Preußisch Blau

Historische Farben für Zinnfiguren

Preußisch Blau (Preußischblau, Pigment Blau 27), soviel wie Berliner Blau.

Preußische Fußartillerie 1814–1815, 1:72 Figuren HäT Industrie 8010.

Preußische Artillerie der Befreiungskriege 1813–1814 in ihren typischen, dunkelblauen Uniformen, die den Namen der Farbe Preußisch Blau prägten. Preußisch Blau ist ein fast schwarzblaues, lichtechtes, ungiftiges und künstlich hergestelltes Pigment, das der Berliner Farbenmacher Johann Jakob (in manchen Quellen Heinrich genannt) Diesbach im Jahr 1704 zufällig entdeckte. Diesbach war die Pottasche ausgegangen, die er zur Herstellung des karminroten Farbstoffs aus Cochenille-Schildläusen benötigte. Also lieh er sich von seinem Chemikerkollegen Johann Conrad Dippel eine Lauge, die der aus seinem etherischen Tieröl (Oleum Animale) gewonnen hatte und nicht mehr benötigte. Zu Diesbachs Überraschung erhielt er durch die Zugabe der Lauge nicht die erwartete rote, sondern eine blaue Farbe. Er berichtete Dippel von dem Vorfall, der das Rezept verbesserte und sofort das Geschäftspotential dieser Entdeckung erkannte. Dippel und Diesbach gingen gemeinsam nach Paris und produzierten ihr Berliner Blau dort unter dem Namen Pariser Blau. Sie hielten ihr Betriebsgeheimnis eine Zeit lang geheim, aber schon 1724 war die Rezeptur in England bekannt, wo man ebenfalls Preußisch Blau herstellte.

Vor der Erfindung des künstlichen Pigments wurden Stoffe mit Färberwaid (Isatis tinctoria L.) blau gefärbt. Thüringische Waidbauern, Blaufärber, Weber und Tuchmacher erlebten vom 13. bis 16. Jahrhundert großen Wohlstand durch diese in Europa vorkommende farbstoffliefernde Pflanze. Die Waidblätter wurden in der Waidmühle zerquetscht und dann zwei Wochen in einem Bottich mit menschlichem Urin vergärt. Man fand heraus, dass der Blauton intensiver wurde, wenn man Alkohol zusetzte. Da Alkohol teuer war, tranken ihn die Färbergesellen zunächst selbst und setzten ihn indirekt als alkoholhaltigen Urin den Gärbottichen zu. Wenn betrunkene Färbergesellen neben den Bottichen lagen, wurde also „Blau gemacht“.

Der Waidanbau in Thüringen erlebte Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts seinen Niedergang. Der chemische identische, aber billigere Indigo Farbstoff aus Indien führt zu einem Preisverfall des Waidpulvers. Außerdem behinderte der Dreißigjährige Krieg den Fernhandel in Europa. Um den Waidanbau zu schützen, wurde die Verwendung des Indigo beim Blaufärben zwar unter Strafe gestellt, der Siegeszug des Indigo war aber nicht mehr zu stoppen. Von mehr als 300 thüringischen Dörfern, die in der Blütezeit Waidanbau betrieben, waren 1747 nur noch drei Erfurter und zwölf Gothaer Dörfer damit befasst.

Hans Bleckwenn schreibt in der Reihe Bibliophile Taschenbücher „Die friderizianischen Uniformen“ über die Farben der preußischen Uniformen im Siebenjährigen Krieg: „Dunkelblau war als Rockfarbe seit jeher in Brandenburg-Preußen beliebt“. Und er erklärt weiter „Ob noch mit Waid oder schon mit Indigo gefärbt wurde, ist schwer zu entscheiden; für das Offizierstuch verwendete man bestimmt Indigo, für die Landtuche der Mannschaften vielleicht noch ein Gemisch“.

Der Waidanbau blühte 1806 bis 1813 in Folge der Kontinentalsperre noch einmal auf, hielt sich aber nicht lange. 1821 schloss die letzte noch in Betrieb befindliche Waidfabrik in Neudietendorf, die seit 1980 allerdings wieder in Betrieb ist. Der indische Indigo wurde ab 1897 durch den künstlichen Indigo der Badischen Anilin und Sodafabrik (BASF) vom Markt verdrängt. Adolf von Baeyer hatte 1865 mit der Synthese von Indigo begonnen und seine fünfzehnjährige Forschung am 19. März 1880 mit einer Patentschrift erfolgreich abgeschlossen.

Blaues Tuch, blaue Uniformen

Für Sammler von historischen Zinnfiguren bedeutet die Entwicklung des blauen Farbstoffes, dass sie ihre Miniaturen mit blauen Farbtönen unterschiedlicher Intensität und Qualität bemalen können. Die mit Waid und Indigo gefärbten Stoffe waren von Charge zu Charge unterschiedlich stark gefärbt und sie blichen schnell aus, da Waid und Indigo nicht lichtecht sind. Im Museum der Festung Königstein in Sachsen ist ein preußischr Grenadierrock zu sehen, dessen hellblaue Farbe einer verwaschenen Jeans entspricht.

Bayerische Uniformen sollen im Siebenjährigen Krieg den feindlichen preußischen Uniformen manchmal zum Verwechseln änlich gewesen sein. Hier wird häufig gemutmaßt, bayerische Uniformen müssten in dieser Zeit also Dunkelblau gewesen sein. Berücksichtigt man, dass die preußischen Uniformen bald zu Mittelblau ausblichen, dann ist eine Verwechslung mit dem vielleicht von Anfang an etwas helleren, bayerischen Blau naheliegend.

  • 13. bis 16. Jahrhundert, Blaufärben mit Waid
  • 16. bis 18. Jahrhundert, Blaufärben mit Waid und Indigo
  • Ab 1704 Blaufärben mit Waid, Indigo, und Pariser Blau
    Es ist nicht bekannt, ab wann französische Uniformen, zum Beispiel der Grenadiers de France, mit Pariser Blau gefärbt wurden.
  • Ab 1724 Blaufärben mit Waid, Indigo, Pariser und Preußisch Blau
    Es ist nicht bekannt, ob Preußisch Blau schon im Siebenjährigen Krieg für die Uniformen der preußischen Armee verwendet wurde und, wenn ja, welchen Marktanteil dieses Pigment in Preußen hatte.
  • 1806 bis 1813 Blaufärben mit Waid
  • 1821 Waidanbau in Thüringen eingestellt.
    Ab Mitte des 19. Jahrhunderts dürfte sich neben dem kolonialen Indigo der synthetische Farbstoff Preußisch Blau in der preußischen Armee durchgesetzt haben.
  • Ab 1897 Blaufärben mit künstlichem Indigo von BASF

Offiziere trugen maßgeschneiderte Uniformen von bester Qualitäat, die im Verlauf des Feldzuges nicht so schnell ausblichen wie die Uniformröcke der Mannschaften. Die preußischen Soldaten erhielten jährlich eine neue Montur, sie dürften also wenigsten in Friedenszeiten eine ziemlich einheitlich dunkelblaue Uniform getragen haben. Beim Bemalen der Figuren ist allerdings die Luftperspektive zu beachten; die Originalfarbtöne sind entsprechend mit ca. 30 Prozent Weiß aufzuhellen. Künstlerfarben mit wertvollen Indigo, Pariser Blau, und Preußisch Blau Pigmenten gibt es im Fachhandel für Künstlerbedarf.

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