Mauerwerk

Mauerwerk der Festung Neuf-Brisach am Ravelin im Hauptgraben an der Porte de Colmar.

Mauerwerk im Befestigungswesen dient noch heute wie früher zur Herstellung von Hohlbauten aller Art, Kasematten, Kaponnieren etc., jetzt aber weniger, wie bei alten Festungen zur Bekleidung von Böschungen und als Hindernismittel, weil es der heutigen Geschützwirkung nicht widerstehen, insbesondere dem indirekten Schuss nicht entzogen werden kann. Die alten Befestigungssysteme machten zur Erreichung der Sturmfreiheit bei trockenen Gräben für die Bekleidung der Eskarpe und Kontereskarpe, aber auch bei den sonstigen Verteidigungsanstalten vom Mauerwerk reichlichen Gebrauch. Eine Ausnahme machte nur die niederländische Manier, die statt dessen die natürlichen Schutzmittel des Landes, Erde und Wasser, ausnutzten.

Bei den modernen Befestigungen lässt man die dem direkten Feuer ausgesetzten Böschungen unbekleidet und ebenso wendet man statt des Mauerwerks andere Hindernismittel (Drahtgitter etc.) an. Das zur Bekleidung von Böschungen dienende Mauerwerk kann anliegend (Futtermauer, Revêtement) oder freistehend sein. Die Kontreskarpe erhält stets ersteres, damit der Feind keine Deckung dahinter findet, will man durch Mauerwerk der Eskarpe Sturmfreiheit erreichen, so muss es ganze Futtermauern (7–10 m hoch) bilden. Ist eine freistehende Mauer mit Schießscharten versehen, so heißt sie krenelierte Mauer, dahinter ist meist ein Rondengang angeschüttet; erhält dieser Quermauern oder werden diese noch überwölbt, so entstehen Arkaden- oder krenelierte Bogenmauern. Bei anliegendem Mauerwerk erhält die Stirnfläche durch Abnahme der Mauerstärke von unten nach oben eine Neigung, Talus, die 110112 der Höhe beträgt, oder sie wird gekrümmt oder geknickt geführt (englische Mauer). Die obere, übergreifende Reihe größerer Steine, die als Traufsteine dienenden Kordonsteine (der Kordon) bilden die Magistrale, bei den alten Systemen die Basis der Konstruktion.

Zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen Bodendruck und Breschieren erhielten die Futtermauern Strebepfeiler, die, wenn überwölbt, zur Dechargen- oder Entlastungsmauer wurden. Führte man diese Anlage bis zur Rückseite des Walles durch, so entstanden Perpendikularkasematten, kasemattiertes Mauerwerk, das, wenn es mit Schießscharten versehen war, als verteidigungsfähiges, andernfalls als totes Mauerwerk bezeichnet wird. Diese verschiedenen Arten von Mauerwerk kommen jetzt nur in noch vorhandenen Hauptumwallungen, in beschränktem Maß auch in Forts, Anschlussbatterien, Zwischenwerken etc. vor. Man benutzt da vielfach das Mauerwerk der Kontreskarpe, indem man das Profil der Widerlager (Strebepfeiler) und des Gewölbes in die Außenfläche treten lässt, zur Herstellung von Reversgalerien etc. Solche Schildmauer erleichtert das Herstellen von Kasematten, die dann als Reverskaponnieren benutzt werden können. Überhaupt wird das Mauerwerk auch ferner zu Hohlbauten, die der Grabenverteidigung dienen, wie Revers- und Eskarpenkaponnieren, zu Blockhäusern der Waffenplätze etc., hauptsächlich aber für die durch Betonschichten gegen Steilfeuer geschützten, dem direkten Feuer entzogenen Schutz- und Unterkunftsräume verwendet werden, soweit es nicht durch Panzerungen ersetzt wird. Vgl. Festung.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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