rieben sich die Maler ihre Farben selbst für den augenblicklichen Gebrauch mit Öl, wozu entweder rektifiziertes Leinöl oder Mohnöl genommen wurde. Jetzt werden sie, in kleinen Blasen oder Zinnkapseln (Tuben) gut verschlossen, fertig in den Farbehandlungen verkauft, so dass sie sofort gebraucht oder auch längere Zeit verwahrt werden können. Bei dem Gebrauch wendet man zur Verdünnung oder Auflösung noch Öle, Terpentin, Trockenfirnis und Retuschierfirnis (aus Mohnöl, Bleizucker und weißem Mastix) an, deren Behandlung jedoch große Behutsamkeit erfordert. Die Farben werden mit Pinseln von verschiedener Größe und Form aufgetragen. Zum Untermalen und auch zum Ausführen bei großen Flächen gebraucht man Borstenpinsel, zu feineren Partien Pinsel aus Marderhaaren. Außerdem braucht der Maler noch die während des Malens mit der linken Hand gehaltene Palette, einen Malstock, an den sich die malende Hand zu größerer Sicherheit anlehnt, und die Staffelei, worauf die Bildtafel steht. Diese besteht entweder aus einer Platte von Kupfer oder hartem Holz (jetzt meist Mahagoni- und Nussbaumholz, nur für kleinere Bilder geeignet), oder aus mit Leim getränktem und grundiertem Kartonpapier (Malpappe), oder endlich aus Malleinwand. Letztere ist am geeignetsten und am meisten üblich, weil sie sich weder wirft noch reißt. Diese Leinwand, die aus Drillich oder anderen grobfädigen, starken Geweben besteht, wird auf einen Rahmen (Blendrahmen) gespannt, der durch Keile nach der Aufspannung etwas auseinander getrieben wird, damit die Fläche ganz eben und fest ist. Sie ist meist schon vor der Aufspannung grundiert, d. h. mit einem aus Kreide oder Gips und Leim bestehenden Grund überstrichen.

Die Ausführung eines Bildes geschieht in der Art, dass zuerst nach einer vorher entworfenen Zeichnung oder Skizze die Umrisse des Bildes mit Kohle oder Blei auf die Leinwand vorgezeichnet werden. Die dann folgende Ausführung in Farben kann entweder ohne vorherige Untermalung (alla prima) in der Weise geschehen, dass gleich die wirklichen Lokalfarben, Licht-, Schatten- und Mitteltöne, direkt auf die Leinwand gebracht werden, ein Verfahren, das vor allem bei Ausführung von Skizzen und Bildern direkt nach der Natur (Bildnissen) angewandt wird, oder mittels einer Untermalung, bei der zum großen Teil abweichend von der Naturfarbe die verschiedenen Farbenflächen in einem etwas zu hellen und kalten Grundton angelegt werden (soz. B. wird das Inkarnat der Gesichtsfarbe oft in einem fast kreidigen Ton untermalt), worauf bei der Übermalung erst die Lokaltöne und verschiedenen Tinten aufgetragen und schließlich gewisse Partien, namentlich tiefe Schatten, noch mit durchsichtig warmen Lasurfarben »übergangen« werden, um den Eindruck lichtvoller und markiger Körperlichkeit zu erreichen. Zuweilen, namentlich nach der ersten Übermalung, findet ein »Einschlagen« der Farben statt, d. h. sie werden dadurch, dass die unterliegende Farbenschicht oder der Grund das Öl absorbiert, stumpf und glanzlos. Um diesen Übelstand, der während des Malens sehr störend ist, zu beseitigen, überzieht man, sobald die Farben hinlänglich trocken sind, die eingeschlagenen Stellen entweder mit etwas Eiweiß, oder mit einem durch rektifizierten Spiritus verdünnten Firnis, der als »französischer Firnis« bekannt ist, oder mit dem von Fr. Kröh in Darmstadt erfundenen Siccatif terpinois, worauf weiter gemalt werden kann. Über das Nachdunkeln der Farben s. d. Wenn das Bild fertig ist, wird es noch einmal gefirnisst, aber erst, nachdem die Farben völlig ausgetrocknet sind.

Was die sogen. Restauration schadhaft gewordener Gemälde betrifft, so ist dies eine besondere Technik, deren Ausübung große Vorsicht erfordert. Bei alten Bildern tritt zuweilen eine chemische, zuweilen aber auch nur eine optische Veränderung der Farbe ein. Über das rein Künstlerische und Geschichtliche der Ölmalerei s. Malerei. Vgl. auch Maltechnik.

Bibliographie

  • Bouffier: Schule der Ölmalerei (Wiesbad. 1892)
  • Bouvier: Handbuch der Ölmalerei (7. Aufl., neu bearbeitet von Ehrhardt, Braunschw. 1894)
  • Cremer: Studien zur Geschichte der Ölfarbentechnik (Düsseld. 1895, weitere Schriften 1899 u. 1905)
  • Eastlake: Materials for a history of oil-painting (Lond. 1847–69, 2 Bde., für die Maltechnik des Mittelalters wichtig)
  • Ehrhardt: Die Kunst der Malerei (Braunschw. 1885)
  • Elbinger: Handbuch der Ölmalerei (5. Aufl., Halle 1895)
  • Fischer, L. H.: Die Technik der Ölmalerei (Wien 1898)
  • Jännicke: Handbuch der Ölmalerei (6. Aufl., Stuttg. 1903)
  • Keim: Über die Grundlagen für eine rationelle Technik der Ölmalerei (Münch. 1889)
  • Ludwig: Über die Grundsätze der Ölmalerei (2. Aufl., Leipz. 1893)
  • Ludwig: Die Technik der Ölmalerei (Leipz. 1893, 2 Tle.)
  • Ostwald: Malerbriefe (Leipz. 1904)
  • Raupp: Katechismus der Malerei (4. Aufl., Leipz. 1904)
  • Schultze-Naumburg, P.: Technik der Malerei (Leipz. 1901)
  • Völker: Die Kunst der Malerei (Leipz. 1852)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Farben für Figuren und Modellbau