Descente

Descente mit stufenartigem Gang.

Descente, Herabsetzung, Weg in den Graben, bei der Belagerung einer Festung, wenn der Belagerer einen, gegen das feindliche Feuer gedeckten, rastellenförmigen, oder einen stufenförmigen Gang, aus dem Kouronnement durch den bedeckten Weg, und die Bekleidungsmauer-Kontreskarpe hindurch, in den Graben führt. Bei einem nassen Graben führt man die Sohle des Ganges A Fig. 130 und 131 bis über den Spiegel des höchsten Wasserstandes; bei einem trockenen Graben aber stößt sie auf die Sohle des Grabens, oder auch noch etwas weniger tief. Nach Beschaffenheit des Festungsgrabens und des Erdreichs, wird die Descente auf dreierlei Art geführt; entweder durch einen stufenartigen Gang, A Fig. 129 und 130, oder durch einen oben bedeckten rastellenförmigen Gang, Fig. 131, oder durch einen oben offenen und rastellenförmigen Gang. Die erste heißt die unterirdische Descente, die zweite die bedeckte, und die dritte die offene Descente. Ehe man eine von diesen Descenten anwenden kann, muss vorher genau untersucht werden, wie tief der Graben, ob er nass oder trocken ist, ob im trockenen Graben noch sappiert werden kann, und eine Künette darin befindlich ist, deren Wasser angespannt werden kann; wie hoch in einem nassen Graben der Wasserspiegel ist, und ob Schleusen da sind, durch welche ein trockener Graben mit Wasser gefüllt, in einen nassen Graben das Wasser steigend gemacht, und eine Strömung erzeugt werden kann. Aus diesen erforschten Punkten bestimmt man dann die erforderliche Tiefe und Abdachung des Ganges; ferner muss man untersuchen, ob der Boden letting, felsig oder sandig ist.

Descente.

Ist der Graben durch ein Senkblei, welches entweder bis auf die Sohle des Grabens, oder bis auf den Wasserspiegel heruntergelassen wird, des Nachts unbemerkt gemessen worden, die Höhe des Logements im bedeckten Weg hinzugefügt, und die Tiefe nicht weniger als 12 Fuß befunden worden, so wählt man, wegen ihrer Sicherheit, die unterirdische Descente, besonders in gutem lettigen Boden. Um diesen unterirdischen Gang mehr Festigkeit zu geben, Fig. 129, baut man ihn mit Türgerüsten aus, deren jedes 5 Fuß breit und 6 bis 7 Fuß hoch ist; den Stufen in dem Gang gibt man eine Breite von 2½ Fuß, wendet für jede Stufe ein Türgerüst an, und treibt oben über der Kuppe desselben und zwischen der Erde noch Bretter hinein, um ihm noch mehr Festigkeit zu geben. Jede Stufe bekommt an ihrem Ende eine Schwelle, damit sie nicht so leicht ausgetreten werden kann. Nachdem die erforderlichen Materialien in das Logement geschafft worden sind, fängt man mit einer Rastelle an, welche bis an die Brustwehr des Kouronnements geht, und dort 3 Fuß tief unter dem Horizont liegt; von hier aus, bei b Fig. 129 geschieht die Aushöhlung der Erde, oder die eigentliche Descente; auf jeder Stufe von 2½ Fuß Breite kommt quer über den Gang ein Türgerüst; jede Stufe ist 8 bis 9 Zoll tiefer als die erste; um die Türstöcke des Türgerüsts noch besser miteinander zu verbinden, wird eine Latte quer über zwei und zwei in der Mitte genagelt, welche die Zunge heißt, d. Der ganze Gang erhält 4 bis 5 Fuß Breite und 6 bis 7 Fuß Höhe. Sobald die Türgerüste stehen, also 3 Stufen gemacht sind, muss man auch den Raum zwischen der Erde und den Türstücken an der Seite mit Brettern h verschließen (bekleiden).

Descente mit bedecktem rastellenförmigem Gang.

Nachdem die unterirdische Descente bis auf die angenommene Tiefe gelangt ist, wird sie horizontal bis an die Futtermauer der Kontreskarpe geführt, und die hierauf, Fig. 130 und 131, durchbrochen; die Öffnung. g in der Mauer wird ebenfalls mit einem Türgerüst ausgesetzt, aber 3½ Fuß hoch von oben, mit 6 Zoll starken Balken geblendet, um das Einschlagen der feindlichen Kugeln in die Descente zu verhindern; durch die gelassenen 3½ Fuß hohe Öffnung werden nun die Schanzkörbe und Faschinen durchgeschoben, um sie hernach in dem Graben zu gebrauchen. Die Ausgrabung der Descente geschieht durch Mineurs mit Hilfe der Sappeurs, und einer Reihe Handlanger; in 12 Stunden kann man 6 Fuß vorrücken. Im Felsen ist dieser Bau schwieriger, weil dann alles durch Sprengen mit Schießpulver geschehen muss; (s. Minieren) daher muss man dergleichen Boden zu dieser Arbeit zu vermeiden suchen; auch in einem sandigen Boden ist die unterirdische Descente mühsamer und langwieriger zu führen. Dann werden die Türgerüste dicht hinter einander gesetzt, und das Verschießen mit Brettern ist nicht nötig; die Stufen sind nur 1 Fuß breit, und da die Türstücke 6 Zoll Dicke haben, so kommen auf jede Stufe 2 Türgerüste.

Ist ein Graben so seicht, dass keine unterirdische Descente angebracht werden kann, so bedient man sich einer bedeckten Descente, deren Bearbeitung aber gefahrvoller ist, weil sie der Feind beschießen kann; sie wird auch in felsigem, morastigem Erdreich und bei einem nassen Graben gebraucht. Man bedient sich hierbei auf beiden Seiten der Blinden, deren Seitenbäume aber 8 bis 9 Fuß lang sein müssen, und deren Querriegel 6½ bis 7 Fuß auseinander stehen: Da diese Descente rastellenförmig abgesenkt, und vom Tage herein gearbeitet werden muss, so behandelt man sie wie die alte Sappe, indem die Erde vor der Front und auch zu beiden Seiten des Grabens aufgeschüttet wird, um sich gegen die plongierenden Schüsse möglichst zu decken; die Seitenböschungen des Grabens erhalten hierbei nur wenig Abdachung, wenn es das Erdreich gestattet. Die Blinden werden dicht nebeneinander gesetzt, Fig. 131, und an die Böschungen angelehnt; sie werden bis an das Querholz in die Erde gerammt; sollte der Boden locker sein, so wird nach der Seite des Abhanges zu noch eine Unterlage von Holz unter das Querholz gelegt. Hinter die Blinden werden 3 Fuß breite und 6 Fuß lange Hurden geschoben, um das Einstürzen der Erde zu verhüten; die Höhlungen hinter diesen Hurden werden ausgefüllt; um die Blinden in der gehörigen Richtung zu erhalten, werden immer 3 und 3 mit Streben m verbunden. Sobald auf beiden Seiten 5 bis 6 Blinden aufgestellt sind, so werden über die oberen Querhölzer zwei Zangen aufgelegt, deren Einschnitte 6 Fuß von einander entfernt, und welche 10 Fuß lang sind, damit sie noch zum Teil auf beiden Seiten auf der aufgeschütteten Brustwehr ruhen. Über diese Zangen werden 3 Reihen Faschinen kreuzweise gelegt, so dass die unterste Reihe der Länge nach auf den Zangen ruht; über die Faschinen wird 3 Fuß hoch Erde geschüttet, welches letztere aber nur des Nachts vorgenommen werden kann, weil sonst die Arbeiter dem feindlichen Feuer ganz bloß gestellt sind. Die Descente ist nun unten 3, oben 6 Fuß breit; bei dem Durchbruch der Futtermauer wird wie oben verfahren.

Die offene Descente ist ein nach Art der alten Sappe ohne alle Verkleidung und Bedeckung abgesenkter Gang, welcher entweder in einer geraden oder gebrochenen Richtung, schief auf den Grabengrund geführt wird. Sie dient bei einem Sturm den Truppen, oder auch nach der Wegnahme eines jenseits des Grabens liegenden Werkes, dem Geschütz, zum Wege.

Bei allen diesen Descenten muss rechts und links der Öffnung g Fig. 130 in der Mauer der Kontreskarpe ein 12 bis 15 Fuß langer Gang o ausgegraben werden, um Raum für die Arbeiter bei der nach der Descente folgenden Grabenpassage, und für die dazu erforderlichen Materialien zu haben; der dabei gewonnene Schutt wird in den Graben geworfen, und in der Folge daraus Nutzen gezogen. Man rechnet gewöhnlich 5 bis 6 Tage von dem Anfang bis zu der Vollendung einer Descente.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

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